Aufnahmerituale in Pfullendorf: Entlassene Soldaten wollen weiter klagen
Vier Bundeswehrsoldaten, die nach den im Januar bekannt gewordenen entwürdigenden Aufnahmeritualen im Ausbildungszentrum Spezielle Operationen in Pfullendorf entlassen worden waren, wollen weiter gegen ihre Entlassung klagen. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hatte im Juli die Entlassung der zwei Zeitsoldaten und zwei Freiwillig Wehrdienst Leistenden bestätigt, die zur Stammbesatzung des Ausbildungszentrums gehörten. Nachdem das Verwaltungsgericht eine Berufung nicht zugelassen hatte, beantragten die vier Soldaten nun eben diese Zulassung der Berufung und damit eine weitere Instanz, wie das Gericht am (heutigen) Mittwoch mitteilte:
Inzwischen sind hier gegen alle vier Urteile, denen die mündliche Verhandlung vom 19. Juli vorausging, durch die Anwälte der entlassenen Soldaten Anträge auf Zulassung der Berufung eingegangen, welche an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) in Mannheim weitergeleitet werden. (…)
Die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, sind dem VGH innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils darzulegen. Über die Zulassung entscheidet der VGH durch Beschluss. Die Berufung ist nach § 124 Abs. 2 VwGO nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Das Verwaltungsgericht hatte den Soldaten eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung angelastet, vor allem einen Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht und gegen das Gebot der gegenseitigen Achtung und zu vertrauensvollem Verhalten. Ihr Verbleiben im Dienst würde zu einer Gefährdung der militärischen Ordnung führen. Die Bundeswehr müsse durch die Entlassungen Zeichen setzen dürfen, um derartigen Vorfällen entgegenzuwirken.
Bei den Verfahren ging es ausschließlich um die Aufnahmerituale unter der Stammbesatzung, nicht um ebenfalls bekannt gewordene Vorwürfe im Zusammenhang mit der Sanitätsausbildung in Pfullendorf.
Fürs Archiv und zum Nachlesen die Urteile des Verwaltungsgerichts (in anonymisierter Fassung):
Az 5 K 1899/17
Az 5 K 1934/17
Az 5 K 3459/17
Az 5 K 3625/17
@T.Wiegold: Vorab vielen Dank für die Dokumentation der Urteile.
Das Problem ist, daß die Berufungen zugelassen werden müssen. Ich sehe ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Urteile, aber ich kenne die übliche Spruchpraxis der Verwaltungsgerichte nicht, ob in ähnlichen Fällen bisher auch entlassen wurde oder nicht vielmehr nur niedriger bestraft wurde.
Die Soldaten sind Opfer der öffentlichen Aufregung über das Thema, dem Fall Franco A. oder den angeblichen Mißständen in der Sanitäterausbildung in Pfullendorf.
Die Opfer waren nach den Urteilen einverstanden, haben zugestimmt und damit ist kein Platz für Straftaten, da es den Soldaten auf jeden Fall am Vorsatz für eine Straftat mangelt. Und damit die die Entlassung viel zu hart. Die Opfer haben dies offensichtlich nur als Aufnahmeritual und Streich gesehen.
Hier hätte eine Versetzung oder eine Beförderungssperre völlig ausgereicht. Die Vorgesetzten wurden nur versetzt, die Mannschaftssoldaten aber gefeuert, dies ist unverhältnismäßig.
@closius
„Die Opfer waren nach den Urteilen einverstanden, haben zugestimmt und damit ist kein Platz für Straftaten, da es den Soldaten auf jeden Fall am Vorsatz für eine Straftat mangelt. “
Das stimmt leider nicht ganz – selbst wenn das „Opfer“ einverstanden ist, kann die Handlung trotzdem strafbar sein. Die Gerichte haben z.B. auch „Zwergenweitwurf“ (kleinwüchsiger Mensch darf gegen Bezahlung geworfen werden…“) verboten, obwohl der „zu Werfende“ dies als seinen normalen Broterwerb ansah und diese Tätigkeit weiter ausüben wollte.
Gut – das ist ein Beispiel aus dem Gewerberecht, aber der Tenor bleibt ähnlich: Ob die Würde eines Menschen verletzt wurde, legt nicht dieser Mensch fest, sondern am Ende des Tages ein Gericht.
Ob die Vorgänge im Ausbildungszentrum nun ausreichend waren, hat das zuständige Gericht in erster Instanz bejaht – vielleicht gibt es ja noch eine zweite.
Ein interessanter Punkt in den Aktenzeichen, der jedoch nicht im Zusammenhang mit dem Thema passt, ist die Betitelung „trugen Uniform mit Hoheitsabzeichen“. Damit hat man, meiner Kenntnis nach, erstmals festgelegt, dass die Nationalfarben auf der Feldbluse u.ä. Als Hoheitsabzeichen gilt. Ein sehr interessanter Punkt.
MkG
@closius | 20. September 2017 – 14:23
„Die Vorgesetzten wurden nur versetzt, die Mannschaftssoldaten aber gefeuert, dies ist unverhältnismäßig.“
Na ja, immerhin sind die Entlassenen die direkten Urheber, Täter und Ausführenden der Tat. Ich weiß nicht, was man den Vorgesetzten genau vorgeworfen hat, aber es wird wohl etwas in Richtung mangelnde Dienstaufsicht, Fürsorge und Ausbildung des nachgeordneten Bereichs gewesen sein. Von daher ist ein qualitativer Unterschied der Bestrafung schon gerechtfertigt.
Das die Entlassung als Strafe zu hart ist, da bin ich bei Ihnen. Sie ist die Ultima Ratio. Welche Strafe sollen dann die KSK-Soldaten bekommen, sollten sich die rechtsradikalen Vorwürfe bestätigen? Eine standrechtliche Erschießung?
