Lagebeobachtung: (Militär)Putsch in der Türkei?
Hinweis: Aus unklaren technischen Gründen ist augengeradeaus.net derzeit kaum oder gar nicht erreichbar (vielleicht auch schlicht Überlastung wg. Interesse an dem Geschehen in der Türkei?). Ich eröffne deshalb parallel einen Thread unter augengeradeaus.wordpress.com
Panzer am Atatürk-Flughafen #Istanbul • #Türkei • via @140journos pic.twitter.com/BZPlKZW9Nr
— Matthias Meisner (@MatthiasMeisner) July 15, 2016
Die Lage ist völlig unklar – aber es gibt Meldungen, dass in der Türkei ein Militärputsch im Gang sein soll.
UPDATE Freitag 23:10: Nach Angaben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr ist auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik, wo deutsche Tornados und ein Tankflugzeug für den Kampf gegen ISIS stationiert sind, derzeit alles ruhig. Der Betrieb laufe normal.
Hier also eine Sammlung zum Geschehen; mal sehen, was dazu noch kommt.
Ergänzung: auf Reddit gibt es eine laufend aktualisierte Sektion dazu.
UPDATE on #Turkey:
-„An attempt“ at military coup – PM Yıldırım, live TV
-Gov. officials possibly being held hostage pic.twitter.com/yR6idjc1FA— Alison Arkin (@Cronikeys) 15. Juli 2016
Turkish forces shut Bosphorus bridges in Istanbul, military jets heard overhead: Reports https://t.co/o8uUMveZCw pic.twitter.com/XhwV6rT7as
— Channel NewsAsia (@ChannelNewsAsia) July 15, 2016
#BREAKING: Turkish PM Binali Yildirim says there is a military coup attempt in Turkey: Reuters https://t.co/sjyrWUXJoc
— The Express Tribune (@etribune) July 15, 2016
Wenn man bedenkt welche Möglichkeiten die Putschisten hatten, war die Umsetzung desaströs:
– keine Festsetzung der AKP-Führung
– keine effektive Medienkontrolle
– kein Plan wie man für Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen will
…
Spontane Demos in DEU für Erdogan und die Regierung der BRD steht zur gewählten Regierung in der Türkei.
Das wird bitter für das Militär und die folgende Säuberung in der Türkei wird sie verändern.
Was besseres hätte Erdogan nicht passieren können.
Erinnert ein wenig an Spanien 1981. Nur dass die Ereignisse dort den Weg in die Demokratie ebneten, während in der Türkei jetzt der Weg in die Diktatur frei ist.
Und es erinnert an die Clausewitz´sche Feststellung, dass der Höhepunkt der Schlacht nach dem Wendepunkt liegt.
Zur Lage in der Türkei, nachdem auch die letzten angeblichen Ergenekon-Verschwörer im April entlassen worden sind, schrieb die NZZ:
„Kritiker des Präsidenten werten Erdogans Kehrtwende als Zeichen dafür, dass er mit den Generälen Frieden geschlossen hat. Angesichts seines autoritären Regierungsstils gibt es heute sogar wieder Stimmen, die sich nach einer Intervention des Militärs sehnen, und der Generalstab sah sich unlängst genötigt, entsprechenden Gerüchten eine Absage zu erteilen. Dazu trug sicher bei, dass sich die Armee in den letzten Jahren gewandelt hat. So sind nach Angaben von Kennern auch Offiziere in höhere Ränge aufgestiegen, die als islamistisch gelten. An der kemalistischen Ausbildung des Offizierskorps hat sich jedoch nichts geändert. Die Zurückhaltung der Militärs dürfte denn auch eher eine Folge ihrer Verunsicherung sein.“
http://www.nzz.ch/international/europa/vom-feind-zum-freund-erdogan-flirtet-wieder-mit-den-generaelen-ld.15410
@Zimdarsen | 16. Juli 2016 – 9:06
Spontane Demos in DEU für Erdogan
Diese dürften weniger spontan als gezielte Machtdemonstration sein.
die Regierung der BRD steht zur gewählten Regierung in der Türkei.
Obama des Nächtens auch. Ein Fehler. Ein innen- wie außenpolitisch großer Fehler dies aktiv zu tun.
Das wird bitter für das Militär und die folgende Säuberung in der Türkei wird sie verändern.
Für einen Moment hatte ich heute Nacht die Berichte über die innere Lage der Türkischen Armee ignoriert. Sowas kommt von Emotionen und passiert mir nicht noch mal so schnell.
Ich mache keinen Hehl daraus, Erdogan und seine Entourage als Übel anzusehen.
Wie auch immer zeigt sich -stimmen die Berichte und Infos von TVPinfo, France 24 englisch – dass das türkische Militär bereits weitgehend bereinigt ist.
Es läuft darauf hinaus, dass es ein inszenierter Zirkus war und sich Herr Obama und Frau Merkel vom Zirkusdirektor ordentlich haben verarschen lassen. Ging mir aber wie erwähnt auch so.
