Neues Luftverteidigungssystem: Erst nächstes Jahr zur Billigung ins Parlament?
Eines der größten Rüstungsprojekte der Bundeswehr, das Taktische Luftverteidigungssystem (TLVS), wird möglicherweise erst im kommenden Jahr auf den Weg gebracht. Ein Jahr nach der Entscheidung über das neue System, das im wesentlichen von der deutschen und der italienischen Tochter des Lenkflugkörperherstellers MBDA und dem US-Rüstungskonzern Lockheed Martin produziert werden soll, ist noch unklar, ob die dafür nötige Zustimmung des Bundestages wie geplant noch 2016 oder erst 2017 eingeholt werden soll.
Das geht aus einer Übersicht hervor, die der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium Ralf Brauksiepe in der vergangenen Woche an das Parlament schickte und die Augen geradeaus! vorliegt. In der Übersicht ist unter dem Hinweis Aufgrund des Projektverlaufs kann bei den folgenden Vorhaben gegenwärtig noch nicht abgeschätzt werden, ob sie zum Ende dieses Jahres oder erst zum Anfang des Jahres 2017 dem Haushaltsausschuss vorgelegt werden können an erster Stelle das Projekt TLVS genannt.
Nähere Angaben dazu werden in Brauksiepes Schreiben nicht gemacht. Der Haushaltsausschuss des Bundestages muss alle wesentlichen Vorhaben des Verteidigungsministeriums billigen, deren Wert 25 Millionen Euro übersteigt.
Neben TLVS sind von einer möglichen Verschiebung ins Jahr 2017 die weitere Beschaffung des Systems Infanterist der Zukunft, das Mehrrollenfähige Leichte Lenkflugkörpersystem (MELLS) zur Panzerabwehr und die geplante Beobachtungsplattform „Offener Himmel“, ein Flugzeug zur Überwachung von Rüstungskontrollvereinbarungen, betroffen. Dagegen sollen Beschaffungsentscheidungen unter anderem für die von Heeresinspekteur Jörg Vollmer dringend angemahnte neue Generation digitaler Funkgeräte sowie die Panzerschnellbrücke Leguan in den Haushaltsausschuss gehen.
Nicht auf der Liste der so genannten 25-Mio-Vorhaben stehen die zusätzlichen Kampfpanzer, die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bereits vor gut einem Jahr angekündigt hatte – die werden voraussichtlich erst mit dem Haushalt 2017 bestellt werden können. Ebenso fehlt die noch für dieses Jahr vorgesehene Beschaffung von Überwachungsdrohnen für den Einsatz in Mali: Die dürften über gesonderte Verfahren für den Bedarf bei Auslandsmissionen beschafft werden.
(Foto: Rüstungs-Staatsekretärin Katrin Suder auf der ILA 2016 vor einem Demonstrator des künftigen Taktischen Luftverteidigungssystems)
Man könnte meinen, es läge wieder einmal am Zeughaus in Koblenz, dass die 25 Mio.Vorlagen so spät im Jahr und teilweise in der letzten Sitzungswoche des Jahres beschlossen werden sollen.
Der IdZ hängt wohl eher mit den Problemen beim PUMA zusammen und wurde absichtlich nach hinten geschoben.
Zu TLVS hat die Ministerin mit den unerwünschten Bildern auf der ILA und den dort vorgefahrenen Bussen bereits zum Ausdruck gebracht, dass die Beschaffung nicht mehr unter ihrer Ägide in dieser Wahlperiode eingeleitet wird. Für Deutschland und die Luftwaffe als ehemalige Inhaber einer Fähigkeitsdomäne und mit Blick auf die Lage in Osteuropa eine Blamage. TLVS hätte auf dem Gipfel in Warschau ein starkes Signal sein können. Chance vertan.
MELLS ist eine Blamage für die Beschaffer in Koblenz. Das System ist in der Truppe eingeführt und wird von dieser händeringend erwartet. Jede Milan, die an die Peschmerga geht, sollte durch eine Spike ersetzt werden. Zudem zeichnet sich VJTF ab. Eine Nachbeschaffung nicht binnen 12 Monaten vornehmen zu können ist peinlich und spricht nicht für das Beschaffungssystem.
