Mandat für Schleuserjagd im Mittelmeer: Details & Recht
Das Bundeskabinett hat am (heutigen) Mittwoch, wie angekündigt, das Mandat für die Beteiligung der Bundeswehr an der Ausweitung der EU-Militäraktion EUNAVFOR MED im Mittelmeer beschlossen, die den Kampf gegen Schleusernetzwerke in die nächste Phase bringen will. Dabei wird die Marine auch zum Einsatz von Gewalt ermächtigt. Und interessanterweise ist in dem Mandat, das jetzt dem Bundestag zur Billigung zugeht, auch eine Ermächtigung zur Weitergabe der erhobenen personenbezogenen Daten auch an nationale (Strafverfolgungs)Behörden enthalten – sollte es dafür bislang keine Grundlage gegeben haben?
Zur Dokumentation aus dem Mandatstext (der wird auch noch als Bundestagsdrucksache veröffentlicht, das kann aber ggf. etwas dauern):
Der Deutsche Bundestag wolle beschließen:
1. Der Deutsche Bundestag stimmt der von der Bundesregierung am
16. September 2015 beschlossenen Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU Operation EUNAVFOR MED zur Unterbindung des Geschäftsmodells der Menschenschmuggel- und Menschenhandelsnetzwerke im südlichen und zentralen Mittelmeer zu.
Das vorliegende Mandat betrifft die Phase 2 i) der Mission gemäß Artikel 2 Absatz 2 b), Unterpunkt (i) des Ratsbeschlusses (GASP) 2015/778 (Phase 2 i). Phase 2 i) beinhaltet im südlichen und zentralen Mittelmeer im Rahmen des anwendbaren Völkerrechts, einschließlich des Seerechtsübereinkommens und des Zusatzprotokolls gegen die Schleusung von Migranten auf Hoher See das Anhalten und Durchsuchen sowie ggfs. die Beschlagnahme und das Umleiten von Schiffen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie für Menschenschmuggel oder Menschenhandel benutzt werden.
Der Rat hat am 14. September 2015 festgestellt, dass die Voraussetzungen für den Phasenwechsel gegeben sind und der Übergang in die Phase 2 i) gemäß dem Beschluss des Rates (GASP) 2015/778 erfolgen kann. Über den konkreten Zeitpunkt des Übergangs wird das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) der EU befinden.
Es können bis zu 950 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden. Im Rahmen von Kontingentwechseln und in Notsituationen darf die Personalgrenze vorübergehend überschritten werden.
Die vorgesehenen Kräfte können eingesetzt werden solange ein entsprechender Beschluss des Rates der EU und die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages vorliegen, längstens jedoch bis zum 31. Oktober 2016.
2. Verfassungs- und völkerrechtliche Grundlagen
Die Deutschen Streitkräfte handeln bei der Beteiligung im Rahmen des anwendbaren Völkerrechts, einschließlich des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1982, des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität vom 15. November 2000, und des Zusatzprotokolls gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität vom 15. November 2000 in Verbindung mit den Beschlüssen des Rates der Europäischen Union vom 18. Mai 2015 und 22. Juni 2015 (GASP 2015/778 und 2015/972).
Die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dieser Phase der Operation EUNAVFOR MED erfolgt im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Artikels 24 Abs. 2 des Grundgesetzes.
3. Auftrag
Aus den unter Nummer 2 aufgeführten Grundlagen, dem Operationsplan von EUNAVFOR MED sowie den durch die EU festgelegten Einsatzregeln und nach Maßgabe des Völkerrechts ergibt sich für die Bundeswehr im Rahmen der Operation EUNAVFOR MED folgender Auftrag:
• durch Sammeln von Informationen und durch Patrouillen auf Hoher See im Einklang mit dem Völkerrecht die Aufdeckung und Beobachtung von Migrationsnetzwerken zu unterstützen,
auf Hoher See Schiffe anhalten und durchsuchen, beschlagnahmen und umleiten, bei denen der Verdacht besteht, dass sie für Menschenschmuggel oder Menschenhandel benutzt werden,
• zu Personen, die auf an der EUNAVFOR MED beteiligten Schiffen an Bord genommen werden, personenbezogene Daten zu erheben, wobei sich diese Daten auf Merkmale beziehen, die wahrscheinlich der Identifizierung besagter Personen dienlich sind, einschließlich Fingerabdrücke sowie folgender Angaben unter Ausschluss sonstiger personenbezogener Angaben: Name, Geburtsname, Vornamen, gegebenenfalls Aliasnamen; Geburtsdatum und -ort, Staatsangehörigkeit, Geschlecht; Wohnort, Beruf und Aufenthaltsort; Führerscheine, Identitätsdokumente und Reisepassdaten,
• die Weiterleitung dieser Daten und der Daten zu den von diesen Personen benutzten Schiffen und Ausrüstungen an die einschlägigen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und/oder an die zuständigen Stellen der Union,
• die Mitwirkung an der Führung von EUNAVFOR MED unter Einschluss der temporären Führung der maritimen Operation,
• die Sicherung und der Schutz eigener Kräfte und sonstiger Schutzbefohlener.
