Großübungen von Russland und NATO: Wächst damit die Kriegsgefahr?
Seit Beginn der Ukraine-Krise vor mehr als einem Jahr haben die Großübungen des Militärs in Russland wie auf der NATO-Seite deutlich zugenommen. Wächst ausgerechnet mit diesen Manövern die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung zwischen beiden Seiten, bereiten sich sowohl die NATO als auch Russland konkret auf einen Krieg gegeneinander vor?
Möglicherweise ja, argumentiert das European Leadership Network (ELN), eine europäische Initiative, in dessen Executive Board unter anderem der deutsche Russland-Beauftragte und SPD-Politiker Gernot Erler und der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe und andere ehemalige europäische Ressortchefs sitzen. Das ELN betrachtete die Übungstätigkeit beider Seiten, die so genannten Snap Drills auf russischer und die Manöverserie Allied Shield auf NATO-Seite:
Both exercises show that each side is training with the other side’s capabilities and most likely war plans in mind. Whilst spokespeople may maintain that these operations are targeted against hypothetical opponents, the nature and scale of them indicate otherwise: Russia is preparing for a conflict with NATO, and NATO is preparing for a possible confrontation with Russia.
We do not suggest that the leadership of either side has made a decision to go to war or that a military conflict between the two is inevitable, but that the changed profile of exercises is a fact and it does play a role in sustaining the current climate of tensions in Europe. These tensions are further aggravated and elevated into a sense of unpredictability when the exercises are not pre-notified or publicly announced beforehand, as is apparently the case with a number of Russian exercises.
(Hervorhebungen im Original)
Mit anderen Worten: Je mehr solcher Übungen es gibt, um so größer ist die Gefahr von Missverständnissen – und die Möglichkeit, dass ein Manöver nicht als Übung, sondern als Angriffsvorbereitung wahrgenommen wird. Dabei, auch das darf nicht vergessen werden, macht die Nicht-Ankündigung der russischen Übungen diese Gefahr noch größer.
Die Analyse der Übungstätigkeit ist für die russischen Snap Drills hier, für Allied Shield hier zu finden.
Die Autoren der Betrachtung liefern auch gleich Empfehlungen mit, wie das gegenseitige Misstrauen und die damit verbundene Gefahr verringert werden könnte:
In our view, the implementation of the following four recommendations could help to defuse or at least minimize the tensions connected with the increased frequency and scale of the military exercises now taking place:
- It is vitally important to increase NATO – Russia communication with regards to the schedule of exercises;
- Both sides should utilize OSCE channels as much as possible, along with the existing catalogue of Confidence and Security Building Measures (CSBMs) included i.a. in the Vienna Document to increase military predictability;
- The politicians on both sides should examine the benefits and dangers of intensified exercising in the border areas. If Russia or NATO decides at some point that they want to reduce tensions, showing restraint in terms of size or scenarios used in exercises might be a good place to start;
- Conceptual work on a new treaty introducing reciprocal territorial limitations on deployment of specific categories of weapons, backed by robust inspections, should commence as soon as possible.
Die auffälligste und zugleich vermutlich am schwierigsten umzusetzende Empfehlung: Verzicht oder Verringerung der Übungen in Nähe der Nahtstelle zwischen Russland und NATO.
Nachtrag: Die NATO weist die Schlussfolgerungen zurück:
Today’s report by the European Leadership Network misleadingly puts NATO and Russian exercises on par. In fact, the Russian Ministry of Defence has announced over 4000 exercises for this year, which is over 10 times more than what NATO and Allies have planned in the same timeframe.
Moreover, Russia has incorporated nuclear and nuclear capable forces in its recent exercises.
NATO has made repeatedly clear that we not seek confrontation with Russia. For over two decades, we have tried to build a cooperative relationship with Russia. But Russia has changed borders by force, continues to support separatists in Ukraine and threatens to base nuclear missiles close to Alliance borders.
The scale and scope of Russia’s exercises are increasing tensions, rather than helping to de-escalate them. Russia is deliberately avoiding military transparency and predictability.
(Foto: A German Panzerhaubitze 2000 awaits orders from the fire direction center June 11, 2015 at the Drawsko Pomorskie Training Area in Poland as German and U.S. artillery and mortar units train together during Saber Strike 15, a long-standing U.S. Army Europe-led cooperative training exercise – U.S. Army photo by Spc. Marcus Floyd, 13th Public Affairs Detachment)
csThor | 14. August 2015 – 6:29
Moin,
warschau Depp liest mit.
Sie haben ja so was von recht und es tut verdammt weh.
@BlueLagoon
„Jedes Mitglied der freiwilligen Feuerwehr bekommt mehr Anerkennung in der Öffentlichkeit als Soldaten.“
Evtl liegt es daran, dass die FF einen klaren, erkennbaren Auftrag erfolgreich und freiwillig erfüllt. Dies alles hoch effizient mit einem sehr geringen Mitteleinsatz und die Menschen sind oft pers bekannt.