M.E. liegt die Verzögerung an MEADS/TLVS nicht am AN MBDA Deutschland, sondern wieder mal an den Beschaffern, die im eigenen Hause nicht einmal die erforderliche Expertise haben, so ein Projekt zu begleiten.
http://www.bund.de/IMPORTE/Ausschreibungen/editor/Bundesamt-fuer-Ausruestung-Informationstechnik-und-Nutzung-der-Bundeswehr/2016/07/1606753.html?nn=4641482&type=0&searchResult=true
das sind einige sehr zentrale und aktuell wichtige Rüstungsvorhaben die hier mal wieder in der Warteschleife geparkt werden…das TLVS und MELLS sind auch sehr relevant bzgl Abschreckung Richtung Osten…ohne dabei zu sehr aggressiv zu erscheinen…
die Verantwortung wird vermutlich wieder auf die nächste Bundesregierung weitergeschoben :-(
armes Deutschland
Frage: wenn die geplanten Haushaltsmittel-Abflüsse, die für den A400m zwecks Auslieferungsverzögerung für dieses Jahr nicht realisiert wrerden können – wäre es dann denkbar diese Mittel für die kurzfristige Beauftragung der z.B. der mordernisierung der Kampfpanzer Leopard 2 auf Rüststand A7 zu beauftragen und durchzuführen?
Aber gleichzeitig groß tönen von wegen „Verantwortung“ und „Leadership“ im neuen „Weißbuch“. Meine Güte, diese politische Feigheit ist ja nicht mehr zu ertragen …
Diese „Schiebungen“ können mehrer Gründe haben:
1. Haushaltsentwurf und Finanzplan sind noch in der „Harmonisierung“
2. Einige Projekte sind noch nicht „haushaltsreif“, bzw Ausschreibungsverfahren noch „pending“
3. Priorisierungen im BW-Planungsprozess noch strittig
4. Beschaffungsbehörde im overload in Sachen Vertragsqualitätssicherung
5. Risiken im Bereich Mittelabfluß infolge nicht absehbarer einsatzbedingter Sofortbedarf oder auch Zulauf A400M
6. Gipfelbeschlüsse Warschau noch nicht „eingepreist“ – und das ist nicht nur das RahmenBtl für Litauen; Stichwort: Resilienz (Zivilschutz im Spannungs-/V-Fall) und auch V-Fall Bevorratung.(die Diskussion über Mun hatten wir hier ja schon)
etc.pp.
TLVS ist ein ziemlicher Brocken und hätte kurz-, mittelfristig erhebliche Bindungswirkung im EPl14. Der Paradigmenwechsel infolge des Warschauer Gipfel erfordert im Prinzip eine völlige Überarbeitung des BW-Planes, da kann man diesen Haushaltsklotz am Planerbein nicht gebrauchen.
zum Thema „Beschaffungen“:
Lt. n-tv hat UK heute bei Boeing den Warenkorb gefüllt: 9 P-8 und 50 Apaches.
@Ziethen
Im Zusammenhang mit dem Brexit ist das verteidigungswirtscahftlich konsequent zumal Enders ja auch schon eine Art Airbus Rückzug aus den UK angedeutet hat.
@Quattromaniac:
Jedes Jahr wird versucht, nicht abfließende Gelder kurzfristig in anderen Projekten unterzubringen.
Rechnen wir mal nach: Jetzt, also im Juli, würde klar, dass Gelder z.B. beim A400M nicht abfließen können. Dann folgt Angebotsaufforderung, Angebot der Firma (im schlimmsten Fall noch Ausschreibung), Vertragsverhandlungen, Vertragsschluss, Herstellung, Lieferung und Abnahme.
Und das soll bis November (Kassenschluss) möglich sein. Das geht nur bei handelsüblichen Mini-Produkten.
Solange die Jährlichkeit des Haushalts herrscht, wird man das Beschaffungssystem nicht sinnvoll hinkriegen.
@Ziethen, Klabautermann
Die UK Beschaffungen waren schon vor dem Brexit abzusehen. Die RN braucht ein neues MPA, und die WAH-64 sind ein teurer Klotz am Bein. Einfach auf die neuere US Version mitaufzuspringen ist billiger. Beides schon länger geplant.
@eigentliches Thema: Wieder einmal verschieben und die heiße Kartoffel dem Nachfolger hinterlassen. Wer braucht schon FlaRak? völlig überbewertet.
