NATO in Afghanistan: Zurück zum Kampfauftrag?
Bei der Endphase des NATO-Manövers Trident Juncture in Saragossa in Spanien kann ich aus privaten Gründen leider nicht dabei sein. Aber etliche deutsche Kollegen sind am (heutigen) Mittwoch Dienstag dort und haben mit dem Kommandeur des NATO Joint Forces Command Brunssum gesprochen, der auch die Übung leitet: Der deutsche General Hans-Lothar Domröse (Foto oben rechts) ist formal der Chef auch der NATO-geführten Mission Resolute Support in Afghanistan. Deswegen werde ich natürlich hellhörig, wenn ich seine heutigen Aussagen lese, zum Beispiel bei Spiegel Online:
Wegen der sich verschlechternden Sicherheitslage am Hindukusch und der Überforderung der afghanischen Armee hält es der deutsche Viersterne-General Hans-Lothar Domröse sogar für notwendig, die lokalen Sicherheitskräfte wieder stärker militärisch zu unterstützen.
„Wir brauchen eine robuste Beratung“, sagte der Oberbefehlshaber des Allied Joint Forces Commands am Rand des groß angelegten Nato-Manövers „Trident Juncture“ im spanischen Saragossa. (…)
„Wenn wir sehen, dass es einen Taliban-Angriff gibt, müssen wir den auch niederschlagen können“, sagte Domröse. Grundsätzlich müsse man die Frage von militärischen Unterstützungsleistungen der Nato für die Afghanen „noch einmal neu überdenken“.
Das wäre ein Kurswechsel zurück – denn mit dem Übergang von der ISAF-Mission zu Resolute Support Anfang dieses Jahres hat sich die NATO auf die Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte beschränkt. Die zeigten sich immer wieder überfordert, zum Beispiel bei der vorübergehenden Eroberung der nordafghanischen Stadt Kundus durch die Taliban Ende September.
Nun ist Domröse General und nicht Politiker – und die Entscheidung, ob die NATO tatsächlich in Afghanistan wieder im eigentlichen Sinne militärisch aktiv(er) wird, treffen die Regierungen der NATO-Staaten im Nordatlantikrat. Da dürfte dennoch das Wort eines Viersterners Gewicht habe. Zumal die wesentliche Zustimmung zu einem solchen neuen Kurs vor allem von den USA abhängt. Denn die müssten die Assets, also das Gerät, zur Verfügung stellen, mit denen die NATO eingreifen und zum Beispiel Luftangriffe fliegen würde. Die anderen Nationen haben so was praktisch nicht mehr am Hindukusch.
(Foto: On 01 November, the NATO COM JFC Brunssum, General Domröse, visited the Mechanized Brigade and the TRIDENT JUNCTURE 2015 exercise – NATO photo by FRANCISCO SOUSA via Joint Forces Command Brunssum unter CC-BY-SA-Lizenz)
Mutig, keine Angst vor Fürstenthronen. Ehrliche BdL und folgerichtige Konsequenz in Darstellung der Möglichkeit(en) des Handelns.
Einzig aufschlussreich wäre, ist diese Aussage angesprochen, wenn ja mit wem?
An und für sich sollte durch die deutschen Gazetten ein Aufschrei des Befremdens gehen, ist dies doch das Eingeständnis von Frau Käsmanns „gar nichts ist gut in Afghanistan“.
„Dank“ zunächst der Flüchtlingskrise, aber auch weil in Deutschland niemanden wirklich interessiert, was ein Soldat, auch als General, äußert, wird nichts folgen.
Es sei denn, Obama ließe Ähnliches hören, was nicht geschehen wird, ein Jahr vor Ende seiner Amtszeit.
Solche Generale braucht die Bundeswehr!
Aber wie mein Vordiskutant schon erwähnte, ist die Meinung eines fähigen Soldaten in Deutschland leider nichts wert.
Nur wird sich diese Einstellung hoffentlich bald ändern, sonst kommt auch noch halb Afghanistan zu uns.
Die nächste Flüchtlingswelle in Afrika (Stichwort Mali) steht schon in den Startlöchern.
