Kasdorf sieht ‚Trendwende‘ bei der Ausrüstung, gute Personallage beim Heer
Der scheidende Heeresinspekteur Bruno Kasdorf hat im Interview der Woche des Deutschlandfunks am (heutigen) Sonntag (erneut) eine Bilanz seiner Amtszeit und der Situation des Heeres gezogen. Das Interview im Wortlaut ist hier nachzulesen.
Allerdings, das kann man wohl so sagen, äußert sich der Generalleutnant da doch vorsichtiger – oder: nicht so knallig – wie in vorangegangenen Äußerungen der vergangenen Wochen. Unter anderem auf die Frage, was für eine Vollausstattung des Heeres erforderlich wäre und was es kostet:
Na ja, ich denke, das werden wir nicht kurzfristig bekommen können – dafür haben wir auch die industriellen Kapazitäten gar nicht –, sondern ich denke eher in einem Zeitraum von zehn Jahren, bis 2025, und dann sollte das hoffentlich möglich sein. Und mit dieser Perspektive … wir haben ja jetzt schon eine entsprechende Trendwende – die auch eingeleitet wurde durch die Ministerin – in die richtige Richtung, und den Weg müssen wir konsequent fortsetzen.
Auf die Frage nach der Personalentwicklung äußert sich Kasdorf recht zufrieden:
Ausgesprochen positiv. Also viele glauben mir das nicht, wenn ich das darstelle, aber es ist tatsächlich so, und zwar ganz unabhängig von den jeweiligen Dienstgradgruppen. Man könnte ja annehmen, bei den Offizieren tun sie sich ein bisschen leichter und bei den Mannschaftssoldaten schwerer – das ist aber nicht der Fall. Wir haben bei den Offizieren im Schnitt sechs Bewerber auf einen freien Dienstposten. Bei den Feldwebeln ist das Verhältnis 3,5/4 zu Eins und bei den Mannschaften haben wir immer noch 2,5 zu Eins, sodass wir unsere Reihen ganz gut füllen können, auch wenn es um die Qualität geht, und das ist ja auch wichtig. Und gerade unsere Menschen machen wirklich den Unterschied. Das ist mir noch viel wichtiger, als das Material. Und wenn ich die betrachte, was die jeden Tag leisten, was sie auch in den Auslandseinsätzen geleistet haben, was sie auch im internationalen Vergleich leisten, dann sind wir dort so aufgestellt, dass diese Soldaten wirklich auch international Ihresgleichen suchen. Deshalb spreche ich auch ganz gerne von einem „Weltklasseheer“. Viele gucken mich an und sagen: ‚Wie verträgt sich das denn dann mit der nichtvorhandenen Vollausstattung?‘ Dann verweise ich immer darauf, dass ich sage: Man muss es einfach mal auch im Vergleich sehen. Und im Vergleich stehen wir schon ganz schön gut da.
Gerade beim Thema Material war der Heeresinspekteur schon mal deutlicher. Zum Beispiel im Interview der Süddeutschen Zeitung im Mai, aber auch, ebenfalls im Mai, bei einer Rede vor dem Förderkreis des Heeres:
Das Deutsche Heer verfügt über moderne und unserem Anspruch als Hochtechnologienation entsprechende Ausrüstung – aber nicht in dem erforderlichen Umfang! (…)
Das Schließen dieser Lücken kann nur gelingen, wenn das Heer hinreichend finanziert ist. Ich habe 2012 einen Investitionsbedarf von jährlich ca. 2,5 Milliarden Euro alleine für das Heer festgestellt und diesen Kurs auch in der Öffentlichkeit vertreten. Bis 2015 wären dies ca. 30 Milliarden Euro gewesen!
Dem stehen seither lediglich bis zu 1,7 Milliarden Euro pro Jahr tatsächlicher Investitionen gegenüber. Dies hat zur Folge, dass bereits heute mehr als vier Milliarden Euro für wichtige Projekte des Heeres fehlen – ein beträchtlicher Rückstau.Ab dem kommenden Jahr wurde zwar ein anteiliger Investitionsumfang für das Heer von ca. 8,6 Milliarden Euro in der Finanzbedarfsanalyse 2016 zugebilligt. Aber wenn Deutschland – und an seiner Spitze das Deutsche Heer – seiner Verantwortung in der NATO in dem von der Politik angestrebten Umfang und mit hoher Qualität gerecht werden will, ist das nur die Spitze des Eisbergs. Denn eine Vollausstattung bedeutet die Ausrüstung jedes Verbandes und jedes Soldaten des Heeres mit dem Gerät, was er auch im Einsatz benötigt.
(zitiert nach Infobrief Heer/Sonderbeilage Juni 2015)
Parallel dazu zu lesen: Das Deutschlandfunk-Interview mit Generalinspekteur Volker Wieker Ende Mai.
(Und die Bitte: Kommentare, die nur auf Bruno-Bashing hinauslaufen, sind nicht allzu sinnvoll.)
Sehr geehrter Herr Melber,
nein – Sie sind m.E. keinesfalls altmodisch. Aber vielleicht sind andere schlichtweg schlecht unterwiesen oder auch einfach nur moralisch verkommen.
@Thomas Melber @Hans Sommer — Das ehem. Heeresamt war Arbeitsmuskel für den ehem. FüH. Beide sind Geschichte. Das AHEntwg ist in der Hierarchie und damit in seinem Einfluss eine Stufe tiefer einzuordnen, ebenso wie das KdoH.
Ansonsten, an den politischen Vorgaben ist nun mal nicht zu rütteln. Ich erwarte nichts, nichts Gutes.