@Sommerbiwak:
Ja, stimmt.
Aber die Bestellungen offiziell nach dem Warschauer Gipfel vom Stapel zu lassen, ist doch ein Signal.
In Berlin hingegen macht nur der Verschiebebahnhof mobil, ungeachtet der Vielzahl von Lücken in persönlciher Ausrüstung, Mun-Bevorratung und Fuhrpark.
Stattdessen: Konfetti-Regen, weil man in Wunstorf mal wieder einen Hangar gefüllt hat, wo der Vogel wahrscheinlich erstmal wieder einstaubt.
Manchmal verstehe ich den Bundesfinanzminister, dass er sich schwertut, weitere Finanzmittel in der Planungs-Kalahari des BMVg versickern zu lassen….
@ Ziethen
Ich denke die Bekanntgabe hat jetzt nicht unbedingt etwas mit dem Gipfel zu tun sondern liegt an der heute beginnenden Farnborough International Airshow.
@Sommerbiwak
Einfach mal lesen:
„Camerons letzter Höhenflug“ auf Handelsblatt………..
Ein neues System, wie auch der A400M, da stellt sich mir die Frage…ob und wo dieses System unter möglichst realen Bedingungen getestet wurde?
Ich denke dabei nicht an das „Tontaubenschießen“ auf Kreta…
https://de.wikipedia.org/wiki/NATO_Missile_Firing_Installation
sondern eher an,
http://www.globalsecurity.org/military/facility/mcgregor.htm
oder ähnlichen Einrichtungen, wo die Target`s über Selbstverteidigung-Devices
verfügten?
Vorab, bekannt sind mir u.A.:
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The devastating new technology debuted on Oct. 21, 1967, when an Egyptian gunship fired four Russian-built Styx missiles at the Israeli warship Eliat. The missiles streaked toward their target, impervious to countermeasures, sinking the Eliat and killing 47 of its crew members.
——————-( Ein hilfloser Satellit )
In less than two months, Lockheed Martin helped the Navy customize the AEGIS system for this unprecedented challenge, and the USS Lake Erie sailed off to a point hundreds of miles northwest of Hawaii on a mission code-named Operation Burnt Frost. After tracking the satellite’s trajectory for days, Lake Erie launched a single missile on Feb. 20, 2008.
A few minutes later, sensors and radars confirmed a direct hit. The missile had struck the satellite with such accuracy that the hydrazine was completely neutralized, averting the release of a potentially dangerous chemical into the atmosphere
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Operation Black Buck
https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Black_Buck
Aus meiner Sicht wurde dort das „Deceptive target“ Verfahren erfolgreich eingesetzt.
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Also nochmals meine Frage: Erfolgten bereits Test´s unter realen Bedingungen „mit gesicherten Ergebnissen/Ergebnissen?
p.s. in einem früheren Leben, gehörte ECM/ECCM zu meinen „Leisten“ ;-)
Brexit, NATO-Gipfel in Warschau, Farnborough Air Show, Haushaltsreife von Projekten, Verschieben in die nächste Legislatur, Jährlichkeit des Haushalts, etc. etc. viel Phantasie und viele kreative Ideen. Es ist viel banaler. Das „Zeughaus“ (willkommen, lieber Griephan-Leser/Plagiator!) ist bis zur Disfunktionalität zusammengekürzt und wenn dann mal einer krank wird oder versetzt wird (Nachbesetzung dauert -PersAmt sei Dank- ein Jahr) dann kann sich ein Projekt schon mal um drei Wochen verschieben. Und wenn es für die Sitzungswoche in KW 50 geplant war, dann ist es im nächsten Jahr – Skandal!!
Außerdem empfehle ich mal auf der BMVg-Website Lektüre zum Thema KPMG-Gutachten, Agenda Rüstung und Projekt Rüstungsmanagement. Dort steht unter anderem, dass das Vertragsmanagement auf neue Füße gestellt werden soll (Stichwort Qualitätssicherung). Das probiert man jetzt aus. Die Abläufe im Amt sind neu, die Vertragsentwürfe sind anders, die Industrie wundert sich, prüft etwas länger als sonst (Firmen im Ausland zeigen den Vogel), die Verhandlungen dauern ein paar Tage länger als gewohnt und schon sind noch drei Extra-Wochen vergangen… (Klabautermann Ziffer 4 ist right on target) Bewertung nach gründlicher Analyse des Sachstandes: Der Skandal bleibt schon wieder aus.