In meinen Augen sind die vier Soldaten Bauernopfer einer aufgeheizten Phase und Demonstration gegenüber der Öffentlichkeit, das man keine Führungsschwäche hat und gegen falschen Korpsgeist entschlossen vorgeht.
Welche „Funktion“ hat die 5 Kammer eigentlich?
Was mir sehr interessant erscheint sind vor allem 2 Punkte in der Begründung.
1. Verletzung der Kameradschaftspflicht durch Bildung einer (elitären) Gruppe von Soldaten, die das Aufnahmeritual durchlaufen haben, und die sich dadurch von den anderen Kameraden abgrenzen/sich über diese erhöhen. Zu meiner Zeit haben sich die Kameraden mit den bordeaux-roten Kopfbedeckungen noch die Sprungabzeichen an die Brust gepint und auch einen elitären Club gehabt. (Und sich auch nach außen abgegrenzt)
2. Verletzung der Menschenwürde durch „CAC-Spiel“. Wenn die Menschenwürde der „Opfer“ durch die im Rahmen des Ritual durchgeführte CAC-Simulation verletzt wurde, und das ungeachtet eines etwaigen Einverständnisses, dann ist eine solche Simulation innerhalb der Bundeswehr ja generell zu untersagen, denn dann wäre die Menschenwürde jedes Teilnehmenden an einer solchen Simulation in gleichem Maße verletzt.
@closius:
(Ich beziehe mich auf den oben unter Az 5 K 1899/17 verlinkten Text)
Der Entlassung liegt nicht die Feststellung einer Straftat sondern die Feststellung einer schuldhaften (weil mindestens fahrlässigen) Dienstpflichtverletzung zugrunde.
Durch diese Dienstpflichtverletzung droht der Bundeswehr ein Schaden, der durch die Entlassung abgewendet werden soll.
„Einfache Disziplinarmaßnahmen einerseits und die fristlose Entlassung gemäß § 55 Abs. 5 SG andererseits sind rechtlich nebeneinander stehende Möglichkeiten einer Reaktion auf Dienstpflichtverletzungen mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielen […]“
„Wenngleich regelmäßig die Dienstpflichtverletzung eines Soldaten Voraussetzung für eine Entscheidung des Dienstherrn über dessen fristlose Entlassung ist, ist allein die Zukunftsprognose für die Wahrung der militärischen Ordnung oder des Ansehens der Bundeswehr bei einem weiteren Verbleiben des Soldaten im Dienstverhältnis maßgeblich […] Auf die Schuldform oder die Schwere der Dienstpflichtverletzung kommt es nicht an; insbesondere eine strafrechtliche Relevanz ist nicht erforderlich“
Das Gericht bejaht sowohl eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung als auch eine ernstliche Gefährdung des Ansehens der Bundeswehr und begründet das ausführlich.
Also,
als erstes bin ich mal froh dass ich aus der Bundeswehr draußen bin.
@nemeinx: Sehe ich genau so, wo ist der Unterschied? Beim UNMOC (United Nations Military Observer Course in Hammelburg) habe ich mich (meines heutigen Wissens nach, ich kann aber was vergessen haben) niemals dazu bereit erklärt dass mit mir etwas gemacht wird was meinen Grundrechten widerspricht. Und was ist passiert? Mir gar nichts, aber spanische Lehrgangsteilnehmer wurden „entführt“ und von der Gruppe weggebracht, kamen erst später wieder zurück. Einer vom ihnen hat sogar geheult, also der Stresslevel war da sehr ausgeprägt. Das ist doch auch ein „CAC-Spiel“, oder?
Zu meinem Eingangssatz:
Ich war schon als GOA in diesem Thema sensibilisiert. Keine Beanstandungen bei meiner eigenen Uffz-Aufnahme.
Spätere Uffz-Aufnahmen als Fähnrich bis Oberleutnant (als Beobachter weil man eingeladen war):
Nach der offiziellenr Definition war vieles schlecht, ich hoffe aber dass niemand nachforscht.
Meine Meinung: Soviel Offizier war ich schon damals, wenn ich Probleme erkannt hätte wäre ich eingeschritten, der Rest bleibt der höheren Führung natürlich vorbehalten,
Werferfehler
@ThorDan: Nach dem Geschäftsverteillungsplan des VG Sigmaringen ist die 5. Kammer die zuständige Spezialkammer für Rundfunkgebühren und Hochschul- und Hochschulprüfungsrecht. Eine Kammer für Soldatenrecht gibt es beim Verwaltungsgericht Sigmaringen nicht. Vielmehr richtet es sich bei Soldatenentlassungen die zuständige Kammer nach dem Dienstort des Soldaten und da die 5. Kammer für den Landkreis Sigmaringen örtlich zuständig ist, und Pfullendort im Landkreis Sigmaringen liegt, war die 5. Kammer zuständig. Ein Soldat der seinen Dienstort in Ulm hätte, würde bei der 1. Kammer landen, weil diese für Ulm zuständig ist.
Daß es keine Spezialkammer gibt, kann ein Nachteil für die Betroffenen gewesen sein. Mein subjektiver Eindruck war gleich nach den Presseberichten der Gerichtsverhandlung, daß die Kammer keine große Erfahrung mit Soldaten hat.
Naja,
wenn ich mir diese Urteile anschaue, dann habe ich auch massive Zweifel ob hier schon rein formal eine „Richtigkeit des Urteils“ vorliegt.
„Am 26.01.2017 beantragte der nächste Disziplinarvorgesetzte die Entlassung des
Klägers nach § 55 Abs. 5 SG. Der Antrag wurde dem Kläger am selben Tag eröffnet und mit ihm erörtert… Die Anhörung der Gruppe der Soldaten im Personalrat lehnte er nicht ab…
Die Gruppe der Soldaten im örtlichen Personalrat Ausbildungszentrum
Spezielle Operationen erklärte in ihrer Stellungnahme… dass der Ent-
lassungsantrag in der Personalratssitzung vom 26.01.2017 besprochen worden sei.