@ Hans Schommer 20.45:
„Er wurde selbst ….“ Meine Güte, geht’s noch! Die Männer mit den goldenen Sternen sind genau den gleichen Weg wie viele von uns gegangen. Für mich gilt da nur eines: „Wer Augen hat zu sehen, …“. Und wer in dieser Armee sehen wollte, der konnte sehen. Seit Jahrzehnten. Haben am Ende nur die Sterne gepflückt, die immer rechtzeitig weggeguckt haben?
Klar: Blödsinn, die Sterne können Mann/Frau ja nicht pflücken. Die bekommen sie verliehen. „Im Namen der Bundesrepublik Deutschland ernenne ich …..“. Da nehme ich vor dem o.a. „Oberfeldwebel“ schon eher die Mütze ab. Der sieht noch. Ob er gefragt wird? Die Herren kennen die Antwort – oder?
mal was Wichtiges:
Hat Gen Kasdorf für dieses Jahr schon seine IGF erfüllt?
MkG;)
GebJgBtl 232.
Die BtlStärke ist geschätzt! Das möchte ich nochmal betonen!
Soweit ich weis, sieht es in den anderen GegJaBtl nicht besser aus.
Oben wurde gefragt warum der Dienst langweilig ist. Ganz einfach. Es wird so gut wie keine infanteristische Ausbildung mehr betrieben, geschossen wird vielleicht einmal im Quartal, wenn überhaupt, Übungsplätze finden so gut wie keine mehr statt und von Highlights wie Ausbildung am und mit einem Drehflügler oder dergleichen redet hier gar keiner mehr.
Material fehlt und auch Personal fehlt um Ausbildung durchzuführen, aber es scheitert ja schon oft an Fahrzeugen um auf die Schießbahn oder an den Parkplatz für’n einen Bergmarsch zu verlegen.
Die Jungs wollen was erleben, wollen ausgebildet werden und zeigen was sie können.
Davon sind wir weit entfernt und somit auch von einer Zufriedenheit in der Truppe. Und wer nicht zufrieden ist, geht eben woanders hin.
Alleine die Tatsache, dass durch das von Kasdorf so oft gelobte dynamische Verfügbarkeitsmanagement- keine zufriedenstellende Ausbildung (auch ohne Putin) möglich ist, zeigt wie weltklasse die Bw ist. ……….und wir reden noch nicht über Mun.
@OFw-Infanterie
Dabei sieht es bei den Jagern doch noch eher gut aus, insbesondere bei der Personalgewinnung.
@ OFw-Infanterie | 22. Juni 2015 – 6:55
Danke für Ihre Statements.
Es wird Sie aus mehreren Gründen wenig beruhigen, wenn ich Ihnen schreibe, dass sich Ihre Einschätzung und der Tenor mit der des Kommandeurs Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung, Herrn Generalstabsarzt Dr. Stephan Schoeps, deckt, die er im Interview mit der neuesten Ausgabe der Verbandszeitschrift Die Bundeswehr vorträgt. Er sagte dort seinen unterstellten Frauen und Männern zu, sich darum zu kümmern.
Ich hoffe für Sie und Ihre Kameraden, dass dies Ihre Kommandeure auch tun werden, ja: tun können. Denn Ihre Forderung, dass Infanteristen „raus müssen“, wollen sie ihr Fähigkeitsprofil erhalten, ist verständlich.
Auch der Wehrbeauftragte mahnt erneut eine Vollaustattung an – explizit auch für die Panzergrenadiere:
http://www.tagesschau.de/inland/bartels-bundeswehr-101.html
Aber der InspH redet halt lieber von 2025 und fehlenden industriellen Kapazitäten, anstatt vom militärischen Bedarf.
Und am Ende ist dann halt wieder die Politik Schuld (siehe Wieker-Interview im DLF).
@Sachlicher
Zustimmung und damit die Truppe wieder auf Achse kann, darf man die SKB nicht vergessen. Hier wurde durch die Neuausrichtung so viel kapputgespart, dass umfangreiche Übungen gar nicht mehr möglich sind.
Über das Personalfehl noch gar nicht geschrieben.
SKB und ZSan – das DVM für Fähigkeiten!
@Thomas Melber
Nach engpassorientierter Fähigkeitanalyse erkennt man sofort die Spaßbremsen.
@ Thomas Melber | 22. Juni 2015 – 8:34
Ich verstehe Ihre Aussage nicht.
@Sachlicher
In der SKB hat man doch die „Querschnittsaufgaben“ der Sk gebündelt, die vormals bei der Truppe direkt angedockt waren (z.B. ABC, Pi).
Da aber die Truppe diese Fähigkeiten nie gesamt zeitgleich nutzt (DVM !) hat man wohl Einsparpotential gesehen.
@ OFw-Infanterie | 22. Juni 2015 – 6:55
sehr mutig und auch richtig von Ihnen hier mal Ross und Reiter zu nennen.
Attraktiv ist der Standort allemal, wenn auch nur landschaftlich.Die Anreise der aus überwiegend ostdeutschen Soldaten beansprucht jedes Mal eine Tagesreise. Abfahrt Sonntag, bereits in den Mittagsstunden um rechtzeitig mit der Bahn nach Berchtesgaden zu kommen. Leider wurde der Standort “ Schneeberg“ für die Gebirgsjäger aufgrund der Bundeswehrreform aufgelöst. Somit liegt jeder Standort in Oberbayern. Hinsichtlich des Konflikt in der Ukraine liegt der Standort extrem ungünstig. Zudem ist der benötigte Wohnraum sehr sehr teuer.