Ich darf einen Kommentar von Memoria ( http://augengeradeaus.net/2016/07/deutscher-mbda-chef-tritt-aus-gesundheitsgruenden-zurueck/comment-page-1/#comment-243014 ) hier reposten:
„Memoria | 16. Juli 2016 – 11:34
Das BAAINBw leitet die nächste Runde der Risikominimierungen bei TLVS ein:
https://www.bund.de/IMPORTE/Ausschreibungen/editor/Bundesamt-fuer-Ausruestung-Informationstechnik-und-Nutzung-der-Bundeswehr/2016/07/1606753.html?nn=4641482&type=0
Damit ist ein TLVS-Vertrag vor der Wahl kaum mehr möglich.
Die Ausschreibung zeigt auch in welchem Umfang das BAAINBw/ PMO Bewertungen für Gesamtvorhaben nach außen verlagert (siehe Nr. 7).
Der Zeitansatz der Untersuchungen (3 Monate) erscheint mir ebenfalls sehr knapp.
Vorallem Mehraufträge für Berater, IABG, etc?“
Während Brauksiepe noch von „Anfang 2017“ spricht, sollen die Ergebnisse der aktuellen Ausschreibung „im Laufe des ersten Halbjahres 2017“ dem BMVg vorgestellt werden.
Wenn da vor der Wahl noch was beschlossen wird, dann als verzweifelte Hau-Ruck-Aktion.
Fachliche Frage:
Worum handelt es sich bei den angesprochenen Punkten Weitbereichssensor und Mittelbereichssensor?
Weitbereich könnte das Surveillance Radar sein. Aber Mittelbereich? IR oder Passiv-Radar?
Wenn man sich die Bereiche der Risikominimierung anschaut, dann wird hier wieder die klassische Salamitaktik bei Rüstungsbeschaffungen deutlich:
Um den Einstiegspreis zu drücken, wird erstmal nur die Basisversion beschafft. Dann stellt man fest: Oh nein, mit dem Multifunction Fire Control Radar (MFCR) können wir ja das Potential von MEADS gar nicht komplett ausnutzen, insbesondere keine „Stealth“-Flugzeuge erfassen. Da müssen neue Sensoren her.
Schätzungen werden gerne entgegengenommen, aber für die Entwicklung, Integration und Beschaffung zweier weiterer Sensoren werfe ich mal eine Milliarde Euro in den Raum.
@K.B.:
Vielen Dank für die richtige Einsortierung.
Bei den verschiedenen Sensoren handelt es sich wohl eher um auf die Primär- und Sekundärbewaffnung optimierte Radare.
Insgesamt hat das Vorhaben erhebliches Friktionspotential (politisch, operativ, rechtlich, technisch, wirtschaftlich, etc).
Insbesondere sachfremde Überlegungen prägen das Vorhaben – diese wird man auch nicht durch eine externe Beratung von 3 Monaten beheben können. Man wird sie nicht mal klar ansprechen können.
So ist das eben wenn die McKinseyierung von Wirtschaft, Staat und Verwaltung auch die Rüstung erreicht:
Viel Blabla, Prozesse, Berichte, aber nicht mehr Führung, Entscheidung und Verantwortung.
@Memoria, K.B.:
Wenn man sich überlegt, dass die zuständige Stelle im BAAINBw einen wesentlichen Teil der Aufgaben der NAMEADSMA übernehmen muss wird einen schnell klar, warum ein großer Brocken der Projektarbeit nach außen vergeben wird.
Kleiner Seitenhieb Richtung Weißbuch „So konnten: … , eine höhere Personalqualität und -quantität im Rüstungsbereich erreicht werden.
zu den Fragen der Systemauslegung kann ich nicht beitragen. Ich glaube jedoch, dass die meisten Stealth-Systeme gar nicht so unsichtbar für moderne Radare sind wie man gemeinhin annimmt.
@Woody:
Der Aufbau der Abt. PMO führt jedoch auch zu einem erheblichen Sogeffekt beim Personal.
