G36: Hersteller klagt wegen verzögerter Liefergenehmigung für die Saudis
Der Oberndorfer Waffenhersteller Heckler&Koch verklagt die Bundesregierung erneut wegen des Sturmgewehrs G36. Diesmal geht es allerdings nicht um die Frage, wie die technische Qualität des Standard-Sturmgewehrs der Bundeswehr zu bewerten ist, sondern um Waffenexport: Das Unternehmen will erreichen, dass ein seit langem vorliegender Antrag auf Ausfuhr von Teilen zur Produktion der Waffe in Saudi-Arabien genehmigt wird:
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das dem Wirtschaftsministerium nachgeordnet ist, hat seit mehr als einem Jahr keine Genehmigungen für die Exporte der G36-Bauteile mehr erteilt. Deshalb klagt nun Heckler & Koch gegen das BAFA. Laut Regierungskreisen ist es die erste Klage dieser Art. Der Waffenhersteller schließt demnach eine Schadensersatzforderung in einer zweistelligen Millionenhöhe nicht aus, sollten die Anträge nicht genehmigt werden.
Heckler & Koch begründete die Klage auf Anfrage damit, dass man „drohenden Schaden von unserem Unternehmen sowie der Bundesrepublik abwenden“ wolle. Es bestehe die Gefahr, „dass unser Vertragspartner Klage gegen Heckler & Koch“ oder die Bundesrepublik erhebe.
berichtet der Recherchepool von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung (hier nachzulesen bei tagesschau.de)
Nun bekommt diese Klage natürlich nicht zuletzt deswegen öffentliche Aufmerksamkeit, weil es um das publizitätsträchtige Thema G36 geht. Dabei hat das Vorgehen von Heckler&Koch mit dem Sturmgewehr zwar direkt zu tun, aber es geht eben nicht um die Waffe selbst, sondern um die deutschen Rüstungsexportregelungen.Die G36-Fabrik in Saudi-Arabien war 2008 von der damaligen großen Koalition genehmigt worden, auch das ein interessanter Aspekt der aktuellen Auseinandersetzung.
Eigentlich ist erstaunlich, dass noch kein Unternehmen der Rüstungsindustrie wegen verzögerter Bescheide gegen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle geklagt hat – es gab zwar Klagen, zum Beispiel von Rheinmetall gegen den Stopp der Lieferung eines Gefechtsübungszentrums an Russland, aber da war das endgültige Lieferverbot der Grund. Jetzt scheinen Teile der Industrie die administrativen Wege, auf denen Rüstungsexporte verzögert werden, ohne dass diese Absicht von politischer Seite klar formuliert wird, juristisch angehen zu wollen. Merkwürdig allerdings, dass mit Heckler&Koch ein Mittelstandsunternehmen diesen Weg geht und keiner der Großen der Branche. Aber vielleicht ist das schwäbische Unternehmen auch der Meinung, dass die Beziehungen zu ihrem Hauptkunden Staat schlechter nicht werden können.
(Nachträgliche Überlegung: vielleicht ist es auch ein Versuchsballon – denn die Summen, um die es bei den nicht entschiedenen Ausfuhranträgen anderer Unternehmen geht, dürften deutlich höher sein als die in diesem Fall genannte zweistellige Millionensumme. Spontan fällt mir dazu ein deutsches Unternehmen ein, das einem Mutterkonzern in einem anderen Nahostland gehört, aber seine Produkte praktisch nicht in dieses Land exportieren kann. Die interessante Frage ist ja, ob der administrative Weg der Verzögerung der richtige ist – oder ob die Bundesregierung nicht klar sagen müsste, dass bestimmte Exporte nicht zu genehmigen sind. Allerdings gibt es da wohl innerhalb der Bundesregierung sehr divergierende Ansichten.)
Informationen zu der anderen Klage von Heckler&Koch, da gegen das Verteidigungsministerium, hier.
