Mali: Niederlande wollen (offiziell) Reduzierung ankündigen; doch Einsatz deutscher Hubschrauber?
Die niederländische Regierung will am (heutigen) Freitagnachmittag offiziell mitteilen, dass das Engagement der niederländischen Streitkräfte in Mali zum kommenden Jahr um die Hälfte reduziert wird – und dass, wie schon bekannt war, auch ihre Hubschrauber abgezogen werden. Das berichten mehrere niederländische Medien. In der Mitteilung an das Parlament wird nach Angaben der Zeitung Volkskrant auch stehen, dass sich die Niederlande mit einer oder auch mehreren anderen Nationen geeinigt haben, die künftig die MedEvac- und die Kampfhubschrauber für den UN-Einsatz MINUSMA in Gao im Norden des westafrikanischen Landes stellen sollen – wer das sein wird, ist allerdings noch nicht bekannt.
In Gao sind zusammen mit den Niederländern auch deutsche Soldaten stationiert, die das Kontingent des Nachbarlandes schrittweise ablösen sollen. Die Hubschrauberfrage ist für beide Nationen kritisch, für die Bundeswehr mit ihrer dann größeren Beteiligung an MINUSMA um so mehr: Nur mit Helikoptern kann sichergestellt werden, dass die Rettungskette für verwundete Soldaten in dem riesigen Wüstenland rechtzeitig funktioniert.
Bereits nach ersten Ankündigungen der Niederlande war die Frage aufgekommen, ob Deutschland dann diese Hubschrauber als Ersatz für die Chinook-Transporter und die Apache-Kampfhubschrauber stellen müsse – was das Verteidigungsministerium in Berlin ausdrücklich nicht ausschließen wollte. Interessant sind da die Angaben des Volkskrant: Die Regierung werde, so meldet das Blatt, zwar auf eine Übernahme dieser Fähigkeiten durch andere Nationen verweisen, aber vorerst nicht mitteilen, um welche Länder es sich handele: Zunächst müsse dieses Land sein eigenes Parlament und die Öffentlichkeit informieren. (‚Het gaat om een fatsoenlijk land dat eerst in het eigen parlement moet aankondigen dat dit gaat gebeuren.‘)
Das wirft natürlich erneut die Frage auf, ob die Bundeswehr nun doch Hubschrauber nach Mali schicken wird. Offizielle Auskünfte dazu gibt es in Berlin bislang nicht. In den Niederlanden kursieren derweil Gerüchte, dass Deutschland die Helikopter für den Rettungseinsatz stellen könnte und eine andere Nation, möglicherweise Kanada, die ebenfalls benötigten Kampfhubschrauber.
Weiter, vielleicht, nach Entwicklung.
Nachtrag: der offizielle Brief der Regierung ans niederländische Parlament hier.
(Archivbild: Apache-Kampfhubschrauber in Gao/Mali – defensie.nl)
Auch die Gesellschaft für bedrohte Völker mahnt vor der etwaigen Entsendung von Hubschraubern erneut ein schlüssiges Konzept an:
http://www.epo.de/index.php?option=com_content&view=article&id=13129:mali-alarmierende-neue-zahlen-zur-sicherheitslage&catid=27&Itemid=69
Gleichzeitig fordert die Ministerin – in der heutigen BamS – eine intensivere Suche der VN nach einem Ersatz der niederländischen Hubschrauber.
Entweder man wartet sehnsüchtig auf die „alternativlose“ Anfrage der UN oder hofft dringend auf einen anderen Truppensteller.
So oder so nicht wirklich mit dem selbst gesetzten Ziel einer neuen Sicherheitspolitik vereinbar, die ja nach den Reden in München Anfang 2014 verantwortungsvoll, entschlossen und frühzeitig sein sollte.
Die Helis sind wohl mission critical, also sind die Alternativen: Ersatz kommt, oder die Mission wird abgebrochen, unabhängig von einem wie auch immer gearteten Konzept.
@ Klaus-Peter Kaikowsky | 08. Oktober 2016 – 22:25
Sie vergassen die Leistungen der NL in Kosovo zu erwaehnen.
@Thomas Melber:
„Mission critical“ ist vorallem eine klare Definition der „mission“.
Und wenn es dann an Hubschraubern oder sonstwas fehlt, um die Missionsziele zu erreichen, dann muss man nach dem üblichen Geschachere rundum die Truppenstellung Entscheidungen treffen.
Zumal dieses Problem seit ca. einem Jahr erkennbar ist.
Mit Blick auf die Kampfhubschrauber ist sicherlich auch die Sichtweise von DPKO interessant. Konzeptionell sieht man in der Kombination aus UAS und Kampfhubschrauber das richtige „Paket“ für proaktive Einsätze:
http://defense-update.com/20160905_unmanned_peacekeepers_over_africa.html
klabautermann | 09. Oktober 2016 – 8:52
Nun, mir auch – tit for tat – wird eben anders gedeutet, dort.
Eine sehr gute Übersicht der Lage in Mali:
http://lecourrierdumaghrebetdelorient.info/mali/arab-world-maps-mali-a-new-somalia/
In Sachen Hubschrauber gab es nach Angaben der UN von letztem Freitag bereits 2 Anfragen auf Ministerebene:
„As tragically illustrated by Monday’s attacks, the Mission’s capacity to protect civilians and counter asymmetric attacks in active defence of its mandate is further hampered by the absence of the capabilities recommended by the Secretary-General in its June report and authorised by resolution 2295 (2016).