Was ist der Verdienst von der überwiegenden Zahl von Soldaten? Die hypothetische Möglichkeit in einem Verteidigungskrieg der Bevölkerung einen Dienst und Schutz durch Einsatz des Lebens zu leisten, ist für viele abstrakt. Evtl verstärkt durch das Bewußtsein, dass im V-Fall mehr ziv Pers Opfer werden als Soldaten. Auch bei uns, bringen die eigentlichen Opfer die Familienangehörigen und somit Zivilisten. Wärend meiner Einsätze (von der Bevölkerung nicht akzeptierte) hätte meine Familie Ehrung gebürt, sie hatte viel geopfert und geleistet.
Ja, ehrenamtliche Tätigkeit in DRK, FF, ASB, DLRG, NABU uvm erhält mehr Anerkennung und das ist gut so.
Der Dienstherr (BMVg/Parlament) sind für das Ansehen der Bw verantwortlich und mehr Übungen werden da wohl nicht helfen, denn viele Bürger wissen, dass wir keine Munition mehr haben und nur noch einen kleinen Teil der Bw zu Übungen mobilisieren können.
Jene welche es nicht wissen, interessiert es nicht (denen ist oft auch das DRK und die FF egal)
Die Institution Bw ist das Gegenteil einer freiwilligen Feuerweh (sie übt noch mit richtigem Wasser und vorhandenem Gerät) unabhängig von der Leistung einzelner Soldaten.
Interessante und lesenswerte „Fallstudie“ in Sachen „Wie konnte es zum Krieg kommen“ :
„Gesicht wahren, keine Schwäche zeigen“ auf sueddeutsche.de
Die japanische Historikerin Eri Hotta räumt mit bestimmten japanischen Mythen
(„……….entweder als ein heroischer und selbstloser Kampf gegen den arroganten Westen, der Japan gleichsam aufgezwungen wurde“, oder als Folge „eines fehlerhaften Uhrwerks, das es einer Gruppe Militaristen erlaubte, die Macht an sich zu reißen……….“)
in Sachen Pazifikkrieg auf:
So katastrophal kann eine Group-Think-„Ratio“ enden
Sorry, die Artikelüberschrift ist:
„Sehenden Auges in die Katastrophe“
Wie meinen?
@Voodoo
Nun, der in dem Artikel dargestellte Entscheidungsfindungsprozess der japanischen Führungsspitze/Regierung in Sachen Pearl Harbour bezeichne ich als Group Think, der natürlich eine gewisse „ratio“ (also Logik) hatte…..allerdings eine „logic of failure“, die man nur als katastrophal für Japan bezeichnen kann wenn man sich das Ende des Pazifikkrieges anschaut……nun klar ?
Danke, ja – ich stimme dem zu. Erfrischend ist in der Tat die Berücksichtigung kultureller, innerjapanischer Besonderheiten, die westliche (vor allem US-amerikanische) Historiker gerne mal komplett ausblenden.
@Voodoo & Klabautermann,
In die Fähigkeit des „Ausblendens“ fällt umgekehrt aber auch die JAP Überzeugung, die GIs, die amerikanische Nation könne nicht wirklich kämpfen und Verluste hinnehmen.
Insofern gab man sich der verinnerlichten Überzeugung hin, gar nicht verlieren zu können.
Also auch hier die Ratio ausgeblendet, hatten wir doch gestern bereits, oder.
@Voodoo
na, dann wollen wir mal hoffen, dass russische und us-amerikanische Politik- und Strategie-Berater die „kulturellen Besonderheiten“ der jeweils „anderen Seite“ besser auf der Pfanne haben als die „verblendeten“ Historiker…..sonst fängt nämlich u.U. der 3.WK so an, wie der Pazifik-Krieg geendet hat: nuklear…
@K-P K
jau, das hatten wir gestern in dem andern Faden: Group Think und Tunnelblick-Ratio gehen sehr oft Hand-in-Hand.
NATO http://www.atlanticcouncil.org/blogs/natosource/nato-refutes-comparison-of-alliance-and-russian-miltary-exercises?utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter
widerspricht der gestern verschiedentlich diskutierten These vermehrte Übungstätigkeit erhöhten die Kriegswahrscheinlichkeit.
Auch wenn abgehalfterte Ex-Politiker des European Leadership Network (ELN) dergestalt argumentieren. Elder Statesmen sind noch vertreten, ehemalige Generalstabschefs ebenso wenig. Da trifft sich demnach ein Debattierclub Zweitrangiger, die qua Parteibuch zu aufgehängt wurden. ‚Peterprinzip-Karriereristen‘.
„NATO military exercises are not, as the reports suggest, making war in Europe more likely,“ NATO spokeswoman Carmen Romero said after the European Leadership Network (ELN) published its assessment.
„They are intended precisely to have the opposite effect: to enhance security and stability in Europe in response to growing Russian aggression,“ Romero said in a statement. …Moscow has announced 4,000 exercises for this year, more than ten times what the allies have planned.
Wer legt da vor, mit Verzehnfachung, und wieso?