Nachdem der Kläger keine Stellungnahme abgegeben habe und die Möglichkeit des
Gesprächs mit dem Personalrat nicht wahrgenommen habe, habe sie beschlossen,
den Antrag zu befürworten.“
Der Disziplinarvorgesetzte eröffnet dem Soldaten die geplante Maßnahme, der widerspricht nicht der Anhörung des Personalrates.
Der Personalrat hat die geplante Maßnahme noch am gleichen Tag auf der Tagesordnung (geht ja unter Wahrung der gesetzlichen Fristen nach BPersVG eigentlich gar nicht) und macht geltend der Soldat hat den PersRat nicht kontaktiert und darum habe der PersRat der Maßnahme zugestimmt.
Nicht unbedingt sehr fürsorglich, also das kenne ich aus der Praxis ganz anders !
Das Urteil ist in seiner ganzen Fülle lesenswert. Es relativiert die auch hier im Blog getätigten Aussagen über Menschenwürde, Verhalten in und außer Dienst, Einstehen für die freiheitliche demokratische Grundordnung, der Kameradschaftspflicht usw.
Wenn jemand das Urteil nicht nachvollziehen kann, nach der ausführlichen Begründung des Gerichtes, dann hat er offensichtlich Probleme die Urteilsbegründung für sich selbst als Soldat zu verinnerlichen und zu akzeptieren.
Zitat:
„Darüber hinaus sei ein solches Verhalten generell geeignet, sich negativ auf das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit auszuwirken. Dabei komme es allein darauf an, dass die begründete Besorgnis einer Ansehensschädigung durch sein Verhalten gegeben sei. Es entspreche in keiner Weise dem Ansehen der Bundeswehr, wenn sich Soldaten eigenmächtig und auch noch alkoholisiert an sog. „Aufnahmeritualen“ beteiligten. “ usw.
Bezeichnend für das Verhalten des entlassenen Soldaten ist auch, dass er keine Stellungnahme bei der Anhörung des Entlassungsantrages durch den DV abgegeben hat, eine Anhörung und den Beistand des vorhandenen Personalrates durch den Soldatenvertreter in der Gruppe der Soldaten abgelehnt hat, gegen die Entlassung dann aber klagt und jetzt weiter klagen will, vermutlich auf Anraten seiner Anwälte.
Soldaten, die nicht einsehen, dass sie etwas falsch gemacht haben, keine tätige Reue zeigen, denen kann man auch nicht entgegenkommen.
Nach meiner Einschätzung hätte vor 10 Jahren kein Hahn danach gekräht, wenn ein Obergefreiter wg. charakterlichen Nichteignung nach § 55(5) SG entlassen woren wären. Aber heutzutage muss ja alles medial inszeniert werden….
Das. Verhalten der Kameraden war unanständig und muss mit dem Erlass Erzieherische Maßnamen abgearbeitet werden, denn nur so kann man Soldaten erziehen. Strafe für keien Straftat macht kein Sinn.
@Paul
Es gab keine Öffentlichkeit, es war nach Dienst, keine Vorgesetzte und angeblich keinen Zwang. Wo ist die Straftat?
Was geschieht mit einem Soldaten, welcher sich ins Dschungelcamp freiwillig meldet?
@Georg | 20. September 2017 – 18:40
„Das Urteil ist in seiner ganzen Fülle lesenswert. Es relativiert die auch hier im Blog getätigten Aussagen über Menschenwürde, Verhalten in und außer Dienst, Einstehen für die freiheitliche demokratische Grundordnung, der Kameradschaftspflicht usw.“
Wo tut es das?
„Wenn jemand das Urteil nicht nachvollziehen kann, nach der ausführlichen Begründung des Gerichtes, dann hat er offensichtlich Probleme die Urteilsbegründung für sich selbst als Soldat zu verinnerlichen und zu akzeptieren.“
Nachvollziehen ist das eine, als zulässig bewerten ist das andere und als richtig/angemessen bewerten ist wiederum etwas drittes…
„Soldaten, die nicht einsehen, dass sie etwas falsch gemacht haben, keine tätige Reue zeigen, denen kann man auch nicht entgegenkommen.“
Ich bin mir nicht sicher, ob hier der Begriff „entgegenkommen“ angemessen ist.
„Nach meiner Einschätzung hätte vor 10 Jahren kein Hahn danach gekräht, wenn ein Obergefreiter wg. charakterlichen Nichteignung nach § 55(5) SG entlassen woren wären. Aber heutzutage muss ja alles medial inszeniert werden….“
Nach meiner Einschätzung hätte vor 10 Jahren für so einen Vorfall auch niemand ein § 55 (5) eingeleitet. Geschweigedenn hätte der IBuK für so einen Pillepalle-Vorfall dahingehend Druck ausgeübt…
@closius
Danke
@Georg
Dann hat vor 10 Jahren etwas nicht gestimmt.
@Elahan …und weitergehend gefragt: Wenn ein Gericht und nicht das „Opfer“ festzulegen hat, ab wann gegen die Menschenwürde verstoßen wird – müssten dann“Dschungelcamp“ und ähnliche Produktionen, nach entsprechenden Klagen, nicht vor Gericht landen?
@Georg
„Soldaten, die nicht einsehen, dass sie etwas falsch gemacht haben, keine tätige Reue zeigen, denen kann man auch nicht entgegenkommen.“
Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass die Soldaten kein Einsehen haben? Ich glaube sehr wohl, dass sie verstanden haben was an ihrem Handeln falsch war.
Es geht um die Strafe, anstelle von Erziehung.
Mit dieser Strafe vergibt man sich die Chance zur Disziplinierung.
Zum Thema Beteiligung „ÖPR“, diese musste zum Zeitpunkt eingefordert werden, das neue SBG galt noch nicht. Auch war das Verfahren der Einbindung des ÖPR durch den DV wohl nicht korrekt.