(Bereits anderswo aufgelaufene Kommentare verschiebe ich hierher. Zugleich bitte ich um Verständnis, dass ich weiterhin nur sehr punktuell online bin und deshalb die Kommentarfunktion vorerst auf moderiert bleiben muss.)
(Foto: G36 vor Bundeswehrsoldaten bei der NATO-Übung Noble Jump auf dem Truppenübungsplatz Zagan in Polen – Michael Gottschalk/photothek.net)
Der Waffenhersteller Heckler & Koch verklagt nach Informationen von NDR, WDR und SZ die Bundesregierung.
Auch die saudische Regierung macht Druck. Es geht um nicht erteilte Ausfuhrgenehmigungen für Teile zur Herstellung von G36-Gewehren in Saudi-Arabien. KSA hat mit „Modern Industries Company“ (MIC) nahe Riad eine neue Waffenfabrik gebaut, die nicht produzieren kann, da Teile aus DEU fehlen.
Tagesschau.de /Georg Mascolo und Christian Baars, NDR.
Nächste Runde!
Heckler & Koch verklagt die Bundesregierung wegen Untätigkeit in Sachen Exportgenehmigung für Waffenteile für die G 36 Produktion in Saudi-Arabien. Der Prozeß dürfte für die Regierung peinlich werden, egal wie dieser ausgeht, weil der Prozeß in jedem Falle die Saudis verärgern wird.
http://www.tagesschau.de/inland/sturmgewehr-149.html
Heckler & Koch trifft die Regierung damit an einer empfindlichen Stelle, wo leicht weiterer außenpolitischer Schaden entstehen kann. Allerdings fürchte ich, daß die Regierung aus Vergeltung das nächste Sturmgewehr nicht mehr bei Heckler & Koch bestellen wird!
Wie verhält es sich eigentlich mit SA derzeit?
Da die völkerrechtswidrig im Jemen unterwegs sind, müsste doch eigentlich jeglicher Export verboten werden.
Oder können einmal erteilte Genehmigungen nicht zurückgezogen werden?
Closius | 29. Oktober 2015 – 18:27:
“ … Allerdings fürchte ich, daß die Regierung aus Vergeltung das nächste Sturmgewehr nicht mehr bei Heckler & Koch bestellen wird!“
Ich meine, derartige Formen negativer Sanktionierung wird es in der BR Deutschland seitens der Regierung nicht geben.
Na, da fällt mir nur spontan ein … Beiße niemals die Hand, die dich füttert … Die Frage ist nur: Wer füttert wen?
T.W.
„Spontan fällt mir dazu ein deutsches Unternehmen ein, das einem Mutterkonzern in einem anderen Nahostland gehört, aber seine Produkte praktisch nicht in dieses Land exportieren kann. “
Welches war das noch gleich? Es will mir gerade nicht einfallen.
@SvD vielleicht German Naval Yards?
https://de.wikipedia.org/wiki/German_Naval_Yards_Holdings
https://en.wikipedia.org/wiki/Abu_Dhabi_MAR
Da geht es vermutlich auch um dickere Fische.
zu „Nachträgliche Überlegung:“ Die Rüstungsindustrie (kein Vorwurf, nur eine Feststellung) sieht sich natürlich in „goldenen Zeiten“!- Und jeder versucht sich seinen Anteil daran zu sichern!
Bestehende Konfliktherde, entstehende Konfliktherde, “tatsächliche” Bedrohungslagen und „gefühlte“ Bedrohungslagen sind natürlich ein riesiges „Geschäft“!
Und wer es jetzt versäumt an diesem “Boom” zu partizipieren ist halt irgendwie selber schuld!- Oder (natürlich ganz allgemein gemeint!) sucht möglicherweise die Schuld bei anderen, wenn die Geschäfte nicht so laufen wie man/frau (Aktionäre, Anteilseigner, Rating-Agenturen …) sich das in “Boom-Zeiten” vorstellt!?