@OFw-Infanterie | 22. Juni 2015 – 6:55
Zunächst, ich möchte in der beschriebenen Lage nicht mit Ihnen tauschen wollen, dramatisch. Da macht wohl kaum noch etwas Spaß.
Trotzdem aus sehr langjähriger Erfahrung fragende Hinweise, die ich allerdings infanterisch gesehen im norddeutschen Flachland hatte, zu W-18/W-15 Zeiten.
Fahrzeuge waren einsatzbereit in Btl genug verfügbar. Trotzdem blieben sie stehen, weil mit SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT zur Schießbahn marschiert wurde, im Zugrahmen, unterwegs im Wettbewerb, Waffen am langen Arm, auch die MG. Nur das VorKdo fuhr. Zurück im Eilmarsch, je sieben km. Zum PzFstSch auf dem benachbarten TrÜbPl wurde marschiert, eine Strecke 15km. Die sPzFst 84mm, je 17 kg, wurden auf dem Ast getragen.
Warum betreiben Sie keine infanteristische Ausb, was wird denn den liegen langen Tag gemacht? Haben Sie durchdachte, ausgearbeitete Vorschläge gemacht, mit Hinweisen zur Durchführung, ohne Meckerattitude.
Wenn dies -aus der Ferne – etwas emotional klingt, ja. Sind meine ersten spontanen Gedanken, als ich Ihren Post las. Nicht aufgeben. Horrido.
Ich komm hier aus dem Kopfschütteln nicht raus. Wie kann ein Mensch mit einem Minimum an Selbstachtung denn solche Interviews produzieren, wenn gleichzeitig die Situation in Wirklichkeit ne ganz andere ist? Wo ist die Grenze zwischen Nichtwissen und Nichtwissenwollen? Als Insp.d.H. wäre es eigentlich seine Aufgabe auf solche Zustände hinzuweisen und der Politik solange auf den Senkel zu gehen bis sich was ändert oder er gegangen wird – nur dann müßte die Politik den Offenbarungseid leisten. Jetzt spielt Kasdorf doch nur brav seine Rolle in diesem peinlichen Schmierentheater als Insolvenzverschlepper der Bundeswehr.
@Thomas Melber | 22. Juni 2015 – 8:48
Danke, jetzt konnte ich das nachvollziehen. Sie schneiden ein sehr komplexes Thema an.
Warum wer in der SKB wieviel Frauen und Männer mit welchen Fähigkeiten und welcher Ausrüstung hat, gehört aber mMn nicht in diesen Thread. Aber ganz sicher ist das so, dass der Heeresinspekteur rechtzeitig formulieren muss, was er denkt wofür zu brauchen oder er bekommt es eben von anderer Stelle oder den Rahmenbedingungen gesagt. Er kann das nicht den nachgeordneten Kommandeuren überlassen-nicht, weil die keine Ahnung hätten wie sie etwas wo anfordern.
Sondern weil es dann zu spät ist. Was strategisch nicht ermittelt und festgelegt, dafür gibt es bei SKB und ZSan keine Ressourcen wie in allen anderen Bereichen auch nicht. Und schauen Sie in die KdB und in die NATO-Papiere, da steht es drin und dafür wird abgebildet.
Und wenn Sie sich bitte ansehen, was operativer Level of Ambition der NATO ist, dann werden Sie schnell feststellen, dass es ohne internationale Harmonisierung der Fähigkeitsdispositive -Leitfrage: Wer stellt mit wem durchhaltefähig welche Fähigkeit?- zumindest außerhalb der USA schwer wird, diesen ohne internationale Zusammenarbeit zu erreichen/zu halten bzw. dass sich ein/der Heeresinspekteur noch rechtzeitiger Gedanken machen muss, wie er sein Heer erfolgreich und durchhaltefähig für mögliche Aufträge vorbereitet bzw. vorhält.
Die Aussagen GenLt Kasdorfs im verlinkten DLF Interview und an anderer Stelle interpretiere ich aber so, dass er sich mit seinem Kommando Heer diese Gedanken gemacht zu haben scheint, Stichworte D/NL und D/POL sowie D/F Zusammenarbeit, die ja weit mehr umfasst, vor allem: umfassen wird, als gegenseitige Offizierausbildung.
Und ich wünsche seinem Nachfolger ganz ehrlich eine ruhige und glückliche Hand dabei, diese Herausforderungen zu meistern.
@ OFw-Infanterie | 21. Juni 2015 – 19:23
„Und Maßnahmen wie der Tag der Bundeswehr verpuffen auf Grund von falscher oder besser gesagt nicht vorhandener Werbung im Nichts. So gut wie keiner der Besucher war im Alter von 16-28. Wie es da woanders ausgesehen hat, weiß ich nicht!“
Diese Aussage verstehe ich nicht. Gerade bei Ihnen in Bischofswiesen hat man vorbildlich den Tag der Bundeswehr mit einem Tag der Schulen verbunden, der zwei Tage vorher bei der Generalprobe durchgeführt wurde: https://bw2.link/Nachwuchswerbung-in-Bischofswiesen
Kasdorf im Deutschlandfunk:
Kasdorf plädierte für weitere Anstrengungen, in Europa die Zusammenarbeit der Streitkräfte zu intensivieren. Die begonnenen Kooperationen mit Frankreich, den Niederlanden, Polen und Österreich seien eine gute Grundlage. Langfristig müsse das Ziel eine europäische Armee sein.
@Jas 21.Juni.2015- 20:01
Ich lese diesen Blog nun schon seit vielen Jahren aufmerksam.Daher ist mir der aktuelle Zustand der Bundeswehr durchaus bewusst.