Man kommt nicht als Soldat zur Bw, sondern man wird es dort, durch Vorbilder, Erziehung und Erfahrung, nur dazu muss man den Menschen auch die Gelegenheit geben.
Es ist eben ein Unterschied ob man 20 und Gefreiter oder 40 und Hauptmann.
An anständigen (was auch immer das ist, legt bei uns wohl der IBuK fest) Vorbildern fehlt es wohl zur Zeit in der Gesellschaft, es ist eher das Gegenteil der Fall. Was früher unanständig war (zB Untergebene zu Küssen uvm) ist heute schick.
FrankP | 21. September 2017 – 9:41
Nein, das von Ihnen angeführte „Dschungelcamp“, ist ein Entertainement-Format. Die dort auftretenden Akteure, werden genau für dieses Entertainment engagiert. Ausserdem findet die ganze Sache nicht in Deutschland statt.
Ich halte die Urteile für überzeugend und im Ergebnis richtig. Die Begründungen sind sehr ausführlich und nehmen Bezug auf eine langjährige höchstrichterliche Rechtsprechung. Aber wer solche Aufnahmerituale in der heutigen Bundeswehr für „Pillepalle“ hält, wird sich auch durch noch so sorgfältige Begründungen nicht überzeugen lassen.
@Paul | 20. September 2017 – 14:48
In der Tat kann man auf seine Menschenwürde nicht verzichten (siehe hierzu das von Ihnen angeführte „Zwergenweitwurf-Urteil“).
Allerdings ist zum einen nicht per se jede „unschöne“ oder „ungewöhnliche“ Handlung ein Verstoß gegen die Menschenwürde (sonst dürften diverse Lehrgänge innerhalb der Bw ja gar nicht statt finden!).
Und zum anderen können Sie m.E.n. die Untersagung eines Geschäftsbetriebs nicht mit einer Entlassung gem. § 55 (5) vergleichen. Das eine hat zunächst „nur“ und vor allem eine wirtschaftliche Dimension (wenngleich auch mit deutlichen Auswirkungen auf den einzelnen), das andere hingegen ist fast schon eine „strafende“ Maßnahme (wenngleich auch rechtlich gesehen nicht, aber in den Auswirkungen sehr wohl).
Wie ich schon wiederholt geschrieben habe, halte ich persönlich die Entlassung für rechtlich zulässig, allerdings für inhaltlich vollkommen verfehlt!
Hier hat aber m.E.n. nicht das Gericht einen Fehler gemacht, sondern die Entlassungsbehörde, also der zuständige Zwei- oder Dreisterner (vermutlich auf Druck des BMVg hin…)!
Wie man angesichts der relativ geringfügigen Vorwürfe mit der maximalen Maßnahme ggü. jungen und noch (vermutlich) ausbildbaren und erziebaren Soldaten vorgehen konnte, erschließt sich mir nicht. Hier wurde m.E.n. ohne Not Exempel statuiert :(
Das ist keine gute Menschenführung gewesen (wenn auch wohl rechtlich zulässig)…
@Patrick Horstmann | 21. September 2017 – 15:38
„Aber wer solche Aufnahmerituale in der heutigen Bundeswehr für „Pillepalle“ hält, wird sich auch durch noch so sorgfältige Begründungen nicht überzeugen lassen.“
Da ich der einzige bin, der bisher den Begriff „Pillepalle“ in diesem Faden verwendet hat, beziehen Sie sich vermutlich auf mich.
1. Ich halte die Entscheidungen des VG auch für zumindest vertretbar.
2. Ich halte aber die zugrundeliegende Entscheidung des zuständigen Vorgesetzten (der Einleitungs- bzw. der Entlassungsbehörde) allerdings nicht für angemessen (vermutlich zwar für rechtlich zulässig, aber m.E.n. inhaltlich für vollkommen daneben).
Von daher verbinden Sie hier gerade eine Aussage von Ihnen mit einer inhaltlich anders gelagerten Aussage von mir!
Aber da Sie sich ja (unabhängig von unserer ÄHNLICH gelagerten Bewertung des VG-Urteils) scheinbar am Begriff „Pillepalle“ stören, hier einige Bemerkungen:
1. Da tun sich Landser gegenseitig etwas an, was es so oder zumindest so ähnlich dienstlich auch gibt.
2. Es liegt eine (mehr oder weniger gegebene) Freiwilligkeit vor.
3. Es sind junge Soldaten ohne Schädigungsabsicht.
Das ist m.E.n. definitiv „Pillepalle“! Das ist nichts, wodurch die Ordnung der Bundeswehr gefährdet wäre und wenn die öffentliche Wahrnehmung in Folge des Verhaltens der IBuK nicht schon so aufgepeitscht gewesen wäre, dann wäre durch so etwas auch das Ansehen der Bw nicht (ernsthaft) gefährdet gewesen.
Ich selbst habe 55 (5) o.ä. eingeleitet/beantragt, wenn Soldaten mit Messern auf einander losgegangen sind. Ich habe 55 (5) Fälle im Zusammenhang mit politischem Radikalismus oder mit Betrug am Dienstherrn oder ähnlichem erlebt, aber wegen freiwilligen Aufnahmerituale mit (relativ) geringfügigem Schädigungspotential ggü. den „Betroffenen“?!
Das kann (sollte) man kritisieren! Das muss man erzieherisch und ausbildungstechnisch verfolgen. Das kann (muss man aber nicht) sogar disziplinar ahnden. Aber 55 (5)?! Meiner Meinung nach inhaltlich vollkommen daneben!
@Sepp | 20. September 2017 – 18:37
Koffer | 20. September 2017 – 23:55
Fakt ist m.E. das nicht nur der Personalrat/die Vetrauensperson vmtl. versagt hat.
Von der vermutlichen Unfähigkeit des Vernehmenden ganz zu schweigen. Hier endet wohl die Führsorgepflicht für einige!