Man könnte natürlich auch auf die Idee kommen, dass eine Klage u.U. auch aus “strategischen Überlegungen” eingebracht wird,- um eigentlich etwas ganz anderes (sagen wir mal: “politisch”) erreichen zu wollen!?
Aber letzteres wäre tatsächlich reine Spekulation und entbehrt natürlich in diesem Fall jeder Grundlage ….
re: Closius
Möglicherweise böte es sich an noch einmal nachzulesen, unter welchen Bedingungen überhaupt eine Lizenz an Saudi Arabien durch HK für die Lizenzfertigung G3 und G36 erteilt werden konnte!?
Und in diesem Zusammenhang empfehle ich noch einmal sich mit dem Zauberwort „Endverbleibserklärung“ zu beschäftigen!- Denn Saudi-Arabien darf nur für den eigenen Bedarf bauen!
Und offensichtlich gibt es Hinweise darauf, dass der Endverbleib (siehe Bewaffnung der Milizen im Jemen) inzwischen nicht mehr zweifelsfrei gesichert ist …
Mal eine Frage in die Runde: Hielt nicht mal der Bund eine „Generallizenz für das G3“ (also zumindest vor den konstruktiven Änderungen von HK zu dem „Cetme-Gewehr“)?
Und wie ist diese (von mir vermutete) „Generallizenz für das G3“ eigentlich aufgelöst worden bzw. an HK letztendlich übergegangen, sodass HK Lizenzen für die Fertigung des G3 selbst (unabhängig von einer möglicherweise noch vom Bund gehaltenen „Generallizenz“) erteilen konnte?
Das Handeln von Unternehmen wird natürlich immer davon bestimmt sein mögliche “Risiken” zu eliminieren respektive zu minimieren.- Zu dem Instrumentarium gehört natürlich auch das Einklagen “von Recht“. (Wobei es sich ja hier nur um eine „Untätigkeitsklage“ handelt!- Mithin diese sich lediglich auf eine Beschwer auf dem Klageweg zu einer ausstehenden Bescheidung in einem Verwaltungsakt bezieht!)
Ich empfehle immer im Zusammenhang mit Klagen auch ein Blick auf den aktuellen Kurs von Aktien und/oder Anleihe zu werfen.- Denn daran läßt sich – meiner persönlichen Meinung nach – auch immer gut ableiten ob und inwieweit es möglicherweise auch (beabsichtigte oder unbeabsichtigte!) positive Mitnahmeeffekte “beim öffentlich wahrnehmbaren Eliminieren respektive Minimieren” von Risiken geben könnte!
Der aktuelle Kurs der von der Heckler & Koch GmbH in 2011 begebenen Anleihe findet sich übrigens u.a. unter diesem link: http://www.finanzen.net/anleihen/A1KQ5P-HECKLER-KOCH-Anleihe .- Der nächste Zinstermin ist der 15.11.2015, die Anleihe hat mit Fälligkeit 15.05.2018 ein Emissionsvolumen* von 295.000.000 Euro.
*) Hinweis: Der Betrag stellt das Maximum des möglichen Volumens der Anleihe dar.
Vielleicht soll nur der schwarze Peter verschoben werden. In etwa so: “ Tut mir leid, aber auch politischen Gründen kann ich Ihnen die Genehmigung zur Zeit nicht geben. Aber ich könnten mich natürlich kaum gegen ein Gerichtsurteil stellen…“
Mal abgesehen von den Vertragsdetails….
Es fragt sich niemand, welche verherenden Folgen dieses Vorgehen im Syrien-Konflikt haben könnte?
Auf der einen Seite stellt sich ein Herr Steinmeier hin und fordert von Saudi Arabien ein engagierteres Vorgehen in Syrien (nicht ohne Saudi Arabien gleichzeitig in der Menschenrechtsfrage zu brüskieren).
Auf der anderen kommt jetzt Herr Gabriel und storniert einen gültigen Vertrag.