@K.B.: Der Putsch erinnert eher an Moskau 1991, wo die Moskauer Bürger den russischen Präsidenten Jelzin beschützten, was sich Erdogan jetzt zum Vorbild genommen hat,. um sich zu retten.
Der Putsch wirkt dilettantisch, aber vermutlich haben nicht genug Militärs mitgemacht, so daß diese nicht genug Kräfte hatten, um alle Fernsehsender unter ihre Kontrolle zu bringen und alle Regierungsgebäude zu besetzen.
Da der türkische Geheimdienst seit 2014 unter der Kontrolle von Erdogan steht(undn nicht mehr unter Militärkontrolle), ist es eher überraschend, daß dieser den Putschversuch nicht hat verhindern können. ‚Vermutlich konnte man(wie beim 20. Juli) nicht offen genug agieren, um noch mehr Militärs für den Putsch zu gewinnen oder Oppositionsparteien.
Ohne die Fernsehsender, über welche Erdogan das Volk auf die Straße gerufen hat, hätte der Putschversuch trotzdem gelingen können, weil Polizei und Geheimdienst sich gegen die Panzer der Armee nicht hätten durchsetzen können.
Und die Putschisten haben es versäumt, ein Gesicht und Programm nach außen zu verkaufen und dazu gehört, daß das Volk weiß, wer den Putsch anführt(aber vielleicht hatten sie Angst, den Fehler von Moskau 1991 zu wiederholen, wo den Putschisten im Fernsehen die Hände gezittert haben).
Für die Türkei sieht es nach dem Putschversuch schlecht aus. Erdogan wird an den Putschisten Rache nehmen, seine Präsidialverfassung durchsetzen und damit die Gräben in der Türkei weiter vertiefen……aber solange er keinen Frieden mit den Kurden macht, wird er weiterhin das Militär brauchen und dies muss nicht der letzte Putschversuch gewesen sein.
Lese ich das hier richtig, dass sich doch ein erklecklicher Anteil wünschte, dass der Putsch gelungen wäre? Und dass die Bekundungen FÜR eine gewählte Regierung falsch sind?
Man kann zu Erdogan stehen wie man will, aber er ist definitiv demokratisch gewählt. Wahlwiederholungen gab und gibt es in anderen Staaten auch, aber die Mehrheit hat für Ihn als Präsidenten gestimmt.
Mir bleibt da nur Kopfschütteln …
@diba
„aber er ist definitiv demokratisch gewählt. … Mir bleibt da nur Kopfschütteln …“
Schütteln Sie Ihren Kopf soviel sie wollen, aber für eine strategische Bewertung sind solche Verfahrensfragen völlig irrelevant. Es stellt ein typisch deutsches Problem dar, dass in strategische und sicherheitspolitische Diskussionen ständig mit Kommentaren, deren Inhalt sich im Wesentlichen auf die Bekundung des Gefühlszustandes des Kommentierenden und dessen Heischen nach moralischer Anerkennung beschränkt, hineingegrätscht wird.
@Chimäre:
Aha….? Demokratie ist ein Gefühlszustand und wenn man diese zu Berücksichtigen gedenkt dann ist das „heischen nach moralischer Anerkennung“?
Und nein es ist nich ein typisch deutsches Problem dass man strategische Erwägungen auf liberal-demokratischen Grundprinzipien aufbaut. Mit Verlaub derjenige der das negiert hat weder kapiert was Strategie noch was Sicherheitspolitik ist.
Eine Wahl sollte frei und fair stattfinden.
Frei war die Wahl von Erdogan, Fair eher nicht: Einige politische Gegner wurden inhaftiert, die politische Arbeit der Gegner behindert, der Grossteil der Presse gleichgeschalten, Kritiker von Erdogan wurden massenhaft aus öffentlichen Ämtern entfernt.
Man muss den Putsch nicht gut oder schlecht finden aber zumindestens nachvollziehbar ist er.
@diba einen demokratisch gewählten Despoten hatten wir von 1933 bis 1945 in Deutschland ebenfalls, das Endergebnis kennen wir also.
Ich befürchte allerdings, dass Erdogan diesen Putschversuch inszeniert hat, um seine Macht zu festigen. Da die Kurden diesmal nicht herhalten konnten, musste die Guelen-Bewegung (die es vehement bestreitet) als Schuldige werden. Erdogan wird nun noch kompromissloser gegen mögliche Gegner vorgehen und aus der Demokratie eine Diktatur formen. Dass das die vielen 10.000 Türken in Deutschland nicht sehen wollen, erschreckt mich am meisten.
Deutschland sollte seine Truppen unverzüglich aus der Türkei abziehen und die EU sollte die Beitrittsverhandlungen umgehend einstellen. Leider sind die Bekundungen der europäischen Staatsregierungen wie immer zu schnell und völlig falsch erfolgt.
@tt.kreischwurst
Demokratie ist ein Verfahren. Der Gefühlszustand, den ich meinte, ist das Kopfschütteln.