Da ist es dann schon merkwürdig, wenn man mehr Personal braucht, um mehr Studien zu beauftragen.
Währenddessen die Projektabteilungen nicht mehr wissen, wie all die Kleinvorhaben abgearbeitet werden sollen.
Aber TLVS zeigt eben das Grundproblem der Rüstung:
Die politischen Entscheidungsträger interessieren sich nicht für die praktischen Folgen ihrer Entscheidungen.
Es soll ja Abgeordnete geben die TLVS in der MBDA-Version massiv befördern und sich in der BamS über Probleme bei der Einsatzbereitschaft empören…
TLVS ist im Gesamtansatz (MEADS-Pfadabhängigkeit, nationale Lösung, überfordertes BAAINBw, unerfahrener GU) eigentlich bereits jetzt zum Scheitern (i.S.v. Zeit- und Kostenplan) verurteilt.
Gleichzeitig aber das Vorzeigeprojekt der Agenda Rüstung (Neben MKS 180), erkennt man „oben“ diese Widersprüche noch?
@Memoria:
Ja, PMO hat Sogwirkung nur das hilft wie sie anmerken der Rüstung als Ganzes nicht. Die Führung der PMO wurde dem ehemaligen Referatsleiter BMVg Plg III 1 übertragen. Das kommt (ungeachtet der Person) super an im zivilen Bereich der Bw.
BAAINBw ist überfordert, da die Verantwortlichen in Berlin und Bonn nicht verstehen, welche Mittel zum Auftrag gehören.
Ich mag naiv sein, aber können wir uns nicht ein paar ex-NAMEADSMA-Mitarbeiter von den USA oder Italien ausleihen? Was kann es schöneres für einen US-Stabsoffizier geben als eine Austauschverwendung im schönen Mittelrheintal? :-)
AbküFi:
NAMEADSMA = NATO Medium Extended Air Defense System Management Agency
POM = Programmorganisation (Buzzword im Baain für Prozessorientierung)
@K.B.:
Richtig schön wirds erst, wenn man auch noch NATO auschreibt. Spaß beiseite, mea culpa und danke! Ich hätte die Abkürzung ausschreiben sollen.
Das Problem ist, dass man für TLVS nicht das für MEADS entwickelte Searchradar verwenden will, sondern einen marktverfügbaren Sensor integrieren will.
@Woody:
Zustimmung.
Nun kommen die großen Ideen eben so langsam in der Realität an – bis das selbst angerichteten Debakel rundum TLVS wirklich offensichtlich und damit öffentlich wird ist vdL entweder Ministerin in einem anderen Ressort, Kanzlerin oder nicht mehr in der Politik.
Die Sts Suder ist bis dahin sicher wieder in der Beraterbranche.
Mit dem Rest darf sich die Arbeitsebene rumquälen.
@K.B.:
PMO ist eine neue Sonderabteilung für MKS180, TLVS, MALE RPAS. Jedoch mit Personal aus den bisherigen Abteilungen.
Die Ministerin schafft es eben weiterhin mit PR-Leuten und Unternehmensberatern den Eindruck von Fortschritt zu erzeugen.
Leider schaut da kaum mehr jemand konzentriert hinter die Kulissen. Genau deswegen klappt das System vdL weiter.
K.B. | 16. Juli 2016 – 12:27:
“ … Fachliche Frage:
Worum handelt es sich bei den angesprochenen Punkten Weitbereichssensor und Mittelbereichssensor?
Weitbereich könnte das Surveillance Radar sein. Aber Mittelbereich? IR oder Passiv-Radar?“
Die Weitbereichsradargeräte (WBR) Groundmaster 406 (stationär) und RAT -31 DL/M (verlegefähig) betreibt er Radarführungsdienst der Lw. Sind also scharf zu trennen von den waffensystemintegrierten Überwachungsgeräten des Flugabwehrraketendienstes.