Das Saudi Arabien sich in Zukunft einen anderen Lieferanten suchen wird, ist klar. Andere Länder werden sich auch fragen, ob Deutschland ein verlässlicher Partner ist.
Aus diplomatischer Sicht kann man sich nicht ungeschickter anstellen!
@ Iltis:
„Aber ich könnten mich natürlich kaum gegen ein Gerichtsurteil stellen…“
Ich denke das passt hier nicht.
Heckler und Koch haben jetzt „nur“ ein Verfahren angestrengt weil Ihr Antrag nicht bearbeitet wurde, also eine Untätigkeitsklage.
Dieser kann stattgegeben werden oder auch nicht, als Ergebnis kann aber keine Verpflichtung zu einem bestimmten Handeln (Export erlauben) heraus kommen.
Das ist zumindest mein Wissensstand, andere Leser können bestimmt mehr dazu sagen,
Werferfehler
@Werferfehler
Ist eine Klage eigentlich noch nicht zulässig weil die zuständige Behörde noch nicht über einen Antrag entschieden hat und folglich auch noch kein Vorverfahren durchgeführt wurde, kann die sogenannte Untätigkeitsklage helfen, 75 VwGO.
Bei der Untätigkeitsklage handelt es sich nicht um eine eigenständige Klageart, sondern um eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage besonderer Art. auf die duchführung eines Widerspruchsverfahrens kommt es hier nicht an. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage kann also ohne dass zuvor ein Widerspruchsbescheid ergangen ist, erhoben werden, wenn über den Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden ist.
Es geht also auch in der Untätigkeitsklage – mit einigen Besonderheiten – um die Hauptsache selbst.
@audio001
Das mit der G3 Lizenz ist eine interessante Frage, die ich mir auch schon öfter gestellt habe. Das G3 hat durch die ganzen Lizenzen eine stattliche Verbreitung:
https://de.wikipedia.org/wiki/HK_G3#Verbreitung
@Sascha Vohwinkel
Ja dann suchen sich die Saudis wen anderen? Wo ist das Problem?
Es gibt keinen Grund wie beim G3 die halbe Welt damit zu versorgen!
@sd
Die bauen aber nach TKMS Lizenzen… eigene Produkte gibt es nicht.
re: M.Steffen
Aber in diesen Fall ist ein Bescheid zu der beantragten Exportgenehmigung noch gar nicht ergangen!
D.h. hier greift § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (Text nachfolgend),- Insoweit hat HK Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt eingereicht:
§ 75 [Untätigkeitsklage]
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
Wenn ich das so richtig sehe wird es gute Gründe seitens des Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gegeben haben, bislang noch nicht zu entscheiden!
Und sicher gibt es auch gute Gründe für HK (jetzt!) zu klagen!?- Möglicherweise ist das timing (ein paar Tage vor dem nächsten Zinstermin) auch nur purere Zufall?
@M.Steffen:
Den Artikel bei Wikipedia lese ich anders:
Natürlich geht es um die Hauptsache, worum auch sonst.
Aber es geht darum warum über die Hauptsache (in diesem Fall der Export) noch nicht entschieden wurde, ende aus.
Am Ende bekommt die Bundesregierung eine Strafe wegen Verzögerung des Verfahrens, oder auch nicht.
Über die Hauptsache (hier: Export der Waffenteile) wird nicht entschieden.
Werferfehler
Sorry, ich habe es nicht gut erklärt.
Also noch mal.
Eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage im Verwaltungsrecht ist erst zulässig, wenn ein sogenanntes Vorverfahren durchgeführt wurde, § 68 VwGO. Das bedeutet, dass nach einem Antrag bei der zuständigen Behörde diese den Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes zurückweist. Gegen diesen zurückweisen Bescheid kann Widerspruch eingelegt werden. Dem Widerspruch kann die Behörde abhelfen oder auch den Widerspruch zurückweisen. Erst wenn dieses geschehen ist, ist das Vorverfahren abgeschlossen und die Erhebung der Klage ab dann zulässig.