In this context, I regret to inform the Security Council that in the short to medium-term instead of receiving reinforcements, MINUSMA will be confronted with the loss of key enablers. Two troop-contributing countries have recently apprised us of their decision to withdraw three out of the Mission’s five helicopter units by early 2017. The Secretariat has deployed extensive efforts to generate assets to replace them, including at the United Nations Peacekeeping Defence Ministerial held in London on 9 September and the Ministerial Meeting on the Implementation of the Agreement for Peace and Reconciliation in Mali held in New York on 23 September. However, no Member State has so far committed to contribute any of the outstanding capabilities authorised either by resolution 2295 (2016) or by previous resolutions.“
https://minusma.unmissions.org/en/briefing-security-council-situation-mali-statement-usg-ladsous
Es wäre interessant zu wissen, ob die Bundesregierung:
– auf Zeit spielt oder
– keine einheitliche Position hat (AA vs. BMVg) oder
– aus politischen Gründen kein Material stellen will (Kampfeinsatz/ Mission creep) oder
– erkannt wurde, dass ein Einsatz nicht durchhaltefähig leistbar ist.
Die Reihenfolge ist aus meiner Sicht auch die Reihenfolge der Wahrscheinlichkeit.
@Memoria @all
„… MINUSMA will be confronted with the loss of key enablers. …“
Das ist Plural, was denn noch auf der Fehlteilliste, neben Hubi?
@MikeMolto
Stimmt, habe KFOR nicht genannt, obwohl „defensie“ 1998 -2000 zum Schutz der damaligen Beobachtermission kampfstark dabei war, u.a. mit 16 F-16.
Diese Nachlässigkeit war allerdings kein Vorsatz. Vielmehr erinnerte ich mich automatisch DER Kampfeinsätze, die in den Zeitraum meiner damaligen NLD Verwendung fielen.
Heeresseitig waren eingesetzt:
– Tle ArtBtl
– 3 MrsZg
– VskPiBtl
– 1 InfKp
– 4 BO-105
– 3 CH-47
– 4 FAC
Alle Tle waren aZa mit DEU PzBrig 12.
Hoffe, dies kann hier verbleiben, denn mit MALI hat es ja nur entfernt über die dortige NLD Verpflichtung zu tun.
Nichtsdestrotz war der Hinweis wichtig, da NLD KFOR erneut die Anstrengung einer kleineren Nation für die freie Welt herausstellt.
@KPK:
Aus dem Bericht des UN-Generalsekretärs zu MINUSMA aus dem September 2016 (Ziffer 51):
„Key outstanding capabilities included a combat convoy battalion, an armed helicopter unit for Sector North, an additional special forces company for Sector West, additional infantry companies and specialist training, mentoring and equipment for the disposal of explosive ordnance. MINUSMA urgently required an attack helicopter unit and a military medium utility helicopter unit, as those currently in Sector East would be repatriated in early 2017. A replacement of one military medium-utility helicopter unit in Sector West was also needed by the end of 2016. MINUSMA remained underresourced in terms of armoured personnel carriers. Even with the deployment to the Mission of 27 additional armoured personnel carriers, MINUSMA would be 38 armoured personnel carriers short of the number originally planned. In addition, the new mandate included a requirement for an additional 77 armoured personnel carriers.“
https://minusma.unmissions.org/sites/default/files/n1629765.pdf
Zudem fehlt es laut Bericht weiterhin an ausreichender Ausbildung und Ausrüstung im Bereich C-IED.
@T.W.:
In der Anlage des Berichtes findet sich eine (noch) aktuelle Gliederung von MINUSMA.
Damit wird deutlich, dass Kampfhubschrauber u.a. für GAO und KIDAL gesucht werden.
@KPK:
Ein längerer Kommentar hierzu ist verschwunden.
Daher in Kürze die Einschätzung der UN:
Neben Hubschraubern fehlt es absehbar an C-IED, Aufklärungsmitteln und geschützten Fahrzeugen.
Als Lektüre empfehle ich:
https://minusma.unmissions.org/sites/default/files/n1629765.pdf
[Sorry, irgendwo ist da ein Haken… habe den längeren Kommentar gerettet und wieder eingestellt. T.W.]
Der Besuch der Kanzlerin in Mali konzentrierte sich – wie zu erwarten – auf das Thema Migration:
http://www.tagesschau.de/ausland/merkel-mali-afrika-101.html
Immerhin gab es am Flughafen noch ein Gespräch mit deutschen Soldaten von MINUSMA und EUTM Mali.
Interessant die Mahnung der Kanzlerin nach einer besseren Koordination der zivilen und militärischen Mittel.
Da sollte sie sich wohl erstmal zu Hause drum kümmern.
Bisher gibt es kein wirklich abgestimmtes Vorgehen von AA, BMI, BMZ, BMVg und weiterer Stellen.
Von vernetzter Sicherheit würde nun lange genug geredet.
Aber nach dem Weissbuch veranstaltet das AA ja nun das PeaceLab, um im Frühjahr 2017 die Leitlinien „Krisenprävention, Stabilisierung und Friedensförderung“ zu veröffentlichen. Dann sind schon bald Wählen.
Bis dahin wird weitere Zeit vertan sein – in Mali vielleicht die entscheidende Zeit.
Abgesprochene Offerte?
http://www.dailyprogress.com/niger-says-germany-can-build-military-logistics-base-there/article_1ae26159-f4bc-525a-b5df-18e3b7f615b5.html?utm_content=bufferf6233&utm_medium=social&utm_source=twitter.com&utm_campaign=buffer
@KPK
Eher die politische Formalisierung dessen, was schon lange läuft.
http://augengeradeaus.net/2016/10/mali-sammler-deutsche-basis-im-niger-offiziell-angekuendigt-erstmals-a400m-nach-gao/