G36: Hersteller klagt wegen verzögerter Liefergenehmigung für die Saudis

Nato Uebung Noble Jump 2015

Der Oberndorfer Waffenhersteller Heckler&Koch verklagt die Bundesregierung erneut wegen des Sturmgewehrs G36. Diesmal geht es allerdings nicht um die Frage, wie die technische Qualität des Standard-Sturmgewehrs der Bundeswehr zu bewerten ist, sondern um Waffenexport: Das Unternehmen will erreichen, dass ein seit langem vorliegender Antrag auf Ausfuhr von Teilen zur Produktion der Waffe in Saudi-Arabien genehmigt wird:

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das dem Wirtschaftsministerium nachgeordnet ist, hat seit mehr als einem Jahr keine Genehmigungen für die Exporte der G36-Bauteile mehr erteilt. Deshalb klagt nun Heckler & Koch gegen das BAFA. Laut Regierungskreisen ist es die erste Klage dieser Art. Der Waffenhersteller schließt demnach eine Schadensersatzforderung in einer zweistelligen Millionenhöhe nicht aus, sollten die Anträge nicht genehmigt werden.

Heckler & Koch begründete die Klage auf Anfrage damit, dass man „drohenden Schaden von unserem Unternehmen sowie der Bundesrepublik abwenden“ wolle. Es bestehe die Gefahr, „dass unser Vertragspartner Klage gegen Heckler & Koch“ oder die Bundesrepublik erhebe.

berichtet der Recherchepool von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung (hier nachzulesen bei tagesschau.de)

Nun bekommt diese Klage natürlich nicht zuletzt deswegen öffentliche Aufmerksamkeit, weil es um das publizitätsträchtige Thema G36 geht. Dabei hat das Vorgehen von Heckler&Koch mit dem Sturmgewehr zwar direkt zu tun, aber es geht eben nicht um die Waffe selbst, sondern um die deutschen Rüstungsexportregelungen.Die G36-Fabrik in Saudi-Arabien war 2008 von der damaligen großen Koalition genehmigt worden, auch das ein interessanter Aspekt der aktuellen Auseinandersetzung.

Eigentlich ist erstaunlich, dass noch kein Unternehmen der Rüstungsindustrie wegen verzögerter Bescheide gegen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle geklagt hat – es gab zwar Klagen, zum Beispiel von Rheinmetall gegen den Stopp der Lieferung eines Gefechtsübungszentrums an Russland, aber da war das endgültige Lieferverbot der Grund. Jetzt scheinen Teile der Industrie die administrativen Wege, auf denen Rüstungsexporte verzögert werden, ohne dass diese Absicht von politischer Seite klar formuliert wird, juristisch angehen zu wollen. Merkwürdig allerdings, dass mit Heckler&Koch ein Mittelstandsunternehmen diesen Weg geht und keiner der Großen der Branche. Aber vielleicht ist das schwäbische Unternehmen auch der Meinung, dass die Beziehungen zu ihrem Hauptkunden Staat schlechter nicht werden können.

(Nachträgliche Überlegung: vielleicht ist es auch ein Versuchsballon – denn die Summen, um die es bei den nicht entschiedenen Ausfuhranträgen anderer Unternehmen geht, dürften deutlich höher sein als die in diesem Fall genannte zweistellige Millionensumme. Spontan fällt mir dazu ein deutsches Unternehmen ein, das einem Mutterkonzern in einem anderen Nahostland gehört, aber seine Produkte praktisch nicht in dieses Land exportieren kann. Die interessante Frage ist ja, ob der administrative Weg der Verzögerung der richtige ist – oder ob die Bundesregierung nicht klar sagen müsste, dass bestimmte Exporte nicht zu genehmigen sind. Allerdings gibt es da wohl innerhalb der Bundesregierung sehr divergierende Ansichten.)

Informationen zu der anderen Klage von Heckler&Koch, da gegen das Verteidigungsministerium, hier.

(Bereits anderswo aufgelaufene Kommentare verschiebe ich hierher. Zugleich bitte ich um Verständnis, dass ich weiterhin nur sehr punktuell online bin und deshalb die Kommentarfunktion vorerst auf moderiert bleiben muss.)

(Foto: G36 vor Bundeswehrsoldaten  bei der NATO-Übung Noble Jump  auf dem Truppenübungsplatz Zagan in Polen –  Michael Gottschalk/photothek.net)