Verfassungsgericht bestätigt: Kein Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein
Der umstrittene Luftangriff von Kundus am 4. September 2009 hat für den damaligen Kommandeur des Provincial Reconstruction Teams (PRT) Kundus, Georg Klein, keine strafrechtlichen Folgen. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte in einer am (heutigen) Freitag veröffentlichten Entscheidung, die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den damaligen Oberst sei rechtmäßig gewesen. Insbesondere die Entscheidung der Bundesanwaltschaft, den Luftangriff nach dem Völkerstrafgesetzbuch zu beurteilen und nicht nach dem Strafgesetzbuch, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Mit einer Beschwerde beim Verfassungsgericht hatte der Vater zweier Kinder, die bei dem Luftangriff getötet worden waren, eine strafrechtliche Ermittlung gegen Klein erreichen wollen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte zuvor einen entsprechenden Antrag ebenfalls verworfen. Die Beschwerden richteten sich nicht nur gegen den damaligen Oberst, sondern auch gegen einen Hauptfeldwebel, der die US-Bomber geleitet hatte.
Neben den Bemühungen, Klein trotz der Einstellung der Ermittlungen strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, gibt es auch Klagen auf Schadenersatz wegen des Luftschlages. Das Oberlandesgericht Köln hatte allerdings Ende April auch diese Klage zurückgewiesen.
Zur Dokumentation die heutige Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts im Wortlaut:
Einstellung der Ermittlungen gegen Oberst und Hauptfeldwebel der Bundeswehr nach Luftangriff in Kunduz verstößt nicht gegen das Grundgesetz
Pressemitteilung Nr. 045/2015 vom 19. Juni 2015
Beschluss vom 19. Mai 2015
2 BvR 987/11
Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen einen Oberst und einen Hauptfeldwebel der Bundeswehr nach einem Luftangriff in Kunduz (Afghanistan) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die effektive Untersuchung von Todesfällen werden durch den Einstellungsbescheid des Generalbundesanwalts und die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf gewahrt. Durch einen Luftangriff in Kunduz (Afghanistan) im September 2009 war es zu einer Vielzahl – auch ziviler – Todesopfer gekommen; der Beschwerdeführer ist der Vater zweier getöteter Kinder.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist Vater zweier Kinder, die durch einen Luftangriff in Kunduz (Afghanistan) in der Nacht vom 3. auf den 4. September 2009 getötet wurden. Er erstattete Strafanzeige gegen einen Oberst und einen Hauptfeldwebel der Bundeswehr. Der Oberst hatte den Luftangriff als militärischer Leiter des Provinz-Wiederaufbauteams (PRT) in Kunduz veranlasst, der Hauptfeldwebel wirkte daran als Fliegerleitoffizier des PRT Kunduz mit. Zwei Tanklastwagen waren von bewaffneten Taliban entführt worden und steckten auf einer Sandbank im Fluss Kunduz fest. In der Annahme, dass die Tanklaster von den Taliban jederzeit zu „rollenden Bomben“ gegen ein in der Nähe befindliches Lager der Bundeswehr umfunktioniert werden könnten und es sich bei den Personen in der Nähe der Fahrzeuge um Angehörige oder jedenfalls Unterstützer der Taliban handelte, wurde der Luftangriff befohlen. Tatsächlich hatte er jedoch eine Vielzahl von Todesopfern, auch unter der Zivilbevölkerung, zur Folge.
Mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 stellte der Generalbundesanwalt das Ermittlungsverfahren wegen Verdachts einer Strafbarkeit nach dem Völkerstrafgesetzbuch sowie anderer Delikte mangels zur Anklageerhebung hinreichenden Tatverdachts ein. Einen hiergegen erhobenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung verwarf das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 16. Februar 2011 als unzulässig.
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
Der Einstellungsbescheid des Generalbundesanwalts vom 13. Oktober 2010 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Februar 2011 sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Der Beschwerdeführer verlangt die strafrechtliche Verfolgung einer Handlung, die nach ihrem objektiven Tatbestand zu den Kriegsverbrechen im Sinne des Völkerstrafgesetzbuchs zählt und auch nach allgemeinem Strafrecht als Mord im Sinne des Strafgesetzbuchs einzuordnen ist. Zugleich steht der Vorwurf im Raum, ein Amtsträger habe bei Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben nicht nur Straftaten begangen, sondern auch den Tod eines Menschen verursacht. Insoweit hat auch der Beschwerdeführer als Vater – vermittelt über Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 und Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG – einen Anspruch auf effektive Strafverfolgung. Weil der Verzicht auf eine effektive Verfolgung solcher Taten zu einer Erschütterung des Vertrauens in die Integrität staatlichen Handelns führen kann, muss bereits der Anschein vermieden werden, dass sie nur unzureichend untersucht würden, dass gegen Amtswalter des Staates weniger effektiv ermittelt würde oder dass insoweit erhöhte Anforderungen an eine Anklageerhebung gestellt würden.