Zudem gilt für alle im Rahmen von EUNAVFOR MED eingesetzten Schiffe die völkerrechtliche Verpflichtung zur Hilfeleistung für in Seenot geratene Personen fort.
(…)
6. Status und Rechte
Status und Rechte der im Rahmen der Operation EUNAVFOR MED eingesetzten Kräfte richten sich nach dem allgemeinen Völkerrecht, insbesondere nach
• dem Seerechtsübereinkommen der VN von 1982,
• dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität vom 15. November 2000,
• dem Zusatzprotokoll gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, See- und Luftweg zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität vom 15. November 2000,
• den Bestimmungen der Beschlüsse des Rates der EU und den auf deren Grundlage getroffenen oder zu treffenden Vereinbarungen.
Die Anwendung militärischer Gewalt durch deutsche Einsatzkräfte erfolgt auf der Grundlage des Völkerrechts und wird durch die geltenden Einsatzregeln spezifiziert. Dies umfasst auch den Einsatz militärischer Gewalt zum Schutz eigener und anderer EUNAVFOR MED-Kräfte sowie im Rahmen der Nothilfe. Das Recht zur individuellen Selbstverteidigung bleibt unberührt.
7. Einsatzgebiet
Das Einsatzgebiet der Operation EUNAVFOR MED erstreckt sich über die Meeresgebiete südlich Siziliens vor der Küste Libyens und Tunesiens innerhalb der Region des mittleren und südlichen Mittelmeers. Hinzu kommt der Luftraum über diesen Gebieten.
Davon ausgenommen sind Malta sowie das umschließende Seegebiet innerhalb von 25 nautischen Meilen und die Territorialgewässer sowie das Festland Libyens.
Innerhalb dieses Einsatzgebiets wird auf Vorschlag des Operations-kommandeurs ein zur Erfüllung seines Auftrags zweckmäßiges Operations-gebiet (Area of Operation) für die Phase 2 i) im Operationsplan festgelegt.
Die Durchführung von Seenotrettungsmaßnahmen wird dadurch nicht beschränkt.
Angrenzende Räume und das Hoheitsgebiet von Staaten in der Region können zu den Zwecken „Vorausstationierung, Zugang, Versorgung sowie
Einsatzdurchführung“ mit Zustimmung des jeweiligen Staates und nach Maßgabe der mit ihm getroffenen bzw. zu treffenden Vereinbarungen genutzt werden. Im Übrigen richten sich Transit- und Überflugrechte nach den bestehenden internationalen Bestimmungen.
(Foto: Die Fregatte Schleswig-Holstein unterstützt drei italienische Patrouillenboote, die mehrere Boote mit Flüchtlingen am 31. Juli 2015 gerettet haben. Im Vordergrund das 27mm-Marineleichtgeschütz (MLG) der Fregatte – Bundeswehr/Norman Wald)
„ie Anwendung militärischer Gewalt durch deutsche Einsatzkräfte erfolgt auf der Grundlage des Völkerrechts und wird durch die geltenden Einsatzregeln spezifiziert. Dies umfasst auch den Einsatz militärischer Gewalt zum Schutz eigener und anderer EUNAVFOR MED-Kräfte sowie im Rahmen der Nothilfe. Das Recht zur individuellen Selbstverteidigung bleibt unberührt.“
Also keine Gewaltanwendung zur Durchsetzung des Auftrags oder habe ich was über sehen?
Zumindest expressis verbis steht es nirgendwo obwohl das doch der kernaspekt des Mandats sein soll
Das wäre ja wohl mehr als lächerlich
„…zu Personen, die auf an der EUNAVFOR MED beteiligten Schiffen an Bord genommen werden, personenbezogene Daten zu erheben…
die Weiterleitung dieser Daten … an die einschlägigen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und/oder an die zuständigen Stellen der Union,…“
ja, wenn man wollte, könnte man noch eine Datenschutz-Diskussion draufpacken („Erhebung personenbezogener Daten“ !! „Weiterleitung an Behörden“ !!). Wird vielleicht von den üblichen Verdächtigen auch noch jemand tun.