Das Mittelbereichsradar war eine Komponente des „System Flugabwehr“ (Sys Fla). Hieß zunächst Tiefflugbereichsradar (TBR), wurde dann 2010 „umgetauft“ in Mittelbereichsradar (MBR) – wegen WBR der Luftwaffe – und sollte für das Heer als Ersatz für die betagten Luftraumüberwachungsgeräte (LÜR) beschafft (gekauft oder entwickelt) werden. Reichweite mind. 100 km horizontal und 10.000 m vertikal, Detektion von Zielen ~0.01 m² RCS (25-30 km), 3D, zeilenaktiv, Multibeam, Datenerneuerungsrate ~2 s (Daten somit feuerleitfähig bis einschl. Autotrack), optimierte Überlebensfähigkeit durch Schutz-/Täuschmaßnahmen, Radfahrgestell, luftverladbar. Keine Ahnung, was daraus geworden ist. Nach Auflösung der HFlaTr haben die Großverbände des Heeres kein Luftlagebild mehr.
Hans Schommer
@Schorsch:
Ich dachte immer, daß gerade das neu entwickelte Radar die Zierde des Systems gewesen wäre.
@Woody
Das Feuerleitradar ist integraler Bestandteil.
Das Searchradar arbeitet aber im UHF Band und dort hat der AG Bedenken wegen der Frequuenzverfügbarkeit.
@Schorch:
Thx, hatte das durcheinander gebracht.
@Memoria:
Ist zwar völlig OT, aber von der Sts hat die Bundeswehr demnächst ja erst mal eine Pause …
@Woody:
Schon klar, aber allein PMO und die obige Ausschreibung zeigen ja, dass sie gar nicht mehr da sein muss, der Apparat ist schon auf Spur. Mal sehen, wie lange sie nach der Rückkehr im Amt bleibt. Die Folgeverwendung ist ja angeblich schon ausgeplant…
Wofür gibt der Steuerzahler eigentlich all dieses Geld aus?
Zur Verteidigungsbereitschaft offenbar nicht.
Die Agenda Rüstung und verschiedene Einzelentscheidungen (SeaLion, TLVS, etc) sind da für mich – trotz gegenteiliger Rhetorik – kein Fortschritt.
@Hans Schommer:
Danke für die Aufklärung.
Vielleicht bin ich zu ppt-gläubig. Aber wozu braucht das Heer seine eigenen Radargeräte? Dank NetOpFü sollte doch irgendwas MIDS-Terminal-artiges ausreichen, um Daten von AWACS etc. abzugreifen und daraus eine eigene Luftlage zu basteln.
Dazu passend finde ich folgenden Punkt aus den Untersuchungsaufträgen interessant:
„2. Sicherstellung der Integration eines geeigneten Weitbereichssensors in das beabsichtigte System TLVS im vorgegebenen zeitlichen Rahmen.“
Ich dachte, das ist alles open architecture, Link 16 interoperable, plug&fight…
Ich erlaube mir mal wieder einen Hinweis auf andere Entwicklungen, welche im Prinzip den gleichen zweck erfüllen sollen,
Auszug aus s.u.
Raytheon sold its first SM-6 in February 2013 with the SM-3 following in May. Used by the U.S. Navy, the SM-6 is an extended range anti-air warfare missile that provides „over-the-horizon capabilities“ against fixed and rotary-wing aircraft, unmanned aerial vehicles and cruise missiles. The SM-3 is part of the Missile Defense Agency’s sea-based Aegis Ballistic Missile Defense system and is used by the U.S. and Japanese navies to defend against short- to intermediate-range ballistic missiles.
http://www.al.com/business/index.ssf/2014/03/post_98.html
Ansonsten einfach unter “ Redstone Arsenal Raytheon “ googln
@ Realist
SM-3 und SM-6 sind m.W.n. schwere seegestützte Systeme (ca. 1500 kg je Flugkörper). Es gibt zwar auch das Aegis Ashore System im rumänischen Deveselu, das SM-3 verwendet, aber die sind stationär verbunkert.
Insofern denke ich nicht, dass sich diese Flugkörper ohne weiteres mobil machen lassen.
Der/die Flugkörper sollten bei TLVS wohl auch nicht das Problem sein. Als Hauptflugkörper ist der PAC 3 MSE vorgesehen, der bei der US Army bereits den IOC-Status hat:
http://tinyurl.com/ho78qwy
Ausschreibung Unabhängige externe juristische, wirtschaftliche und technische Beratung des TLVS Controllings.
http://ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:246600-2016:TEXT:DE:HTML&src=0
K.B. | 17. Juli 2016 – 18:54
„Vielleicht bin ich zu ppt-gläubig. Aber wozu braucht das Heer seine eigenen Radargeräte? Dank NetOpFü sollte doch irgendwas MIDS-Terminal-artiges ausreichen, um Daten von AWACS etc. abzugreifen und daraus eine eigene Luftlage zu basteln. …“
Das Heer bräuchte keine eigenen Radargeräte, wenn eine andere TSK die identifizierte Luftlage bereitstellen würde. Dann jedoch beständig 24/7 – und nicht nur dann, wenn AWACS gerade mal im Interessenbereich operational ist.
