Neue Marine-Mehrzweckkampfschiffe: 300 Mio gespart, 500 Mio teurer (Korrektur: Werften)

Die geplanten neuen Kriegsschiffe der Bundeswehr werden voraussichtlich gut eine halbe Milliarde Euro teurer als geplant – obwohl schon zuvor geforderte Leistungen im Wert von rund 300 Millionen Euro aus den Anforderungen herausgenommen wurden. Das teilte der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium Markus Grübel am (heutigen) Dienstag dem Verteidigungsausschuss des Bundestages mit. Die Angebote der drei Werftkonsortien, die das Mehrzweckkampfschiff 180 (MKS180) für die Deutsche Marine bauen wollen, werden nach Grübels Angaben für Ende September erwartet – damit ist, wie schon im Oktober vergangenen Jahres erwartet, erst nach der Bundestagswahl mit einem Vertrag zu rechnen.

Aus Grübels Schreiben an den Ausschuss:

Durch die tiefgreifende Auseinandersetzung der Bieter mit dem Vergabegegenstand und dessen Risiken wurde in zahlreichen Expertengesprächen mit dem öffentlichen Auftraggeber über mehrere Monate eine unzureichende Korrelation zwischen gebilligtem Finanzrahmen und gefordertem Leistungsumfang nicht erst – wie in der Vergangenheit des Öfteren geschehen – zu einem späteren Termin in der Realisierung, sondern bereits vor Vertragsschluss festgestellt. Zur Wiederherstellung der Korrelation wurden Forderungen aus der Leistungsbeschreibung herausgenommen, deren technische Realisierung mit erheblichen Kosten bzw. Risiken verbunden gewesen wäre, ohne einen signifkanten operativen Mehrwert zu bieten. So konnten Kosten i.H.v. mehr als 300 Mio EUR reduziert werden, deren Erfüllung wünschenswert, aber nicht geboten war.

(…)
Das Verfahren bot erstmals eine weitere Chance: Eine moderate Nachjustierung der Forderungslage auf Basis aktueller sicherheitspolitischer Entwicklungen kurz vor der Aufforderung zum zweiten Angebot. Aus diesem Rational heraus wurde in ausgewählten Bereichen gezielt in die Zukunftsfähigkeit des Waffensystems investiert und somit im Wesentlichen der Schutz der Besatzung, die Standkraft des Waffensystems sowie dessen Wirkungsfähigkeit erhöht. Im Ergebnis führt diese Nachjustierung zu einem zusätzlichen Finanzbedarf von rd. 525 Mio EUR für vier Schiffe. (…)
Trotz des komplizierten Verfahrens ist es uns wie geplant gelungen, die verbliebenen drei Bieter im Vergabeverfahren MKS 180 am 31. März 2017 zur Abgabe eines zweiten Angebots aufzufordern. Wir erwarten die Angebote der Bieter Ende September 2017 und werden anschließend in die Verhandlungen einsteigen.

Das ist feinste BMVg-Prosa und lässt bislang leider offen, welche Forderungen wünschenswert, aber nicht geboten waren und welche neuen Forderungen konkret zu der Steigerung um 525 Millionen Euro führen. Bislang war ein Gesamtpreis von vier Milliarden Euro für vier dieser Schiffe veranschlagt worden; insgesamt sollen langfristig sechs MKS180 beschafft werden. Die drei Bieterkonsortien setzen sich (wie bekannt, aber ich beziehe mich mal auf die entsprechende Meldung von Reuters) aus Lürssen/ThyssenKrupp Marine Systems, der niederländischen Damen-Werft und Blohm+Voss sowie den German Naval Yards gemeinsam mit der Britische BAe zusammen. Und wenn im Oktober noch davon die Rede war, dass ein endverhandelter Vertrag voraussichtlich Ende 2017 vorliegen solle, scheint mir das angesichts des jetzt skizzierten Zeitplans sehr sportlich.

(Korrektur im oben fett markierten Teil: Blohm+Voss gehört zwar inzwischen zu Lürssen, ist aber – historisch gewachsen – beim Projekt MKS 180 Partner von Damen)

(Grafik: Konzeptgrafik Mehrzweckkampfschiff 180 vom Mai 2015 – Bundeswher/BAAINBw)

Eine Nachbemerkung, die mir derzeit unter jedem Eintrag nötig scheint: Augen geradeaus! ist ein journalistisches Projekt, das durch die freiwilligen Zuwendungen von Leserinnen und Lesern ermöglicht wird. Viele von ihnen beteiligen sich bereits finanziell, wofür ich sehr dankbar bin – doch nach wie vor reicht es nicht wirklich, die zeitaufwändige Arbeit zu finanzieren. Ich freue mich deshalb über jede Zuwendung: nicht viel, aber regelmäßig, das hilft. Wie ihr die Arbeit an diesem Blog unterstützen könnt, steht hier.