Geld für Rüstung, Geld für Personal: So sieht das der Haushälter

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Die Frage, wie viel Geld der Bundeswehr tatsächlich für die nötigen Investitionen in neue Rüstungsprojekte (oder auch nur in den Erhalt bestehenden Materials) zur Verfügung steht, ist immer für eine interessante Debatte gut. Und Anfang des Jahres hatten Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihre Rüstungsstaatsekretärin Katrin Suder vorgerechnet, wie viel Geld, das nicht wie geplant ausgegeben werden konnte, für andere Beschaffungen umgewidmet werden konnte. Dabei wurde auch schon deutlich: Einiges davon wurde benötigt, um Personalkosten zu finanzieren.

Da ist es natürlich interessant, mal die Sicht eines Haushälters zu sehen – zumal, wenn er nicht nur im Haushaltsausschuss des Bundestages, sondern zugleich auch im Verteidigungsausschuss sitzt. Und außerdem als Oppositionsabgeordneter frei von den Zwängen der Regierungskoalition auf das Zahlenwerk schauen kann. Deshalb hier zur Dokumentation eine Untersuchung und Bewertung von Tobias Lindner, Haushälter und Verteidigungspolitiker bei den Grünen, der sich mit seinem Büro durch das Zahlenwerk Haushalt gekämpft hat:

Das Bundesministerium der Finanzen hat die Haushaltsrechnung 2015 veröffentlicht. Aus dieser geht hervor, an welcher Stelle die im Bundeshaushalt veranschlagten Mittel unter Inanspruchnahme von Flexibilisierungen und Deckungsmöglichkeiten tatsächlich ausgegeben wurden. Es lassen sich also die Querverschiebungen innerhalb des Bundeshaushaltes nachvollziehen.

Wir haben die Ausgaben im Verteidigungshaushalt näher betrachtet.

Uns interessierte zunächst, wie die Mittel im Kapitel 1416 „Militärische Beschaffungen“ ausgegeben wurden. Insgesamt verzeichnet das Kapitel einen Minderabfluss von 482 Mio. €, die nicht wie geplant für Beschaffungen ausgegeben wurden. 151 Mio. € wurden genutzt, um Löcher in Personaltiteln (Beihilfe, Entgelte, Trennungsgeld) zu stopfen. 221 Millionen Euro flossen in den Titel „Erwerb von Beteiligungen an Gesellschaften“. Dahinter verbirgt sich zum einen die Kapitalaufstockung der Bundeswehrfuhrparkservice, mit der die Modernisierung von Fahrzeugen finanziert wurde. Zum anderen wurde aus diesem Titel jedoch auch die Übernahme der pleite gegangenen Bekleidungsgesellschaft LHBw finanziert. Beschränkt man sich nicht auf die Beschaffungen im Kapitel 1416, sondern betrachtet die militärischen Beschaffungen im gesamten Einzelplan 14 muss die Ministerin sogar Minderausgaben in Höhe von 513 Mio. € verbuchen.

Da im Beschaffungskapitel sehr deutlich wurde, dass erhebliche Verschiebung hin zu Personaltiteln erfolgen, haben wir uns in einem zweiten Schritt angesehen, welche Verschiebungen es zur Verstärkung von Personaltiteln (Hauptgruppe 4) über Kapitelgrenzen hinweg gegeben hat. Insgesamt wurden Titel der Hauptgruppe 4 mit 974 Mio. € aus anderen Kapiteln verstärkt. Der größte Teil davon stammt aus den Verstärkermitteln, die in Einzelplan 6002 eingestellt waren (649 Mio. €). Neben den Beschaffungsmitteln wurden vor allem Minderausgaben bei dem Betriebsstoff der Bundeswehr (50 Mio. €), der Entwicklung des Eurofighter (50 Mio. €), den Beiträge zur Nutzung von NATO Anlagen (26 Mio. €) und dem Betrieb der Fahrzeugen des Flottenmanagements (26 Mio. €) genutzt, um Personaltitel zu verstärken.

Die Grafiken des Büros Lindner dazu:

Auswertung_Haushaltsrechnung 2015

Auswertung_Haushaltsrechnung 2015_Hgr 4

So weit der Haushälter – aber Lindner ist auch Oppositionspolitiker:

Ursula von der Leyen bekommt die Probleme im Verteidigungshaushalt trotz großspuriger Ankündigungen weiterhin nicht in den Griff. Auch im letzten Jahr sind über eine halbe Milliarde Euro an Geldern für Rüstungsprojekte liegen geblieben. Die Ministerin fordert lautstark Mehrausgaben für Rüstung, schafft es jedoch erneut nicht, das vorhandene Geld für Beschaffungsvorhaben überhaupt auszugeben. Gleichzeitig bestehen – wie in den Vorjahren auch – riesige Lücken bei der Finanzierung der Personalausgaben. Die Personaltitel sind deutlich zu gering veranschlagt. Die Verteidigungsministerin muss quasi auf Probleme und Minderabflüsse in anderen Bereichen hoffen, weil sie sonst die Soldatinnen und Soldaten nicht bezahlen kann. Das Ministerium veranschlagt die Mittel nicht bedarfsgerecht. Das hat mit Haushaltsklarheit und – wahrheit nichts mehr zu tun. Das ist grobes Missmanagement! Ursula von der Leyens Pläne für mehr Personal in der Bundeswehr entpuppen sich als reines Wunschdenken, wenn man sieht, dass bereits jetzt bei den Personalausgaben eine Lücke von mehreren hundert Millionen Euro besteht. Damit setzt die Ministerin den alten Kurs fort. Eine Trendwende ist in diesem Zahlenwerk nicht zu erkennen.

(Foto: Tag der Bundeswehr 2016 am 11. Juni in Bückeburg abgesetzt: Soldaten werden von einer CH-53 abgesetzt – Bundeswehr/Alexander Bozic)