DroneWatch: Gerichtsbeschluss verzögert Drohnen-Beschaffung weiter (mehr Details)
Die geplante Beschaffung der ersten Drohne der Bundeswehr mit möglicher Bewaffnung, des israelischen Modells Heron TP, dürfte sich noch weiter verzögern. Im Rechtsstreit um das unbemannte Flugsystem, angestrengt vom US-Hersteller des Konkurrenzmodells, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf eine Beschwerde wegen beklagter Verletzung des Vergaberechts nicht nur angenommen, sondern ihr auch aufschiebende Wirkung zugebilligt: Vorerst darf das Verteidigungsministerium keinen Vertrag über die Beschaffung von Heron TP abschließen, entschied das Gericht am 13. September.
Der Beschluss, über den zuerst tagesschau.de berichtete, enthält einige Aussagen, die den Juristen des Ministeriums Sorge bereiten dürften. Die waren nach dem ersten Beschluss der Vergabekammer des Kartellgerichts, das die Firma General Atomics zunächst angerufen hatte, noch recht optimistisch gewesen – zumal die Kammer die Auffassung des Ministeriums gestützt hatte. Das Gericht machte in seinem Beschluss allerdings deutlich, dass das so sicher nicht ist. Es gebe Anhaltspunkte, dass die vergaberechtlichen Grenzen der Freiheit des öffentlichen Auftraggebers, den Lieferanten selbst auszuwählen, nicht eingehalten worden sein könnten.
Darüber hinaus verweist das Gericht süffisant darauf, dass es mit der Entscheidung über die Beschaffung ja nicht so eile – das Verfahren insgesamt laufe bereits seit 2012, und eine parlamentarische Befassung sei ja ohnehin erst für das kommende Jahr geplant.
Damit scheint die Firma General Atomics, Hersteller der Predator-Drohne, zunächst mal mit ihrer Absicht erfolgreich, den Deal mit der israelischen Drohne aufzuschieben. Was bisher geschah steht hier; schon Ende August hatte das Verteidigungsministerium davor gewarnt, dass das Verfahren drei bis neun Monate dauern könnte. Die Einschätzung scheint weiterhin zu gelten.
(Foto: Heron TP auf der ILA 2016)
Ist das jetzt auch ein output der hochgepriesenen, zeitweise angestellten Beratergilde, deren erste Vertreter jetzt zwecks weiterer Karriere verzugslos zurück zum ehemaligen Arbeitgeber und möglichen zukünftigen Auftragnehmer weiterer teurer Beratungsleistung zurück gewechselt haben? Dachte wird alles super jetzt…
Die aufschiebende Wirkung ist eine Ohrfeige für die Ministerin. Es ist damit zu erwarten, daß GA den Prozeß gewinnt und das Vergabeverfahren dann neu beginnt. Zwar wird GA auch in einen neuen Verfahren nicht den Zuschlag bekommen, aber möglicherweise geht es General Atomics nicht um den Zuschlag, den ihr die BW nicht geben kann, um Nachahmer zu verhindern, als zu verhindern, daß sich andere Staaten, infolge einer BW-Beschaffung, für die Heron-Drohne entscheiden.
Noch interessanter als diese Ohrfeige für die Ministerin ist aber, daß die Marine-Drohne sich um weitere zwei Jahre verzögern wird, bis 2023!!!(da müssen die Korvetten ja schon bald aus Altersgründen verschrottet werden;)), weil das Beschaffungsamt eine Neuzulassung verlangt der Drohnen. Viele Länder schaffen es die Schiebel-Drohnen einzusetzen, nur nicht das Beschaffungsamt in Koblenz! Nur weil ein Benzinmotor gegen einen Dieselmotor getauscht werden soll, eine neue Zulassung zu verlangen, erschließt sich mir nicht.
Aber vielleicht kann VtG-Amtmann uns dies erklären…..
die schlechtesten anwälte deutschland´s arbeiten wohl im beschaffungsamt-für-wehrtechnik, das ist ja bei weitem nicht der erste vorfall dieser art.
T.W.:
„Darüber hinaus verweist das Gericht süffisant darauf, dass es mit der Entscheidung über die Beschaffung ja nicht so eile – das Verfahren insgesamt laufe bereits seit 2012, und eine parlamentarische Befassung sei ja ohnehin erst für das kommende Jahr geplant.“
Wo kann man das nachlesen?