Ihr Kommentar hat mich allerdings sehr verblüfft bzw schockiert.
Ich ging bisher davon aus, dass auch im Heer2011 die personelle „Vollausstattung“ finanziell hinterlegt ist. ( d.h. alle Plan- Stellen werden finanziert). Sie sagen jetzt allerdings das bei den Kompanien tatsächlich nur 70% des Personal- Solls derzeit finanziert wird. Das wäre ja so ähnlich wie die zukünftige Struktur der Engländer: deren InfKp wird nur noch über 2 InfZg verfügen. ( es geht mir dabei nur um die finanzierte Struktur und nicht um die fehlenden Bewerber)
Meine Frage(n) sind nun:
1. Betrifft das wirklich alle/meisten Einheiten des Heeres und ist das auch tatsächlich für das Heer2011 strukturell geplant ( also InfKP: 105 DP)??
2. oder ist das nur eine Übergangssituation bis die Umstrukturierung abgeschlossen ist? Denn im Moment ist es ja so, Personal wird umgeschichtet/verlagert (z.B. ArtBat wird aufgelöst-> 20% des Personals bleibt bei der Bundeswehr-> dieses Personal wird umgeschult und füllt die InfBat auf. Läuft das überhaupt so??) daher wäre es ja unlogisch die InfKp im Moment zu 100 % zu befüllen so lange die Umstrukturierung nicht abgeschlossen ist. Ansonsten würden die anderen Soldaten ja nicht mehr in der neuen Struktur unterkommen.
Vielleicht ist das gerade auch ein Problem im Heer insgesamt: denn das Heer hat die Personalzahl für das Heer2011, aber die Struktur noch nicht abschließend eingenommen?
Das ist jetzt nur eine Vermutung von mir ich weis nicht ob das so abläuft/stimmt.
Ich hoffe Sie bzw. jemand anderes hier im Blog könnte mir dazu Auskunft geben.
vielen Dank
“ Langfristig müsse das Ziel eine europäische Armee sein.“
Ein Soldat der seine Armee auflösen möchte – rolleyes.
@Stuident:
Das sind sehr gute Fragen.
Ich erlaube mir mal – obwohl nicht angesprochen – das Problem so darzustellen, wie es aus dem Bereich des Personalwesens (BAPErsBw) dargestellt wird:
– Im Bereich der Mannschaften gibt es – nicht nur in der Infanterie – ein dramatisches Delta zwischen Soll und Ist.
– Es fehlt nicht an Bewerbern, sondern an haushalterisch hinterlegten Stellen.
– Diese Entwicklung ist auch durch noch anstehende Auflösungen von Truppenteilen nicht aufzufangen (da ja dort auch schon keine Mannschaften SaZ 4 und mehr eingestellt werden)
– Gleichzeitig hat man die Personalobergrenze (PSM 185) bereits ausgeschöpft.
Daraus kann man schliessen, dass entweder nicht ausreichend höher dotierte Dienstposteninhaber durch Fluktuation und Personalanpassung die Bundeswehr verlassen haben oder das Heer2011 nie komplett im PSM 185 hinterlegt war. (Eine Kombination as beidem ist natürlich auch denkbar).
Dies wiederum zeigt, dass die Argumentation des InspH sehr kurzsichtig, um nicht zu sagen realitätsfern, ist.
Aber Weltklasse ist man halt auch so – irgendwie.
Es wäre sehr interessant, wenn hierzu noch ein paar Wissende etwas beitragen können, da die Diskrepanz zwischen Führung und Truppe erheblich ist.
Mein Eindruck: Es gibt ein strukturelles (!) Verfügbarkeitsmanagement Personal (analog zum DVM), dass man aber bisher ignoriert.
Man ging wohl davon aus, dass bei querschnittlich 70% Material auch 70% Personal ausreichen.
Was nun?
memoria> mhm, keine konkreten Zahlen, aber ganz sicher Wissen… als ich KpChef Inf war (sagen wir mal zwischen 1998 und 2004 ;-)), hatte ich ein ein Fhr-Problem bei fast 100% Mannschaften. Das wurde u.a. durch die Lösung zwei Feldwebel in der Gruppe und stvKpChef gelöst. Als ich BtlKdr war, hatte ich jede Menge Fhr, aber konnte aus 5 (!) Kp gerade mal zwei für den Einsatz generieren. Offiziere hatten keine Züge, geschweige denn Kompanien, Unteroffiziere sind mit drei Mann ihrer Gruppe in die Ausbildung gezogen. Auf Klarstand MG gehe ich gar nicht ein. So schaut unsere Weltklasse aus. Und keiner soll mir vorwerfen, ich hätte das diversen Vorgesetzten und truppenbesuchenden Parlamentarieren nicht gesagt.
Die Personalstärke der BW fällt. Wir waren dieses Jahr schon 181.000 Soldaten, jetzt sind es nur noch 179.800 Soldaten. Aber trotzdem da in den 185.000 Stellen nur 182.500 Stellen für Berufs- und Zeitsoldaten sich befinden sollen und dazu 2.500 Reservistenstellen die 185.000 Obergrenze bilden sollen, fehlen nur 2.700 Stellen auf die ganze BW.
Bei nur 2.700 fehlenen Stellen sollten die meisten Kompanien eigentlich gefüllt sein und man würde den Fehlbestand mehr bei Marine, Luftwaffe und im technischen Bereich erwarten, als in den Heereskompanien. Zumal bei einem 60.000 Heer höchstens 1.800 Stellen das Heer betreffen sollten. Denn rechnerisch sollte der Personalbestand beim Heer damit bei 97 % liegen.