Ein schwachsinniges Vorhaben würde durch das Vorbringen von noch schwachsinnigeren Argumenten gestoppt. Warum eigentlich nicht?
@f28
Da gibt es endlich mal – klar und fast ausreichend formuliert – nichts draufzupacken. Ziffer, 3. Auftrag, ist eindeutig und juristisch mit Maas-Ministerium vereinbart, sonst stünde es nicht zur Abstimmung.
Was fehlt, sind Interpol und FBI.
Lol.
Dieses Mandat beschreibt lediglich zu 100% was bisher in Phase 1 gemacht wurde. (Ausnahme in Teilen der Datenaustausch – lag aber eher am Personalmangel)
Peinlich…
@Jas u. wacaffe:
Aber in den Medien kommt an:
Bundeswehr setzt 950 Soldaten gegen Schmuggler ein.
Was dahinter an Idee, Konzept, Befugnissen, praktischen Einschränkungen usw. steht ist doch egal.
In den Abendnachrichten sieht man ein großes Schiff, dass irgendwas gegen Schleuser macht. Muss ja irgendwas wichtiges sein, wenn der Bundestag bald darüber abstimmen soll und es ein so großes Schiff ist.
Eine Frage von einem Seefahrts-Laien:
Ist diese Operation nicht durch den kommenden Herbst und Winter und damit einhergehendem schlechten Wetter nicht relativ sinnfrei?
Irgendwo las ich mal, dass mit dem Ende des guten Wetter auch die Boote der Schleuser im Hafen bleiben.
SvenS | 16. September 2015 – 15:22
„Eine Frage von einem Seefahrts-Laien:
Ist diese Operation nicht durch den kommenden Herbst und Winter und damit einhergehendem schlechten Wetter nicht relativ sinnfrei?“
diese Operation ist zu jeder Jahreszeit sinnfrei. Im Winter werden genausoviele „Schleuser“ auf dem Mittelmeer rumfahren wie im Sommer. Nämlich ziemlich genau 0.
Der Schlauchboot-Verkehr mit Flüchtlingen wird im Winter sicher deutlich zurückgehen, je nach Wetterlage (und Skrupellosigkeit der „Reiseveranstalter“). Da wird dann eben weiterhin gerettet, was zu retten ist.
@SvenS
Es wird im Winter mehr stürmische Tage mit den entsprechenden Wellehöhen geben. Allerdings steigt im Mittelmeer südlich von Tunis die Wellenhöhe im Monatsmittel auf lediglich 1,2m und das mittlere Maximum auf 3,8m auf offener See. (Statistische Klimadaten)
Ich bezweifle jetzt irgendwie, dass dies Schleuser davon abhält nicht wirklich seetüchtige Boote mit Flüchtlingen vollzustopfen und auf’s Meer zu schicken. Mitfahren tuen die inzwischen selber eh kaum noch und wenn überhaupt dann innerhalb der TTWs und das sind noch wettergeschützte Bereiche.
Da ja vorm Einbooten bezahlt wird, dürfte es den Schleusern herrlich egal sein, ob die Boote nach 1nm oder erst kurz vor Italien absaufen. Unterschied ist nur, das so nah unter der Küste kein Schiff in der Nähe ist. Und wenn dann auch kein SOS-Spruch abgesetzt wird (z.B. aufgrund von Jammern) kann auch keiner kommen und helfen.
PS: Welche Häfen? Ein Strand reicht vollkommen aus
Mal abgesehen vom Inhalt stellt sich mir die Frage „Du und welche Armee?“ Will meinen: Woher sollen die bis zu 950 Seemaenner/-frauen kommen?
Wie auch immer, die (seit min. 10 Jahren erwartete*) „Fluechtlingskrise“ (**) ist ein hervorragender Stresstest dieser Republik. Auf individueller Ebene knapp bestanden (Solidaritaet), auf organisatorisch-politischer Ebene eine Bankrotterklaerung.
—
*) Stichwort Migrationsdruck, auch als Folge des Klimawandels.
**) Ich nenne es erhoehte Einwanderungsrate… Ah, stimmt ja, Deutschland versaeumt seit 1991 die Gestaltung einer geregelten Zuwanderung…
Frage
Von der counsil homepage 14092015:
This assessment is part of the formal steps required in the process of transitioning the operation to phase 2 on the high seas and will be followed soon by a force generation conference and approval of rules of engagement for phase 2 on the high seas. Once these rules are agreed and the Operation Commander indicates that he has the required assets, the EU Ambassadors within the Political and Security Committee will decide when to launch the first step of phase 2.