2. Der Bescheid des Generalbundesanwalts vom 13. Oktober 2010 wird diesen Anforderungen gerecht. Er verkennt weder die grundrechtliche Bedeutung des Schutzes des Lebens und die daraus folgenden Schutzpflichten des Staates noch die sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergebenden Anforderungen an die effektive Untersuchung von Todesfällen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei dem Angriff auf die Tankwagen um einen Vorfall mit schwersten Folgen, insbesondere einer großen Zahl von Opfern unter der Zivilbevölkerung mit Kindern und Jugendlichen handelte.
Der Bescheid stellt die durchgeführten Ermittlungen dar und leitet daraus ab, dass sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen hinreichenden Tatverdacht ergeben hätten. Die Einlassung der Beschuldigten, sie hätten in der Überzeugung gehandelt, bei den Personen in der unmittelbaren Nähe der Tanklastwagen habe es sich um bewaffnete Aufständische gehandelt, lasse sich nicht widerlegen. Daher sei der subjektive Tatbestand einer Straftat nicht gegeben. Diese Annahme ist nicht willkürlich und aus verfassungsrechtlicher Sicht daher nicht zu beanstanden. Daran hätte auch eine Einvernahme von Zeugen, die die fragliche Bombardierung beobachtet haben, nichts geändert, denn das Ereignis der Bombardierung selbst wie auch der Tod von zahlreichen unbeteiligten Zivilisten standen von Anfang an außer Frage.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Februar 2011 begegnet ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Da die durchgeführten Ermittlungen und deren Dokumentation durch den Generalbundesanwalt den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, kann eine nachfolgende gerichtliche Entscheidung, die dies überprüfen soll, nicht (mehr) zu einer Verletzung des Anspruchs auf effektive Strafverfolgung führen.
Auch Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz werden nicht verkannt. Wenn der Beschwerdeführer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung maßgeblich auch mit Inhalten aus den Ermittlungsakten begründet, ist er gehalten, zumindest den wesentlichen Inhalt der Beweismittel mitzuteilen, aus denen er auszugsweise vorträgt oder gar zitiert. Bei einer nur selektiven Wiedergabe von Teilen der Einlassung des Beschuldigten oder auch der Einvernahme von Zeugen kann ein unzutreffendes Bild vom Ermittlungsergebnis entstehen, das nicht ohne Weiteres wieder berichtigt werden kann. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer vorliegend nicht gerecht geworden.
(Wie bei diesem Thema erforderlich, bitte ich um Sachlichkeit in den Kommentaren.)
(Foto: Bundeswehr/Andrea Bienert)
Gott sei Dank!
Hm, wenn ich das so richtig lese, dann wird der Beschwerdeführer im letzten Absatz sogar gerügt……
…..und die Kosten der Verfahren trägt ???????????
Jetzt ist hoffentlich endgültig Schluss, Nachahmern (deren Anwälten) der Boden entzogen und der General seinen Dienst verwenden.
Vielleicht fühlt sich jetzt einer der politisch Verantwortlichen sicher genug, um sich rund sechs Jahre nach dem Vorfall einmal öffentlich vorbehaltlos hinter die damals beteiligten Soldaten zu stellen und dabei zu betonen, dass sie im Auftrag der Politik handelten?
@Staatsrechtler, glauben Sie an das Wahre und Gute und Schöne? Einen Platon in Berlin, wo?
@Klaus-Peter Kaikowsky
Ich gebe zu, dass das eine rhetorische Frage war. Leider kann man an eine Ministerin, die offenbar Bundeskanzlerin werden will, und die die Optimierung ihrer öffentlichen Wahrnehmung zum offensichtlichen Kern ihrer Arbeit gemacht hat, nicht die selben Maßstäbe anlegen wie an jeden Unteroffizier, von dem man ganz selbstverständlich erwarten würde dass er sich vor seine Soldaten stellt und sich nicht wegduckt, wenn sie nach der in jeder Hinsicht korrekten Umsetzung des von ihm erteilten Auftrags von anderer Stelle unfair kritisiert werden. Verantwortung kann man m.E. auch durch schöne Photos (Stichwort „Fürsorge“) nur bedingt kompensieren.
@Staatsrechtler
ich bin mit Ihnen!
Aber das wird wohl in DEU nicht passieren
Wie jetzt: Bundeswehrsoldaten landen nicht im Gefängnis, wenn sie ordnungs- und auftragsgemäß ihren Job machen!?
;-)
Da wird die Linkspartei aber gar nicht mit einverstanden sein.
Haben sich sonstige Bundesempörungbeauftragten bereits zu Wort gemeldet?
klabautermann | 19. Juni 2015 – 15:29
Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, sind kostenfrei.
