Kiesewetter tritt als Präsident des Reservistenverbandes zurück (m. Nachtrag)

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Der Präsident des Reservistenverbandes, der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter, ist am (heutigen) Dienstag überraschend von diesem Amt zurückgetreten. Kiesewetter begründete den Schritt in einer von seinem Bundestagsbüro verbreiteten Pressemitteilung mit den ausufernden Kosten des „Sicherheitspolitischen Forums Berlin“ vor knapp einer Woche. Dafür sei er zwar nicht verantwortlich, es würde ihm aber dennoch angelastet, schrieb der zurückgetretene Verbandspräsident.

Der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. wird überwiegend aus dem Verteidigungshaushalt finanziert. (Ergänzung: Im vergangenen Jahr erhielt der Verband einen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt von 16,65 Millionen Euro.)

Allerdings war Kiesewetter in den vergangenen Monaten bereits öffentlich in die Kritik geraten. Unter anderem war ihm vorgeworfen worden, von Reisegruppen aus seinem Wahlkreis Geld für Berlin-Reisen eingesammelt zu haben, obwohl diese Reisen vom Bundestag finanziert werden. Das Geld soll seiner Wahlkreiskasse zugute gekommen sein. Außerdem soll es nach Medienberichten in seinem CDU-Kreisverband Ostalb weitere Unregelmäßigkeiten gegeben haben.

Auch im Reservistenverband hatte der Oberst a.D. Probleme. Im vergangenen Jahr war er von seinem Amt als CDU-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages zurückgetreten. Grund war die Information, dass im Verband zwei enge Vertraute des Präsidenten für den BND tätig gewesen sein sollen. Davon unabhängig gab es Anfang dieses Jahres gewisse Probleme im Umgang mit persönlichen Daten der Mitglieder.

Nachtrag: Inzwischen gibt es auch vom Reservistenverband eine Mitteilung (siehe unten)

Zur Dokumentation die Pressemitteilung und die Erklärung Kiesewetters:

Roderich Kiesewetter MdB legt das Amt als Präsident des Reservistenverbandes nieder. Damit übernimmt er die Verantwortung für ausgeuferte Kosten der Veranstaltung „Sicherheitspolitisches Forum Berlin“, zu der der Reservistenverband am 22. Juni ins Tipi am Kanzleramt eingeladen hatte. Er hatte über die Kosten vorab keine Kenntnis.
Zum „Sicherheitspolitischen Forum Berlin“ hatte der Vizepräsident für Sicherheitspolitik im Reservistenverband gemeinsam mit Partnern eingeladen, um die Einführung eines Gesellschaftsdienstes in Deutschland zu diskutieren. Die Veranstaltung, zu der rund 400 Gäste gekommen waren, endete mit einem großen Empfang am Abend. Kostenpunkt des Empfangs rund 20.000 Euro. Über die hohen Kosten hatte Kiesewetter keine Kenntnis. Deshalb legt er sein Amt nieder. Er schreibt in seiner Erklärung an das Erweiterte Präsidium, das Führungsgremium des Verbandes zwischen zwei Bundesdelegiertenversammlungen: „Sie wissen, wie intensiv ich mich für eine sorgsame Verwendung der uns anvertrauten Haushaltsmittel sowie für die sicherheitspolitische Weiterbildung in unseren Landesverbänden einsetze und wie knapp die Mittel dafür sind. Unsere kleinen Reservistenkameradschaften kämpfen um jeden Euro und wir verlieren bei einer Schwerpunktveranstaltung jegliches Maß. […] Da ich aber, auch wenn ich nicht über Einzelvorgänge unterrichtet sein muss, die Gesamtverantwortung für unseren Reservistenverband trage, trage ich auch die Konsequenzen.“

Die Erklärung Kiesewetters:

