Positionierung der CDU-Verteidiger: Bundeswehr im Innern und an der EU-Grenze

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Die Arbeitsgruppe Verteidigung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat ein – bislang internes – Positionspapier für die künftigen Aufgaben der Bundeswehr vorgelegt. Bei einer Klausurtagung Mitte April verständigten sich die Verteidigungspolitiker der Union unter anderem darauf, dass die Bundeswehr nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten bei Terrorangriffen und ähnlichem auch eine Rolle im Inland bekommen soll. Außerdem müssten die Streitkräfte zur Sicherung der EU-Außengrenzen eingesetzt werden können – die NATO-Mission in der Ägäis (Foto oben) sei dafür ein Vorbild. Und die Truppe müsse mit Personal und Material besser ausgestattet werden.

Das Papier liegt Augen geradeaus! vor (zuerst hatte die Bild-Zeitung darüber berichtet), zur Dokumentation wesentliche Passagen in Auszügen:

Die ergänzende Unterstützung durch die Bundeswehr im Inland hat sich in der Praxis bewährt. Bei Bedarf müssen wir in Ausnahmefällen die personellen und materiellen Fähigkeiten der Bundeswehr zur Unterstützung der Polizei auch zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nutzen können. Das kann zum Beispiel im Zusammenhang mit einem Terroranschlag im Inland der Fall sein, wenn die Mittel der Polizei nicht mehr ausreichen. (…)

Durch die aggressive Außenpolitik Russlands rücken konventionelle Bedrohungen an der Ostgrenze der NATO wieder in unseren Fokus. Es gilt, Russland mit einem Zweiklang aus Dialog und Abschreckung zu einem friedlichen Verhalten zurückzuführen. Bündnisverteidigung gewährleistet für Deutschland die Landesverteidigung. Mit dem Beitrag zur Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) der NATO sowie weiteren Maßnahmen leistet Deutschland einen notwendigen, aber auch überaus personal- und materialintensiven Beitrag zur Absicherung der NATO-Ostgrenze. Ziel muss es sein, auch mit einer verstärkten Interoperabilität von Ausrüstung und Ausbildung sowie einer verstärkten Zusammenarbeit im Bündnis sowohl den Zusammenhalt als auch die Reaktionsfähigkeit zu erhöhen. (…) Bei der Stationierung von Einheiten zur Rückversicherung an der NATO-Ostgrenze achten wir die NATO- Russland-Grundakte.

Die außenpolitische Zurückhaltung der USA in den letzten Jahren hat eine Eskalation vieler Konflikte eher befördert als verhindert. Ein neuer amerikanischer Präsident sollte zu einem stärkeren verantwortungsvollem außenpolitischen Engagement ermutigt werden und Deutschland sich als Partner hierfür aktiv anbieten. (…)

Die Bundeswehr muss künftig in der Lage sein, sich stärker auch dauerhaft in geostrategisch wichtigen, auch entfernteren Regionen der Welt positionieren zu können, beispielsweise um die Durchlässigkeit von Handelsrouten sicherzustellen. In Übereinstimmung mit dem Koalitionsvertrag, lassen wir uns hierbei von den Interessen unseres Landes leiten. Aus den deutschen Sicherheitsinteressen ist die materielle Ausstattung der Bundeswehr abzuleiten. (…)

Die aktuelle Sicherheitsarchitektur Deutschlands ist geprägt von den Anfängen der Bundesrepublik. Heute gibt es keinen Zweifel an der Verfassungstreue der Sicherheitsinstitutionen. Die Bindung der Bundeswehr an die freiheitlich demokratische Grundordnung sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sind ohne Zweifel. Die geübte Praxis, die Bundeswehr bei Naturkatastrophen oder Großschadenslagen, aber auch bei der Registrierung von Flüchtlingen hinzuzuziehen, ist Ausdruck dieses Vertrauens. Die Anschläge in Europa haben uns gezeigt, dass auch die Sicherheitspolitik im Innern als Ganzes betrachtet werden muss. Beispiele aus Frankreich und Belgien unterstreichen, dass Streitkräfte in besonderen Fällen bei Bedarf bei der schnellen Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung hilfreich sein können. Zukünftig muss die Bundeswehr im Bedarfsfall auch über die Amtshilfe hinaus ergänzend zur Polizei unterstützend einsetzbar sein. Wir können uns das Nebeneinander von Strukturen nicht mehr erlauben. Der in der Verteidigungs- und Außenpolitik erfolgreiche Comprehensive Approach muss mit einer Vernetzung aller Sicherheitsakteure Deutschlands im Inneren eine Entsprechung finden. Bei der Sicherheit der Bevölkerung gilt der Grundsatz: „Haben ist hier besser als Brauchen“. (…)

Die Bundeswehr muss darauf ausgerichtet sein, sicherheitspolitische Herausforderungen mit verschiedenen Anforderungsprofilen gleichzeitig bewältigen zu können. Die deutsche Sicherheitsarchitektur muss sich an diese neuen Herausforderungen anpassen und die Zusammenarbeit und Aufteilung von Militär, Polizei und Nachrichtendiensten sowie Außen- und Entwicklungspolitik neu aufsetzen. Entsprechend müssen die Strukturen der Bundeswehr aufgefüllt werden.

Die Struktur der Bundeswehr sieht einen Gesamtumfang der Streitkräfte von 185.000 Soldatinnen und Soldaten vor. Die aktuelle Änderung der Sicherheitslage war zum Beginn der Neuausrichtung der Bundeswehr 2011, die diesen Planungen zugrunde liegt, noch nicht absehbar. Um den Bedrohungen in den Zeiten der neuen Gleichzeitigkeit zu begegnen, ist dieser Umfang nicht mehr ausreichend. Stattdessen ist eine Flexibilisierung des personellen Gesamtumfangs der Streitkräfte notwendig. Verstärkte Abstützung auf Reservisten sowie eine Wiedereinführung der Möglichkeit einer verpflichtenden Heranziehung von beorderten Reservisten ist zu prüfen. (…)

Die Gleichzeitigkeit der Bedrohungen macht es umso wichtiger, dass die Bundeswehr mit der Modernität der Ausrüstung an der Spitze der weltweiten technologischen Entwicklung steht. (…) Eine Ausstattung der Streitkräfte mit 100% ihrer Soll-Ausstattung ist hierzu unabdingbar. (…)

Die Bundeswehr kann einen europäisch abgestimmten Beitrag leisten, um die Grenzen der EU abzusichern und damit Schleusertätigkeit und Kriminalität die Grundlage zu entziehen. Aktuell sehen wir das beim NATO- Einsatz in der Ägäis. Auch zu Lande und in der Luft ist ein entsprechender Einsatz von Streitkräften zu prüfen.

Mit anderen Worten: Genug Stoff für Debatten, nicht nur mit dem Koalitionspartner SPD über einen Einsatz im Inland und an der EU-Außengrenze – sondern auch mit den Kollegen im Haushaltsausschuss und dem Finanzminister.

(Foto: Radarbild auf der Brücke des Einsatzgruppenversorgers Bonn in der NATO-Mission in der Ägäis)