Heiko Kamann | 19. Juni 2015 – 16:02
„klabautermann | 19. Juni 2015 – 15:29
Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, sind kostenfrei.“
Eben nicht. Die Kosten (Aufwand bezüglich Personal und Material) trägt die BR Deutschland.
Da gibts aber wohl von keiner Seite ein „Mecker“.
Gott sei Dank!
@ klabautermann | 19. Juni 2015 – 15:29
Eine mehr als deutliche Rüge und ein sehr deutliches Wort an die, welche das BVerfG für ideologischen Unfug mißbrauchen wollen.
@ Staatsrechtler | 19. Juni 2015 – 15:41
Die Bundeskanzlerin kann sich, in dem von Ihnen skizzierten Sinne, nicht vor einen Soldaten stellen. Das ist in den Prinzipien unserer FDGO nicht vorgesehen und auch nicht vorzusehen.
Wird ein Soldat eines Offizialdeliktes verdächtigt, so prüft die Staatsanwaltschaft, die Klageerhebung -was Frau Generalbundesanwältin a.D. Harms in diesem Fall seinerzeit sehr eindrucksvoll tat-, das Gericht/in Folge meist die Gerichte prüft die Klage und spricht Recht. Ende.
Ich denke,dass Sie das wissen. Mir geht es auch gar nicht um Ihre Person. Mir geht es nur darum, dass sich verständliche Wünsche nicht immer real abbilden lassen.
Dass auch ich mir wünschte, die Weisungsbefugten ggü. den Staatsanwaltschaften würden auf etwas mehr Zügigkeit achten dabei, ist bitte klar-aber immer auch sehr leicht ausgesprochen.
Was die/der BK aber kann und mMn auch sollte: wenn, wie in diesem Fall, von Seite der Grünen und der Linksfraktion behauptet wird,die Ausführung Frau Harms‘ sei falsch, dass er/sie sich hinstellt und klipp und klar benennt, dass es sich hier um eine juristisch wie politisch vollkommen irrelevante Meinungsäußerung handelt.
na das war für die das Bverfg ja auch keine sonderliche herausforderung.
man musste einfach das evidente nichtvorliegen jedweden strafrechtlich relevanten verhaltens zum X-ten mal rezitieren.
die renitenz mit der kläger und deren anwälte trotz offensichtlicher aussichtslosigkeit von straf-und zivilrechtlichen ansprüchen ihre vendetta gegen klein verfolgen kann eigentlich schon seit langem nur noch durch das profilierungsbedürfnis der klägervertreter erklärt werden.
immerhin hat man jetzt einen letztinstanzlichen (wobei Popal et.al. auch noch eine EGMR klage zuzutrauen wäre) präzedenzfall pour disencourager les autres.
schade sich dafür ein deutscher offizier jahrelangem rufmord aussetzen musste und das vor dem hintergrund bestenfalls lauwarmer unterstzützung aus dem gebiet der für seinen einsatz und dessen rahmenbedingungen verantwortlichen. der politik.
parlamentsarmee ist eben kein schönwetterprinzip. verantwortung muss man auch übernehmen wenn es unangenehm wird.
@Sachlicher
Das Eintreten für die Soldaten in der Öffentlichkeit wäre nicht zuletzt die Pflicht des höchsten Vorgesetzten, also diverser Verteidigungsminister, gewesen. Guttenberg hat ja wenigstens versucht, dieser Pflicht nachzukommen, bevor er eingeknickt ist, und seitdem konnte sich kein Verteidigungsminister mehr dazu motivieren. Die Glaubwürdigkeit leidet m.E. doch stark unter solchem Verhalten, auch wenn dieses mutmaßlich nicht gegen (geschriebene) Gesetze verstoßen hat. Man sollte der aktuellen Ministerin natürlich eine Chance geben und abwarten, ob sie sich wider Erwarten nicht doch endlich äußert, aber Wetten auf angemessenes Verhalten gegenüber den Untergebenen in diesem Fall würde ich hier nicht zu ihren Gunsten abschließen.
dann kann der besagte Oberst ja nun seine Division übernehmen und den zweiten Stern abgreifen
Die Gerechtigkeit hat gesiegt, nur leider wird davon in den Medien nicht viel zu lesen sein.
Soldat | 19. Juni 2015 – 17:15:
„dann kann der besagte Oberst ja nun seine Division übernehmen und den zweiten Stern abgreifen“
Welches ist die Botschaft Ihres Kommentares? Der Mann ist m.W. ein anerkanntermaßen untadeliger Offizier.
Die Haltung in einigen Kommentaren finde ich erschreckend. Falls sich jemand erinnert: Irgendwo war die Rede davon, „das Recht…. tapfer zu verteidigen“. Wenn jemand dafür die Gerichte bemüht, halte ich es für etwas merkwürdig, ihm genau dieses vorzuhalten.