Die strategische Perspektive fragt aber nicht nach so etwas, sondern danach, welche Auswirkungen bestimmte Entwicklungen für eigene Interessen haben, wobei Interessen definiert sind als die Bedingungen die Staatszielen wie Sicherheit, Handlungsfreiheit der Regierung und Wohlstand förderlich sind.
Ein Beispiel: Die Regierung der Muslimbrüder in Ägypten kam in vergleichsweise freien und fairen Wahlen an die Macht und wurde durch das Militär gewaltsam abgesetzt. Die Art und Weise des jeweiligen Regierungswechsels hatte keinerlei Einfluss darauf, wie die jeweilige Regierung aus Sicht deutscher Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen zu bewerten war, und stellte allenfalls eine Herausforderung für die Redenschreiber des Bundesregierung dar die eine Lösung finden mussten, um die aus deutscher Sicht sinnvolle Unterstützung der Militärregierung zu verkaufen.
Wenigstens hat die Bundesregierung hier (oder auch im Fall des Iraks oder Libyens, wo man sich nicht am von viel moralisierendem Getöse begleiteten kurzsichtigen Sturz des jeweiligen „bösen Diktators“ beteiligt hat) einmal strategisch gedacht und gehandelt. Die deutsche Neigung zum Moralisieren ist der Feind jeder rationalen Außen- und Sicherheitspolitik.
@Chimäre: Wer die Frage nach demokratischer Legitimität als Bekundung eines „Gefühlszustands“ denunziert, hat in dieser Republik allenfalls nach Bewältigung eines umfassenden Integrationskurses etwas zu suchen und sollte bis zum erfolgreichen Vollzug wohl eher als feindseliger Ausländer („enemy alien“) eingestuft werden. Sollte sich hinter dem Nick ein BW-Angehöriger verbergen, würde ich gern wissen, was Sie eigentlich verteidigen wollen. Unseren Staat jedenfalls nicht.
Zudem zeigen die konkreten Umstände in der Türkei ja auch noch, dass mit dieser Behauptung nicht nur die Grundwerte unseres Landes radikal abgelehnt werden. Vielmehr ist diese Behauptung auch in der Sache offenkundig Blödsinn: Wenn Erdogan diesen Putsch so einfach übersteht wie es jetzt aussieht, dann gerade auch weil sich die Opposition sich trotz aller sonstigen Bedenken gegen Erdogan ad personam sofort hinter die gewählte Regierung gestellt hat weil die Frage demokratischer Legitimität wichtiger ist als irgendein Erdogan. Demokratische Legitimität erweist an dieser Stelle als überlegener Machtfaktor gegenüber „den Gewehrläufen“.
@ diba | 16. Juli 2016 – 10:36
Für die Legitimität einer Regierung ist die Erringung der Macht in Form von freien und geheimen Wahlen zwar eine notwendige Bedingung, sie ist aber noch nicht hinreichend.
Geht eine Regierung hin und stellt sich z.B. durch ein Ermächtigungsgesetz über das Recht, so ist ein Putsch gegen diese Regierung zur Wiederherstellung der verfassungsgemäßen Ordnung zulässig, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Das Grundgesetz normiert das in Artikel 20.
Ich kenne die genauen Verhältnisse in der Türkei nicht, traue mir aktuell also nicht zu, die Legitimität des Putsches zu beurteilen. Ich will nur klarstellen, dass es durchaus Situationen geben kann, in denen ein Putsch gegen eine demokratisch gewählte Regierung zulässig sein kann. Das Verhalten Erdogans lässt zumindest vermuten, dass er sich über türkisches Recht gestellt hat und somit den Boden der Rechtstaatlichkeit verlassen wäre.
Ich neige nicht dazu, über jedes Stöckchen zu springen, das mir hingehalten wird … mir gehts aber um den Unterton des einen oder anderen Kommentars, die ich mit Sympathie für einen Militärputsch verbinde. Die haben nichts mit Strategie oder deren Perspektive zu tun, sondern schlicht mit der Ablehnung Erdogans – also Gefühlen, die sie mir vorwerfen.
@ Ishtarah | 16. Juli 2016 – 11:08
Die Hypothese einer Inszenierung dieses Putsches halte ich für durchaus interessant, man sollte den Gedanken weiter verfolgen.
Erdogan braucht eine türkische Katharsis, aus der er dann als Lichtgestalt und neuer Sultan als unangefochtener Führer hervorgeht. Gerade vor der ausführlichen Putscherfahrung der Türkei liegt es nahe, dieses Werkzeug zu wählen, insbesondere da andere von Erdogan provozierte Konflikte ja nicht den von ihm gewünschten Einigungsprozess angestoßen haben.
@Zivi a.D.