Zudem bezweifle ich das die unreifen Burschen im Moment der Vernehmung in Anbetracht der nahenden Guillotine Typ 55(5) überhaupt in der Lage waren die Tragweite ihres angeblichen Ablehnen der Befragung/Beteiligung VP oder PersRat einzuschätzen. Sollte der „Selbstzweck“… im Personalrat zu sein…“ im Vordergrund stehen (soll es ja auch geben), hätte es der Combo auch nichts genutzt.
Wegen allerhöchstem „Griff in das Genick“ wurde schnell jemand abgeurteilt. Wundert mich auch nicht nachdem der mediale Aufriss ja bereits in vollem Gange war. Gezielte Disziplinare Maßnahmen mit der Chance zum „Erziehen“ wären sinnvoll gewesen. Und nebenbei hätte vor 10-15 Jahren die gesamte Combo einen Besuch in der Arrestzelle der Bw-Liegenschaft gemacht. Da hätte auch heilende Wirkung gehabt. Aber da geht ja heutzutage keiner mehr ran oder die Arrestzellen sind nicht mehr nutzbar.
„Ansehen der Bw in der Öffentlichkeit“
Das mittlerweile von allen Dienstgradgruppen und Geschlechtern genutzte Tête-à-Tête in Liegenschaften der Bw und ausserhalb ist natürlich vollkommen in Ordnung? Da wacht die Rekrutin im Bett des Zugführers auf weil man sich ja in gegenseitiger Übereinkunft darauf geeinigt hat und die Führung schaut vor lauter Diversity weg. Weibliche OA`s werden in eigentlich skandlöser Art und Weise von ihren Disziplinarvorgesetzten während des Truppenpraktikums hofierend eingeführt. FALSCH, die gehören dort hin gesteckt wo die Späne fallen.
Halb so wild, sieht ja keiner….ausser der männliche Rekrut, der junge Soldat/Soldatin der genau solche Dinge am Telefon oder am Wochenende zu Hause erzählt. Schaden für das Ansehen der Bundeswehr? Schöne neue Welt ohne UvD , Dienstaufsicht, im Rahmen der 41h Woche sowie diverser anderer richtungsweisender neuerungen. Die Trennung von Unterkunfts und Funktionsbereichen trägt auch dazu bei.
Die jungen Männer können sich auch nebenbei noch „ggfs“ für eine voll verbaute Zukunft bedanken!
@Werferfehler | 20. September 2017 – 17:39
Solange es den Beteiligten des UNMOC Lehrganges, im Falle eines Falles geholfen hätte mit einer solchen Situation vernünftig fertig zu werden ist alles in Ordnung.
Der UNMOC war in dieser Phase ohnehin genug psychologisch überwacht. Solange der Soldat die Möglichkeit hatte das erlebte (unter richtiger pschologischer Betreuung) aufzuarbeiten sehe ich keine Schwierigkeiten in ihrer Schilderung.
Machen sie sich keine Sorgen. Für manche „Aufnahmen“ wäre der ein oder andere( ich ebenfalls) nach heutiger ethisch/moralischer Rechtssprechung einzelner , vergleichbar wie die RAF zu behandeln.
@Georg 20. September 2017 – 18:40
„Danke“ für das durch ihr Statement gewonnene DAB!
@ 0815:
Mit der psychologischen Beratung während der Ausbildung haben Sie recht, ich habe ja auch vorher schon gesagt das dass der beste Lehrgang war den ich in meiner Dienstzeit je besucht habe.
Und Danke, dass Sie meine Einschätzung zu vergangenen Erlebnissen teilen,
Werferfehler
@Koffer | 21. September 2017 – 15:58
„Allerdings ist zum einen nicht per se jede „unschöne“ oder „ungewöhnliche“ Handlung ein Verstoß gegen die Menschenwürde (sonst dürften diverse Lehrgänge innerhalb der Bw ja gar nicht statt finden!).“
Lesen Sie doch dazu die Ausführungen des Gerichts in den verlinkten Urteilen.
Entwürdigende Handlungen durch alkoholisierte Kameraden sind kein „Pillepalle“ und Mannschafter als Staatsbürger in Uniform sind keine „Landser“!
@JPG | 22. September 2017 – 11:58
„Entwürdigende Handlungen durch alkoholisierte Kameraden sind kein „Pillepalle““
Alles eine Frage der Relation…
Ich sehe keinen Vorgang, der eine Aufmerksamkeit oberhalb des Maßes max. einer Diszplinarmaßnahme (besser allerdings einer EM) benötigt hatte.
Zudem lässt sich sicherlich trefflich über den begriff „entwürdigend“ streiten.
Und das Landser im Rahmen einer Veranstaltung, die das neudeutsch „Bonding“ unterstützen sollte betrunken sind, ist aus meiner Sicht nicht nur nicht vorzuwerfen, sondern im höchsten Maße normal. Zumindest ist das in meiner TrGttg so ;)
„und Mannschafter als Staatsbürger in Uniform sind keine „Landser“!“
Natürlich sind sie das. Warum auch nicht? Das ist ja in keinerlei Form abwertender Begriff, sondern ein rein deskriptiver Begriff für die Dienstgradgruppe vom Jg bis zum OStGefr. So wie Flaggoffiziere für Admirale vom FltAdm bis zum Adm…
@Koffer | 21. September 2017 – 18:20
Jeder der ihre Kommentare liest (auch @Koffer | 21. September 2017 – 15:58 und @Koffer | 22. September 2017 – 15:40) kann sich sein eigenes Bild davon machen, was Sie so meinen.
Ihre Argumentation folgt immer dem gleichen Muster: Zunächst wird ein Vorgang in seine Einzelteile zerlegt. Der einzelne Bestandteil wird dann als „nicht so schlimm“ eingeordnet. Angetrunken? Kommt schon mal vor! Entwürdigende Behandlung? War doch nur ein Spaß unter „Landsern“. Verstoß gegen die Menschenwürde? Die Opfer waren doch einverstanden!
