Airbus erklärt vorsorglich alle Tiger-Kampfhubschrauber für unsicher (Nachtrag)

20161106_fra_mali_patrol_tiger_kl

Nach dem Absturz eines Tiger-Kampfhubschraubers der Bundeswehr in Mali am 26. Juli  hat die Herstellerfirma Airbus Helicopters eine Sicherheitswarnung an alle Nutzernationen dieses Helikoptertyps herausgegeben, die am (heutigen) Donnerstag noch einmal ergänzt wurde. Darin werden vorsorglich alle Varianten des Hubschraubers, der von den Streitkräften Frankreichs, Spaniens und Australiens genutzt wird, für unsicher erklärt.

Das Unternehmen sei zwar nicht an der Untersuchung des Unglücks beteiligt und habe keine Informationen, die über die bekanntgewordenen ersten Untersuchungsergebnisse der Bundeswehr hinausgingen, erklärte Airbus Helicopters in der Tiger Safety Warning TSW_AHT_2017_002, die Augen geradeaus! vorliegt. Dennoch:

Despite the missing information and considering a sudden failure, Airbus Helicopters declares an UNSAFE condition for all Tiger versions. AH can neither identify the part, the failure of which would lead to the accident, nor the origin of the failure (design, manufacturing, maintenance). Consequently, AH is not in the position to propose a protective measure.

Der General Flugsicherheit der Bundeswehr hatte am vergangenen Dienstag erste Erkenntnisse mitgeteilt, die aber weiterhin keinen Aufschluss über die Unglücksursache geben. Diese Erkenntnisse waren auch dem Verteidigungsausschuss des Bundestages mitgeteilt worden. Allerdings nennt der Bundeswehr-Bericht ein Detail, das im Schreiben an die Abgeordneten fehlt: Was dort so beschrieben wird, das das Luftfahrzeug überraschend radikal die Nase senkte, hat der General Flugsicherheit drastischer formuliert: Als das Luftfahrzeug überraschend die Nase um 90 Grad senkte und einen steilen Sinkflug begann – also faktisch senkrecht nach unten. Dass alle Rotorblätter von der Maschine getrennt wurden, sei eine Folge dieses rasanten Sinkfluges gewesen.

Von den vier Nutzer-Nationen des Tigers hält nach Informationen von Augen geradeaus! bislang nur Spanien alle Maschinen generell am Boden. Die Tiger in Frankreich und Australien verzichten zwar vorerst auf Routineflüge, starten jedoch zu Trainingsflügen, die für den Erhalt von Fähigkeiten oder zur Vorbereitung auf einen Einsatz nötig sind. Deutschland lässt alle Hubschrauber dieses Typs im Grundsatz nicht starten, lässt aber bei Gefahr für Leib und Leben zum Beispiel in einer Kampfsituation in Mali den Einsatz zu.

Nachtrag aus der Bundespressekonferenz am 11. August: Ich habe den stellvertretenden Sprecher des Verteidigungsministeriums, Oberst Boris Nannt, gefragt, warum das Unternehmen nicht direkt an der Untersuchung beteiligt ist:

BPK_Tiger_Mali_11aug2017     

 

 

Transkript des Audios:

Frage : Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium zum „Tiger“-Crash in Mali. Airbus hat gestern eine Sicherheitswarnung für den „Tiger“ ausgegeben und alle „Tiger“-Versionen für „condition unsafe“ erklärt. Dabei ließ Airbus auch wissen – beziehungsweise das ist Teil der Sicherheitswarnung -, dass Airbus an den Untersuchungen nicht beteiligt ist. Warum ist das so?

Nannt: Es geht uns darum, alles zu tun, um die Ursachen für diesen schrecklichen Unglücksfall aufzuklären. Im Falle des Kampfhubschraubers „Tiger“ hat die Industrie bereits ihre Unterstützung angeboten. Natürlich werden wir diese auch in Anspruch nehmen. Ich weiß, dass Airbus bereits in den vergangenen Tagen Erkenntnisse zu technischen Sachverhalten übermittelt hat. Die werden auch in die Untersuchung mit einbezogen. Wenn wir Fragen haben, treten wir natürlich an Airbus heran. Ich weiß, dass der General Flugsicherheit bereits im Kontakt und auch im Dialog mit Airbus steht, um alles zu tun, um das Unglück aufzuklären. Mein Sachstand ist, dass man im Dialog ist. Wir führen die Untersuchungen federführend; das ist unsere Zuständigkeit. Wir werden Airbus bei Bedarf, wie gesagt, über die Industrie mit einbeziehen.

Zusatzfrage : Nur damit ich das richtig verstehe: Warum ist nicht ein Vertreter der Herstellerfirma Teil der Untersuchungsgruppe, des Untersuchungsteams oder wie auch immer man das nennt?

Nannt: Das ist grundsätzlich vom Prozess her nicht vorgesehen. Wir sind derjenige, der dort in der Verantwortung steht. Aber natürlich holen wir uns die Erkenntnisse von Airbus oder auch von anderen Industrieunternehmen, wenn es irgendwelche Vorfälle gibt, um alles zu tun, um das aufzuklären.

(Archivbild: Eine französische Patrouille, aus der Luft überwacht von einem Tiger-Kampfhubschrauber, im Oktober im Norden Malis – Französisches Verteidigungsministerium)