Künftiger NATO-Chef: Bundesregierung reagiert nicht auf „Bewerbungsanhörung“

Road to Anakonda: Raider Brigade builds combat power in preparation for Anakonda 16

Auf die Äußerungen des künftigen NATO-Oberbefehlshabers Curtis Scaparotti am (gestrigen) Donnerstag vor dem Streitkräfteausschuss des US-Senats möchte die Bundesregierung erst mal nicht so gerne eingehen. In der Bundespressekonferenz am (heutigen) Freitag habe ich gefragt, wie Scaparottis Aussagen denn in Berlin bewertet würden. Und neben einer ausführlichen Erklärung, dass demnächst ein wichtiger NATO-Gipfel in Warschau stattfindet, habe ich dann erfahren: Auf diese Bewerbungsanhörung gebe es keine Reaktion.

Zum Nachhören die Äußerungen von Außenamtssprecher Martin Schäfer:

 

BPK_SACEUR-reax_22apr2016     

 

Als Nachtrag die Abschrift des obigen Audios:

Frage : Eine Frage an Herrn Schäfer, vielleicht auch an Herrn Seibert: Gibt es vonseiten der Bundesregierung eine Bewertung der gestrigen Aussagen des designierten Nato-Oberbefehlshabers bei seiner Anhörung für den Posten des US-Kommandeurs in Europa – das ist ja komplementär – zum Verhältnis gegenüber Russland und zur Stationierung von Truppen in Europa? Wie sieht die Bundesregierung das im Hinblick auf seine Bestellung zum Nato-Oberbefehlshaber?

Schäfer: Wir befinden uns in der Vorbereitung eines großen Nato-Gipfels, der in einigen Monaten in Warschau stattfinden wird. Eigentlich sämtliche Gremien der Nato sind darauf fokussiert, diesen Gipfel politisch vorzubereiten. Das geschieht tagtäglich.

Die Gespräche, die wir im Kreise der Nato-Verbündeten über die Themen, die aus Anlass dieses Gipfels auf der Tagesordnung stehen, führen, laufen gut, ebenso wie die bilateralen Gesprächen, die wir mit unseren Partnern über alle diese Fragen führen.

Der Außenminister ist zum Beispiel – so meine ich – am Dienstag in Warschau gewesen. Eines der wichtigsten Gesprächsthemen der polnischen Gastgeber des Nato-Gipfels waren natürlich die Fragen, welche Entscheidungen vom Nato-Gipfel ausgehen können, welche Entscheidungen zu erwarten sind und wie wir damit weiter umgehen.

Ich denke, es ist jetzt nicht unbedingt unsere Aufgabe, von der Regierungsbank her eine parlamentarische Anhörung eines amerikanischen Soldaten, Offiziers und Generals zu bewerten, sondern wir halten uns an die Gespräche, die wir im Nato-Rahmen miteinander führen. Wir sind wie bei jedem der Nato-Gipfel der Vergangenheit sehr gewiss, dass wir einen sehr entschlossenen und sehr harmonischen Gipfel bekommen werden, auf dem sich die 28 Nato-Partner auf ein gemeinsames Handeln einigen werden.

Zusatzfrage : Schön. Wahrscheinlich über Fragen von gegenseitigem Interesse. – Das heißt, die Aussagen des US-Generals Scaparrotti haben nichts mit der Haltung des designierten Nato-Oberbefehlshabers Scaparrotti zu tun. Habe ich das richtig verstanden?

Schäfer: Doch. Wenn er denn tatsächlich SACEUR werden sollte, dann ist er militärischer Funktionsträger innerhalb der Nato. Aber Sie müssten jetzt schon etwas konkreter werden und vielleicht konkrete Aussagen benennen. Dann versuche ich gern – bestimmt auch Herr Seibert -, Ihnen die Haltung der Bundesregierung zu den Themen, über die sich dieser General in Washington geäußert haben könnte, zu erläutern. Das versuchen wir gern.

Zusatzfrage : Entschuldigung. Ich dachte, Sie hätten eine Information über seine gestrige Anhörung bekommen.

Erstens: eine dauerhafte Stationierung einer US-Panzerbrigade in Europa, nicht die bislang vorgesehene rotierende Stationierung. Zweitens: die Vorausstationierung von Schiffen wie Flugzeugträgern im Mittelmeer – um nur mit diesen beiden Punkten anzufangen.

Schäfer: Zunächst ist es doch die Meinungsäußerung eines Generals. Ob das die Haltung der Vereinigten Staaten von Amerika werden wird, kann ich Ihnen nicht sagen.

Ich würde für die Bundesregierung gern sagen, dass die Maßnahmen, die auf dem Nato-Gipfel in Wales vor knapp zwei Jahren vereinbart worden sind, weitgehend umgesetzt sind. Dazu gehört insbesondere das Konzept der Reassurance in der östlichen Flanke der Nato. Deutschland und die Bundeswehr sind bei ganz vielen dieser Maßnahmen voranmarschiert. Über die Rolle der Bundeswehr und Deutschlands bei der Reassurance, so wie in Wales vereinbart, gibt es weder Grund, sich zu schämen, noch gibt es Grund, sich mit dem, was wir da getan haben, zurückzuhalten. Wir sind bei vielen Fragen sehr weit vorne und sehr aktiv gewesen. Das kann der Kollege aus dem Verteidigungsministerium sicherlich im Detail ausführen. Ich könnte das auch.

Alle weiteren Fragen – da wiederhole ich mich – sind Themen, die wir mit unseren Verbündeten besprechen und nicht in der Öffentlichkeit und schon gar nicht als Reaktion auf eine – wie soll man sagen – Bewerbungsanhörung eines Generals im amerikanischen Kongress.

(Foto: M1A2 Abrams Main Battle Tanks and M2A3 Bradley Infantry Fighting Vehicles are lined up in a motor pool at Mihail Kogălniceanu Air Base, Romania as soldiers from 1st Armored Brigade Combat Team, 3rd Infantry Division draw equipment from the European Activity Set April 7, 2016 and continue to build combat power in Europe – Spc. Ryan Tatum/U.S. Army)