USA wollen NATO-Speerspitze verstärken (Update)
Die USA haben zugesagt, die neue Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) der NATO, die Speerspitze, mit Waffen, Gerät und teilweise auch Soldaten zu unterstützen. Die Zusage machte US-Verteidigungsminister Ashton Carter am (heutigen) Montag bei einem Besuch des Deutsch-Niederländischen Korps in Münster, wo er sich gemeinsam mit seinen Kolleginnen aus Deutschland, den Niederlanden und Norwegen über die jüngste VJTF-Übung Noble Jump informierte.
Update: Aus dem Transkript der Aussagen Carters bei der Pressekonferenz in Münster:
I am pleased to announce that the United States will provide many enabling capabilities to the VGATF [Offensichtlich ein Transkriptionsfehler, gemeint ist VJTF. T.W.] . Our support will include ISR, strategic and inter-theater lift, command and control, special-operations capabilities, logistical expertise and assets, and precision joint fire capabilities among others.
We’re doing so following the discussion NATO Secretary General Stoltenberg had with President Obama in the Oval Office a few weeks ago, and I look forward to discussing the specifics with my colleagues further. We’ve discussed it earlier today among the three of us — four of us, but I look forward to discussing it in detail at the defense ministerial in Brussels later this week.
We’re making this commitment to the VJTF because the United States is deeply committed to the collective defense of Europe, as we’ve been for decades and always will be. And we welcome the contributions of NATO allies are making also.
Dazu die Meldung von AP:
The US will contribute weapons, aircraft and forces, including commandos, for Nato’s rapid reaction force, the defense secretary, Ash Carter, said on Monday, to help Europe defend against security threats, including Russia from the east and violent extremists from the south.
Under the plan, the US will contribute intelligence and surveillance capabilities, special operations forces, logistics, transport aircraft, and a range of weapons support that could include bombers, fighters and ship-based missiles. It would not provide a large ground force.
Bei der Übung Noble Jump, die vom Korps aus Münster gesteuert wurde, waren die USA bereits mit Blackhawk-Hubschraubern beteiligt (Foto oben).
Nachtrag: Von Carter gibt es auch Transkripte seiner Rede und der anschließenden Pressekonferenz in Berlin.
(Foto: Dutch Airmobile soldiers train the specific skills and drills that come with working together with Blackhawk helicopters of the US Army. Zagan training area, 15 June 2015 – Deutsch-Niederländisches Korps/Evert-Jan Daniels)
Wichtigster Satz bei AP ist: „…It would not provide a large ground force.“
Das bedeutet, die zur VJTF beitragenden Nationen, allen voran Deutschland, sind nicht von ihrem Dilemma unzureichender verfügbarer Heeresstärken entbunden.
Na, können wir mal neugierig sein, wie diese klare Äußerung aus Washington in Berlin schöngered wird, oder folgen jetzt endlich Maßnahmen?
Hier die dazu passende REUTERS-Meldung:
U.S. pledges troops, equipment for NATO rapid response force
https://bw2.link/mhqwu
„Im Westen nichts Neues“….und im Osten auch nicht.
Die „message“ von Carter ist:
1. Europa – insbesondere Deutschland – muß mehr für Sicherheit/Verteidigung ausgeben.
2. US bleibt in Europa committed in erster Linie mit enablern/multipliern
3. Mehr US BotG max. 5000, aber nur wenn Gerät „vorwärts“ stationiert werden kann – Zwischenstationierung in Deutschland ?
4. Erneuerung/Modernisierung des US Nuklear-Dispositiv – stationiert in Deutschland ?
5. Ausbau der BMD-Capabilities – seegestützt in Ostsee und Schwarzmeer ?
6. Die NATO-Rußland-Akte ist obsolet – Ist sie das ?
Klassisches, spieletheoretisches, gegenwärtig fast nur rhetorisches tit-for-tat.
