Korvette ‚Erfurt‘ zu EU-Antipirateriemission in Djibouti eingelaufen
Es läuft wie (um)geplant: Am (gestrigen) Montag ist die Korvette Erfurt der Deutschen Marine in Djibouti eingelaufen, um den deutschen Beitrag in der EU-Antipirateriemission Atalanta zu stellen. Das vorerst letzte AIS-Signal aus Djibouti (Screenshot oben) zeigt die Erfurt, NATO-Kennzeichnung F262, im Hafen des ostafrikanischen Landes.
Damit ist, nach größeren Umplanungen, die Bundeswehr wieder an Atalanta beteiligt – nach einer mehrmonatigen Lücke, der ersten seit Beginn der EU-Mission 2008, in der Deutschland zuvor ununterbrochen Schiffe (und zusätzlich Flugzeuge) stellte. Die Fregatte Bayern, die zuvor im Kampf gegen die Piraterie vor Somalia im Einsatz war, hatte eigentlich durch die Fregatte Schleswig-Holstein abgelöst werden sollen. Doch dann kam die Mission zur Seenotrettung von Migranten im Mittelmeer dazwischen, die mittlerweile ebenfalls zu einer EU-Militärmission zur Aufklärung von Schleuserrouten und -infrastruktur wurde: Die Schleswig-Holstein blieb im Mittelmeer, und die Erfurt wurde aus ihrem Einsatz in der UN-Mission UNIFIL vor dem Libanon herausgelöst und nach Ostafrika geschickt. Bei UNIFIL ist nun statt der Korvette das Schnellboot S80 Hyäne präsent.
Die ganzen Verschiebungen zeigen, wie der politische Anspruch Deutschlands – alle drei Missionen haben eine hohe politische Bedeutung, bei keiner will die Bundesregierung auf eine deutsche Beteiligung verzichten – mit dem verfügbaren Material beinahe kollidiert. Dass die Erfurt nach dem UNIFIL-Einsatz einfach zu Atalanta weiterfahren konnte, hat auch damit zu tun, dass auf den Korvetten das Mehrbesatzungskonzept bereits eingeführt ist: Die Schiffe bleiben so lange in Einsätzen wie nötig und möglich, also faktisch bis zum nächsten geplanten Werftaufenthalt zur Instandsetzung. Die Besatzungen dagegen werden regelmäßig ausgetauscht.
(Danke für den Leserhinweis!)
Nachtrag: Auf dem Weg nach Djibouti hatte die Erfurt nach Bundeswehrangaben als erstes deutsches Kriegsschiff den neuen Suezkanal passiert (die Ortsangabe In See, 18.08.2015 dürfte ein Irrtum sein).
(Screenshot: AIS-Satellitensignal von vesselfinder.com)
Es scheint sich also als System zu zeigen ein geeignetes Schiff bei Engpaessen immer durch das naechst kleinere zu ersetzen.
Demnaecht schickt DE einen Hohlstab‘ zur ATALANTA um ‚dabei zu sein‘?
Ich hätte da mal eine Landrattenfrage:
Haben die Schnellboote eine entsprechende Nachrüstung für solche Einsätze erhalten oder ist deren Einsatz bei UNIFIL nur fehlenden Alternativen geschuldet? Lange auf See bleiben können die ja nicht oder wurde da nachgebessert?
Schnellboote sind seit Beginn UNIFIL dabei, für das Seegebiet und für die dortigen Aufgaben gut genug geeignet.
Zwar etwas her bei mir, aber 5-7 Tage (auch ohne Tender) geht durchaus.
Bis Beirut ist es darüberhinaus nicht weit und auch bis Limasoll ist es nicht so weit.
„Gut geeignet“ ist eine Übertreibung – siehe ältere postings zu genau diesem Thema, ich will das nicht alles wiederholen. Eine Nachrüstung speziell für UNIFIL gab es mW nicht, bis auf den ballistischen Schutz für die MG Schützen an der Reling. Vielleicht wurde noch etwas an der Klimaanlage getan. Die Boote erleben ihre letzten aktiven Monate, da fliesst kein Geld mehr.