@Hans Schommer | 19. Juni 2015 – 17:22
„Welches ist die Botschaft Ihres Kommentares? Der Mann ist m.W. ein anerkanntermaßen untadeliger Offizier.“
Ach echt? Reden wir von dem gleichen Mann, der durch Vorspiegelung falscher Tatsachen die NATO-Einsatzrichtlinien bewusst verletzt hat?
*Hust* Der Ton hier bleibt ganz bestimmt sachlich.
Sofern der Beitrag von T.Wiegold | 19. Juni 2015 – 17:53 auf meinen Kommentar zielte:
Ich habe mich missverständlich ausgedrückt! Meine Meinung besser wiedergegeben hätte die Formulierung
„Da wird ja wohl keiner drüber meckern können.“
Weil ich das eben auch für völlig in Ordnung halte.
@ Der Zeitgeist | 19. Juni 2015 – 17:53:
Dieser Kommentar ist m.E. nicht mal diskussionswürdig.
„Ihr Beitrag ist m.E. nicht einmal mehr diskussionswürdig.“
Eben, die Fakten kann man in diversen Berichten nachlesen, da bleibt auch nicht viel Spielraum zur Diskussion. Oder halten Sie meine Aussage für falsch?
Zur „causa Kunduz“ habe ich natürlich eine Meinung – aber ich verstehe nicht, weshalb man sich hierzu öffentlich (und anonym) und dann natürlich auch über einen Kameraden auslassen muß.
Sicher, das ist kein „Diskussionsverbot“. Möge aber jeder selber entscheiden ob mit ihm im Falle eines Falles ebenso verfahren werden soll.
@ Der Zeitgeist | 19. Juni 2015 – 18:06:
Wie geschrieben – nicht diskussionswürdig.
@Der Zeitgeist
Ihre leider nicht näher begründete Behauptung ist sachlich so nicht zutreffend:
– Thema Bedrohung für das Feldlager: Diese wäre angesichts des bekannten Modus Operandi (als VBIED eingesetzte Tanklaster) tatsächlich gegeben gewesen, wenn diese mit Benzin statt mit Diesel gefüllt gewesen wären. Dass sich Diesel an Bord befand, war unter den Umständen aber nicht festzustellen gewesen.
– Bewertung der Personen an den Tanklastern als militärische Ziele: Dies geschah im Einklang mit ISAF-ROEs, die einen Angriff auf Nachschub aufführen, so dass daran beteiligte Personen folglich militärische Ziele im Sinne der ROE sind.
– „Troops in Contact“: Solche Fehler kommen unter Stress und chaotischen Bedingungen leider nun einmal vor. Man darf sich solche Situationen nicht so wohlgeordnet wie im Computerspiel vorstellen. Daraus Absicht zu schlussfolgern wäre aber unangemessen.
Wie aber schon erwähnt wurde: Manche Fehlwahrnehmung bzgl. des 04.09.2009 wird auch dadurch genährt, dass keiner der politischen Verantwortlichen sich bislang dazu bequemt hat, seiner Verantwortung gemäß offensiv und ggf. mit der nötigen Schärfe klarzustellen, dass hier legitim gehandelt wurde und Vorwürfe gegen die Soldaten fehlgeleitet sind.
Natürlich ist es das gute Recht des Vaters zu klagen. Andererseits ist es in diesem Fall derart aussichtslos, dass ich mich frage, ob der Herr nicht von gewissen „Organisationen“ beraten, finanziert und letztlich auch ausgenutzt wurde.
@xyz
Zum Vorgehen zumindestens eines der Anwälte gab es schon vor Jahren Kritik:
http://www.swr.de/report/presse/11-entschaedigungsverhandlungen-fuer-kundus-opfer-schwere-vorwuerfe-gegen-bremer-anwalt-karim-popal/-/id=1197424/did=5842226/nid=1197424/172wbwl/index.html
Das BMVg hat dennoch seine Tätigkeit vor Ort unterstützt, wohl aus Angst sonst von ihm mit öffentlichen Vorwürfen unter Druck gesetzt zu werden.
Zwar schön dass dieser Punkt nun geklärt wurde.
Warum überhaupt aber bestand hier die Möglichkeit, den Rechtsweg in Deutschland zu beschreiten? Hier besteht aus meiner Sicht Handlungsbedarf, will man die Effektivität künftiger Einsätze sicherstellen.
Ist ein Bürger eines fernen Landes mit unserer Militärpolitik nicht einverstanden, kann er sich an internationale Institutionen wenden. Damit sollten alle Wege erschöpft sein.
@Abu Nasr al-Almani | 19. Juni 2015 – 18:52
Ein in Deutschland „zugelassener“ Anwalt (die Anführungszeichen sind nicht wegen der Person sondern wegen des Begriffes) ist Bestandteil der Rechtspflege bzw. „unabhängiges Organ der Rechtspflege“ (§ 1 BRAO)“. Da gehört es sich für die Exekutive im gebotenem Rahmen zu unterstützen. Es ist mMn nicht notwendig, hier etwas anderes anzunehmen.