Hans Schommer
@ closius
Das “ Beschaffungsamt“ verlangt gar nichts, sondern müht sich um ein wesentliches Projektelement: Zulassung.
Hätte man einfach reingeschrieben das der Einsatz vom deutschen Boden aus nicht möglich ist (Zulassung – Kollisionsvermeidung), hätte General Atomics sich was einfallen lassen müssen und das Projekt vielleicht erst garnicht angegangen.
Es gibt keine Drohne die man sicher in unserem Luftraum betreiben könnte. , daher soll die Heron ja auch von Israel aus zum Einsatz kommen.
Ordentlich zu arbeiten war wohl zu viel verlangt.
Eine aufschiebende Wirkung ist noch keine Vorentscheidung! Das heißt lediglich dass die Klage so substanzhaltig ist, dass das Gericht genug Zeit zum prüfen was nun rechtens ist haben möchte ohne das in der Zeit Fakten geschaffen werden. U.Umständen kann es auch durch eine zu „dürre“ Stellungnahme der beklagten Vergabestelle entstehen.
Ohne das ich Techniker bin scheint mir eine komplette Neuzulassung schon plausibel. Es wird ja nicht einfach nur die Antriebseinheit gewechselt sondern es müssen sicherlich noch etliche andere Bauteile und -gruppen gewechselt werden wie z.B. Motorsteuerung, Kraftstoffzuleitungen, Tank, Anlasser usw.. Andere fallen weg wie z.B. die Zündeinheit.
@ closius
„Marine-Drohne“
D“as Beschaffungsamt in Koblenz“ verlangt gar nichts, sondern müht sich um ein wesentliches Projektelement: Zulassung.
Mir wurde erklärt, die offizielle Lesart habe sich dabei in „Zulassungsrisiko“ geändert.
Für ein Produkt, das noch nie eine Zulassung hatte ist es eine besondere Herausforderung eine „Neuzulassung“ zu erreichen. Wer das schafft kommt sicher in die Championsleague oder in den vorzeitigen Ruhestand oder vor einen Untersuchungsausschuss.
Bei derart komplexen Zusammenhängen lohnt es sich dann auf Grundlage fehlernder technischer Fakten die Mitarbeiter zu wechseln und mindestens eine wesentliche Organisationsform entschieden umzuorganisieren.
Beides ist in vorblidlicher Weise gelungen. Wer wird sich bei solchen Erfolgen von Terminen bedrücken lassen!
Bis 2023 könnte ein weiterer Wechsel und eine weitere Umorganisation gelungen sein!
Applaus! Bravo!
@Hans Schommer
So lange der Beschluss nicht veröffentlicht ist, leider noch nirgendwo.
Wieso jetzt überhaupt doch wieder der Camcompter, waren wir nicht bei einem neuen (unbekannten) Modell angekommen? Es muss die Abteilung für Treppenwitze zugeschlagen haben.
Moin.
Andere Marinen setzen den Camcopter ein, so wie er ist. Nur die Bundeswehr muss mal wieder eine Extrawurst gebraten haben.
Meine Fresse!
Heron-TP
Da der Heron-TP eine deutsche militärische Musterzulassung vom LufABw bekommen soll macht es für GA durchaus Sinn die Vergabe anzugehen, um diese begehrte Auszeichnung vielleicht für dem Certifiable Predator zu bekommen. Ist ja durchaus ein stark den Verkauf förderndes Argument.
Hilft nur nix, wenn das Vergabeverfahren nicht neutral ist, dann wird im Zweifel eben zurückgezogen und noch spezifischer neu ausgeschrieben.
Schiebel-Drohne
Wenn die Industrie sich über die Zulassung beschwert hat sie Nichts verstanden, wenn der neue Motor nirgendwo bereits zertifiziert ist gibt es nichts anzuerkennen und es muss natürlich eine umfassende Musterprüfung erfolgen. Für die identischen Bestandteile liegen ja hoffentlich genehmigte Unterlagen vor.
Wenn die Industrie da schlampig gearbeitet hat und die Nachweise nicht erbringen kann ist das ihr Pech.
@Ottone
Unterschiedliche Verwendungen. Die COTS Lösung war für den friendly approach, hier geht es um die Aufklärungsdrohnen der Korvetten.