Mich gleich als Republikfeind einzustufen weil ich für einen strategischen Blick auf die Lage eintrete, macht mich ein Stück weit betroffen…
Aber es ist nun einmal so, dass man in bestimmten Funktionen diesem Land nur dann sinnvoll dienen kann, wenn man einen nüchternen Blick auf die Dinge hat und die Lage nicht durch einen Filter und in Kategorien wahrnimmt, die gerade außerhalb Europas weitgehend bedeutungslos sind.
P.S. Ich will hier ja niemanden enttäuschen, aber in den meisten Einsätzen arbeitet die Bundeswehr bzw. Deutschland tatsächlich mit Kräften zusammen, die keine überzeugten liberalen Demokraten sind…in weiten Teilen der Welt gibt es so etwas erst gar nicht. In Afghanistan, im Kongo und im Kosovo habe ich auf jeden Fall keine getroffen, auch wenn manche dort die Bezeichnung führen mögen. Und auch bzgl. Erdogan überbringe ich nur ungern die schlechten Nachrichten was seine Einstellung zur liberalen Demokratie angeht, falls es hier irgendwelche Illusionen geben sollte. In den nächsten Tagen wird es ja jeder selbst nochmal sehen können, der ggf. glaubt jetzt hätten sich Pluralismus und Menschenrechte in der Türkei durchgesetzt.
„Legitimität des Putsches“ Gibt es einen legitimen Putsch ? Imho nein. Entweder der Putsch ist erfolgreich indem er die staatliche Ordnung bei minimaler Gewaltanwendung übernimmt und sich dadurch selbst legitimiert oder er ist nicht erfolgreich und somit illegal. Zum Putschversuch in der Türkei fällt mir nur auf, dass er imho schon fast auffällig dilettantisch organisiert worden ist und somit zu einer weiteren innen- und außenpolitischen Stärkung des Systems Erdogan führen wird – man schaue nur auf die überraschend schnell erfolgten „Ergebenheitsadressen“ und -bekundungen im In- und Ausland.
Gestern analysierte hier ein Kommentator richtig, dass das Scheitern des Putsches das Ende der Ära der Kemalistischen Armee einläutet. Erdogan kündigte bereits gestern Säuberungen in der Armee an. Auch wird heute von Festnahmen von ca. 1000 Armeeangehörigen berichtet. Der Wahrheitsgehalt ist nicht überprüfbar.
Was ist denn nun wenn der gestrige Putschversuch tatsächlich nur von wenigen Teilen der Armee getragen wurde und vielen überhaupt nicht bekannt war? Setzt die Entwicklung nicht die komplette restliche Armee und oberste Führung regelrecht unter Zugzwang sich zu entscheiden? Entweder das Ende der Armee kemalistischer Prägung zu akzeptieren oder nun selbst Erdogan zu beseitigen?
@klabautermann
„… oder er [der Putsch, TM.] ist nicht erfolgreich und somit illegal. “
Und das kurz vor dem 20. Juli …
klabautermann | 16. Juli 2016 – 11:51
Die Frage ist immer was am ende besser wird
Den wo jetzt die Türkei hin geht ist weder für Europa noch für die NATO gut
Türkei wird ein Ilamischtischer Staat da hätte der Putsch die Türkei davor bewahren gekonnt oder nicht das ist die Frage
@diba, Zivi a.D.
Was wir sehen ist eine Asymmetrie hinsichtlich verschiedener Menschenbilder hinsichtlich der Fähigkeit die eigene Position durchzusetzen. Während Erdogan, für seine Politik, keine eigenen moralischen Hürden überwinden muss, sieht sich derjenige, der für ein Menschen und Staatsbild, welches dem unseren näher ist, sich der moralischen Hürde „Tod Unschuldiger“ gegenübergestellt. Erdogan nutzt das geschickt.
Was das nochmal zeigt: Die Seite, deren Unterstützer bereit sind für ihre Sache einzustehen, hat einen moralischen Vorteil. Die Fähigkeit für Ihre Sache (eigentlich die Freiheit aller) einzustehen wurde durch Erdogan und seinen Umbau der Türkei massiv eingeschränkt. Die putschenden Soldaten haben damit diese Verantwortung übernommen, Sie stehen für das ein, was Ihrem, aber auch unserem Menschenbild nach richtig ist, trotz des moralischen Dilemmas. Sie gehen immer auch ein Risiko ein.
Das Verhalten nahezu aller westlichen Regierung muss man kritisieren. Wo bleibt das sonst übliche: „Keine Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten“? Es erfolgte eine einseitige Parteinahme in einem Streit, den man nicht einfach nach der Regel „die wurden aber gewählt“ entscheiden kann.
Den Verfechtern der „liberalen Demokratie“ empfehle ich das Studium des „Präsidentiellen Regierungssystem“, das eine ziemlich weite Verbreitung auf diesem Planeten hat – bestes Fallbeispiel sind die USA. Und danach kann man sich mit dem Semipräsidentiellen Regierungssystem (Frankreich) beschäftigen. Das (deutsche) parlamentarische Regierungssystem ist nun einmal nicht die Mutter aller Demokratie-Modelle, auch wenn zur Zeit Mutti regiert. /SCNR
Solange in einem Staatsmodell eine klare verfassungsrechtlich verankerte Gewaltenteilung eindeutig erkennbar ist, gilt dieses Modell als demokratisch.