Von jeder Kompanie mit 100 Soldaten müssten also 97 vorhanden sein und damit sollte man nicht so schlecht dastehen. Wenn dies aber offensichtlich in der Praxis ganz anders ist, dann muss die BW entweder tatsächlich die Stärke der Einheiten analog zum dynamischen Verfügbarkeitsmanagement geplant haben oder es muss zuviele Soldaten auf Führungs- und Bürokratenstellen geben, die dann in den Infanterie oder Panzergrenadierbataillonen usw. fehlen.
Wenn die Zahl wirklich stimmt, das die Kompanien tatsächlich nur 70% des Personal- Solls derzeit finanziert wird, auf der anderen Seite 90.000 Dienstposten in der Zivile Verwaltung besetzt sind ergibt sich daraus eine extreme Schieflage.
@ehem. Kdr:
Vielen Dank für die Rückmeldung.
Das deckt sich mit meinem Bild.
Da man auch in Struktur sicheren Verbänden davon ausgeht, dass sich die Lage auch mittelfristig nicht entspannt, legt den Verdacht nahe, dass es sich wirklich um ein strukturelles Problem handelt (die aufzulösenden bzw. aufgelösten Verbände können das ja gar nicht mehr ausgleichen).
Das obige Interview wird – so betrachtet – immer mehr zur Farce.
Oder es fehlt eine entscheidende Information.
Im FKH-Infobrief wurde ja vor einiger Zeit vom Kdo H dargestellt, dass es das Nachwuchsproblem objektiv nicht gebe, es würden lediglich 3.000 Mannschaften im Heer fehlen. Diese seien bald besetzt. Scheint sich bisher nicht so einzustellen.
Nachtrag – hier der Aufsatz von GenLt Kasdorf auf S. 4 unten:
http://www.fkhev.de/fileadmin/user_upload/daten/infobriefheer/InfoBriefHeer_2-2014.pdf
Die 3.000 sollten bis 2017 gewonnen sein.
2016 sollten bereits 2/3 der vakanten Stellen besetzt sein.
Aber ist das das Delta zur Soll/Org?
Beim Blick in so manches Bataillon (nicht beschränkt azf die Infanterie) habe ich da meine Zweifel.
Aber das mag ein eingeschränkter Blick sein.
Zumindest passen die Darstellungen des Inspekteurs und das Lagebild (und Perspektive) an der Basis nicht zusammen.
Schon das ist kein Ruhmesblatt für die Führung.
@ Focusliner, 23. Juni 2015 – 7:02
Nunja:
Zielumfang Zivilpersonal: 56.000 DP
Aktueller Umfang: 58.500 DP
Anzahl Beschäftigter auf DP: ca. 78.000
Die Diskprekanz zwischen Dienstposten und Köpfen ergibt sich v.a. aus einem recht hohen Anteil von Teilzeitbeschäftigten im Bereich des Art. 87b, welcher sich so in der Truppe kaum abbilden lässt.
Ich hatte in meiner bisherigen Laufbahn das Vergnügen 3 Einheiten unterschiedlichster Couleur zu führen.
Als ich die Führung meiner erste Kompanie übernahm (eigentlich nur ZgFhr aber der Chef war insgeamt etwa 2 Jahre abwesend und der Stv ebenso), hatte mich mein Spieß dringend darum gebeten, sofort eine Arbeitsgliederung einzunehmen und nicht wie mein Vorgänger (sry!) an der STAN-Gliederung festzuhalten. Da ich mir dachte, mein Vorgänger wird sich schon was dabei gedacht haben, blieb ich erstmal dabei…. und zwar ganze 4 Wochen. Danach machte ich aus 4 Zügen 2 Züge.
Etwa 2 Jahre später führte ich die nächste Kompanie. Sie befand sich bereits in einer Arbeitsgliederung. Ich behielt es bei. Verkleinerte jedoch nochmal die Zahl der Gruppen in den einzelnen Zügen.
Leider wurde die Kompanie nach etwa einem Jahr aufgelöst (ich glaube bis heute fest daran, dass es nicht an mir lag … ) und so bekam ich die Gelegenheit eine dritte Kompanie für etwa 3 Jahre zu führen.
Die Kompanie befand sich in einer Arbeitsgliederung (2 statt 5 Züge) und ich behielt es bei. Grund war auch hier eklatanter Personal- und Materialmangel. Die Stellenbesetzung lag bei etwa 70%. Dann kamen noch so Kleinigkeiten wie Urlaub, Krankheit, Elternzeit, Lehrgang, …. Unsere Tagesdienststärke lag in der Regel zwischen 30% und 50%. In der Ferienzeit konnte es auch schonmal stark Richtung 20% tendieren.
In den Nachbarkompanien im Verband sah es nicht wirklich anders aus.
Es handelte sich übrigens um einen Verband, den man nach damaliger Lesart zu den Eingreifkräften zählte.
Wohlgemerkt das soll hier keine Verunglimpfung darstellen. Lediglich eine möglichst objektive Schilderung meiner Erlebnisse in 6 Jahren als Kompanieführer/ Chef.
Ich kann nur noch das ergänzen was der ehemalige Kdr bereits schrieb, ich kann mir selbst nicht vorwerfen, nichts gesagt zu haben. Jeden Truppenbesuch (Wehrbeauftragter, Parlamentarier, Inspekteur, …) habe ich genutzt, die Lage so sachlich, angemessen und realistisch wie möglich darzustellen.