Was aber, wenn die Behörde sich schlicht weigert über den ursprünglichen Antrag oder ein Widerspruch zu entscheiden? Bliebe es bei der Regelung des § 68 VwGO würde eine Klage niemals zulässig werden.
Hier hilft nun § 75 VwGO.
Obgleich es keinen Ausgangsverwaltungsakt und keinen Widerspruchsbescheid, also auch kein Vorverfahren gab, kann nach Ablauf einer gewissen Zeit dennoch Klage erhoben werden – auf Entscheidung in der Hauptsache.
Zur Vermeidung von Missverständnissen:
Die Entscheidung des Gerichtes kann ein Vornahmeurteil sein, z.B. wenn der Anspruch auf den VA eine geb. Entscheidung ist oder bei eine Ermessensreduktion auf Null.
Sonnst Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung als Bescheidungsurteil.
Liebe Rechtsfreunde,
Das Verwaltungsgericht wird entsprechend § 113 Abs. 5 VwGO entscheiden.
„Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.“
Aus dem Sommersemester 2008 Uni Trier „Schema: Verpflichtungsklage“ (siehe unter https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb5/prof/OEF004/SoSem_08_Junk/Schema_VK.pdf ).
Festzuhalten ist aber meiner Ansicht nach, dass mit der Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt nicht „über die Genehmigung“ der Ausfuhr von Zulieferungen zur Lizenzproduktion von G36 in Saudi-Arabien entschieden werden wird!
Entscheidend ist aus meiner Sicht ohnehin, unter welchen Auflagen überhaupt das „Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle“ dereinst die Genehmigung für die Fertigungslizenz von HK an Saudi-Arabien erteilt hat!?
Es erscheint – meiner Ansicht nach – kaum vorstellbar, dass aus dieser erteilten Genehmigung für die Fertigungslizenz abgeleitet werden könnte, dass daraus ein Anspruch entstanden ist der zu einer sich (quasi) fortschreibenden Genehmigung für Zulieferungen zur Lizenzproduktion von G36 in Saudi-Arabien führt!? (Fertigt Saudi-Arabien eigentlich noch G3 in Lizenz?)
Denn das „Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen) § 6 Versagung der Genehmigung“ ist eindeutig, Zitat (Auszug, hier Abs. 1): „Auf die Erteilung einer Genehmigung besteht kein Anspruch.“
Auf der anderen Seite dürfte das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht möglicherweise ein bißchen mehr an Transparenz darüber schaffen, wie die Modalitäten der Lizenzvergabe von HK an Saudi-Arabien ausgesehen haben, respektive wie Genehmigungen von Fertigungslizenzen für Handfeuerwaffen bislang seitens des „Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle“ gehandhabt wurden?
Wobei sicherlich interessant wäre zu wissen, welche gegenseitigen Verpflichtungen man im Innenverhältnis (Lizenzvertrag HK zu Saudi-Arabien) eingegangen ist. Und inwieweit eine „Versagung der Genehmigung“ nach § 6 Abs. 1 KrWaffKontrG Berücksichtigung gefunden hat? (Mithin eigentlich eine mögliche Versagung einer Genehmigung (zur Ausfuhr von Zulieferungen zur Lizenzproduktion), ohnehin für beide Vertragspartner unter zu tragendes „unternehmerisches Risiko“ fallen würde?)
Was ich immer noch Suche, ist die „Anspruchsgrundlage“ von HK für einen möglichen Schadenersatz …
„Das Saudi Arabien sich in Zukunft einen anderen Lieferanten suchen wird, ist klar.“
Das wäre sicher kein Fehler. Ich würde denen nicht mal ein Küchenmesser liefern.
In der SWR-Wissenschaftsserie „Odysso“ vom 29.10. ging es um die Rüstungsindustrie in Baden-Württemberg. Leider wurde meine Hoffnung auf eine informative Sendug weitgehend enttäuscht, es wurden m.E. weitgehend altbekannte Stereotype vorgetragen und z.B. eine Aktion mit symbolischen Leichenbahren vor dem Werkstor von Diehl-BGT gezeigt.