Diktaturen sind gekennzeichnet durch das Fehlen einer eindeutigen Gewaltenteilung sowie von freien Wahlen – und ich denke einmal, davon ist die Türkei noch weit entfernt.
@Thomas Melber
Na ja, auf die Stauffenberg-Keule habe ich schon gewartet ;-) Aber das werde ich dem Hauherren nicht antun, hier diese Diskussion zu führen.
@Alarich
Man sollte Muslim sein, um die Diskussion islamisch-versus-islamistisch wirklich kompetent führen zu können. Ist so ähnlich wie die Diskussion israelisch-versus-jüdisch oder römisch/katholisch-versus-anglikanisch /SCNR
Angenommen der Putsch wäre erfolgreich gewesen (und lassen wir die Spekulation außen vor E habe ihn selbst initiiert), hätten sich die westlichen Regierungen (und auch die ein oder andere Oppositionspartei) dann auch so vehement für die gewählte Regierung ausgesprochen? Ich vermute nein.
Ich kann mich auch täuschen, aber meiner Auffassung nach kam der Rückhalt für Erdogan erst nachdem dieser via Iphone im TV zu sehen war (~23:30 MEZ) und die halbe Türkei im Anschluss mitten in der Nacht auf der Straße stand und erste Panzer „erobert“ wurden (00:00 MEZ) (z.B. Obama 01:30 MEZ). Zu diesem Zeitpunkt hatten die Putschisten also längst nicht mehr die Kontrolle über die Medien und es wurde auch mehr und mehr klar, dass ein Großteil der Soldaten nicht nicht auf „das Volk“ schießen würden.
Die Grundfrage bleibt: War es ein Putsch mit hohem Risiko, der in die Hose ging, oder doch ein ziemlich überzeugender Fake seitens Erdogans? Oder ein Hybrid aus beiden Theorien: E bekommt die Planung des Putsches mit und manipuliert diesen so, dass er hinterher als großer Gewinner dastehen kann…
@klabautermann:
Ich beteilige mich hier sonst ganz bewusst nicht an den allgemeinpolitischen Themen. In Sachen Gewaltenteilung in der Türkei empfehle ich die Rede Von Erdogan nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtes. Er verkündete öffentlich er werde die Entscheidung zu Gunsten kritischer Journalisten nicht akzeptieren und respektiere diese auch nicht (https://www.tagesschau.de/ausland/erdogan-verfassungsgericht-103.html).
Noch vor 10 Jahren wäre der Präsident oder Ministerpräsident zu einem Gespräch zum Generalstabschef „gebeten“ worden. Dabei wäre ihm aufzeigt worden, dass er in inakzepabler Weise die Grundfesten des Kemalismus angreift (hierzu gibt es verschiedene Fälle, wenn auch die Pressefreiheit sicher ein Sonderfall ist).
Jedoch hat die EU systematisch die reduzierte Rolle des Militärs in der Türkei befördert – jetzt hat man das Ergebnis.
Die Unfähigkeit zu putschen ist allein schon eine Schande für die türkische Armee und zeigt überdeutlich wir sehr wie tiefgreifend Erdogan den Kemalismus zerstört hat.
@klabautermann:
Angeblich besitzt Demokratie neben der namensgebenden Eigenschaft ja noch noch ein paar zusätzliche Merkmale. Insbesondere durch die teilweise konkurrierenden Rechte gibt es da ja keinen Absolutismus in der Gewährung z.b. der Grundrechte. Was man jedoch sagen kann ist, dass Erdogan aktiv eine Politik betreibt, welche zum Zweck des Machterhalts die individuellen Freiheiten gegenüber der zuvor gewährten einschränkt. Die Einschränkung an sich ist nicht das Problem, sie kann z.b. zum überwinden einer Krise notwendig sein. Das Motiv, zusammen mit dem Vorgehen hat dann eben doch eine Einfärbung ins Diktatorische.
Ja, keine der Demokratien ist perfekt. Weder unsere noch die in der USA.
@basse
Eine Art „Türkischer Reichstagsbrand“? Der gestrige Unterschied zu einem solchem gefakten Ereignis war die fehlende Kontrollierbarkeit und räumliche Begrenzung, oder? Mehrere Punkte wurden angegriffen. Vorkommnisse auch in Ankara. Erdogan behauptete sogar, dass sein Hotel bombardiert wurde. Unterstellen wir einmal das war ein Fake, welche unbeabsichtigten Konsequenzen das alles hätte auslösen können? Das hätte dann sogar einen echten Putsch auslösen können. Und dann? Oder ein uneingeweihter Pilot holt tatsächlich die Maschine von Erdogan runter usw. usf..