Zyme | 19. Juni 2015 – 19:08:
„…. Ist ein Bürger eines fernen Landes mit unserer Militärpolitik nicht einverstanden, kann er sich an internationale Institutionen wenden. Damit sollten alle Wege erschöpft sein.“
Diesen Denkansatz kann ich nicht nachvollziehen.
Natürlich wendet sich der Klageführende zu allererst an die Regierung bzw. die Gerichtsbarkeit des s.E. zu Verklagenden.
@ zyme und hans schomer
es ist ja noch viel grundsätzlicher. wegen des prinzips der staatenimmunität kann und darf der deutsche staat bei hoheitlichem handeln im ausland nicht durch gerichte anderer staaten verklagt werden. (siehe distomo etc)
die klagemöglichekeiten gegen individuen sind aus gutem grund bilateral (im falle ISAF durch die jeweiligen SOFA’s) geregelt mit auschluss gerichtsstand einsatzland. vor einem sharia gericht will man seine soldaten dann wohl doch (noch) nicht sehen.
abgesehen davon sind internationale gerichte (in diesem fall hypotethisch EGMR/ISTGH) immer nur subsidiär, d.h. werden tätig wenn der heimatstaat keine effektive bzw. gar keine verfahren zur sachaufklärung durchführt.
las but not least hätte jedes internationale gericht dem der komplex vorgelegt worden wäre undabhängig von der formellen zulässigkeit wegen evidenten materiellen nichtvorliegens von anhaltspunkten für strafbare handlungen den komplex abgewiesen.
alles seit jahren im einstellungsbeschlus der bundesanwalschaft nachlesbar.
auch wenn es einige politisch motivierte marktschreier, die polemik sei mir gestattet, partout nicht wahrhaben wollen
@wacaffe
Die Polemik ist Ihnen eben an dieser Stelle nicht gestattet, weil Sie nicht verstanden haben, dass sich das hier genannte Verfahren eben gegen den Einstellungsbeschluss der Bundesanwaltschaft richtet.
Natürlich muss ein solches Verwaltungshandeln gerichtlich überprüfbar sein, wir leben hier ja nicht in Bananistan. Dass Sie die gerichtliche Überprüfung eines Verwaltungsbeschlusses deswegen ablehnen, weil ja in diesem Verwaltungsbeschluss steht, dass alles korrekt ist, würde ich noch mal überdenken.
In „Am Hindukusch – und weiter?“ gibt es von Uli Gack einen Beitrag „Nach Kunduz kommt man nur zum sterben“ Unterkapitel „Vorrat an Glück“. Der die menschlische Situation von Oberst Klein beleuchtet. unabhängig von der militärisch sachlichen Bewertung ob die Handlung richtig oder falsch war, ist dieser Abschnitt auf der menschlichen Ebene erhellend.
Danke an T.Wiegold für die Vorstellung des Buches vor einigen Wochen!
Auch wenn es eine falsche Einschätzung der Lage war, evtl. Eine falsche Entscheidung…so ist das eben in Kriegsschauplätzen…da gibt es kein richtig oder falsch…alles ein Dilemma…das eben ein Soldat gleich welchen Ranges vor Ort durchlebt…eine Niederlage der Menschlichkeit zu jeden Zeitpunkt wenn Waffengewalt eingesetzt wird…..das wird nie anders sein!
@Sachlicher | 19. Juni 2015 – 16:29
„Die Bundeskanzlerin kann sich, in dem von Ihnen skizzierten Sinne, nicht vor einen Soldaten stellen. Das ist in den Prinzipien unserer FDGO nicht vorgesehen und auch nicht vorzusehen.“
Zu den Prinzipien der FDGO gehört auch die Einhaltung der Verfassung, zur Einhaltung der Verfassung gehören auch die „althergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ (zu dem insofern auch das Berufssoldatentum gehört) und hierzu gehört dann wiederum die gesetzliche normierte: gegenseitige Fürsorge-/Treuepflicht.
Summa summarum: natürlich hat der/die BK und der/die IBuK eine Verpflichtung sich vor die Soldaten zu stellen! Und wir haben übrigens auch ein Recht darauf!
@Der Zeitgeist | 19. Juni 2015 – 17:53
„Ach echt? Reden wir von dem gleichen Mann, der durch Vorspiegelung falscher Tatsachen die NATO-Einsatzrichtlinien bewusst verletzt hat?“
LAAAAngweilig!
@Sachlicher | 19. Juni 2015 – 19:12
„Da gehört es sich für die Exekutive im gebotenem Rahmen zu unterstützen. Es ist mMn nicht notwendig, hier etwas anderes anzunehmen.“
Ach? Die Exekutive muss also einen durch Geld und PR-Sucht (man verzeihe mir den drastischen Begriff) motivierten Anwalt bei seinem Versuch den deutschen Staat, einen treuen Offizier und Staatsdiener und sogar die sogenannten Opfer zu schädigen/schröpfen unterstützen?