Sind die ROE noch gar micht fertig?
Im Text wird der Begriff „Migrationsnetzwerk“ verwendet. Ist dieser Begriff irgendwo definiert?
Für mich klingt das sehr weit gefasst. Wenn ich das wörtlich verstehe, als Netzwerk von Leuten, die irgendwie mit Migration zu tun haben, dann würden darunter z.B. auch Hilfsorganisationen fallen.
Migrationsnetzwerk ist zuächst positiv besetzt, im Sinn von Hilfeleistung, siehe: http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/EMN/emn-node.html und https://politikwissenschaft.univie.ac.at/fileadmin/user…/Hofmann.pdf
Hier ist sicherlich das Netzwerk-un-wesen von Schleppern betroffen.
Sogesehen muss richtigerweise säuberlich begrifflich sauber gearbeitet werden. Erwarte, die ROE und Ausführungsbestimmungen, die EU-seitig noch folgen dürften, werden Klarheit schaffen.
Fregatte Schleswig-Holstein und der Tender Werra zusammen etwa 260 Nasen nach Landrattenrechnung?
Dann beginnt die Spekulation, – im EinsFüKdo liegt natürlich abgezählt alles vor.
Die restlichen ca 700 umfassen natürlich auch DP in Marinekommando/Ämtern/BMVg, bei EU, JFC Naples etc PP, erwarte ich.
Ggf auch Wechselbesatzungen für beide Einheiten, wie handhabt Marine dergleichen?
Die begriffliche Sauberkeit ist das Eine, die Realität das Andere: „Migrationsnetzwerk“ und Schleusernetzwerk schaffen gemeinsam enorme „Synergien“…
„dann würden darunter z.B. auch Hilfsorganisationen fallen.“
auch Hilfsorganisationen sind nicht von recht und gesetz befreit.
eine tatsache an die man angesichts von „transitkovois ungarn-deutschland“ und „refugee ships“ auf dem mittelmeer nochmal hinweisen darf.
die „richtige“ gesinnung verschafft keine immunität
———–
@ frdegra bolger.
eben. der übergang ist teils fließend
Hier wird viel zu viel über den praktischen Sinn diskutiert.
Es geht doch (auch) hier nur um den medialen Mehrwert:
Marine bei der Schleuserjagd.
Das suggeriert Tatkraft – egal welchen Sinn es in der Praxis macht.
Die Bundesregierung handelt. In der Tagesschau.
Reine Schaufensterpolitik.
Nachdem die ROE noch folgen, wird man mM erst dann entscheiden können, wie Ernst es den Teilnehmerstaaten mit der „Erledigung“ des Auftrages ist.
Also ich will net Trollen, aber Schleuser OrgKrim, wenn man die einschlägigen NGOs wahrnimmt, operieren an Land. Als „Navigator“ aufm Schiff sind Tagelöhner die geradeaus lenken.
@KPK
Die Einheiten werden weiterhin durchgetauscht d.h. neue Fregatte kommt, alte geht.
Aber so wie ich das verstanden habe kommen die 950 dadurch zustande das wie bei OAE verfahren wird, dass Einheiten die sich im Transit oder entsprechenden Verbänden befinden für die Zeit im Mittelmeer den Einsatz mitfahren.
Samir Awwad | 17. September 2015 – 0:55
„Also ich will net Trollen, aber Schleuser OrgKrim, wenn man die einschlägigen NGOs wahrnimmt, operieren an Land.“
hat doch nix mit „trollen“ zu tun, genauso isses. Die Schleuser haben keine Zeit, um auf dem Mittelmeer rumzuschippern, die müssen ihren Laden an Land organisieren.
„Als „Navigator“ aufm Schiff sind Tagelöhner die geradeaus lenken.“
Tagelöhner, may bee. Aber aktuelle Technologie mach es noch einfacher:
jeder Flüchtling hat bekanntlich ein Smartphone. Praktisch jedes Smartphone hat eingebautes GPS und Magnet-Kompass. Kurz eine der kostenlosen Apps dazu aufgespielt, und schon wird aus einem Flüchtling ein Hilfsnavigator, der zumindest in der Lage ist, das Boot zuverlässig in eine vorgegebene Richtung (go North!) zu steuern. Bis sie irgendwo aufgefischt werden, oder absaufen.