Liebe Kameraden Landesvorsitzende, liebe Kameraden,
mit großer Betroffenheit habe ich erfahren müssen, daß unsere wirklich gelungene Veranstaltung zur nationalen Krisenvorsorge im Berliner Tipi am Kanzleramt am 22. Juni 2016 mit einem sehr edlen Empfang für rund 400 Teilnehmer geendet hat. Dieser Empfang hat allein ca. 20.000 Euro für die Bewirtung gekostet. Sie wissen, wie intensiv ich mich für eine sorgsame Verwendung der uns anvertrauten Haushaltsmittel sowie für die sicherheitspolitische Weiterbildung in unseren Landesverbänden einsetze und wie knapp die Mittel dafür sind. Unsere kleinen Reservistenkameradschaften kämpfen um jeden Euro und wir verlieren bei einer Schwerpunktveranstaltung jegliches Maß.
Mir war die Kostenhöhe des Empfangs vorab nicht bekannt. Ich möchte, daß unsere Vizepräsidenten zwar selbständig, aber sorgsamst mit den ihnen anvertrauten Haushaltsmitteln umgehen. Das war aus meiner Sicht hier nicht der Fall. Ich missbillige ausdrücklich diesen Vorgang. Jede und jeder von uns bleibt aufgefordert mit den uns anvertrauten Haushaltsmitteln äußerst sorgfältig und verantwortungsbewusst umzugehen!
Ich möchte proaktiv und vorausschauend vermeiden, daß nach zweimaliger unzutreffender Berichterstattung über mich als MdB mir dieses Verhalten eines Vizepräsidenten unberechtigterweise angeheftet wird.
Da ich aber, auch wenn ich nicht über Einzelvorgänge unterrichtet sein muß, die Gesamtverantwortung für unseren Reservistenverband trage, trage ich auch die Konsequenzen.
Hiermit lege ich mein Amt als Präsident des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. nieder und erwarte vom zuständigen Vizepräsidenten eine verantwortungsvolle Aufarbeitung.
Mir haben die vergangenen über sieben Jahre in unserem Präsidium als Präsident und Stellvertreter viel Freude bereitet. Der Verband ist in der Neuausrichtung gut aufgestellt, auch die Nachfolge des Bundesgeschäftsführers wird in nächster Zeit zwischen Präsidium und Erweitertem Präsidium einvernehmlich gelöst. Ich wünsche dem Verband weiterhin viel Glück und Erfolg und unterstütze gern auch künftig seine so wichtige Arbeit.
Ich danke allen hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dem Gesamtbetriebsrat und allen ehrenamtlich aktiven Kameradinnen und Kameraden für ihren hervorragenden Einsatz und die ausgezeichnete Zusammenarbeit in den vergangenen sieben Jahren. Wir haben gemeinsam viel erreicht. Darauf dürfen wir stolz sein!
Mit kameradschaftlichem Gruß
Ihr und Euer Roderich Kiesewetter

Die Mitteilung des Reservistenverbandes:

Verbandspräsident Roderich Kiesewetter legt das Amt als Präsident des Reservistenverbandes nieder. Kiesewetter hatte Kosten in Höhe von circa 20.000 Euro für den Empfang im Rahmen des „Sicherheitspolitischen Forums Berlin“ scharf kritisiert. Die Veranstaltung habe das Gebot der Sparsamkeit verletzt, so Kiesewetter zum Grund seines Rücktritts.
Die beiden Stellvertreter des Präsidenten, Oswin Veith MdB und Karl-Heinz Brunner MdB, dazu: „Über die plötzliche Amtsniederlegung unseres Präsidenten sind wir überrascht. Er hat den Verband in den vergangenen sieben Jahren zunächst als Stellvertreter und seit 2011 als Präsident mit großer Hingabe geführt und die Reserve in Deutschland auf politischer Ebene exzellent vertreten. Seine Verbundenheit zur Basis unseres Verbandes, den 110.000 Mitgliedern, hat ihn stets angetrieben. Mit dieser Motivation hat er die notwendige Neuausrichtung unseres Verbandes in den vergangenen fünf Jahren vorangetrieben. Dass er nun aufgrund einer Veranstaltung, die im Herzen Berlins einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte um unsere Sicherheitsvorsorge in Deutschland geleistet hat, zurücktritt, bedauern wir sehr. Gleichzeitig akzeptieren wir seine Entscheidung und zollen ihm höchsten Respekt für seinen Entschluss.“
„Die Auftaktveranstaltung zum 1. Sicherheitspolitischen Forum in Berlin war ein großer Erfolg und hat eine breite Debatte zum Thema Dienstpflicht angestoßen. Ob und in wie weit das Gebot der Sparsamkeit verletzt wurde, werden wir herausfinden“, erklärt Veith weiter.
Die Satzung des Reservistenverbandes gibt vor, dass das Erweiterte Präsidium innerhalb von drei Monaten zur Neuwahl eines Präsidenten zusammenkommen muss. Bis dahin wird der Verband durch die beiden Stellvertreter des Präsidenten vertreten.

(Foto: Kiesewetter beim „Sicherheitspolitischen Forum Berlin“ am 22. Juni 2016 –   Reservistenverband/Hans-Christian Plambeck)