Hans Schommer
@STEK
Vielen Dank für die Info.
Das PAC3MSE zur Verwendung kommen soll, war mir nicht bewusst, ich hatte an ein neu entwickeltes System gedacht, dessen „Erprobung unter möglichst realistischen Bedingungen“ noch nicht erfolgt war.
Es mag auch sein, das ich Raytheon-Produkten, warum auch immer…, grundsätzlich einen persönlichen Vertrauensvorschuss gebe.
Z.B.
http://www.raytheon.com/capabilities/products/nasams/
Update,
Um Missverständnisse zu Vermeiden,
Natürlich respektiere ich den „IOC-Status“, d.h. für mich, ein Flugkörper hat einen anderen trotz eventueller Ausweichbewegung ansonsten aber hilflosen Flugkörper/Target getroffen…
Allerdings kann ich mir allerspätestens seit „Operation Black Buck“ kaum ein Objektschutz und/oder Luftraum-Verteidigung-Szenario ohne zB ESM, ECM, EPM oder auch anderer „Maßnahmen“ vorstellen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Black_Buck
Hier noch eine offen zugängliche Betrachtung von sog. “ Selbstschutz-Systemen oder Maßnahmen“, welche meiner Meinung nach… keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt… ich respektiere natürlich auch jede andere Meinung…
https://de.wikipedia.org/wiki/EuroDASS_Praetorian
Update,
auch wenn ich z.Z. in diesem Thema den Alleinunterhalter spiele…
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The latest Patriot Integrated Air and Missile Defense (IAMD) system test, which took place 8 July, was the fourth and final event associated with the PDB-8 developmental test phase. As part of this test phase, Lockheed Martin delivered a number of new capabilities to MSE, Arnold said.
The software upgrades included: improved guidance software, upgrades to the inertial measurement unit, MSE’s seeker, the datalink, as well as upgrades to the ground equipment software, Arnold said. ( Ein Ansatz zum Erfolg… )
He was unable to provide any specific information on the upgrades. ( leider… )
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Quelle,
http://www.janes.com/article/62194/us-army-declares-ioc-for-lockheed-martin-s-pac-3-mse
p.s. Falls noch freiwillige** Mitspieler ( o. Simulanten ) für/bei diesen Test´s gesucht werden,
ich wäre sehr gerne, auf der jeweiligen Gegenseite als „Simulant v.D.“ mit dabei… ;-)
**Da es mit Freiwilligen bei der BW z.Z. ja so eng aussehen soll ;-)
@T.W.: Laut Zeit.de („300 Millionen für externe Berater“) kosten die Beratungsleistungen für PMO (und andere?) ca. 300 Mio.
Allzuviele Details finden sich nicht im Bericht, aber es scheint der Neuansatz der bereits gestoppten Ausschreibung zu sein.
@Hans Schommer:
Ich habe extra hinter AWACS das kleine „etc.“ eingefügt. :-)
Aber in der Tat gibt es in der Bundeswehr als verlegefähige Radarsysteme unter einem RAT-31 DL/M nur das Ozelot Aufklärungs-, Führungs- und Feuerleitfahrzeug (nach Wiki insg. 9 Stück).
Auf der gleichen Wiki-Seite habe ich aber auch das Schnittstellenfahrzeug „Flugabwehrschnittstelle Tiefflugbereich“ (FAST) gefunden, dass nicht nur auf Daten des (nicht mehr existenten!?) deutschen HFlaAFüSys zugreifen können soll, sondern auch auf Daten ausländischer Systeme. Wie sieht das in der Realität aus?