Anschließend sind dann die wirklich Verantwortlichen schnell gefunden: Allen voran die Publicity suchende Ministerin, die die Öffentlichkeit „aufgepeitscht“ hat und ihre willfährigen Handlanger mit dem goldenen Eichenlaub auf den Schultern, die auf Anweisung von oben oder im vorauseilenden Gehorsam überreagieren.
Es kommt hier richtigerweise auf eine Gesamtbetrachtung an. Bei den betroffenen Vorfällen handelt es sich nicht um eine spaßige Studentenparty, die ein wenig aus dem Ruder gelaufen ist, sondern um ein unwürdiges Verhalten von Soldaten, das zu Recht in einer modernen Armee nicht geduldet werden kann. Die ausführliche Begründung lässt sich in den Urteilen nachlesen. Ich gehe davon aus, dass die große Mehrheit in der Bundeswehr das auch so sieht.
Wenn das in der BW ebenfalls im Rahmen von Ausbildungen etc. auch durchgeführt wurde?
Wo liegt da der Unterschied?
Warum ist das eine in Ordnung oder gar richtig, das andere aber nicht?
@Patrick Horstmann | 22. September 2017 – 17:52
„Jeder der ihre Kommentare liest (auch @Koffer | 21. September 2017 – 15:58 und @Koffer | 22. September 2017 – 15:40) kann sich sein eigenes Bild davon machen, was Sie so meinen.“
Hoffentlich! Sonst würde ich sie ja nicht schreiben :)
„Der einzelne Bestandteil wird dann als „nicht so schlimm“ eingeordnet.“
Korrekt. Meine Bewertung.
„Angetrunken? Kommt schon mal vor!“
Korrekt und zudem nicht nur nicht problematisch, sondern sogar normal.
„Entwürdigende Behandlung? War doch nur ein Spaß unter „Landsern“.“
Korrekt. WENN das behauptete Einverständnis vorlag. Sonst natürlich ganz andere Kategorie und dann sogar richtig heftig!
„Verstoß gegen die Menschenwürde? Die Opfer waren doch einverstanden!“
Nein, hier geben Sie meine Position falsch wieder. Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun.
Die Einwilligung hat nichts mit der Menschenwürde zu tun (gegen die darf auch nicht mit Einwilligung verstoßen werden), sondern mit der Frage des Verstoßes gegen die Kameradschaftspflicht, sowie gegen div. Strafgesetzte.
Meine Position in Bezug auf die Menschenwürde ist schlichtweg, dass diese durch die geschilderten Vorgänge nicht verletzt war. Wenn das anders wäre, dann dürfte es in der Ausbildung nämlich auch nicht dienstlich erfolgen (denn auch da darf keine gegen die Menschenwürde verstoßende Handlung vorgenommen werden).
@ThoDan | 22. September 2017 – 18:17
„Wenn das in der BW ebenfalls im Rahmen von Ausbildungen etc. auch durchgeführt wurde?
Wo liegt da der Unterschied?
Warum ist das eine in Ordnung oder gar richtig, das andere aber nicht?“
Eine berechtigte Frage ;)
Nun muss man natürlich zugestehen, dass nicht alles was dienstlich notwendig ist auch im Kameradenkreis angemessen sein muss.
Allerdings bricht hier in der Tat das Argument des Verstoßes gegen die Menschenwürde etwas in sich zusammen, denn diese kann ja auch im Dienst nicht abgelegt werden…
Wenn es zudem ausdrücklich freiwillig geschah, wäre auch der Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht geringfügig oder ggf. sogar gar nicht vorhanden.
Was bleibt ist der Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht in und außer Dienst.
Und genau deswegen habe ich ja von Anfang an gesagt: rechtlich zulässig, aber inhaltlich unangemessene Maßnahme. Landser wegen so geringfügiger Verstöße gegen die Wohlverhaltenspflicht aus dem Dienst „unehrenhaft“ zu entfernen ist wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen…
@ ThoDan
Genau das ist die interessante Frage. Es gibt keine genau festgelgte Linie wo Menschenwürde anfängt bzw. aufhört.
Das problematische an dem Urteil ist ja auch, dass es wenn es durchgeht, eine Signalwirkung haben könnte.
Wenn es rechtlich geboten ist Personal nach 55(5) zu entlassen, welches Dienstvergehen ohne Schädigungsabsicht begangen hat, was macht man dann mit Soldaten, welche dem Kameraden mit Absicht einen Schaden zugefügt haben?
Müsste somit jeder in eine Schlägerei verwickelte Soldat nicht auch sofort nach 55(5) entlassen werden? Ist ein Nasenbruch nicht auch ein Eingriff in die Menschenwürde? Ist das nicht auch ein Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht? Ist es nicht auch geeignet die soldatische Ordnung erheblich zu stören?
@Patrick Horstmann | 22. September 2017 – 17:52
Nochmals. Vor 10-15 Jahren wäre genau das was die unreifen Burschen da getrieben haben ebenfalls,bei Kenntnis durch die Vorgesetzten, entsprechend geandet worden. „Cafe- Viereck“ mit oder ohne Teilnahme am Dienst im disziplinarrechtlichen Rahmen unter Einbindung des zuständigen WDA. Ende-Disziplinar geahndet mit Eintrag in das Disziplinarbuch-Chance zur Rehabilitation.
Hat zu Zeiten der Wehrpflicht (obwohl das nur sekundär was damit zu tun hat) dem einen oder anderen den Kopf gewaschen (oder auch nicht). An die große Presse und öffentlichkeits-Glocke hätte dies vermutlich bei derartiger Sachlage keiner gebracht. Problem intern gelöst, kein Image-Schaden für die Truppe.
…der UvD hätte die Sache beendet und gemeldet, den OvWa oder FvW informiert , der gleichzeitig deutlich mehr Durchsetzungskraft aufgrund der Dienststellung gehabt hätte.