Soso…
Hans Schommer | 19. Juni 2015 – 16:21
Was wollen Sie denn mit Ihrer Einlassung sagen? Das es Geld kostet, rechtstaaliche Institutionen zu haben? Die Bundeswehr kostet auch Geld.
Berechtigte Klagen auf Ebene des Bundesverfassungsgericht, sind kostenfrei.
Der „Betrieb“ der Institution „Bundesverfassungsgericht“ ist nicht kostenfrei, sondern wird aus öffentlichen Mitteln finanziert. Die Anzahl der Verfahren spielt hierbei, grundsätzlich keine Rolle.
Meinten Sie das Herr Hans Schommer?
Werter Heiko Kamann, ich meinte dies:
„Hans Schommer | 19. Juni 2015 – 18:03
Sofern der Beitrag von T.Wiegold | 19. Juni 2015 – 17:53 auf meinen Kommentar zielte:
Ich habe mich missverständlich ausgedrückt! Meine Meinung besser wiedergegeben hätte die Formulierung
„Da wird ja wohl keiner drüber meckern können.““
@ T.W.
ihre einstellung zu ihrer meinung dissidenten positionen verstehe ich immer noch nicht..
sie schreiben „Die Polemik ist Ihnen eben an dieser Stelle nicht gestattet….“
Wieso?
ist hier nur dem Blogbeteiber genehme bzw. für ihn nachvollziebare Kritik an den Zeitläufen gestattet? Ist der sinn einer Platform nicht austausch divergenter meinungen?
hat eine meinung auch wenn sie von der ihrigen bezüglich des sujets abweicht nicht zumindest ein recht auf gehör?
anders gefragt, warum fühlen sie ich permanent zur stil- und inhaltskritik genötigt wenn es lediglich um (in diesem fall juristisch plausible) sachargumente eines posters geht?
(was nicht heißt das ich ihnen die kritik an beiträgen auf ihrer eigenen plattform, für die wir alle dankbar sind, absprechen will, aber der einschlag persönlciher politischer präferenzen bezgl. moderation ist mE. teilweise überzogen.
sehen sie da bitte als konstruktive kritik an ihrer ansonsten oasenhaften Sipo plattform
„Nicht diskussionswürdig.“
Es sprach der Bürgermeister in ihnen?
Sorry. Gruss von einem Einsatzjunkie [eine ihrer gewählten Unterteilungen des Bw Personals], der mittendrin und nicht nur dabei war und aus diesem Vorfall gelernt hat, dass Einsatzregeln und deren Befolgung nur was für die Truppe am Checkpoint sind….
Aber lassen wir das.
Nicht diskussionswürdig.
Wenigstens ist jetzt Rechtsfrieden hergestellt. Das beruhigt, oder?
@CRM-Moderator :
„… Der mittendrin und nicht nur dabei war und aus diesem Vorfall gelernt hat, dass Einsatzregeln und deren Befolgung nur was für die Truppe am Checkpoint sind….
Das finde ich wiederum interessant.
Wie entsteht diese Ableitung?
Weil die Lage zu komplex bzw. dynamisch ist?
Und war sie das wiederum in diesem Fall?
Die obige Bewertung „nicht diskussionswürdig“ (durch einen anderen Kommentator) zeigt mir wie sich die Debattenkultur hier verändert hat.
Insbesondere beim Thema Oberst Klein scheint mir eine sachliche und differenzierte Diskussion – sogar bei AG.net – nicht möglich zu sein.
Kriegsheld vs. Kriegsverbrecher.
Nur leider ist die Welt grau.
Einige Kommentare hier finde ich doch schon recht erstaunlich. Es ist äußerst sinnvoll, wenn man den gesamten Beschluss des BVerfG im Wortlaut liest, den Herr Wiegold oben ja dankenswerter Weise verlinkt hat. Ich erlaube mir einmal die folgenden Anmerkungen:
1. Natürlich kann der Vater der getöteten Kinder sich an das BVerfG wenden. Er macht die Verletzung des Rechts auf effektive Strafverfolgung (gestützt auf Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 GG) sowie die Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (gestützt auf Art. 103 Abs. 1 GG) gegenüber dem deutschen Staat geltend. Hierbei handelt es sich um Jedermannrechte, die unabhängig von Staatsangehörigkeit und Wohnsitz mittels Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden können.
2. Es ist ein tragender Aspekt des Rechtsstaatsprinzips, dass man seine Interessen vor einem unabhängigen Gericht geltend machen kann, unabhängig von den Erfolgsaussichten und der Motivation. Natürlich kann man Klagen und Beschwerden mit geringen Erfolgsaussichten erheben. Der Rechtsstaat muss es aushalten , das auch Klagen ohne Erfolgsaussicht, aus Eitelkeit, Rechthaberei oder aus sonstigen „unedlen“ Motiven erhoben werden.
Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber zum Beispiel entschieden, dass Verfahren vor dem BVerfG grundsätzlich gerichtskostenfrei sind (§ 34 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG). Das Gericht kann allerdings eine Missbrauchsgebühr erheben, wenn eine Verfassungsbeschwerde missbräuchlich eingelegt wird (§ 34 Abs. 2 BVerfGG). Hat es im vorliegenden Fall aber aus guten Gründen nicht getan. Dass das Gericht der Verfassungsbeschwerde eine gewisse Bedeutung zugemessen hat, zeigt sich auch an der relativ umfassenden Begründung der Ablehnung der Annahme. Rechtlich hätte das Gericht seine Ablehnung überhaupt nicht begründen müssen (§ 93d Abs. 1 BVerfGG).
3. Die Forderung, der/die Verteidigungsminister/-in hätte sich (frühzeitig) vor oder hinter Oberst Klein stellen müssen, zeigt ein seltsames Verhältnis zur Gewaltenteilung.
Ich hätte es befremdlich gefunden, wenn ein Minister als Teil der Exekutive sich in Verfahren vor unabhängigen Gerichten, seien es Straf-, Zivil- oder Verfassungsgerichte, weit aus dem Fenster gelehnt hätte, einmal unabhängig davon, dass der Sachverhalt (ohne ihn hier inhaltlich bewerten zu wollen) ja durchaus ein Menge schwieriger tatsächlicher und rechtlicher Aspekte aufweist. Wie das Ministerium die Rolle von Oberst Klein bewertet, hat es durch seine Beförderung zum Brigadegeneral und seine weitere Verwendung meiner Meinung nach hinreichend deutlich gemacht.
@Patrick Horstmann
Vielen Dank für Ihren Kommentar, wieder was gelernt.
@ CRM-Moderator
Genau so schaut es aus!
@Memoria und Patrick Horstmann:
+1
50 shades of grey.
;o)
@ CRM-Moderator
Fortsetzung:
Es gehört halt schon Mut und Stärke dazu, bestimmte Funktionalitäten des Systems nicht nur wahrzunehmen sondern auch zu verhindern das sich schitzophrene Züge nicht auf die eigene Persönlichkeit übertragen! Das ist die Kunst des „Mittendrin statt nur Dabei“. Vor allem für all diejenigen, die in Führungsfunktion stehen und sich ihrer Verantwortung die daraus erwächst umfänglich d.h. nicht nur selektiv bewusst sind.
@Patrick Horstmann
Danke. Genau diesen Rechtsstaat mit seinen Werten verteidigen wir und das ist gut so.
Wenns einfach wäre …….
Wenn man die Geschehnisse des 04.09.2009 unabhängig vom Einfluss der danach stattfindenden mit emotionen aufgeladenen Diskussionen sachlich und nüchtern und auf der Zeitachse aus taktischer Sicht betrachtet (=Lageentwicklung), diese dann mit weiteren, (schon damals vorliegenden) Erkenntnissen (z.B. Luftbilder, TTP des Gegners) und weiteren Auflagen (für das eigene Handeln) (z.B. ROE, ISAF-Befehlslage verknüpft, kann man auch zu einer Beurtelung der Lage gelangen, die die Aussage von „Der Zeitgeist“ mit Bezug auf den daraus gezogenen Entschluss nicht so tendenziös wirken lassen, wie einige sie hier zeichnen.
Fakt ist: Ein Entschluss wurde gefasst und wie befohlen umgesetzt! Im Nachhinein gilt es zu beurteilen, ob dieser als zweckmäßig oder unzweckmäßig zu bewerten ist um daraus Lehren für das weitere Handeln zu ziehen.
Emotionslos gilt es hier festzustellen: Kunduz, 04.09.2009, taktisch ein Sieg, strategisch eine Niederlage!
Und was die Lehren für das weitere Handeln anbetrifft: da gelangt man (ebenso emotionslos) ganz schnell zu CRM-Moderators Einlassungen! Sorry ist so.
Meinung eines Laien:
Wenn ein Verfahren erst einmal seinen Gang nimmt, dann muss man natürlich auch alle möglichen Instanzen durchlaufen können.
Die Motivation der Klageführer und die Belastbarkeit ziviler Zeugen kann sich jeder selbst ausmalen.
Was von politischer Seite aber durchaus zu betrachten wäre ist die Tatsache, dass solche Verfahren militärische Einsätze durchaus auch behindern können und wenn es nur die Schere im Kopf des verantwortlichen Soldaten ist, der sich im Zweifelsfall nicht solchen Konsequenzen aussetzen will.