@DRK,
stimmt so auch nicht;
Die Verschlankung des zivilen Personalkörpers der Bundeswehr und des Bundesministeriums der Verteidigung schreitet weiter voran. Seit Beschlussfassung 1999 wurden bis Ende des Jahres 2014 im gesamten Bundeshaushalt über alle Ressorts hinweg rund 126.600 Haushaltsstellen abgebaut. Davon entfallen mit 113.100 Stellen rund 89% auf den Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums. Abweichend von der ursprünglichen Zielsetzung die zivilen Stellen auf 55.000 Vollzeitstellen zu reduzieren, verbleiben nunmehr 1.000 zusätzliche Stellen im Verteidigungsressort. Diese entstehen mehrheitlich durch den Verbleib des Travel Management und des Campusservice der Personalabrechnung im Geschäftsbereich des BMVg.
Der Abbau der Stellen wurde größtenteils durch die Neuausrichtung der Streitkräfte und durch die neue Organisationsstruktur der Bundeswehr erzielt. Der derzeitige Personalüberhang von rund 23.300 Stellen soll in den kommenden Jahren sozialverträglich abgebaut werden. Derzeit wird davon ausgegangen, dass der Verteidigungshaushalt jährlich um etwa 2.200 zusätzliche Vollzeitstellen entlastet werden kann.
@DRK
stimmt so auch nicht !!!!
Die Verschlankung des zivilen Personalkörpers der Bundeswehr und des Bundesministeriums der Verteidigung schreitet weiter voran. Seit Beschlussfassung 1999 wurden bis Ende des Jahres 2014 im gesamten Bundeshaushalt über alle Ressorts hinweg rund 126.600 Haushaltsstellen abgebaut. Davon entfallen mit 113.100 Stellen rund 89% auf den Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums. Abweichend von der ursprünglichen Zielsetzung die zivilen Stellen auf 55.000 Vollzeitstellen zu reduzieren, verbleiben nunmehr 1.000 zusätzliche Stellen im Verteidigungsressort. Diese entstehen mehrheitlich durch den Verbleib des Travel Management und des Campusservice der Personalabrechnung im Geschäftsbereich des BMVg.
Der Abbau der Stellen wurde größtenteils durch die Neuausrichtung der Streitkräfte und durch die neue Organisationsstruktur der Bundeswehr erzielt. Der derzeitige Personalüberhang von rund 23.300 Stellen soll in den kommenden Jahren sozialverträglich abgebaut werden. Derzeit wird davon ausgegangen, dass der Verteidigungshaushalt jährlich um etwa 2.200 zusätzliche Vollzeitstellen entlastet werden kann.
@ T.W.: Diesen Diskussionsstrang vlt. ins Bällebad?
@ Focusliner: Und wo widersprechen wir uns nun genau?
ehem. Kdr | 23. Juni 2015 – 4:33:
„memoria> mhm, keine konkreten Zahlen, aber ganz sicher Wissen… als ich KpChef Inf war (sagen wir mal zwischen 1998 und 2004 ;-)), hatte ich ein ein Fhr-Problem bei fast 100% Mannschaften. Das wurde u.a. durch die Lösung zwei Feldwebel in der Gruppe und stvKpChef gelöst. Als ich BtlKdr war, hatte ich jede Menge Fhr, aber konnte aus 5 (!) Kp gerade mal zwei für den Einsatz generieren. Offiziere hatten keine Züge, geschweige denn Kompanien, Unteroffiziere sind mit drei Mann ihrer Gruppe in die Ausbildung gezogen. Auf Klarstand MG gehe ich gar nicht ein.“
Werter „ehem. Kdr“,
im von Ihnen benannten Zeitfenster gab es die von Ihnen geschilderte Lage in keinem unserer aktiven Infanterieverbände. Sie sollten also (für die weniger im Stoff stehenden Kommentatoren und Leser in diesem Blog) deutlich herausstellen, dass Sie
1. über sich als Reservist in einer Verwendung als mob-beorderter Kommandeur und
2. über die Lage bei ihrem Reservetruppenteil schreiben.
Ansonsten laufen Sie Gefahr, dass der Wahrheitsgehalt Ihres oben zitierten Posts in Frage gestellt wird (gelinde ausgedrückt).
@ AuchMalChef | 23. Juni 2015 – 12:45
Werter „AuchMalChef“,
auch Ihnen empfehle ich mal, den geneigten Lesern hier Ihre dienstlichen Verwendungen zur besseren Bewertung Ihres Beitrages etwas näher zu bringen. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass Sie ausschließlich in Auflösungstruppenteilen tätig waren. Das sollten Sie klar herausstellen, anstatt auf der Faden-Welle schwimmen zu wollen.
@ Memoria
vielen Dank für ihre Antwort.
Wenn es nun tatsächlich so ist, dass zukünftig nur noch 70% des Personal-Solls in den Einheiten abgebildet wird wäre das eine neue Dimension; ja fast ein Skandal. Das Heer2011 wäre somit nicht nur aufgrund des Materialmangels strukturell hohl!! Bisher wurde dies auch überhaupt nicht von Seiten der Führung kommuniziert und es würde dem erklärtem Ziel „Stärkung der Basis“ genau entgegenwirken.
@T.Wiegold
Am liebsten würde ich meine oben geschriebene Frage direkt dem InspH vortragen. Da ich dazu allerdings vermutlich nie die Gelegenheit haben werde: Könnten Sie vielleicht falls Sie der BW/Heeres-Führung begegnen nachfragen ob es ein geplantes Dynamisches Verfügbarkeitsmanagement für das Personal gibt??