Vielleicht drückt man ihnen ein Sat-Handy mit der eingespeicherten Nummer 39-06-592-3569 (MRCC Rome) in die Hand, dann können die ihre Retter selbst anrufen. Das ist aber Luxusklasse, in der Holzklasse gibt’s eine Notrakete, oder auch gar nix.
Wie auch immer: Schleuser sind für diese Tätigkeiten absolut überqualifiziert und haben Dringenderes zu tun (siehe oben). Wieso dann diese Mission? Weiß hier niemand.
„Wieso dann diese Mission?“ – Ja, das ist eine gute Frage. Vielleicht wegen des berechneten politischen cocooning-Effektes. Der steuerzahlende Normalbürger fühlt sich in diesen Tagen buchstäblich wie in einer ‚verkehrten Welt‘. Da sind Bilder und Meldungen im hierzulande „Öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ genannten Staatsfernsehen, die beruhigende Wirkung erzielen könnten, gefragt. Für diesen Effekt läßt man halt 950 erwachsene Männer und Frauen eine Zeitlang mit ihrem Schiff im Mittelmeer hin- und herfahren.
Fredegar Bolger | 17. September 2015 – 12:59
„Für diesen Effekt läßt man halt 950 erwachsene Männer und Frauen eine Zeitlang mit ihrem Schiff im Mittelmeer hin- und herfahren.“
früher nannte man das schlicht und ergreifend: „Flagge zeigen“. Wir sind da, und wir können auch anders. Wenn wir denn können wollen dürften.
Und falls doch ein Schleuser erst in die Hände der Bundesmarine und dann der deutschen Justiz gerät, wird er wie die somalischen Piraten das Zauberwort „Asyl“ aussprechen…
@ Mitleser
Das ist doch Quatsch. Wer Angst hat dass mit Schleusern in Deutschland zu zimperlich umgegangen wird, dem empfehle ich sich mal in bayrischen Städten nahe der österreichischen Grenze kundig zu machen. Da werden die nämlich gerade reihenweise und im Schnellverfahren von den Amtsgerichten verknastet.
@emdeema.
eben, in Bayern. Ganz anderer Ansatz bei der Justiz, auch bei Kriminellen aller Art eher nicht so beliebt als Festnahmeort. Mal eine praktische Frage einer Landratte, wenn es um Rettung aus Seenot geht, warum bringt man die lebensbedrohten Flüchtlinge nicht zurück an den meist deutlich näheren und genauso trockenen Strand auf der afrikanischen Seite des Mittelmeers???
@ wetzelsgruen
Ach, und in Bayern gelten natürlich andere Gesetze und Verordnungen bezüglich Einschleusens als im Rest Deutschlands?
Deutsches Recht und seine Anwendung im Einzelfall liegen allein in der Hand des zuständigen Richters. Da die deutsche Marine in Bayern keine Liegeplätze hat, und sich ihre Dienststellen vorwiegend in Norddeutschland befinden, ist die Zuständigkeit eines norddeutschen Gerichtshofes wahrscheinlich.
@wetzelsgruen
Vielleicht, weil man:
1.) dann fremde Hoheitsgewässer befahren muss, ohne Zustimmung der Regierung oder der UN und das Anlanden von Leuten leider nicht unter das Recht der friedlichen Durchfahrt oder Nothilfe zählt.
2.) genau weis, dass die Leute die man eben abgesetzt hat aller Wahrscheinlichkeit nach zwei Tage später wieder in einem Boot sitzen.
3.) eine menschliche Katastrophe damit auslösen würde und dem Entrüstungssturm der darauf folgt will sich kein klar denkender Mensch aussetzten.
4. Man es den eigenen Seeleuten SEHR schwer erklären kann, warum jetzt die Hilfesuchenden, die man eben aus Seenot gerettet hat, in die Wüste geschickt werden.
Just my 2 cents
@Mitleser
Wer sagt denn, dass es DEUTSCHE Gerichte sein sollen? Der Mandatstext spricht von den „einschlägigen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedsstaaten und/oder an die zuständigen Stellen der Union“. Das betrifft also eher die italienische Justiz als die deutsche.
@wetzelsgruen „warum bringt man die lebensbedrohten Flüchtlinge nicht zurück an den meist deutlich näheren und genauso trockenen Strand auf der afrikanischen Seite des Mittelmeers???“ :
1. Kein Seefahrer darf aufgenommene Schiffbrüchige einfach irgendwo am Strand absetzen. Er muss sie vielmehr in einem sicheren Ort („a place of safety“) absetzen.