@MEADS:
Aus dem Jahr 2014 gibt es ein „Fact Sheet“ der Universität Hamburg zu MEADS (von Christian Alwardt): https://ifsh.de/file-IFAR/pdf_deutsch/MEADS_IFAR2-FactSheet5.pdf
Ein paar Kernaussagen daraus:
„Im Rahmen der NATO Übung Joint Project Optic Windmill (JPOW) im Mai und Juni 2013
demonstrierte das MEADS anhand der BMC4I-Systemsoftware (Battle Manager) die erfolgreiche Einbindung und Interoperabilität mit anderen externen NATO-Systemen. Obwohl auf Herstellerseite von einer insgesamt gelungenen Demonstration gesprochen wurde, enthielten die diesbezüglichen Stellungnahmen keine weitergehenden Informationen darüber, ob und in welchem Umfang die Demonstration auch die angestrebte Fähigkeit zur vernetzten Operationsführung nachweisen konnte.“
„Es ist jedoch auch anzumerken, dass die Aussagekraft dieser wenigen, nur sehr rudimentären Tests hinsichtlich einer Bewertung, ob das MEADS auch unter einsatzrealistischen Bedingungen mit einer hinreichenden Zuverlässigkeit funktioniert, grundsätzlich angezweifelt werden muss.“
„Das dann vorliegende Prototyp-System ist aber aus sowohl technischer als auch wirtschaftlicher Sicht, noch weit von einem Einsatz im militärischen Alltag oder einer Serienproduktion entfernt.“
Bleiben zwei wichtige Punkte, die z.T. auch in den Berateraufträgen angesprochen werden:
1. Vernetzung: Dem Hörensagen nach war das sowohl beim SAMOC als auch bei der Integration der F124 in die integrierte Luftverteidigung ein langandauernder und kostspieliger Knackpunkt. Dies ist von besonderer Bedeutung für die …
2. Leistungsfähigkeit: Bis jetzt ist unklar, wie viel „multifunction“ im MFCR von MEADS drinsteckt, d.h. wie gut die Suchleistung des Feuerleitradars wirklich ist. Zwei Ziele aus unterschiedlichen Richtungen zu bekämpfen ist schön und gut. Nur hat das MFCR diese Ziele eigenständig aufgefasst oder wurden extern Daten bereitgestellt, damit das MFCR die Ziele überhaupt finden konnte? Bei der F124 gibt es nicht ohne Grund zwei Radargeräte, jeweils optimiert für Suche und Feuerleitung.
Das führt zu der Frage, welche Radargeräte für die Suche überhaupt integriert werden sollen und wie leistungsfähig diese sind.
Die USA waren bei MEADS sehr am Surveillance Radar (SR) interessiert, da es als UHF-Gerät auch gegen X-Band-Radare optimierte Stealth-Ziele auffassen kann. Dieses Gerät wurde von Lockheed Martin (LM) entwickelt. Es ist nicht klar, in welchem Maße Deutschland darauf Zugriff hat.
Bezogen auf in Deutschland bereits genutzte Weitbereichssensoren (insb. RAT-31) habe ich insbesondere keine Informationen gefunden, inwieweit diese gegen ballistische Raketen (TBM) eingesetzt werden können. Weder auf Seiten der Luftwaffe, noch im SELEX-Typenblatt gibt es dazu etwas. Im letzteren steht nur drin, dass es für das RAT-31 prinzipiell möglich ist. Der dort angegebene Höhenbereich von -2° bis + 20° gegen Air Breathing Targets ist jedoch weit entfernt von den +60° gegen TBM.
Neuigkeiten gibt es bezüglich der internationalen Entwicklungen: Die US Army hat ein Request for Information (RfI) für einen Lower Tier Air and Missile Defense Sensor (LTAMDS) herausgegeben, worauf LM antworten möchte. Bodengebundene Luftverteidigung ist mittlerweile wieder „in“. Wer weiß, welche Möglichkeiten sich dadurch für TVLS ergeben.
http://www.lockheedmartin.com/us/news/press-releases/2016/july/mfc-071516-Lockheed-Martin-Will-Pursue-New-Army-Missile-Defense-Sensor.html
Nebenbemerkung:
Bis jetzt wird IRIS-T-SL immer als billiger Zweitflugkörper gegen billige Ziele aufgeführt. Dabei liegt sein wahres Potential doch in der Fähigkeit Stealth-Ziele zu bekämpfen, die sich per Radar nur ungefähr orten, aber nicht verfolgen und bekämpfen lassen.