Allerdings zeigten sich die deutschen Vertreter auf der Waffenmesse IDEX in Abu Dhabi erstaunlich unsouverän, als sie zu einem Spruch im Messeauftritt von Rheinmetall befragt wurden. Die hatten ihren HEL (Hochenergielaser) beworben mit dem Spruch „Low Cost to Kill“. Anstatt auf das Einsatzszenario des HEL in der Abwehr von Flugkörpern zu verweisen und das „Kill“ als „Mission Kill“ zu deuten, täuschten mehrere Befragte plötzlich akute Englisch-Unkenntnis vor – ein m.E. extrem schwacher Auftritt.
Sehr viel zugänglicher waren auf der Messe interviewte Vertreter anderer Firmen. So verwies der Vertreter der „Pakistan Ordnacne Factory“ stolz auf die Fertigungskapazitäten für die in Lizenz produzierten G3 und MG3 – das sie inzwischen auch nach Deutschland liefern würden.
Sehr aufschlußreich war allerdings der Besuch des Odysso-Teams am Stand des saudischen G36-Herstellers „Military Industries Corporation“. Dort wurden G36 ohne deutsches Beschußzeichen ausgestellt, d.h. ohne daß deutsche Behörden hier involviert wären oder sogar Einfluß auf deren Verwendung hätten.
Allerdings war der Aufbau der G36-Produktion in Saudi-Arabien von der Bundesregierung nur unter dieser Voraussetzung genehmigt worden. Wenn diese Darstellung korrekt ist, könnte die G36-Fertigungslizenz zur Disposition stehen – und damit auch die Lieferung von Komponenten durch Heckler & Koch.
Ab etwa Minute 30 geht es um die IDEX:
http://www.swr.de/odysso/waffenhandel-waffenschmiede-suedwest/-/id=1046894/did=16166936/nid=1046894/tx2qd7/index.html
re: Langnase
Das „Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)“ (Kontaktdaten: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, Frankfurter Straße 29 – 35, 65760 Eschborn, E-Mail: poststelle@bafa.bund.de oder Telefax: 06196 908-1800) würde sich über Ihren schriflichen Hinweis sicherlich sehr freuen …
@audio001:
Danke für den Tip, aber der Vorgang ist dort sicherlich bekannt -zumindest wenn man dort SZ liest. Vielleicht frage ich aber trotzdem mal an.
Zum Thema G36-Produktion in Saudi-Arabien gibt es einen Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 29.10., der die These des Odysso-Beitrags aufnimmt:
Demnach wurde die Zustimmung der Bundesregierung zu G36-Exporten aus Saudi-Arabien vereinbart, aber sie hat keine Möglichkeit das zu überprüfen. Da aber recht offensichtlich G36 von jemenitischen Truppen verwendet werden, verweigert das Wirtschaftsministerium eben die Zustimmung zur Lieferung von G36-Komponenten durch H&K.
re: langnase
Mir stellt sich noch eine ganz andere Frage (mal ganz allgemein und ohne direkten Bezug zum Artikel!): Wenn ein deutscher Hersteller einer Waffe einem anderen Unternehmen eine Fertigungslizenz erteilt, dieser Lizenznehmer außerhalb der NATO ansässig ist, und wesentliche Bestandteile der Waffe Zulieferteile des deutschen Herstellers sind, wer ist dann für den Endverbleib der Waffe einerseits und der Zulieferteile andrerseits ad personam verantwortlich zu machen!?
Ich will damit sagen: Dieses Konstrukt der Fertigungslizenz verlangt im Grunde genommen auch eine sehr differenzierte Kontrolle des Endverbleibs nicht nur der Waffe, sondern (in diesem Fall) auch der Zulieferteile des deutschen Herstellers!