Da bisher noch nichts in diese Richtung kommuniziert wurde glaube ich, dass das Ziel weiterhin ist: 100% des Personal-Solls zu haben. Ich glaube auch das dies im PSM 185 abgebildet ist. Um die jetzige Situation zu verstehen habe ich eine Theorie von der ich (für unsere Soldaten) hoffe das sie stimmt:
Das Heer ist an die Personalobergrenze ( ich gehe im folgenden zur Vereinfachung von 60.000 Soldaten aus) gebunden. Diese 60.000 Mann hat das Heer nun (2015/16) erreicht. Das Bmvg kann nun einen schönen Haken machen. Nur weil dieses Ziel erreicht ist bedeutet es allerdings nicht, dass der Personalkörper „gesund“ ist. Aufgrund der Lage in der Truppe muss man davon ausgehen, dass das Verhältnis der Dienstgradgruppen nicht stimmt. Es gibt schlicht zu viele höhere Dienstgradgruppen im Moment im Heer (wobei die Frage bleibt wo die alle stecken und man könnte ja mal Offizier-Züge bilden :) ) Die einfachste Lösung wäre jetzt vermehrt Mannschaften einzustellen um Lücken zu schließen. Dies würde aber dazu führen, dass die Personalgrenze überschritten wird (z.B. 65.000 Soldaten) denn höhere Dienstgrade scheiden nicht so schnell aus : daher geht das nicht und wäre vermutlich auch nicht finanziell hinterlegt!
Es scheint auch so, dass das ausscheiden gewisser Dienstgrade länger dauert ( oder es war schon immer so vorgesehen) und es daher einen Einstellungsstopp für Mannschaften gibt.
Ergebnis: Der Personalkörper muss langsam gesunden. In den nächsten 2-5 Jahren scheiden höhere Dienstgrade aus der Truppe aus und werden nach und nach mit Mannschaften ersetzt. Wenn das nun der Plan ist wäre die jetzige Situation nur eine Übergangssituation und würde sich mit der Zeit verbessern. Daher lässt sich die optimistische Haltung des InspH leichter erklären: für ihn läuft alles nach Plan ( es ist halt einfach so bei einer Umstrukturierung) und solange genügend Bewerber da sind kann man für die Zukunft sagen es wird alles gut).
Das hilft der Truppe natürlich im Moment nicht aber es gibt Hoffnung.
Die Frage bleibt, sollte es so sein, warum man das nicht einfach kommuniziert.
Wie gesagt das alles war jetzt eine Theorie von mir, mit der ich versuche die Diskrepanz der Wahrnehmungen zu erklären.
Ich hoffe Sie und auch andere könnten mir ihre Meinung zu meiner Theorie sagen.
In diesem Sinne:
Die Hoffnung stirbt zuletzt!
Aus Zeitgründen erst mal nur eine kurze Antwort:
Ich hab‘ mal rumgehorcht. Die Variante, die ich höre:
Div. Einheiten sind noch in der Umstrukturierung bzw. in der Auflösung. Dort sind DP gebunden, die nominell dann später anderen Einheiten gehören, die deshalb derzeit unterbesetzt sind.
Klingt das sinnvoll?
Ich kann mich übrigens Hans Schommer nur anschließen: ab und zu etwas mehr Informationen wären nicht schlecht und sehr hilfreich!
Zur Situation beim Personal, jedoch aus dem Jahre 2011:
Zu der Zeit war meine Division im Einsatz. Eine andere Division wurde gerade personell aufgefüllt zur Vorbereitung auf einen kommenden Einsatzzeitraum.
Alle Mannschaftssoldaten, die SaZ werden wollten (bzw. verlängern wollten), konnten dies zwar grundsätzlich werden – jedoch bis auf Sonderfälle mit einer Auflage: (Weiter-)Verpflichtung nur in Verbindung mit der Versetzung in einen Verband dieser anderen Division.
Ist das heute so auch noch zu beobachten?
@ Hans Schommer:
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich keine Truppenteile benennen möchte.
Alle Truppenteile und Standorte existieren noch, wenn auch nicht mehr in der damaligen Form. (da kam eine neue Struktur mit Regimentern dazwischen)
Lediglich in meiner zweiten Verwendung wurde die Kompanie aufgrund einer Änderung der STAN „umgegliedert“ (aufgelöst).
Ich war auch nicht als Reservist für wenige Wochen in Verantwortung sondern als aktiver Soldat den gesamten Zeitraum.
Ich bin mir nicht ganz sicher, was Sie mit Faden-Welle meinen. Ich habe aber versucht meine eigenen Wahrnehmungen und Erfahrungen widerzuspiegeln ohne übertriebene Häme oder Verunglimpfung. Weder bezüglich der Truppe noch GL Kasdorf.
@T.W.:
So komplett glauben kann ich das nicht, da die meisten umzugliedernden oder aufzulösenden Verbände bereits Geschichte sind bzw. nicht mehr nennenswert Personal vorhalten (siehe Realisierungsplanung Heer2011).
Zudem ist in den Verbänden mit Nachwuchssorge nicht bekannt, dass erheblich Personal (zT. dreistellige Bedarfs) bis 2017 zuversetzt wird (wäre ja dann auch mal wichtig zu wissen für Infrastruktur, Ausbildung, Übung, etc.).
Auch die Nachwuchsgewinnungsorganisation geht davon aus, dass es kein temporäres Problem der Umstrukturierung ist.
Aber da sind meine Informationen nur Ausschnitte.
Nur bin ich bei positiven, aber bedingt stringenten, Schilderungen aus Berlin, Bonn und Strausberg mehr und mehr skeptisch.
Vielleicht kann ja noch jenand etwas mehr beisteuern?