Mehr dazu finden Sie bei der International Maritime Organisation (IMO): Persons Rescued at Sea – Regulations and Guidance
In Libyen ist Sicherheit Mangelware und Berichte über die Situation von Schutzsuchenden dort berichten von massiven Misständen.
2. Auf europäischen (Kriegs-)Schiffen gilt europäisches Recht, unter anderem die EMRK.
Mehr dazu finden Sie in der Entscheidung „Hirsi v. Italy“ des EGMR von 2012 und diversen Artikeln (einfach googlen), die auf sie Bezug nehmen.
Das läuft immer wieder darauf hinaus, niemanden dorthin zu bringen, wo er nicht sicher ist. Für Staaten kommt hinzu, dass sie rechtstaatlich handeln müssen (den Punkt sollte man nicht unterschätzen).
3. Der aufnehmende Staat hat auch noch ein Wörtchen mitzureden (Ein Reisender, der aus Deutschland ausgereist ist, darf ja auch nicht automatisch zurück. Und erst recht nicht darf ein ausländisches Kriegsschiff zu diesem Zweck ohne Genehmigung durch deutsche Gewässer schippern und ihn irgendwo am Strand absetzen.)
Die Australier haben es auch geschafft. Nach Jahren von „wir sammeln jeden Bootsflüchtling auf und bringen ihn nach Australien“ (samt den daraus resultierenden anwachsenden Flüchtlingszahlen und Problemen im Inland) haben sie eine konsequente Politik von „wir schleppen jedes Boot zurück in Küstennähe wo es herkam) eingeführt. Seitdem ertrinkt da kein Flüchtling mehr, und es kommen auch praktisch keine mehr über See.
Was beweist: Es geht. Die ersten Wochen mögen einem hart erscheinen, aber da muß man halt politischen Willen zeigen; wie bei jeder Veränderung.
@Mitleser: Man sollte ehrlicherweise ergänzen, dass die Australier sich mit dieser Politik weitgehend isoliert haben in der Region und abgesehen vom Nachbarn NZ keine Partner mehr haben für eine aktive Politik. Indonesien etwa bleibt nur noch knapp unter der Schwelle zur offenen Feindseligkeit. Übertragen Sie das einfachmal auf europäische Verhältnisse: Offener Streit mit Marroko, Algerien, Tunesien und Ägypten. Libyen ist ohnehin verbrannte Erde. Ganz abgesehen davon, dass dann einige Leute in Paris sehr unruhig werden dürften.
Die EU – Flüchtlinge – Libyen:
https://www.youtube.com/watch?v=Q1T4ivLH8v8
Vollkommen tragbar, wenn die Integrität und Stabilität Deutschlands und der EU gesichert wird. Richtige Entscheidungen sind erfahrungsgemäß immer unpopulär bei denen, die von falschen Entscheidungen profitieren. Indonesien ist übrigens auch ein muslimischer Staat.
@Mitleser: „Könn wa uns leisten“: Das haben Sie mal so eben durch kalkuliert? Na ja, wenn die Indonesier ohnehin nur Muslime sind (übrigens bislang noch immer der größte muslimische Staat nach Kopfzahl) . . .
@ Mitleser
Die Australier haben es auch geschafft.
Auch in Australien ist die Praxis nach einhelliger Expertenmeinung illegal. Die Gerichtsverfahren laufen dort allerdings noch.
Bei Kosten von 1,3 Mrd. $ im Jahr für Offshore Detention Center steht auch der ökonomische Vorteil der australischen Massnahmen in Zweifel. Zum Vergleich: Die türkischen Ausgaben für mittlerweile 2.2 Mio. syrische Flüchtlinge betragen nach eigener Aussage bisher 7,2 Mrd. €.
da muß man halt politischen Willen zeigen
Politischen Willen zum Verfassungsbruch?
Korrektur: 7.6 Mrd $.
Wenn ich mal der Advocatus diaboli spielen darf:
Hat jemand noch einen konkreten Überblick, wie viele nationale und europäische Gesetze und Verträge die Bundesregierung in den letzen Jahren gebrochen hat?
Grad eben sehen wir, daß Abkommen wie Schengen und Dublin reine Verfügungsmasse sind; von den ganzen Maßnahmen im Rahmen der Euro-/Schuldenkrise nicht erst zu reden. Falls sich jemand noch daran erinnert, daß wir bei zwei Bundestagswahlen kein gültiges Wahlrecht hatten – hat auch nicht gestört.
