Rheinmetall-Ausbildungszentrum für Russland: Lieferverbot bleibt bestehen

Das deutsche Rüstungsunternehmen Rheinmetall ist mit dem Versuch gescheitert, ein Ausfuhrverbot für die restlichen Bestandteile eines Gefechtsübungszentrums in Russland gerichtlich aufheben zu lassen. Das Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main teilte am (heutigen) Mittwoch mit, am Vortag habe die 5. Kammer des Gerichts den Antrag von Rheinmetall abgelehnt, gegen die Aussetzung der Liefergenehmigung vorläufigen Rechtsschutz zu erteilen. Mit anderen Worten: Das Ausfuhrverbot bleibt vorerst in Kraft.

Interessant übrigens: Nach der Mitteilung des Gerichts wurden die Ausfuhrgenehmigung bereits am 10. Juni vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle bis auf Weiteres ausgesetzt. Entsprechende Schritte hatte das Bundeswirtschaftsministerium zwar bereits im März angekündigt, aber erst Anfang August offiziell bestätigt – was ja auch schon einiges über die Transparenz der Exportkontrolle aussagt.

Die Erklärung des Frankfurter Verwaltungsgerichts:

Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat gestern den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vom 10.06.2014 abgelehnt, mit dem die Gültigkeit mehrerer Ausfuhrgenehmigungen für die Komponenten eines Gefechtsübungszentrums nach Russland „bis auf Weiteres ausgesetzt“ worden ist. Damit bleibt es dabei, dass die Ausfuhrgenehmigungen, wie in dem Bescheid ausgeführt, „zur Zeit nicht mehr genutzt werden“ dürfen.

Die Antragstellerin ist ein international tätiges Unternehmen im Bereich der Wehrtechnik. Gegenstand des Unternehmens sind unter anderem technische Systeme zur Ausrüstung von Landstreitkräften, der Marine und der Luftwaffe. In der Zeit zwischen dem 04.07.2012 und dem 29.11.2013 wurden der Antragstellerin vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle fünf Ausfuhrgenehmigungen erteilt zur Lieferung eines Gefechtsübungszentrums nebst Technologie mit Teilen, Komponenten, Unterlagen und Software sowie eines mobilen Operationszentrums an das russische Verteidigungsministerium. Die Antragstellerin hat dem Gericht gegenüber angegeben, dem Vorhaben lägen Verträge aus dem Jahr 2011 zugrunde und die Lieferung umfasse unter anderem Computer, Hardware, Software, Netzwerkkomponenten, Videosysteme, Ortungssysteme, Geräte zum Zünden von Pyrotechnik, Ferngläser mit Lasersendern und Kameras zur Gefechtsüberwachung. Der Auftragswert belaufe sich auf insgesamt 135 Mio. €.
Nach Medienberichten solle die Anlage nahe der russischen Stadt Mulino errichtet werden und dazu dienen, pro Jahr bis zu 30.000 Soldaten an technisch hoch entwickelten Simulationsinstrumenten auszubilden.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vom 10.06.2014 wurde die Gültigkeit der genannten Ausfuhrgenehmigungen „bis auf Weiteres ausgesetzt“. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Das bedeutet, dass Widerspruch und Klage gegen diesen Bescheid keine aufschiebende Wirkung haben. Allerdings kann das Verwaltungsgericht auf Antrag des betroffenen Unternehmens die aufschiebende Wirkung wiederherstellen. Mit einem solchen Antrag ist die Antragstellerin nun gescheitert.

Die Kammer stützt ihre Entscheidung im Wesentlichen auf eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes und dem schutzwürdigen Individualinteresse des betroffenen Unternehmens an einem einstweiligen Aufschub der Vollziehung. Dabei lässt sie die Frage der Rechtmäßigkeit der Maßnahme letztlich offen, macht aber Ausführungen, die eher für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme sprechen. Unabhängig davon führe die Abwägung der gegenläufigen Interessen der Beteiligten letztlich zu einer Entscheidung zugunsten der Behörde. So sei zu berücksichtigen, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Aussetzungsbescheid die umgehende Durchführung der Ausfuhr ermöglichen würde und auf diese Weise de facto „vollendete Tatsachen“ geschaffen werden könnten. Es sei in keiner Weise damit zu rechnen, dass eine einmal durchgeführte Lieferung des Gefechtsübungszentrums und seiner Bestandteile an das russische Verteidigungsministerium nach weiterer und abschließender rechtlicher Prüfung jemals rückgängig gemacht werden könne.

Andererseits bestünden aber keine durchgreifenden Gründe, die gerade schon jetzt die Vollendung des Ausfuhrgeschäfts gebieten würden. Das gesamte Projekt habe seit dem Beginn der Vereinbarungen und mit der Dauer für die Umsetzung bereits eine geraume Zeit in Anspruch genommen. Es sei sowohl der Antragstellerin als auch dem Empfänger der Ausfuhrgüter zuzumuten, zunächst an der Durchführung des Projekts gehindert zu sein. Dagegen spreche auch nicht die Befristung der Ausfuhrgenehmigungen bis zum 29.11.2014, weil dieser Termin noch nicht unmittelbar bevorstehe und außerdem die Frist ggf. auch verlängert werden könne.

Gegen diesen Beschluss können die Beteiligten Beschwerde einlegen, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hätte.

Aktenzeichen: 5 L 2135/14.F

(Foto: Archivbild 2010: Soldaten des Fallschirmjägerbataillon 263 bei der Einsatzausbildung ISAF im Gefechtsübungszentrum des Heeres in Letzlingen, verkabelt für das Ausbildungsgerät Duellsimulator, AGDUS – Bundeswehr/Kazda via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)