@ThoDan | 22. September 2017 – 18:17
Glauben sie es…
Bei derartigen Ausbildungen,war früher oder ist auch heute (mit absoluter Sicherheit) immer genug „Sicherheit“ im Spiel. Lückenlose Überwachung durch Unparteiische, Ärzte und Psychologen sowie gesunder Menschenverstand auf der Seite der Durchführenden.
Nur weil Soldaten auf den schlimmsten Fall vorbereitet werden heist das nicht das alle Involvierten Ausbilder „Bestien“ sind. Auch das ist Fürsorge!
@JPG | 22. September 2017 – 11:58
Nach über 3 Jahrzehnten in der Truppe kann ich nicht behaupten das ich mich irgendwann nicht wie „Staatsbürger in Uniform“ während wirklich fordernder Ausbildungsabschnitte gefühlt habe. Mittlerweile machen sich nicht unerheblich wenige längergediente Berufssoldaten (aller Dienstgradgruppen) Gedanken wie in den letzten Jahren mit der Bezeichnung „Staatsbürger in Uniform“ umgegangen wird!
Zudem verstehe ich auch nicht was jetzt für ein Abwasch um den Begriff „Landser“ gemacht wird….eher ist am Begriff „Mannschafter“ zu nörgeln. Aber bitte…
@Koffer
„Angetrunken? Kommt schon mal vor!“
„Korrekt und zudem nicht nur nicht problematisch, sondern sogar normal.“
– RICHTIG-
Und nicht nur bei der Bundeswehr ;-)
Koffer | 22. September 2017 – 19:05
Sie treiben wirklich die Verharmlosung auf die Spitze. Es gibt einen Unterschied zwischen nach außen ähnlichen Vorgängen im Rahmen einer dienstlich geplanten und begleitenden Ausbildung und semi-privaten „Aufnahmeritualen“.
Der Unterschied ist auch im Hinblick auf eine Einwilligung rechtlich relevant, aber wir sind hier nicht im einen juristischen Seminar.
Ich verweise auf meinen Kommentar unter @ Patrick Horstmann | 21. September 2017 – 15:38: Wer es nicht sehen WILL, den überzeugt auch keine noch so umfassende Begründung. Ist wohl eine Frage des Mindset.
@Patrick Horstmann et al
Ist die BW jetzt ein Abstinenzlerverein oder soll einer sein?
@Koffer
Ich bezog mich auch nur auf Menschenwürde, auf sonstige Folgen ggf. psychologischer Art definitiv nicht.
@Wa-Ge
“ Schlägerei verwickelte Soldat “ da sehe ich auch so nette Sachen wie Notwehr, Nothilfe und Kameradschaft involviert.
Jeden Soldaten entlassen, der sich in einer Schlägerei seiner Haut wehrte, jeden Pionier der einem Pionier gegen Jäger zu Hilfe kam?
@0815
„Nur weil Soldaten auf den schlimmsten Fall vorbereitet werden heist das nicht das alle Involvierten Ausbilder „Bestien“ sind“
Tue ich gar nicht, tat ich nie.
Ich setze Fehler, Irrtümer etc. nicht mit Missbrauch gleich .
@ 0815 | 22. September 2017 – 20:26
@ ThoDan | 22. September 2017 – 21:10
Ich habe meinen Wehrdienst Anfang der 1980er Jahre geleistet. Da wurde nach Dienst wirklich gesoffen. Aber es kam zumindest weder in meiner Grundausbildungs- noch in meiner Stammeinheit zu solchen Vorkommnissen, wie sie hier in Rede stehen. Und wenn etwas aus dem Ruder lief, „kreiste der Hammer“. Waren übrigens Heereseinheiten.
Vor und nach meiner Wehrdienstzeit habe ich als Aushilfe auf Baustellen gearbeitet. Da wurde auch getrunken. Heute fliegt ein Betrunkener auf einer Baustelle achtkantig raus, wenn er erwischt wird. Zeiten ändern sich. Eine Wehrpflichtarmee, bei der betrunkene Wehrpflichtige am Freitagnachmittag die Züge und Bahnhöfe prägten, gehört Gott sei Dank der Vergangenheit an.
Das gleiche gilt für irgendwelche Aufnahmerituale in der beschriebenen Form. Und dass die Bundeswehrführung dieses umsetzt, ist nach meiner Meinung nur zu begrüßen. Andere Branchen haben das auch erkannt. Es es komme mir hier jetzt keiner mit der Besonderheit des Soldatenberufs.
Nach Dienst etwas zu trinken – gerade bei kasernierten Einheiten – ist das eine, Aufnahmerituale in der beschriebenen Form sind was anderes. Und um diese Unterscheidung deutlich zu machen, braucht es deutlicher Signale.
@Wa-Ge | 22. September 2017 – 19:43
„Müsste somit jeder in eine Schlägerei verwickelte Soldat nicht auch sofort nach 55(5) entlassen werden?“
Tja, hier trifft halt Ihre (und meine) Erfahrung der Realität mit den Wünschen von Außenstehenden zusammen. Sie und ich wissen, dass sich Soldaten natürlich hin und wieder auch mal einen auf die Mütze hauen und das das (bisher) zumindest in den Verbänden in denen ich gedient habe sicherlich (alleinstehend) kein Grund für 55 (5) gewesen ist.
Aber wenn ich ein ideales und wirklichkeitsfremdes Bild von unseren Soldaten habe, dann ist so etwas natürlich (möglicherweise) für den einen oder anderen erschütternd und verstörend…
@0815 | 22. September 2017 – 20:26
„Mittlerweile machen sich nicht unerheblich wenige längergediente Berufssoldaten (aller Dienstgradgruppen) Gedanken wie in den letzten Jahren mit der Bezeichnung „Staatsbürger in Uniform“ umgegangen wird!“
Ich könnte Ihnen nicht mehr von Herzen zustimmen, als zu dieser Aussage!