…
BTW, es geht ja nicht um die Aufhebung des Asylrechtes als solches, wenn das der angemerkte „Verfassungsbruch“ sein sollte. Es geht um eine Umgestaltung der Anwendung in der Praxis in eine tragbare und praktikable Art und Weise. Asylrecht bedeutet nicht, daß jeder Antragsteller erst einmal eine Schleife durch Europa laufen und sich bis zum Verfahrensende in Deutschland aufhalten muß oder darf. Die Bearbeitung des Antrages vor Ort via deutsche Botschaften im Ausland ist genauso rechtmäßig und verfassungsgemäß.
Noch ein Blick ins benachbarte westeuropäische Ausland:
Dänemark hat vor kurzem die Leistungen für Flüchtlinge erheblich abgesenkt. Unter anderem wurden Familienzusammenführungen erschwert und die Möglichkeiten für dauerhafte Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen immer weiter eingeschränkt. Die Regierung hat in Zeitungen im Nahen Osten eine abschreckende Anzeige geschaltet, daß die Sozialhilfen für Flüchtlinge in Dänemark gekürzt worden seien und Abschiebungen rigoros durchgeführt würden.
Die aktuellen Flüchtlingsmassen, die durch Deutschland nach Dänemark kamen, zeigten auch kein Verlangen, in Dänemark zu bleiben. Sie sind allesamt freiwillig nach Schweden weitergezogen, wo sie von Anfang an hinwollten.
In Norwegen hat das Parlament beschlossen, in diesem Jahr gerade einmal 8.000 Flüchtlinge aufzunehmen, was pro Kopf nur wenig mehr als ein Zehntel der in diesem Jahr in Deutschland erwarteten Menge entspricht. Der Soziologe und Sozialdemokrat Harald Eia nennt Gründe für die Sorgen seiner Landsleute: Die Flüchtlinge stammten regelmäßig aus Ländern, in denen dem Staat nie vertraut werden konnte, sondern in denen er dem Bürger gegenüber sogar als Feind auftrat. Die Norweger fragten sich deshalb, wem die Loyalität der Einwanderer gehört. Dem Staat? Ihrer Familie? Allah?
Gute Frage, die im hiesigen Medien- und Politdiskurs so garkeine Rolle spielt.
…
Da wir hier Bundeswehrzentriert sind: Ist der offene Brief von Generalmajor a. D. Gerd Schultze-Rhonhof an Angela Merkel schon bekannt?
[Link aus bekannten Gründen entfernt; dazu hab‘ ich zudem in einem KOmmentar weiter unten noch was gesagt. T.W.]
@Mitleser
Was hat der offene Brief von Generalmajor a. D. Gerd Schultze-Rhonhof an Angela Merkel mit der Bw zu tun (ganz abgesehen von ihren Ausführungen zuvor)?
Generalmajor a. D. Gerd Schultze-Rhonhof , 1996 als DivKdr ausgeschieden, ein Rufer in der Wüste.
Seine Auffassung zu den Streitkräften und der Sicherheit Deutschlands hatte er bereits mit „Wozu noch tapfer sein“? unmissverständlich herausgestellt.
Erschienenen ein Jahr nach Zurruhesetzung mag ihm unterstellt werden, „noch so einer, macht erst als a.D. den Mund auf …“.
Dem, der so denkt kann ich verbürgen, der General Gerd Schultze-Rhonhof hat auch als Aktiver aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht.
@Mitleser
nice try – der Brief tauchte doch schon mal in dem anderen Flüchtlingsthread auf, der moderiert war. Und den Kommentar habe ich bewusst nicht freigeschaltet.
In der Tat, ein Bürger schreibt einen offenen Brief zu einem aktuellen Thema, und außerdem ist er ein vor zehn Jahren ausgeschiedener General. Und genau darum hatte ich gebeten, hier nicht unendlich zu allem und jedem zum Thema Flüchtlinge Stellung zu nehmen – weil es den Rahmen sprengt. Mit der gleichen Argumentation können wir jetzt alle Stellungnahmen von Grünen und Linkspartei, die sich seit Jahren kritisch mit der Bundeswehr befassen und sich auch zum Thema Flüchtlinge äußern, hier aufgreifen.
Also: Nein. Und wenn das wieder vorkommt, kann ich nur den Schluss daraus ziehen, dass Kommentare zu jeglichen Einträge, die mit dem Thema zu tun haben, moderiert werden müssen.
(Mal ganz abgesehen davon, dass besagter General a.D. den Brief schon auf seiner eigenen Webseite veröffentlicht hat. Ihn jetzt mit dieser Quelle hier zu verlinken, ist a) ein – gewollter? – Verstoß gegen die Link-Politik, hier keine deutschen Verlagswebseiten zu verlinken und b) anscheinend von dem Wunsch getrieben, das betreffende Medium hier zu promoten?)
