Deutsche Tornados im Kampf gegen ISIS: Nachts nicht über Syrien

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Bei ihren Aufklärungsflügen im Kampf gegen die ISIS-Terrormilizen dürfen die eingesetzten deutschen Tornado-Kampfjets nachts nicht über Syrien fliegen. Die Besatzungen der sechs Maschinen können in den Maschinen keine Nachtsichtbrillen tragen, da die Cockpitbeleuchtung in der modernsten Version der Tornados zu stark blendet, bestätigte ein Luftwaffensprecher im Wesentlichen einen Bericht der Bild-Zeitung (Dienstagausgabe). Das Problem solle Anfang Februar mit Übergangslösungen angegangen werden. Bislang habe die internationale Anti-ISIS-Koalition allerdings auch keine nächtlichen Aufklärungsflüge angefordert.

Hintergrund ist die Avionik-Ausstattung mit der Bezeichnung ASSTA 3, die in den eingesetzten Tornados eingerüstet ist und wegen Helligkeit und Blendwirkung keinen Einsatz der so genannten Night Vision Goggles (NVG) erlaubt. Die Cockpitbeleuchtung kann nicht so heruntergedimmt werden, dass diese Nachtsichtbrillen genutzt werden können.

In Regionen mit funktionierender Luftraumkontrolle seien Nachtsichtbrillen nicht erforderlich, erläuterte die Luftwaffe. Über Syrien müsste jedoch wegen fehlender Luftraumkontrolle und der hohen Zahl verschiedener Kampfjets im Luftraum abgedunkelt und mit diesen NVG geflogen werden, um andere Flugzeuge – oder auch auf das Flugzeug abgefeuerte Raketen – rechtzeitig erkennen zu können. Das sei mit den deutschen Maschinen vorerst nicht möglich. Ein Einsatz über dem Irak wäre dagegen angesichts der funktionierenden Luftraumkontrolle machbar, sei aber bislang nicht erforderlich gewesen.

Als kurzfristige Zwischenlösung sollen nach Angaben Luftwaffe Anfang Februar einzelne Dioden der Cockpitbeleuchtung ausgetauscht oder mit Folie abgedunkelt werden. Ein Umrüstkit als grundsätzliche Lösung solle im Herbst zur Verfügung stehen. Langfristig werde das Problem durch das geplante Upgrade auf ASSTA 3.1 behoben.

Aus Pilotenkreisen ist allerdings zu hören, das Problem sei auch dadurch entstanden, dass die Luftwaffe im Vergleich zu den Streitkräften anderer Nationen keinen regulären Betrieb mit Nachtsichtgeräten vorsieht. Auch die deutschen Eurofighter hätten bei ihrem Einsatz in der Luftraumüberwachung über dem Baltikum Ende vergangenen Jahres nur mit Ausnahmegenehmigung mit NVG fliegen dürfen, im normalen Flugbetrieb sei das nicht vorgesehen – damit gebe es auch kein regelmäßiges Training mit Nachtsichtgeräten.

(In anderen Threads aufgelaufene Kommentare verschiebe ich, so weit sinnvoll, hierher.)

Nachtrag: Die Stellungnahme des Verteidigungsministeriums dazu im Original:

Derzeit werden im deutschen Einsatzkontingent, stationiert in Incirlik, sechs Luftfahrzeuge vom Typ TORNADO in der Aufklärungsrolle eingesetzt. Die gewonnenen Aufklärungsergebnisse sind für die Lagebilderstellung und hochgenauen Zielplanungen notwendig.
Die Koalition, der an den Luftoperationen beteiligten Staaten, hat den Bedarf nach hochauflösenden Aufklärungsergebnissen, die durch die optische Aufklärung mittels der Aufklärungsbehälter RECCE LITE erflogen wird.
Optimale Aufklärungsergebnisse werden durch die hohe Auflösung und Detailschärfe der Fotos am Tage produziert. Andere Aufnahmemöglichkeiten, wie beispielsweise Infrarotaufnahmen bei Nacht bieten nicht die gleiche Qualität.
Das deutsche Kontingent meldet seit Beginn des Einsatzes täglich zur Verfügung stehende Aufklärungsfähigkeiten und Stunden an das Hauptquartier der Koalition.
Die in den Medien angesprochene Infrarotaufklärung bei Nacht ist derzeit seitens der Koalition von Deutschland nicht gefordert. Die TORNADOS wurden während des ISAF-Einsatzes in Afghanistan stets am Tage geflogen.

(Foto: Techniker nehmen die Recce Tornados nach dem ersten Einsatzflug im Rahmen des Einsatzes Counter DAESH auf ihren Stellplätzen auf der Air Base in Incirlik an, am 08.01.2016 – Bundeswehr/Falk Bärwald)