„….eher ist am Begriff „Mannschafter“ zu nörgeln.“
Da musste ich schmunzeln, ich hatte just bei diesem Begriff auch gezuckt, aber ich wollte nicht auf einer Korinthe herumreiten.
Trotzdem: +1
@Patrick Horstmann | 22. September 2017 – 21:02
„Es gibt einen Unterschied zwischen nach außen ähnlichen Vorgängen im Rahmen einer dienstlich geplanten und begleitenden Ausbildung und semi-privaten „Aufnahmeritualen“.“
Seufz. Ja natürlich tut es das, sonst dürfte man ja als Soldat auch außerhalb des Dienstes Menschen erschießen (überspitzt erklärt)…
Aber bei dem hier behaupteten Menschenwürdeverstoß macht das rechtlich keinen Unterschied.
Entweder ist es das simulierte Vorgehen einer Gefangennahme in der beschriebenen Form ein Verstoß gegen die Menschenwürde, dann wäre es sowohl in, als auch außer Dienst ein Dienstvergehen. Oder es ist kein Verstoß, dann darf man es auch nicht vorwerfen.
Es kann dann zwar immer noch ein Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht sein (bei vorhandener FREIWILLIGER Einwilligung eher nicht) und vor allem kann es trotzdem ein Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht sein (das sehe ich z.B. hier einschlägig, wenn auch nur minderschwer), aber das hat dann eben nichts mit einem Verstoß gegen die Menschenwürde zu tun…
„Der Unterschied ist auch im Hinblick auf eine Einwilligung rechtlich relevant, aber wir sind hier nicht im einen juristischen Seminar.“
Jepp, aber nicht in Bezug auf die Menschenwürde, denn auf die kann ich weder innerhalb noch außerhalb des Dienstes verzichten.
„Wer es nicht sehen WILL, den überzeugt auch keine noch so umfassende Begründung. Ist wohl eine Frage des Mindset.“
In der Tat! Treffender hätten Sie es nicht formulieren können.
Die Soldaten waren im Glauben, dass Sie keine Straftat begehen. Was Sie taten, war aus unserer Sicht zumindest unanständig und nicht in der Öffentlichkeit.
Weder wurde durch die Soldaten in Bw in der Öffentlichkeit schlecht dargestellt, noch war die Disziplin gefährdet.
Es lag keine Straftat vor, deshalb gibt es keine Strafe.
Die Entlassung ist anders begründet, doch gerade diese Begründung greift im Sinn unserer InFü nicht. Fehlerkultur nicht vorhanden.
Das ist eindeutig ein erzieherischer Mangel und dafür gibt es den Erlass Erzieherische Maßnahmen.
Besondere Erzieherische Maßnahmen hätten ggf zum Erfolg geführt.
Wo wird denn der Erlaß noch in seiner ganzen Breite angewendet?
Kannte der IBuK diesen Erlaß überhaupt?
Hätte der Chef den Erlass angewendet, wäre die Bundeswehr auch nach Veröffentlichung des Vorgangs, vertrauensvoll dagestanden und die Disziplin gewahrt.
Jetzt haben wir evtl vier gute Soldaten weniger und die Chance deren Erziehung zu anständigen Staatsbürgern verpasst. Der Staat hat sie evtl in ihren Augen unfair behandelt. Eine positive Einstellung zu ihm ist ggf nicht zu erwarten.
Wenn meine Kinder Fehler machen, schmeiß ich sie nicht aus der Familie!
@ThoDan | 22. September 2017 – 22:39
Verstanden. Wollte ihnen da aber auch nichts unterstellen. Absicht meinerseits war nur die Darstellung der Situation.
@Patrick Horstmann | 22. September 2017 – 23:59
Habe 1984 als Wehrpflichtiger angefangen. Teilweise , jedoch nicht regelmäßig wurde auch in meiner Einheit „ordentlich“ nach Dienst getankt. Es gab damals die Fuchstaufe (Nässen genannt) durch die Maßbandträger. Waschbecken (gross wie Futtertröge) wurden Nachts mit kaltem Wasser gefüllt, und drin lag man. Meist wenn die Maßbandübergabe stattfand. Naja, alle haben es wohl überlebt, gereinigt wurde von allen, denn wenn morgens der Waschraum nicht TipTop war gab es richtig „Lack“!
Alkohol hat weder während der Arbeit noch im Straßenverkehr etwas verloren…das ist wohl unstrittig. Die tlw angetrunkenen W15er in den Zügen haben auch nicht zur Steigerung des Ansehens gedient. Wer von der Truppenstreife (im Feldjägerdienst) in Uniform, im Zug betrunken angetroffen wurde hatte in der Folgewoche meist ordentlich was an der Backe.
Ich bleibe dabei und sehe das was die Burschen da getrieben haben sehr differenziert.
Mir passt das „Gesamtkonstrukt“ was geschah und wie gehandelt wurde eben nicht, kann es aber nicht verändern. Isso!
Im gesamten Fall P. stimmt was nicht. Soldaten werden entlassen, Ausbilder versetzt, Chef abgelöst, der Kdr in beschämender Art entfernt und zuguterletzt alle unter Generalverdacht gestellt. Ja es trifft teilweise auch die richtigen. Statt sich (bis zum Abschluß der Ermittlungen) vor die Truppe zu stellen wurde ihr von hinten das Messer in die Rippen gerammt.
Das schafft auch für Aussenstehende des Falles kein Vertrauen in die Führung. Das war schon einmal deutlich besser! Zuvieles bleibt bis heute unbeantwortet und 2+2 ergibt nicht 5.
Einstellung der Ermittlungen gegen Oberstlt aus Wildflecken.
Gericht: Keine Anzeichen für Aufruf zu Aufruhr.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-kritik-an-ursula-von-der-leyen-ermittlungen-gegen-offizier-eingestellt-a-1170775-amp.html
Lernt BMVg?