Man solte „Rufer in der Wüste“ einfach in die Wüste schicken ;-)
Herr Wiegold,
woher soll ich als Leser Kenntnis von Inhalten haben, die Sie nicht freigeschaltet haben?
Es besteht hier Informationsgefälle zwischen Bloginhaber/Moderator und dem Nutzer, den Sie mir bitte sachlich korrekterweise nicht zur Last legen sollten.
Bezüglich der Linkpolitik bin ich gerade im Punkt 8 des FAQ fündig geworden und muß Sie wegen meines (unbeabsichtigten) Verstoßes um Entschuldigung bitten. Vielleicht darf ich zur Verbesserung für Neu-Foristen anregen, daß ein Permanentlink z. B. bei „Im Blick“ eingefügt wird, der Neu-Foristen auf die Nutzungsbedingungen hinweist? Ich hatte den Begriff „FAQ“ bis eben lediglich mit „technischen Fragen“ in Verbindung gebracht. Somit darf ich Ihnen versichern, daß es sich meinerseits a) nicht um einen gewollten Verstoß gegen Ihre Link-Regeln handelt; außerdem bin ich auf den offenen Brief auf eben dieser Verlagsseite gestoßen. Mit dem Verlag hatte ich bisher keine Berührung, so daß ich b) verneinen kann. Einzig der Brief und sein Inhalt ist interessant (zumindest aus meiner Sicht); in Anbetracht des Autors erschien mir die Verlinkung statthaft und sinnvoll.
Ich bitte daher meinen Blogtechnischen Fehlgriff zu entschuldigen.
Es fehlt doch nicht an Vorschlägen, sondern an der Rechtzeitigkeit des pol Willens und dessen Durchsetzung.
Die Vorschläge zum Umgang mit der Situation liegen doch schon lange auf dem Tisch zB vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen der EU vom 13.05.2015 diese konzentrieren sich u.a. auf folgende Maßnahmen:
Verdreifachung der Kapazitäten und Ressourcen für die gemeinsamen Frontex-Operationen Triton und Poseidon in den Jahren 2015 und 2016: Heute wurde ein Berichtigungshaushaltsplan für 2015 angenommen, um die notwendigen Mittel – insgesamt 89 Mio. EUR – bereitzustellen, darunter 57 Mio. EUR aus dem AMIF und 5 Mio. EUR Soforthilfe aus dem ISF für die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen. Ende Mai wird der neue Triton-Einsatzplan vorgestellt……
Operationen im Mittelmeer auf der Grundlage der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) im Einklang mit internationalem Recht mit dem Ziel,Schleusernetze zu zerschlagen und gegen Schleuserkriminalität vorzugehen.
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-4956_de.htm
@Mitleser
Pardon – hatte mich vertan und in Erinnerung, dass Sie es waren, der den Brief schon mal in einen Kommentar gepackt hatte…
Wichtiger als die Frage der nichtzulässigen Links ist mir aber an dieser Stelle der grundsätzliche Hinweis, dass hier eben nicht das Forum für die Debatte über das aktuelle Thema Flüchtlinge in seiner ganzen Breite ist. Dafür gibt es genügend andere Möglichkeiten.
(Das hab‘ ich inzwischen so oft geschrieben, dass ich mich langsam verzweifelt frage, ob meine Formulierungsfähigkeiten unterentwickelt sind.)
@T.W.
Die breitgefächerte, alles überragende Bedeutung des Themas lässt jede gut beabsichtigte Argumentation, hier und im öffentlichen Raum verblassen!
WIR müssen da durch.
@KPK: +1
Schreib ich seit 9 Monaten.
Man höre und staune, unser Innenminister räsoniert :
“ Flüchtlinge, die zum Beispiel über das Mittelmeer illegal in die EU einreisen wollten, sollten „an einen sicheren Ort in Afrika“ gebracht werden. Sonst mache eine Kontingentlösung wenig Sinn.“
quelle welt.de liveticker
Dürfte im falle des falles nur durch Marinekräfte zu leisten sein
Ich meine mich an hiesige Debatten zur thematik erinnern zu können in der Vorschläge diesbezüglich noch als „agitation“ „unmöglich“ „fischen am rand“ usw. diskreditiert werden sollten.
@wacaffe: +1 und DANKE!
Einige sind halt immer auf Seite der „offiziellen“ Meinung und deren Verbreiter.
Schade, dass die ständigen Kehrtwendungen einfach so durchgehen.