Die „fähigen“ Politiker in Berlin und Brüssel sollten sich mehr an solchen Realisten wie General Domröse orientieren.
@KPK: Am ehesten könnte Obama jetzt den Kurs ändern. Er kann die Wahl ja nicht verlieren und sein Bild vor der Geschichte ist nur noch begrenzt verschlechterbar. Da regiert es sich vergleichsweise ungehemmt, denn im umgekehrten Bush’schen Sinne hätte alles Weitere dann vermutlich Donald Trump auf der Agenda.
Es wäre die stringente Antwort auf die aktuellen Lageberichte des BND (Abwärtstrend) und die Ankündigungen des Flüchtlingskoordinators Altmaier (längere Präsenz in AFG zur Sicherstellung von sicheren Gebieten). Aber Herr Altmaier lehnte eine aktivere Rolle im DLF bereits ab – trotz des direkten Hinweises auf Kunduz.
Lage, Auftrag, Durchführung ist eben nicht gefragt.
Stattdessen redet man sich in der Politik und (!) der Bevölkerung ein, dass man mit einem längeren Aufenthalt in MeS wirklich etwas ändert.
Selbst das Debakel in Kunduz führt da nicht zu echtem Nachdenken.
Realitätsverlust auf ganz hohem Niveau.
Er hat Recht und es auch gesagt! Und was ich bemerkenswerter finde, es wird auch festgestellt, dass „man“ sich geirrt hat und die Afghanen eben nichts alleine auf die Reihe bekommen.
Die USA werden es sich wohl nochmal überlegen und doch aufstocken, wenn die Russen Ernst machen und sich in Afghanistan engagieren, worum sie ja durch die Afghanen gebeten wurden. Und eine erste Zusammenarbeit zwischen Russen und Amerikanern gibt es inzwischen auch in Syrien hinsichtlich Luftraumkoordinierung.
Und was SuperUschi angeht: Im Kosovo haben wir uns auch erst aufgrund der damaligen Flüchtlingslage in Deutschland engagiert, diese „Argumentation“ wird (politisch) auch für Afghanistan reichen können.
Niemand der Minister, Kanzler und Praesidenten-Berater hat wohl
Mason ‚ Vietnam, Iraq and Afghanistan – lessons to be learned‘ verstanden.
Alle Bemuehungen die Afghanen zu unterstuetzen bingt nur weitere Verluste weil es die AFG Armee wegen Korruption, Unwissenheit und mangelndem Kampfgeist niemals schaffen wird. – Denn es gibt keine Afghanen, es gibt nur Staemme und Interessengruppen.
Diese sollte man sich selkbst ueberlassen,
Ja was hat denn der gute Gen Domröse in seinem Jahr in AFGH und seiner bisherigen Zeit auf dem aktuellen DP gemacht, wenn ihm diese Erleuchtung erst jetzt kommt? Das alles war seit Jahren abzusehen. Wir haben gementort, gekämpft und zuletzt die AFG TrT immer schön auf GRÜN gesetzt, weil es aus Kabul vom HQ und IJC so gewollt war. Gelb oder Rot bei Fähigkeiten war ja sowas von unerwünscht. Jeder an der Basis wusste das und die Meldungen wurden mit jeder Führungsebene grüner. Wie im richtigen Leben daheim eben. Nicht sein kann was nicht darf.
Die AFG Streitkräfte wurden bisher mit den Fähigkeiten Luftunterstützung NICHT ausgestattet. Das ist einer der Grundfehler, wenn ich die alleine lassen will. Das sind genau die Fähigkeiten, die jetzt vermisst werden.
Aber wie war der Spruch im RC N 2013, als wir uns nach und nach aus der Fläche zurückgezogen haben (aus guten Gründen, wie ich persönlich meine):
„Wir sind ja nicht weg, wir sind nur nicht mehr da … „
Kann man nur befürworten. Wenn man irgendwie sein Gedicht waren will, gerade nach den letzten Äußerungen unseres Innenministers (Afghanen zurück nach Afghanistan) darf man Afghanistan nicht fallen lassen. Auch wenn es mehr deutsche Opfer bedeutet.