Für mich bleibt die Frage, ob der dilettantische Putsch einen echten zweiten Putsch auslöst? Es gibt z.B. Nachrichten, dass die Todesstrafe wieder engeführt werden soll. Schluckt die Armee solche Demütigungen und Demontagen?
@Memoria
Na ja, der „Kemalismus“ im Wandel der türkischen Verfassungen hat sich in gewisser Weise durch die verschiedenen Militärputsche der türkischen Streitkräfte als Hüter des Kemalismus selber diskreditiert. Eine nähere Betrachtung von Säkularismus versus Laizismus ist da durchaus hilfreich in der Analyse, wenn man den „Kemalismus“ unter dem Aspekt nationale Ersatzreligion bestrachtet – das passt eben nicht mit dem türkischen Verfassungsgebot des absoluten Laizismus zusammen.
Die Türkei wird weniger laizistisch, sie bleibt aber säkulär – ein Widerspruch ? Ich denke nicht ;-)
@klabautermann
Ich denke aus BRD Sicht
und so lange AKP an der Macht ist sehe ich keine Europäische Türkei und ein NATO Partner mit Vorsicht
Zu dem AKP ziel steht das alte Ossmannen Reich wieder zu erlangen
Finde auch die BRD Medien Interessant weil man weiß das die AKP nur mit Türkischlebende ihm reichte zur macht , wie man sich auf eine Seite schlägt
@ Thomas Melber | 16. Juli 2016 – 12:00
Da musste ich auch schlucken. Von den ehernen Grundsätzen der Inneren Führung scheint man sich wohl schon weit entfernt zu haben.
Die Bundeswehr hat Stauffenberg seit den Mitfünfziger Jahren in ihrem Traditionsverständnis aufgenommen, künftig sollten deutsche Streitkräfte nicht mehr durch die Pflicht zum unbedingten Gehorsam charakterisiert werden können. Ein Kamerad von Stauffenberg, Wolf Graf Baudissin, war es, der das Konzept der „Inneren Führung“ entwickelte, welches der Auseinandersetzung mit den ethischen Grundlagen des Soldatentums und den Grenzen des Gehorsams einen hohen Stellenwert gab. Alles vergessen?
Richtig ist allerdings der Hinweis auf die Macht des Faktischen. Bedingungsloser skrupelloser Siegeswillen geht oft als Gewinner vom Platz und bestimmt anschließend die Geschichtsbücher. China hat sich stabilisiert, indem es die Demonstranten auf dem Platz des himmlischen Friedens niedergeschossen hat. Die DDR hat das nicht getan und ist Geschichte.
Papa Assad hat seine Opposition mit dem Massaker von Hama paralysiert, Sohn Assad traute sich das nicht, das Ergebnis sehen wir in Syrien. Ethisch moralisch ist diese Erkenntnis natürlich erschreckend.
Erdogan wird daraus gelernt haben. Ein zaghafter Putsch (wenn er denn nicht inszeniert war) wurde von Erdogan gestoppt, indem er seine Anhänger auf die Straße schickte und die Putschisten zwang, entweder ein Massaker anzurichten oder aufzugeben. Das Niederschießen des eigenen Volkes passt aber nicht ins Verständnis eines Kemalisten.
@Woody
Diktatorisch versus autoritär ? Hm, also ich empffinde die versteckte Diktatur einer anonymen Miltärjunta, die bereits mehrmals im Laufe der türkischen Geschichte geputscht hat, als undemokratischer als den demokratisch (per Wahl) autorisierten Umbau des türkischen Staates durch Erdogan. Ich bin nun wahrlich kein Erdogan-Fan, der ist aber die (mehrfach) per Wahl bestätigte oberste staatliche Autorität in/der Türkei – just that simple.
@klabautermann:
Ich kann auch nicht erkennen wo die Türkei säkular bleibt.
Aber das ist für mich auch nicht wirklich relevant.
Ich beobachte mit Interesse wir die mediale Aufgeregtheit sich immer kurzweiliger weiter dreht.
Für uns unmittelbar relevante Themen (Mali, Weißbuch, Haushalt, etc) gehen auch hier sehr schnell wieder unter.
Diese Kurzatmigkeit ist wirklich ein Problem.
Denn sie wissen ja:
„Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.“
@Klabautermann: Zustimmung. Zudem unterstützen die MHP, CHP und HDP Erdogan. HALLO WACH! Sogesehen kann sich dieser Teil des Militärs nicht (!) auf eine „Rettung der Demokratie“ berufen auch wenn dies m.E in der Türkei dringend nötig wäre.
Jetzt wieder eine Runde „Might makes Right?“, das Paradigma das die islamische Welt zu dem gemacht hat was sie ist? Please don’t.
Es gibt jetzt angeblich Enthauptungen von Soldaten, die sich ergeben hatten, durch mutmaßliche Erdogan-Unterstützer.
http://www.independent.co.uk/news/world/europe/turkey-coup-latest-news-istanbul-ankara-erdogan-twitter-beheading-social-media-a7140541.html
@AoR
Ja, man kann sich fragen ob der eigentliche Putsch erst jetzt beginnt.