Diese Abschreckungs-/Rückversicherungsstrategie wird so imho nicht funktionieren, denn die „imperiale Überdehnung“ im konventionellen Bereich ist auf beiden Seiten eigentlich schon Realität. Das sieht man aber erst, wenn man eine strategische Gesamtkostenrechnung aufmacht, bei der man z.Bsp die Kosten der Sanktionen gegen Rußland und die Unterstützungskosten für die Ukraine einrechnet (die btw weder der NATO noch der EU angehört), sowie die Kosten für die „Schadensbegrenzungsmaßnahmen“ in ZA/NMO und Nordafrika (Afghanistan, Somalia, Jemen, Irak, Syrien, Libanon, Sudan, Libyen, Mali….).
Und über die imperiale Überdehnung Rußlands braucht man weiter nur zu bemerken, dass diese „Regionalmacht“ eine mindestens 4-fache Regionalmacht ist: Europa/NMO, Zentralasien, Ostasien und die Polarregion.
Beide Seiten sind also im „imperialen Stress-Bereich“.
Dann läuft es also auf ein nukleares Wettrüsten hinaus ? Wollen wir das ?
Das muss doch wie eine schallende Ohrfeige für die Europäer, insbesondere. DEU wirken. IVJTF, noch nicht mal das bekommt ihr hin. Und trotz aller medialer Aufbereitung des Themas, so ist es wohl auch.
Augenmerk bitte auf
Auf dem Päckchen wird FRG stehen.
@bin_dabei:
Richtig. Es ist wohl auch weniger ein „wollen“ als ein „müssen“.
Ich erinnere gerne an die MAN Rental FahrZeuge samt zivilen Kran die für die Übung Falcon Viking in Bergen gebraucht wurden weil man anscheinend nicht mal mehr ausreichend Transportkapazitäten hat.
GM Köpke in seiner Ansprache beim FKH Symposium in Köln:
„Damit wird die Landes und Bündnisverteidigung zum Level of Ambition
Angestrebte Vollausstattung ist nicht über Nacht zu erreichen! 2025 sollte aber realistisch sein .“
Kein Wunder, dass die Balten lieber den amerikanischen Zug statt der deutschen Division nehmen
Minister Carter hat heute in Tallin/Estland nachgelegt. Wenigstens die USA handeln.
http://www.washingtonpost.com/world/national-security/pentagon-to-boost-military-equipment-in-europe-amid-moscow-anger/2015/06/23/a2ad65c5-161c-4478-a414-c6da43119b7b_story.html
Europa braucht nicht ins Baltikum zu verlegen, wir sind schon da!
Denn das Baltikum liegt vor unserer Haustür und ist ein Teil von Europa.
@all
Zum einen habe ich jetzt das Transkript der Pressekonferenz gestern in Münster nachgetragen, bei der Carter die US-Unterstützung der VJTF angekündigt hat.
Zum anderen, wer zu der jetzt als endgültig verkündeten (Voraus)Stationierung von US-Gerät in Deutschland und im Baltikum noch mal mein Interview mit dem kommandierenden General der U.S.Army Europe vom Februar dazu nachhören möchte:
Die Rückkehr der US-Panzer nach Europa
Jetzt rächt sich das die USA ihre schweren Brigaden (170nd und 172nd Infantty Brigade), die noch in Deutschland standen, 2013 aufgelöst haben.
Diese hatten durch ihr Panzerbataillon noch Schlagkraft im Gegensatz zu der gebliebenen Strykerbrigade in Vilseck.
Interessant ist bei der amerikanischen Hilfe, dass es aufzeigt, woran es in Europa mangelt.
OT
Laut HNA: Erster Puma wird heute übergeben!
Neu aus Kassel: Der Puma gilt als weltweit modernster Schützenpanzer . 350 Exermplare hat die Bundeswehr geordert.
Am Mittwoch übergeben Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall Landsysteme den ersten von 350 Puma-Schützenpanzern offiziell an die Bundeswehr – mit jahrelanger Verspätung.
