Flüchtlinge (1): Von der Leyen schließt Bundeswehr als Hilfspolizei an der Grenze aus

Die Bundeswehr wird nach den Worten von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Bundesländern auch weiterhin bei der Bewältigung des Ansturms von Flüchtlingen helfen, aber keine Aufgaben als Hilfspolizei zum Beispiel an der Grenze oder bei der Bewachung von Unterkünften übernehmen. Wir haben eine ganz klare grundgesetzliche Trennung, sagte die Ministerin am (heutigen) Montag in Berlin. Soldaten und Zivilpersonal der Streitkräfte könnten überall dort helfen, wo es nicht polizeiliche Aufgaben oder hoheitliche Aufgaben sind. Von der Leyen sicherte zu, vor allem weiteres Personal zur Amtshilfe für Länder oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.

Das Statement der Ministerin zum Nachhören (die Passage zu den hoheitlichen Aufgaben findet sich ab 01:03):

 

 

vdL_Fluechtlinge_14sep2015     

 

(Die Heiterkeit zwischendurch ergab sich, weil die Kollegen davon ausgingen, dass die Ministerin keine Nachfragen beantworten würde – und die Ministerin auf die Fragen wartete…)

Am Vortag hatte es Meldungen gegeben, es gebe Überlegungen, Bundeswehrsoldaten zur Grenzsicherung einzusetzen und dafür in Amtshilfe der Bundespolizei als Hilfspolizisten zu unterstellen. Das hat von der Leyen damit ausgeräumt.

Aus Regierungskreisen wurde erläuternd auf das Grundgesetz verwiesen, dass einen Einsatz der Streitkräfte im Inneren nur bei einem Notstand mit Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vorsehe – davon könne aber keine Rede sein. Auch ein Bundeswehreinsatz zur Untersützung der Polizei bei einer Naturkatastrophe oder einem besonders schweren Unglücksfall oder länderübergreifenden Terroranschlag sei in diesem Fall nicht gegeben. Die Aufgabe der Bundeswehr beschränke sich deshalb auf technische Amtshilfe für die Länder oder andere Bundesbehörden.

Diese Amtshilfe sei die Bundeswehr aber bereit weit auszulegen, hieß es aus Regierungskreisen. So hätten die Streitkräfte bislang an 46 Standorten Unterkünfte für rund 20.000 Menschen bereitgestellt und damit etwa so viel, wie anteilmäßig auf ein einzelnes Bundesland wie Rheinland-Pfalz entfalle. Auch sei die Bundeswehr zu mehr personeller Unterstützung bereit als bislang von den Ländern abgefragt worden sei: Von den rund 4.000 Soldaten, die am vergangenen Wochenende in Rufbereitschaft standen, seien nur 700 Männer und Frauen angefordert worden.

Offensichtlich ist die Bundeswehr auch bereit, notfalls so genannte Verteilzentren zu betreiben, aus denen die in Deutschland ankommenden Flüchtlinge auf die eigentlichen Erstaufnahmeeinrichtungen verteilt werden. Im Gespräch sind Schönefeld in Berlin und Oerbke und Bad Fallingbostel in Niedersachsen. Allerdings könne das nur ein Angebot an die Länder sein, dass diese auch annehmen müssten.

An das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat die Bundeswehr bislang 262 Soldaten und zivile Mitarbeiter abgestellt, die bei der Registrierung der Flüchtlinge helfen. Weitere Angebote von Freiwilligen aus den Streitkräften würden geprüft, hieß es in Regierungskreisen. Außerdem seien in Bundeswehr-Krankenhäusern Röntgeneinrichtungen zur Verfügung gestellt worden, zudem bislang bundesweit 82 Busse mit Fahrern. Grundsätzlich seien weitere Hilfeleistungen denkbar.

(Wie bei diesem Thema leider nötig, bleiben die Kommentare moderiert.)

Nachtrag: Nachdem ein Leser in den Kommentaren (vielen Dank!) auf den Bericht des Hagenower Kreisblatts (Link aus bekannten Gründen nicht) hingewiesen hat Kontrollpunkt eingerichtet : Bundeswehr sorgt in Horst für Ordnung, habe ich mal den Sprecher des Innenministeriums von Mecklenburg-Vorpommern gefragt. Seine Aussage: Die Soldaten haben keine hoheitliche Aufgabe, sondern unterstützen als helfende Hände die Mitarbeiter des Landesamtes für Immigration bei der Erstaufnahme. Einen Checkpoint hätten die Soldaten nicht eingerichtet. Offensichtlich, das zeigt, wie technische Amtshilfe aussehen kann, reicht allerdings allein schon die Anwesenheit – unbewaffneter! – Uniformierter, ein wenig Ordnung ins Chaos zu bringen…

Nachtrag 2: Ein Bundeswehr-Video zur Flüchtlingshilfe („Ich fühle mich nicht wie unter Soldaten, wie in einem Militärcamp – nein, ich finde es sauber und gepflegt“):


(Direktlink: https://youtu.be/jUNIbHNZrrY)

Nachtrag 3: Das Transkript des obigen O-Tons der Ministerin, wie vom BMVg veröffentlicht:

„Wir befinden uns im Augenblick in einer Situation, wo jede helfende Hand gebraucht werden kann. Insbesondere um den Flüchtlingen Schutz und Hilfe zu gewähren, das gilt selbstverständlich auch für die Bundeswehr. Ich hab sehr deutlich gemacht, dass wir mit maximaler Kulanz helfen wollen, wo wir nur können. Wir haben inzwischen bis zu 20.000 Unterkunftsmöglichkeiten geschaffen, für die Flüchtlinge, an 46 verschiedenen Standorten. Wir können insbesondere noch mit Personal helfen. Wir helfen schon beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Wir helfen beim Transport, bei der Verpflegung, beim Aufbau von Betten, um nur einige Teile zu nennen. Aber wir haben nochmal ganz aktiv den Ländern gesagt, wo immer sie helfende Hände brauchen, Personal kann die Bundeswehr ohne weiteres noch stellen. Wir wollen in dieser Zeit auch unseren Beitrag leisten. ”

Frage: „Was sagen Sie denn zu Berichten, dass Soldaten der Bundeswehr als Hilfspolizisten in Sachen Grenzsicherung eingesetzt werden könnten?”

„Wir haben eine ganz klare Grundgesetzliche Trennung. Die Bundeswehrsoldatinnen und –soldaten, aber auch das zivile Personal, kann überall dort Amtshilfe leisten, wo es nicht polizeiliche Aufgaben oder hoheitliche Aufgaben sind. Abgesehen davon, soweit die Fantasie reicht, können wir helfen. ”

Frage: „Könnte die Bundeswehr auch beim Aufbau der geplanten Verteilzentren für Flüchtlinge in Bad Fallingbostel und möglicherweise in Schönefeld helfen?”

„Über die Verteilzentren sind noch nicht die Entscheidungen gefällt worden. Aber selbstverständlich, wenn gefragt wird, können wir sehr gerne bei dem Betrieb helfen. Dazu haben wir Kapazitäten und stehen auch zur Verfügung.”