Bislang hatte Erdogan ja nocht nicht die notwendige Mehrheit für seine Version des türkischen Präsidialsystems. Seiner Ankündigung, Syrer einzubürgern anstatt in Syrien einzumarschieren hat viele seiner ultranationalistischen Anhänger verprellt. Jetzt ist er auf einmal der „Held und Retter der neuen türkischen Demokratie“ /SCNR
@klabautermann
Angeblich werden 2745 Richter entlassen (FOCUS Online) – da waren die Listen wohl schon vorbereitet.
@samy
Egal wer für den Putsch letztendlich verantworlich ist, derjenige ging aufs Ganze und nahm bewusst ein hohes Risiko in Kauf. Ein kompletter Fake erscheint auch mir äußerst unwahrscheinlich.
Gibt es eigentlich Quellen dafür, dass sich Erdogan während des Putsches heute nacht im Flugzeug befand (bevor er heute morgen nach Istanbul flog)? Ich kann mich nur an „Quellen“ im Zusammenhang mit angeblichen Asylgesuchen erinnern.
Ich glaube auch nicht, dass es einen zweiten Putsch gibt. Erdogan erscheint im Moment im In- und Ausland als Retter der „Demokratie“. Wenn man Nachrichten von Lynchmobs auf der Bosporus-Brücke, 2750 entlassenen Richtern und der Todesstrafe liest, scheint es, als hätten die Putschisten der Türkei einen Bärendienst erwiesen.
Die 8 per Helo geflohenen Putschisten sind ein ausgesprochen böses Geschenk für Griechenland, eine Auslieferung wird Erdogan zwingend fordern.
@Memoria: „Die Unfähigkeit zu putschen ist allein schon eine Schande für die türkische Armee.“ Da muss ich dann doch schlucken. In der Hitze des Gefechts getippt?
Die Einschätzungen von heute deuten eher in die Richtung, dass weniger kemalistische Kräfte als denn tatsächlich Gülen Anhänger den Putsch ausgelöst haben. Somit wäre auch die vergleichsweise geringe Unterstützung der Putschisten erklärbar. Der Angriff auf das Parlament ist für mich eindeutig nicht im Einklang mit der veröffentlichten Erklärung zur „Widerherstellung der Demokratie“. Das augenscheinlich äußerst brutale Vorgehen der Putschisten (Exekutionen?) mag zu der Bewertung führen, dass hier weniger ein Putsch als denn ein grossflächiger Anschlag auf Erdogan und die AKP durchgeführt wurde, und dass die Übernahme der Regierung nur ein zweitrangiges Ziel war.
Es gibt mittlerweile gut belegte Bilder von Misshandlung gefangener Soldaten:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bild-1102987-1024148.html
@klabautermann | 16. Juli 2016 – 13:20
Unfrei in der Entscheidung ist der Mensch in beiden Varianten. Die Frage ist für mich: Welche Einschränkung hinsichtlich der Grundrechte impliziert welche der beiden Varianten? Als jemand, der in einem stark agnostisch/atheistisch geprägten Umfeld aufgewachsen ist liegen meine Sypathien dann tendenziell eher bei dem System, welches einen starken Säkularismus garantiert. Objektiver wäre wohl die Frage: Welches der beiden Systeme garantiert das höchstmaß an Toleranz gegenüber Andersdenkenden bei gleichzeitiger Wahrung der nationalen Einheit. Meiner Wahrnehmung nach komme ich da bei kemalistisch vs. erdogan“nistisch“ zu einem Patt. Gerade deshalb hätte unsere Regierung besser kein oder ein neutraleres Statement abgeben müssen. Sonst schafft sie es auf der BPK doch auch „keine Farbe zu bekennen“.
@Woody: Auch ich habe – soweit ich mich erinnere auch hier bei AGG – mit einem Putsch geliebäugelt.
Ich denke der eigentliche „Putsch“ kommt noch aus einer ganz anderen Ecke, sehr viel demokratischer. Leider ist eine neue Gezi-Bewegung (noch) nicht in Sicht. Und beim letzten Gezi hat Erdogan Panzer (i.S Truppentransporter) rollen lassen. Vergessen wir das bitte nicht.
Wenn es nicht alles Show ist, bin gerade offen für Verschwörungstheorien (aber nicht bei AGG, bin schon moderiert wegen 28, die übrigens bei all der Panik gestern veröffentlicht wurden), dann wird Erdogan nun völlig Paranoid werden. Innerhalb der AKP rumort es absolut, die anderen Parteien halten am Parlament als höchte Instituion des Volkswillen fest.
Erdogans Undoing ist unausweichlich und die blutigen Bilder sind das unblutigste was das Schicksal für ihn zu bieten hat. Die Gesellschaft ist derart polarisiert, dass die Türkei nichtmehr als Investitionsstandort wahrzunehmen wäre.