Mithin müßte eigentlich jede in Lizenz gefertigte Waffe und jedes Zulieferteil des deutschen Herstellers dem erklärten Endverbleib (des Empfängers) zuordbar sein! (Wobei dann natürlich auch jedes Zulieferteil als solches eindeutig identifizierbar sein müßte!)
Wenn es aber der Bundesregierung reicht, lediglich die formale Endverbleibserklärung des Empfängers zu erhalten, andrerseits aber auf jegliche Überprüfungen verzichtet wird (ob die Waffen und Rüstungsgüter, für die Exportgenehmigungen erteilt wurden, tatsächlich weiterhin im Besitz des importierenden Landes verbleiben), dann ist eigentlich schon die (politische) “Endverbleibserklärung” eine Farce!
Insbesondere auch, weil es international bereits seit langem höhere Standards gibt!- In USA gibt es z. B. haben das „Blue-Lantern-Program“ (Directorate of Defense Trade Controls (DDTC)), das eine regelmäßige Berichtspflicht des Importeurs über Bestand und Verbleib vorschreibt und Kontrollen des des Lizenznehmers über Produktion und Vertrieb sowie Postexportkontrollen vor Ort vorsieht.
@audio001:
M.E. wurde bisher die Exportproblematik seitens der Politik bewußt ignoriert, nach dem Motto „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“; dazu noch die von den Herstellern unterstützte Meinung „Wenn wir’s nicht liefern, tut’s ein Anderer.“
Dazu kam dann anscheinend oft noch eine Kumpelei zwischen Herstellern und eigentlich für die Kontrolle zuständige Behörden – nicht direkte Korruption, aber eine starke Sympathie für das Unternehmen, seine Produkte und die Sicherheit der Arbeitsplätze.
Helfen würden m.E. klare Standards und mehr Transparenz. Hierbei würde ich den Bundestag stärker in die Pflicht nehmen. Anscheinend sind viele Abgeordnete recht froh, sich mit Verweis auf Geheimhaltung etc. aus der Thematik raushalten zu können. Das geht so nicht mehr.
Dann muß überlegt werden, wie die Kontrollbehörden gesteuert werden können. Vermutlich ist da mal wieder die Bund-Länder-Problematik im Spiel, mit verschiedenen Ressorts (Inneres, Äußeres, Verteidigung, Wirtschaft, Gewerbeaufsicht etc.) als Instanzenwegsproblemmultiplikatoren. In diesem Gestrüpp wird sich vermutlich noch mancher Reformversuch verheddern.
Im Zusammenhang mit dem Artikel noch ein Verweis auf die Antworten zu „Kleine Anfrage“ Drucksache 18/6525 „G36-Fabrik in Saudi-Arabien“ (siehe unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/065/1806525.pdf )
Interessant ist, dass als Zulieferteil des deutschen Lizenzgebers (in der Antwort
der Bundesregierung zu der o.a. „Kleine Anfrage“, als „fünf Schlüsselkomponenten“ benannt) aufgeführt werden (Zitat): „Zwei unterschiedliche Druckfedern, Kolbenring, Gabel und Auszieher.“
Im Zusammenhang mit der Klage kann man/frau sich da schon ein paar eigene Gedanken machen,- u.a. warum diese benannten Teile eigentlich „Schlüsselkomponenten“ sind!?- Na gut, ich bin ja nur Laie …
@audio001
Weil diese Kleinteile jeder nach einer gewissen Zeit nachbauen kann? Das war wohl von Anfang an so gedacht.
re: SvD
Dieser Gedanke kann mir auch schon!- Wobei ich es auch interessant fände zu wissen, welchen Wert diese „fünf Schlüsselkomponenten“ (Zitat aus Ihrem Kommentar: „Kleinteile“) eigentlich haben (wobei ich mich mal der spekulativen Annahme hingebe, dass diese „Zulieferteile“ dem Lizenznehmer zu einem angemessenen Preis in Rechnung gestellt werden!)?