Folgerichtige Konsequenz oder einfach nur Eingeständnis der eigenen Hilflosigkeit?
Was soll das militärische, politische, zeitliche Endziel des geforderten militärischen Engagementes sein?
– Halten von Kontrollzonen um größere Ortschaften mittels zeitlich unbefristetem Militäreinsatz?
– Vernichtung der Taliban oder zurückschlagen derselben hinter die afghanischen Grenzen?
– Abbau von Munitionsüberbeständen Deutschlands und der Nato?
Zumindest ein stringentes Missionsziel sollte ein Viersternegeneral doch formulieren können; zumindestens als Vorschlag für die politische Entscheidungsebene. Umfassend zeitliche, räumliche und materielle Aspekte.
Afghanistan wird fallen ! So oder so, sobald sich die Nato zurückzieht. Dies zeichnet sich ab und wird auch durch ein längeres Engagement dort nicht kompensiert werden können. Es geht nur noch um die Frage, wie lange man den Fall hinauszögern kann und wie man sein eigenes Gesicht wahren kann.
@K-P-K
Beurteilung der Lage ?
Die hätte man 2001 machen sollen und den amerikanischen Ansatz mit Spezialtruppen und Luftunterstützung fahren sollen (OEF) um Al-Kaida zu vertreiben und ansonsten die afghanischen Stämme sich selbst überlassen sollen.
Aber nein, wir Deutschen Gutmenschen mussten uns ja „Nation Building, Frauenrechte, Demokratieaufbau usw“ auf die Fahnen schreiben, in einem Land, dass im Mittelalter lebte, dabei hätten wir aus der Erfahrung im Kosovo lernen können, wie schwer „Nation Building“ ist.
Unbegreiflich warum Gen Domröse hier teilweise so gelobt wird. Schließlich hat er ja nur etwas gesagt, dass bereits bekannt ist. Und nein, kein weiteres Engagement in AFG. Dies wäre doch nur ein Verlängern der bereits begonnenen Auflösung des Staates AFG und kein einziges weiteres Opfer mehr wert.
Und die hier erfolgte Verknüpfung zum Thema Flüchtlinge und u.a. Mali ist sinnfrei. Denn dann müssten wir uns in viel mehr Ländern engagieren.
at MikeMolto und diba: Zustimmung
@diba
wenn ich Sie mal treffen würde, dann könnten wir viele Gemeinsamkeiten in den Auffassungen und auch aus den AFG/Balkan Erfahrungen feststellen:
Treffer 10 Figur
@Georg
Zustimmung nichts hinzuzufügen!
Ich kann ja gut verstehen, wenn irgendein General, der bei der Führungsakademie nur den Taktikunterrricht verinnerlicht hat, so spricht. Aber ein Vier-Sterner, der noch dazu für ein wichtiges NATO-Kommando verantwortlich zeichnet, sollte doch auch inzwischen begriffen haben, dass ein Landstrich, der sich im Grunde im Zustand des mitteleuropäischen 16. Jahrhunderts befindet, also im Zeitalter des bekannten Grimmelshausen, nicht durch einen multinationalen Militäreinsatz einfach mal rasch so um 4-5 Jahrhunderte weitergeschoben werden kann. Wer seine Zeit dort nicht vor Lagekarten, sondern in den Dörfern der Einheimischen verbracht hat, weiss doch, dass all diese Symptome nur Ausdruck der Jahrhunderte der Rückständigkeit sind. Ein Afghane wird doch nicht zum Mitteleuropäer durch ein IPhone in der Tasche und ein paar Brocken Englisch. Wie lange hat es denn in Europa gedauert bis sich der „wackelige“ Zustand von heute eingestellt hat? Und wieweit sind wir von dem Sumpf der Korruption denn angesichts FIFA und DFB schon entfernt?
Also: wer glaubt, mit militärischen Mitteln Afghanen mal eben umerziehen zu können, hat schon verloren bevor die Operation losgeht. Drei Monate an der „Front“ in AFG könnten vielleicht noch Wunder bewirken, aber daraus wird immer nur ein gegenseitiges Schulterklopfen beim Lagebriefing. Schade um den Enthusiasmus….