Das Kettenfahrzeug, das den betagten Marder ablösen soll, gilt als das weltweit modernste Waffensystem seiner Art. Es stammt ganz überwiegend aus Kassel und sichert hier bis 2020 direkt 350 Jobs.
„HNA“
wg. Puma: Ich weiß, (bin aus Termingründen aber heute nicht nach Unterlüß gefahren) und greife das später noch mal auf.
Mal eine Frage an die mit mehr Ahnung als ich sie in diesem Bereich habe.
Als „marinierter“ fehlt mir da ein wenig der Durchblick, aber warum wird hier in vielen Kommentaren Schlagkraft mit schweren Panzerverbänden am besten in Korpsstärke gleichgesetzt? Ich dachte immer die Zeit der großen Panzerschlachten auf freiem Felde ist ebenso vorbei wie die Linientaktik.
Immerhin leben wir im Zeitalter der Drohnen und der FK´s sollte da als „Maßstab“ für militärische Macht nicht eher Luftüberlegenheit und Anzahl an FK-Systemen herangezogen werden.
zu den Drohnen:
Wir haben weder vernünftlige für kinetische Einsätze noch haben wir, was eigentlich noch viel schlimmer ist, vernünftiges Gerät (Luftabwehr) um diese doch behäbigen Dinger runterzuholen.
@ht_
naja in einem System der kollektiven Selbstverteidigung ist es ja nicht unbedingt nötig das jedes Mitgliedsland ALLES kann ;)
und meine ernst gemeinte, wenn auch etwas flappsig formulierte, Frage ist damit nicht beantwortet.
es reicht ja letztlich wenn beide Fraktionen genug luftkriegsmittel haben um sicher zustellen, dass für beide seiten der Luftraum contested ist, so dass man Bodenangriffe nur als Schwerpunktwaffe einsetzen kann und nicht flächendeckend alles große was da rum fährt zerstören kann. Besonders Drohnen lassen sich von einem „richtigen Gegner“ ja ohne Probleme bekämpfen.
Und was ist denn das einzige um wirklich Angriffsschwung aufbauen zu können? Die stecken ein bissche was ein und selbst wenn der Tank leer ist stehen sie immer noch da und fallen nicht vom Himmel.
Und jeder LFK ist nur so gut wie die Aufklärung und Zielführung weil er sonst zum schlummern in seiner Box verurteilt ist. Und wenn die Heeresverbände dann aus gedeckter oder teil gedeckter Stellung was aufgeklärt haben ist die Stunde der Artillerie oder LFK gekommen.
Das sorgt dann auch dafür das man zum glück keine Korps stärke braucht (könnten wir ja eh nicht an den Feind bringen).
@IstEgal
Die gedankliche Anhänglichkeit an die mechanisierte Kampftruppe speist sich für mich aus drei Faktoren:
1. Man denkt hier über ein hoch-intensives konventionelles Kriegsszenario mit Einsatzgebiet mindestens Ost- und Mitteleuropa nach. Betrachtet man das verfügbare Gerät und dessen Fähigkeiten auf beiden Seiten ist sehr schnell mit massiven Ausfällen bei allen Kategorien von Systemen zu rechnen und einem erheblichen Munitionsverbrauch. Das deutsche Heer ging schon in den 80er Jahren davon aus, allein kämpfen zu müssen, weil die Luftstreitkräfte entweder in der Tiefe des Raumes operierten (battlefield interdiction), ganz andere Probleme hätten (Durchsetzungsfähigkeit im Luftraum) oder schon zu abgenutzt wären (massive Bedrohung durch gegnerische Luftstreitkräfte und Luftabwehr, sowie Angriffe auf Fliegerhorste). Der Heeresfliegertruppe maß man keine wesentlich größere Überlebensfähigkeit zu und angesichts der gegnerischen Fähigkeit zum counter battery fire war die Artillerie auch als extrem gefährdet betrachtet. Und die schiere Anzahl der Systeme ist seit den 80er Jahren weiter abgefallen. Von Wartungsintervallen, Erschöpfung der Piloten und vorhandener Infrastruktur wollen wir gar nicht anfangen. Nehmen sie jetzt noch die projeziert hohen Verschussraten an LFK und Artilleriemunition (z.B. SMArt) im Vergleich zu derzeitigen Beständen und man versteht, warum die Kampftruppe des Heeres sich nicht zu sehr auf Feuerunterstützung in so einem Szenario verlassen will.