Hier zur Veranschaulichung die so weitgehend umgesetzte Realisierungsplanung:
http://augengeradeaus.net/wp-content/uploads/2012/06/Realisierungsplan-Heer.pdf
Die noch ausstehenden Auflösungen sind weitestgehend bis Ende 2015 geplant (und dort sitzt also massenhaft Personal rum, das bald in anderen Verbänden, nicht nur in der Infanterie, verwendet wird?).
Zudem werden personalintensive Verbände noch vor 2017 aufgestellt (JgBtl 1 u. JgBtl 413).
Entweder ich verstehe es nicht oder die Umstrukturierungsargumentation ist erneut eine Schutzbehauptung der militärischen Führung.
Weltklasse…
Man sollte was die Personalproblematik angeht vielleicht mal etwas tiefer in die Materie schauen.
Als Beispiel nehmen wir 100 Dienstposten die SollOrg und Haushälterisch hinterlegt sind.
Das ist die erste Voraussetzung um das ganze betrachten zu können. Wie dort die realen Zahlen aussehen kann nur das PersAmt beantworten. Aber wir gehen in diesem Beispiel mal von den 100 aus.
1. In der Regel hat man aufgrund von Personalfluktuation im Rahmen von Dienstzeitende eine Vakanz von circa 10 Prozent. Nicht jeder Dienstposten kann sofort nachbesetzt werden was aufgrund der vielfältigsten Gründen auch durchaus nachvollziehbar ist.
z.B: falscher Standort, falscher Eingangsberuf, keine Bewerber für die Tätigkeit usw.
2. Bevor die Soldaten die Bundeswehr verlassen haben viele Anspruch auf BFD Maßnahmen. Daher stehen sie der Truppe nicht mehr zur Verfügung. Wenn man gut ist hat man sie auch vom Dienstposten entfernt und die auf einen DPäk (Dienstpostenähnliches Konstrukt) gesetzt. Trotzdem zählen diese Menschen zum Gesamtumfang hinzu. Wir sind wieder in einer Größenordnung von bis zu 5 Prozent.
3. Jede Einheit schleppt mittlerweile einen Krankenstand von bis zu 10 Prozent mit sich rum, die dauerhaft nicht verwendungsfähig sind. Die Gründe hierzu sind vielfältig und ich möchte Sie nicht in Abrede stellen. Aber die Männer und Frauen fehlen und sie besetzen weiterhin Dienstposten. Und im Gegensatz zur Zivil Wirtschaft werden wir diese nicht los.
4. Viele Verwendungen brauchen heutzutage jahrelange Ausbildung in Schulen und anderen zentralen Ausbildungseinrichtungen. Auch wenn die Erst ATN (Ausbildungstätigkeitsnummer) in der Laufbahn erfolgte, hat jeder Soldat ja mittlerweile zweit und dritt Verwendungen, die im realen Leben wichtiger sind als die Erstverwendung.
Und auch hier sind immer so 2 -3 Prozent unterwegs.
5. Aufgrund von Sozialverträglichen Lösungen machen viele Soldaten nicht in ihrer Stammeinheit Dienst. Sondern sind irgendwo. Dies geschieht auch im Rahmen von Sonderwünsche gewisser Dienststellen und auch diese Soldaten fehlen weil sie in der Regel kommandiert werden und damit weiterhin den Dienstposten in der Einheit blocken. Auch hier bewegen wir uns wieder im Rahmen von 2- 3 Prozent.
6. Und last but not least, die Soldaten die innerhalb der Einheit oder des Verbandes anderweitig eingesetzt werden, für die Tätigkeiten die zwar wichtig sind aber für die es keine Dienstposten gibt.
Als Beispiel seien hier das Freizeitbüro oder Fahrbereitschaft genannt. Auch hier landen wir schnell bei 5 Prozent.
Wenn wir jetzt das alles zusammen zählen habe ich im normalen Dienstbetrieb schon ein Fehl von bis 35 Prozent und wenn wir jetzt unsere hundert Dienstposten aus dem Beispiel nehmen sind nur noch 65 Soldaten da.
Und da liegt die Krux die in den hohen Ebenen nicht erkannt werden will oder kann.
@ Buche
Faktor Gleichzeitigkeit und das überall, ich kann es nicht glauben
@Buche
….und deshalb fahren Betriebe und andere Nationen mit mind. 120% Personal, 100% benötigt man um ein Auftrag durchzuführen.
@ T.Wiegold
sind Sie heute bei der offiziellen Puma Übergabe bzw. gibt es einen Beitag von Ihnen?
@Buche:
Die Zahlen kommen mir bekannt vor. Kann ich so auch bestätigen.
@SL8810
Wie schon in einem anderen Thread gesagt: Nein, bin heute nicht in Unterllüß; sehe aber zu, dass es noch zu einem gesonderten Eintrag kommt.
Damit das Warten auf den T.W Puma-Beitrag nicht so lange dauert: https://bw2.link/I42Gi
@Buche:
Und wenn man dann noch die ca. 30% nicht haushalterisch hinterlegten Stellen dazu nimmt, dann kommt man wohl auf das Debakel in vielen Kompanien.
Aber die Personallage ist ja laut InspH „gut“ – solange es mehr Bewerber als Stellen gibt?
Hoffentlich gibt es hier noch von verschiedenen Seiten weitere Informationen zu dengenauen Personalplanungen des Heeres (die Begründung nicht abgeschlossene Umtrukturierung kann ich weiter nicht nachvollziehen).
Ich hoffe Diskussion wendet sich nicht wieder dem Material u.ä. zu.
Die Themen Personal und Ausbildung werden immer wichtiger – aber sind eben nicht so anschaulich wie Hubschrauber, G36, Puma, MKS180, etc