@closius:
Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass nicht das „Beschaffungsamt“ BAAINBw die neue Zulassung verlangt, sondern das neu gegründete Luftfahramt der Bw (LufABw). Im Rahmen der letzten Reorganisation hat man die Zuständigkeit für luftfahrtechnische Zulassungen aus dem BWB/BAAINBw herausgelöst und in ein militärisch geführtes neues Amt (LufABw) überführt. Erhofft hatte man sich schnellere Entscheidungen und weniger Probleme…
Das LufABw ist dem BAAINBw gleichgestellt und somit ist das BAAINBw von den Entscheidungen des LufABw abhängig. Letzteres kämpft immer noch mit der unzureichenden Personaldecke, was nicht wirklich hilft…
Nicht, das früher alles gut war, aber einfacher und schneller ist es jetzt definitiv nicht geworden!
@ meistereder
Solange man einem Vertragsjuristen nicht klar machen kann, worauf es technisch ankommt, wird es auch nicht möglich sein einen dazu tauglichen Vertrag zu formulieren.
Dabei bieten die Zulassungsfragen und die zugehörigen Nachweise erfahrungsgemäß das größte Konfliktpotenzial.
Das Bashing auf die unabhängigen Juristen im BAAIN greift dabei zu kurz, denn hier war eine ganze Heerschar an externen Beratern am Werk, damit es on time & on budget klappt.
McKinsey Hurrah! Und Danke SirHenry.
Tolle Konzepte schreiben können die Leute ja. Vielleicht wusste „er“ das ja, der liebe Gundbert. Wer war nochmal Rüstungsstaatssektretär? (-in)
Aus vergaberechtlicher Sicht finde ich die im BMVg praktizierte Anwendung des novellierten CPM ungemein kreativ. Da erarbeitet das BAAINBw Lösungsvorschläge, die letztlich kaum etwas anderes sind als Produktbeschreibungen und der Generalinspekteur trifft eine Auswahlentscheidung, die dann quasi auch schon die Vergabeentscheidung ist. Denn sie mündet ja dann – geradezu zwangsläufig, weil es für den ausgewählten „Lösungsvorschlag“ faktisch nur einen Anbieter gibt – in ein „Verhandlungsverfahren ohne Teilnehmerwettbewerb“ – also in eine freihändige Vergabe. Ich glaube, so ist das sowohl beim HERON TP (HERON vs. PREDATOR) als auch bei TLVS (MEADS vs. PATRIOT), und es zeichnet sich ab, dass es beim FTH (CH-47 vs. CH-53K) ähnlich laufen könnte. Auch bei SLWÜA beschreiben die verschiedenen Lösungsvorschläge konkrete Produkte (TRITON, GLOBAL5000 / ISIS, AISIS). Das wirklich interessante ist doch dabei, dass das wettbewerbsrechtlich formstrenge Vergabeverfahren erst nach der Auswahlentscheidung beginnt, wenn eigentlich schon alle Messen gesungen sind. Ich kann mich schwach erinnern, dass bei der Novellierung des CPM die Frage, wie man Lösungsvorschläge derart abstrahieren kann, dass die Auswahlentscheidung eben kein Präjudiz für eine Vergabe ist, sehr intensiv diskutiert worden ist… Da stand nämlich die Frage im Raum: „Darf der das überhaupt?“.
Der Theorie des CPM (nov) nach sind die Lösungsvorschläge produktneutral, praktisch kopiert man natürlich die Datenblätter des gewünschten Produktes in die Leistungsbeschreibung (oder lässt die gleich von der Industrie schreiben).
Ach so…. Schon mal so eine LV gesehen?
Die Bundeswehr soll ja bevorzugt marktverfügbare Lösungen betrachten. In bestimmten, spezifisch militärischen Bereich, in denen es nur Produkt A, B und C mit ihren jeweiligen entscheidungsrelevanten Charakteristika marktverfügbar gibt, dürfte es de fact unmöglich sein, LV so zu schreiben, dass das Produkt nicht klar erkennbar ist. Und damit wird natürlich die Entscheidung vorweg genommen.
Bei Socken mag das mit dem „prduktneutral“ vielleicht gut funktionieren, bei geschützten Fahrzeugen, Lenkflugkörpern, Hubschraubern oder eben Drohnen sicherlich nicht mehr.