2. Der Kampfpanzer und mechanisierte Verbände generell sind auf dem Gefechtsfeld stark gefährdet, weil jeder hinter ihnen her ist. Luftstreitkräfte, Helikopter, Artillerie, Panzerabwehrwaffen der Infanterie, Minen, etc. Das liegt daran, dass sie das durchsetzungsstärkste Element der Bodentruppen sind. Luftstreitkräfte und LFK können Truppen angreifen und womöglich sogar Gelände verwehren, aber kein Gelände nehmen und halten. Auch in der Unterstützung von Infanterie, die das am besten kann, sind sie weniger zuverlässig, als mechanisierte Einheiten. Edward Luttwak hat einmal einen Vergleich zwischen den Fähigkeiten eines mechanisierten Verbandes und denen eines Verbandes leichter Infanterie mit Panzerabwehrflugkörpern durchgeführt und kam zu dem Schluss, dass der mechanisierte Verband durchsetzungsfähiger und flexibler in verschiedenen Szenarien ist und daher militärisch zu bevorzugen. Wenn alles andere kaputt ist, ist ein abgenutzter mechanisierter Verband noch mehr Wert als ein abgenutzter Verband der Luftstreitkräfte oder Artillerie. Der Panzer wurde ja schon oft totgesagt, aber er ist scheinbar nicht tot zu kriegen.
3. Panzer sind symbolisch. Das ist einer der Gründe, warum bei den Abrüstungsrunden der letzten Jahrzehnte in ganz Europa das martialische Großgerät immer länger überlebt hat, als andere Truppenteile, die aber querschnittlich sinnvoller gewesen wären. Wen interessiert, dass wir keine Feldinstandsetzungsfähigkeit oder begleitende Flugabwehr mehr haben, Hauptsache die Panzer sind noch da! Das die ohne diese Unterstützung recht zügig nicht mehr da wären, hat man geflissentlich ausgeblendet.
Die Anhänglichkeit an das Korps speist sich vermutlich aus der reinen Überlegung, dass eine bestimmte Anzahl an Systemen zur Abdeckung eines geographischen Raumes, der Durchhaltefähigkeit der Verbände und der taktischen Flexibilität notwendig seien.
Wie letztenendes ein konventioneller Konflikt in diesem Umfang aussähe, kann derzeit wohl niemand sagen. Mit den derzeit verfügbaren Größenordnungen und Fähigkeiten wurden kaum im realen Einsatz Erfahrungen gemacht. Faktoren wie die Robustheit und elektronische Störanfälligkeit der Systeme, Versorgung und Instandhaltung kommen ebenso hinzu wie die stärker werdende Zersiedelung des Einsatzraumes. Im Gegensatz zu früheren Übungen könnte man nicht mehr einfach sagen Ortschaften werden umgangen und die Bevölkerung ist evakuiert.
Meine 2 cent zur Panzerfixierung.
Oha, der DBwV war heute im MoMa sehr deutlich, auch auf der Homepage. Irgendwie zum richtigen Zeitpunkt, denn heute ist doch das NATO-Treffen in Brüssel, oder? Und tatsächlich, Steinmeir sprach von der gefährlichsten Zeit seit dem 2. WK. Das hätte ich nicht erwartet. Aber wen interessiert das schon :-(
Sowas fällt hierzulande auf: Ein US-Panzertransport auf der Schiene durch Österreich.
http://www.heute.at/leser/art23650,1175497