Auch der politische Islamismus wird scheitern!
@Thomas Melber
Ja, die Repressionsschraube wird sofort angezogen. Natürlich hat Erdogan schon seit langem Listen in der Schublade mit den Namen „oppositionell“ eingestufter Richter, Beamte, Polizisten, Offiziere. Erdogan ist zweifellos ein Hasardeur, der auch mit dem Feuer zu spielen versteht – ganz bestimmt innenpolitisch. Seine außenpolitische Feuerspielerei hat er sofort engestellt als klar wurde, dass er sich damit völlig international isoliert hatte. Nun wird er darauf achten müssen, dass er sich durch extrem repressive und ultraautoritäre innenpolitische Feuerspielerei nicht noch weiter isoliert international – man kann nur hoffen, dass ihm so viel „Restvernunft“ geblieben ist.
@Woody
Also, wenn ich kemalistisch vs. erdogan”nistisch” abwägen müßte, dann läge mein Votum eindeutig auf kemalistisch mit den Elementen Laizismus, Nationalismus und Republik wie in der türkischen Verfassung niedergelegt. Erdogan unterhöhlt zweifellos das laizistische Moment und arbeitet heftigst an der Beseitigung des republikanischen Momentes. Aber er ist noch nicht am Ziel, denn sein „Präsidialsystem“ ist noch nicht der Kern der türkischen Verfassung. Imho wird es darauf hinauslaufen wie tief der Kemalismus in der türkischen Gesellschaft verankert ist – und da bin ich doch ein wenig optimistisch.
@klabautermann
Die Abberuffung von Richtern so wie es gebraucht wird ist aber auch nicht gerade ein Zeichen von der von Ihnen oben genannten Gewaltenteilung. In USA werden Richter meines Wissens zwar von Presidenten ernannt aber auf Lebenszeit. Genau deshalb um „Gefaelligkeitsrichter“ zu vermeiden. Die EU taete gut daran, sich sehr genau anzusehen mit welchen „Partner“ sie es hier zu tun hat – denn es liegt nahe dass der eigentliche Putsch jetzt passiert. Wieviel „Saeuberungen“ und Todesstrafe mit Rechtsstaatlichkeit (egal welches System) zu tun haben sollte man sehr genau beobachten.
@Rich
Wie ich bereits ausführte kann Gewaltenteilung in den unterschiedlichen Regierungssystemen (präsidial, semi-präsidial, parlamentarisch) unterschiedlich organisiert sein, wichtig ist, dass sie in der Verfassung verankert ist. Erdogan kann zwar Richter feuern, er kann aber keine Gerichte auflösen, genauso wenig wie er per Erlass die Todesstrafe wieder einführen kann. Ich denke einmal, dass die 2750 entlassenen Richter und ihre Familenangehörigen jetzt nicht spontan in die AKP eintreten werden.
Wie bereits oben ausgeführt: der Kemalsimus ist tief in der türkischen Gesellschaft verankert.
@ klabautermann
Darf ich fragen, wie Sie zu dieser Einschätzung gelangen – nach dieser Nacht?
Die beteiligten Militärs sahen in diesem Putsch offensichtlich die letzte Möglichkeit. Sie haben alles in die Waagschale geworfen und einen außergewöhnlichen Willen zur systematischen Gewaltanwendung gezeigt. Sie hatten die militärischen Assets, die Überraschung und somit letztlich das militärische Momentum auf der eigenen Seite. Zumindest aus militärischer Sicht war das eine klare Sache.
Aber das Wort Erdogans reichte aus um große Teile der Bevölkerung zu mobilisieren. Der ideologische Eifer der AKP Anhänger hat in dieser Nacht die Wende gebracht und vielen den von Erdogan billigend in Kauf genommenen Tod.
Deutlicher kann der Sieg der islamistischen Ideologie (vertreten durch ideologischen Opferwillen) über den Kemalismus (vertreten durch staatliche Gewalt) nicht ausfallen.
Ich denke, der Kemalismus wurde in dieser Nacht endgültig besiegt.
Erdogan begrüßt mit der Begründung: „so kann das Militär gesäubert werden“ den Putsch.
Erdogan begrüßt mit der Begründung: „so kann das Militär gesäubert werden“ den Putsch.
Die Regierung in der Türkei mag demokratisch gewählt sein (was viele bezweifeln) doch was nun geschehen wird, wird mit Rechsstaatlichkeit wenig zu tun haben.
Die Unterstützung durch die NATO und Bundesregierung hat er schon.
Eurasien rutscht weiter nach rechts und liberale Menschen werden kaum eine Zukunft haben. Europa steht am Scheideweg.
@Bang50
Zustimmung.
Gerüchten zu Folge war für heute eine erneute Säuberung unloyaler (kemalistischer) Teile des Militärs durch Erdogan geplant. Anscheinend zogen die Putschisten daher ihre Pläne für einen baldigen Coup vor. Das würde gut erklären warum der Putsch so schlecht ausgereift erscheint.