Militärische Auseinandersetzungen werden heute ja nicht nur im Einsatzland sondern auch in Deutschland vom „Gegner“ mit anderen Mitteln geführt.
Steigende Anschlagszahlen vor Mandatsverlängerungen, Minister die entlassen werden, öffentliche Diskussionen um „Massaker“ und die fehlende Vorbereitung der Öffentlichkeit, was mögliche Opfer in den Reihen der Bundeswehr anbelangt, sind ein Indiz dafür, dass jede Mission der Bundeswehr im Ausland auf tönernen Füßen steht. Warum tun wir uns das ohne Not an?
Natürlich muss im Rechtsstaat der Einsatz von Waffengewalt, auch im Auslandseinsatz, auf Verhältnismäßigkeit geprüft werden, aber dies sollte sachlich und möglichst ohne großes Medienecho möglich sein.
Weiterhin sollte aus rechtlicher Sicht klargestellt werden, welche Klagen möglich sind. Als Laie leuchtet es mir nicht ein, warum Deutschland eventuell Entschädigung zahlen sollte für „Kollateralschäden“ zulässiger militärischer Handlungen.
So etwas wie Gerechtigkeit in Kriegen ist leider nur ein frommer Wunsch und nicht jedes Leid wird und kann entschädigt werden.
Ohne zu wissen ob es so ist, finde ich aber den Versuch, aus Leid mit juristischen Mitteln noch ein Geschäft zu machen, wiederlich.
@feuerwerker49
„Emotionslos gilt es hier festzustellen: Kunduz, 04.09.2009, taktisch ein Sieg, strategisch eine Niederlage! “
Warum „strategisch eine Niederlage“? Die Wirkung war, soweit man fesstellen kann, doch auch langfristig ausschliesslich positiv: Der Rückhalt für ISAF unter den örtlichen Gegnern der Aufständischen wurde gestärkt weil man Vertrauen aus der Aktion schöpfte, die Bereitschaft der Unterstützer der Aufständischen diese auch praktisch zu unterstützen nahm erst einmal ab weil man jetzt Konsequenzen zu befürchten hatte, und die Aufständischen in der Gegend wurden bei dem Luftschlag so empfindllich getroffen, dass sie Monate brauchten, um die Verluste zu regenerieren. Leider haben weder Bundeswehr noch Politik der deutschen Öffentlichkeit diese guten Nachrichten zumuten wollen und haben sich statt dessen weggeduckt.
Memoria | 20. Juni 2015 – 6:51
„Die obige Bewertung „nicht diskussionswürdig“ (durch einen anderen Kommentator) zeigt mir wie sich die Debattenkultur hier verändert hat.
Insbesondere beim Thema Oberst Klein scheint mir eine sachliche und differenzierte Diskussion – sogar bei AG.net – nicht möglich zu sein.“
—————
Bei diesem Thema war die Debattenkultur hier leider schon immer so.
Man ist bei der Beurteilung des Sachverhalts offenbar einfach nicht in der Lage, die beiden Themenkomplexe der Aufarbeitung vor zivilen Gerichten (Kriegsverbrechen/Kein Kriegsverbrechen) und die davon getrennte Untersuchung der militärischen Ereignisse zu trennen.
Letzteres war das, was ich gestern ansprach. Die einschlägigen Berichte dazu, die im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses ganz gut zusammengefasst sind und teilweise auch selbst im Original zu finden sind, kommen da zu einem eindeutigen Ergebnis, nämlich dass der Luftangriff aufgrund einer ganzen Kette von falschen Entscheidungen Oberst Kleins nicht hätte stattfinden dürfen. (BT-Drucksache 17/7400, Seite 204ff).
Selbstverständlich kann man dann persönlich zu dem Ergebnis kommen, dass Oberst Klein damals trotz seiner Verfahrensfehler insgesamt dennoch eine gute Entscheidung getroffen hat, aber das ist eben nicht das, worum es hier geht. Selbst der oben genannte Bericht nimmt diese Differenzierung vor, und räumt ein, „dass Oberst Klein auf Grundlage der ihm damals zu Verfügung stehenden Informationen nach bestem Wissen und Gewissen sowie zum Schutze seiner Soldaten gehandelt hat und die Entscheidung daher nachvollziehbar ist..“
Genau dieses differenzierte Bild, das sich nun aus den verschiedenen Strängen der Aufarbeitung ergeben hat, nämlich:
Verfahrensfehler: JA
Falsche Entscheidung: JA
Entscheidung nachvollziehbar: JA
Kriegsverbrecher: NEIN
können die meisten User hier wohl einfach nicht überblicken. Viel problematischer finde ich noch, dass die Bundeswehr als Institution keinen Weg gefunden hat, aus den Ereignissen dienstliche Konsequenzen für Oberst Klein abzuleiten. Letztlich ist auch das ein Zeichen für mangelnde Fehlerkultur.