Ich bitte doch mal sämtliche Statements zur Lage in AFG zeitlich vor dem Übergang ISAF zu RS, welche auf der politischen Ebene sowie auf der militärischen Ebene geäußert wurden, nochmals zu lesen und zu reflektieren. Suchmaschinen im Internet machen es möglich. Entschuldigen Sie, letztendlich alles hohle Phrasen. Man glaubte wohl, relativ elegant ISAF mit RS zu beenden. Und unser genannter Viersterner hat leider auch daran mitgewirkt und umso unglaubwürdiger erscheint mir dieser. Georg hat hierzu alles sehr treffend gesagt.
Marder weg
PzH 2000 weg
Boxer weg
und woher nehmen wenn nicht Stehlen den die Marder sind im Osten jetzt
Boxer braucht man da auch
Bw ist am ende
da auch mehr mehr im Osten gebraucht wird und jetzt dürfen die auch noch gerade in Ausbildung ist an die Heimatfront hin
und was der Bw Versprochen wurde an neuem Gerät wurde nicht bestellt es lauft nur das was 2013 Geplant war neue Gep LKW und weiter los an Boxer aber nicht was Bw wegen Kalten Krieg bräuchte zurückkauf von den Leos ist es still geworden man spricht nur von 70 auf 100 % das man das Bestellen muss das man es auch Kaufen kann ist Eigentlich logisch , aber die hoffen das der eine Boxer oder andere LKW ein Junges bekommt
http://www.centcom.mil/en/news/articles/afghan-leaders-ambassadors-and-international-partners-discuss-andsf-transpa
Da RSM auch beteiligt war, kann doch erwartet werden, dass sich BMVg dazu äußert, oder toppen die Flüchtlinge inzwischen auch die Einsätze?
Das „Combined Security Transition Command-Afghanistan“ sind wir beteiligt, als zweitgrößter Truppensteller und Zahlmeister?
Zum CSTC-A/DCOS-SA: The Combined Security Transition Command-Afghanistan/Deputy Chief of Staff-Security Assistance trains, advises and assists within the Afghan Security Institutions to develop resource management, transparency, accountability and oversight and Rule of Law capability.
Hoffentlich wird nicht TAA vergessen, sonst wird Gen Domröse Recht behalten.
@Georg
aus meiner Sicht: 100% den Nagel auf den Kopf getroffen
Die einzig relevante Frage lautet: Wieviel Aufwand lohnt sich für Afghanistan?
Würde es reichen für die nächsten zwanzig Jahre ein Dutzend Kampfflugzeuge und -Helikopter und zwei Kampfbataillone zu stationieren? Das wären überschaubare Risiken und Kosten und würden die Region sowohl stabilisieren als auch die Position des Westens weltweit stärken. Nach allem was man so sieht gibt es keine grundliegende Resentiments der afghanischen Bevölkerung gegenüber Ausländern.
Es ist sicher Unsinn mit westlichen Truppen das zu stellen was die Afghanen selber können, nämlich Infanterie und Polizei. Aber Panzer, Artillerie und Lufteinheiten, das ist machbar und sehr hilfreich.
@ Wait&C
Zitat: “ Nach allem was man so sieht gibt es keine grundliegende Resentiments der afghanischen Bevölkerung gegenüber Ausländern.“
Wie kommen Sie zu der Erkenntnis ? Nach meiner Einschätzung haben die Afghanen mit jeden ausländischen Soldat der in ihrem Land stationiert ist, so ihre Probleme.
@ Wait&C
Und was wollen Sie damit erreichen. Ist das nicht genau dass, was über Jahre gemacht wurde? Und das Ergebnis ist bekannt.
@ Klaus-Peter Kaikowsky
Ist mir nicht klar was Sie mit ihrem Beitrag (18:44) sagen wollen?
Und auch ohne Hinweis auf die Flüchtlinge, die Einsätze werden durch die unterschiedlichsten Themen doch schon lange „getoppt“.
@LoBa | 05. November 2015 – 22:36
Ich erwarte Informationen zu den Ergebnissen, speziell sofern sie deutsche SK betreffen!