In diesem Zusammenhang nochmal die Frage an die sachkundige Leserschaft, inwiefern eine feste vorgeschobene Stationierung von Schiffen sinnhaft wäre? Beispielsweise eine Fregatte/Korvette und ein EGV in Italien oder in Limassol.
@ dallisfaction | 19. August 2015 – 12:41
Beispielsweise eine Fregatte/Korvette und ein EGV in Italien oder in Limassol.“
Frage: Woher wollen Sie die nehmen? Klarstand? 48WoStd? Besatzungsprobleme?
Stationierung in Italien: Für einzelne Einheiten wenig sinnvoll, ergibt nur typ-rein Sinn, also alle 5 Korvetten ins sonnige Italien. Die fehlen dann natürlich in Ost- und Nordsee, ist dann halt so. Manche würden sich fragen, ob so aus einer Deutschen Marine eine italienische oder eine EU-Marine wird, und die landseitigen Anlagen würden erst einmal neue Kosten verursachen – Warnemünde würde man dafür aufgeben, eine MArs Aussenstelle muss her. Die Transitwege und -zeiten ins Mittelmeer, vor die Levante und auch in den Golf von Aden wären wesentlich verkürzt, und das insbesondere für Einheiten die nicht für Intensivnutzung ausgelegt wurden, wo also Transitstrecken in der Materialerhaltung doppelt weh tun. Die Familien müßten mit nach Italien ziehen.
Wurden Schnellboote nicht mit einer Wache betrieben und würde das nicht bedeuten, dass Schnellbote nur 48-72 Stunden einsatzfähig sind?
@SvenS
Für low intensity Routineaufgaben kann man die S-Boote auch im 2-er Wachsystem einsetzen. Und „sailing&hailing“ ist mittlerweile sehr zur Routine geworden bei UNIFIL. Dann sind die limiting factors mit Blick auf Einsatzdauer eher Frischwasser, Kraftstoff etc.
Ich denke mal, dass man zZt 60-70 Stunden Törns fährt inkl. An-und Abmarsch ins Einsatzgebiet….je nachdem, wieviel Unterstützungs-/Reservekräfte (z.Bsp. Unterstützungs-/Ersatz-Personal) in Limassol verfügbar sind, ist dann die turn-around-period in Limassol 24-48 Stunden…….so in etwa ;-)
@SvenS
Ja auf dem Papier schon früher einmal.Heute 2 Wachen System wird auch so im Einsatz gefahren.
Natürlich bei Brand/Leckabwehr oder im Falle eines Angriffs alle auf Station.
@Ottone
Was ist mit den, aus welchen abwegigen Gründen auch immer (Arbeit/Familie etc.), nicht umzugswilligen Familien?
Schöner Gedanke und auf dem Papier vielleicht auch ne tolle Idee doch bei der derzeitigen seefahrtswilligen Personallage doch sehr unwahrscheinlich.
@SvenS
Hier mal in Clip, der ganz gut zeigt wie das so auf/mit einem S-Boot bei UNIFIL läuft:
https://www.youtube.com/watch?v=2ToZwTtkBtc
Der Einsatzwert eines Schiffes ohne Hubschrauber dürfte vor Somalia gegen Null gehen… Aber Hauptsache „Flagge zeigen „.
@ mfg
zeigt mal wieder wie wichtig eine zügige camcopter/sonstige vtol plattform integration für die k130er wäre.
aber man „prüft“ ja noch. wie lange eigentlich schon? 5 Jahre?
ich frage mich immer wieder warum diese Prüfungen offenbar primär theoretisches papierwälzen beinhalten anstatt schlicht eine plattform zu mieten und diese nach klärung der grundsätzlichen sicherheitsfragen schlicht probeweise mit in den einsatz zu nehmen.
die beste „prüfung“ der einsatztuglichkeit dürfte wohl der praktische einsatz selbst nicht ein abstraktes traktat nach dem anderen sein
Und was soll die Drohne bei einem Piratenangriff machen? Laut „Buh“ über einen Lautsprecher rufen?