Kasdorf sieht ‚Trendwende‘ bei der Ausrüstung, gute Personallage beim Heer
Der scheidende Heeresinspekteur Bruno Kasdorf hat im Interview der Woche des Deutschlandfunks am (heutigen) Sonntag (erneut) eine Bilanz seiner Amtszeit und der Situation des Heeres gezogen. Das Interview im Wortlaut ist hier nachzulesen.
Allerdings, das kann man wohl so sagen, äußert sich der Generalleutnant da doch vorsichtiger – oder: nicht so knallig – wie in vorangegangenen Äußerungen der vergangenen Wochen. Unter anderem auf die Frage, was für eine Vollausstattung des Heeres erforderlich wäre und was es kostet:
Na ja, ich denke, das werden wir nicht kurzfristig bekommen können – dafür haben wir auch die industriellen Kapazitäten gar nicht –, sondern ich denke eher in einem Zeitraum von zehn Jahren, bis 2025, und dann sollte das hoffentlich möglich sein. Und mit dieser Perspektive … wir haben ja jetzt schon eine entsprechende Trendwende – die auch eingeleitet wurde durch die Ministerin – in die richtige Richtung, und den Weg müssen wir konsequent fortsetzen.
Auf die Frage nach der Personalentwicklung äußert sich Kasdorf recht zufrieden:
Ausgesprochen positiv. Also viele glauben mir das nicht, wenn ich das darstelle, aber es ist tatsächlich so, und zwar ganz unabhängig von den jeweiligen Dienstgradgruppen. Man könnte ja annehmen, bei den Offizieren tun sie sich ein bisschen leichter und bei den Mannschaftssoldaten schwerer – das ist aber nicht der Fall. Wir haben bei den Offizieren im Schnitt sechs Bewerber auf einen freien Dienstposten. Bei den Feldwebeln ist das Verhältnis 3,5/4 zu Eins und bei den Mannschaften haben wir immer noch 2,5 zu Eins, sodass wir unsere Reihen ganz gut füllen können, auch wenn es um die Qualität geht, und das ist ja auch wichtig. Und gerade unsere Menschen machen wirklich den Unterschied. Das ist mir noch viel wichtiger, als das Material. Und wenn ich die betrachte, was die jeden Tag leisten, was sie auch in den Auslandseinsätzen geleistet haben, was sie auch im internationalen Vergleich leisten, dann sind wir dort so aufgestellt, dass diese Soldaten wirklich auch international Ihresgleichen suchen. Deshalb spreche ich auch ganz gerne von einem „Weltklasseheer“. Viele gucken mich an und sagen: ‚Wie verträgt sich das denn dann mit der nichtvorhandenen Vollausstattung?‘ Dann verweise ich immer darauf, dass ich sage: Man muss es einfach mal auch im Vergleich sehen. Und im Vergleich stehen wir schon ganz schön gut da.
Gerade beim Thema Material war der Heeresinspekteur schon mal deutlicher. Zum Beispiel im Interview der Süddeutschen Zeitung im Mai, aber auch, ebenfalls im Mai, bei einer Rede vor dem Förderkreis des Heeres:
Das Deutsche Heer verfügt über moderne und unserem Anspruch als Hochtechnologienation entsprechende Ausrüstung – aber nicht in dem erforderlichen Umfang! (…)
Das Schließen dieser Lücken kann nur gelingen, wenn das Heer hinreichend finanziert ist. Ich habe 2012 einen Investitionsbedarf von jährlich ca. 2,5 Milliarden Euro alleine für das Heer festgestellt und diesen Kurs auch in der Öffentlichkeit vertreten. Bis 2015 wären dies ca. 30 Milliarden Euro gewesen!
Dem stehen seither lediglich bis zu 1,7 Milliarden Euro pro Jahr tatsächlicher Investitionen gegenüber. Dies hat zur Folge, dass bereits heute mehr als vier Milliarden Euro für wichtige Projekte des Heeres fehlen – ein beträchtlicher Rückstau.Ab dem kommenden Jahr wurde zwar ein anteiliger Investitionsumfang für das Heer von ca. 8,6 Milliarden Euro in der Finanzbedarfsanalyse 2016 zugebilligt. Aber wenn Deutschland – und an seiner Spitze das Deutsche Heer – seiner Verantwortung in der NATO in dem von der Politik angestrebten Umfang und mit hoher Qualität gerecht werden will, ist das nur die Spitze des Eisbergs. Denn eine Vollausstattung bedeutet die Ausrüstung jedes Verbandes und jedes Soldaten des Heeres mit dem Gerät, was er auch im Einsatz benötigt.
(zitiert nach Infobrief Heer/Sonderbeilage Juni 2015)
Parallel dazu zu lesen: Das Deutschlandfunk-Interview mit Generalinspekteur Volker Wieker Ende Mai.
(Und die Bitte: Kommentare, die nur auf Bruno-Bashing hinauslaufen, sind nicht allzu sinnvoll.)
Wie viele der Stellen insgesamt haushälterisch hinterlegt sind ist leider nicht so leicht nachzuvollziehen. Ich habe in der Vergangenheit große Unterschiede erlebt. Von bis zu einem ganzen Zug der finanziell nicht existent ist bis zu ihr kriegt 120 Prozent.
Allerdings muss man auch noch den Punkt Ausbildung des Personals mehr in den Fokus rücken. Neben meinem angesprochen Punkt 4 haben wir zusätzlich ja auch noch das Problem der verwaltungstechnischen Seite der Einsatzbereitschaft.
Ich sage nur IGF, Impfstatus, unterschriebene Zollerklärung, Ausweisdokumente und so weiter und so weiter.
Selbst wenn ich den Mann oder die Frau habe. Und sie alle erforderlichen Ausbildungen absolviert hat, kommen diese bürokratischen Hindernisse dazu, die sehr viel Zeit und Ressourcen binden.
Und dann kommt noch irgendein Paragraphenreiter um die Ecke der mit Umweltschutzbelehrung, Arbeitsschutzbelehrung, und diversen anderen Papiergeschichten die jährlich zusätzlich gemacht werden müssen einen noch zusätzlich einbremst.
Und vorher führte man schon den Kampf gegen Windmühlen um den Mann oder die Frau ausbilden zu lassen.
@Buche:
Die interessante Frage ist ja weniger wie es mal war, sondern wie es derzeit ist und ab 2017 mit den haushalterisch hinterlegten Stellen sein soll.
Aber wie auch beim Material: Einsatzbereitschaft interessiert eben nicht. Weder die militärische Führung, noch die Politik und offenbar auch nicht die AG-Community.
Aber eigentlich kommt es ja darauf an…
@Memoria
„….. und offenbar auch nicht die AG-Community.“
??
Denke doch, nur AG-Community kann schwer Stellen schaffen und haushalterisch hinterlegen.
Dass wir Probleme mit dem Nachwuchs und dessen Qualifizierung haben, wurde hier wohl schon oft diskutiert.
@Zimdarsen:
„nur AG-Community kann schwer Stellen schaffen und haushalterisch hinterlegen.“
Darum geht es ja auch nicht, es wäre ja zunächst mal interessant zu verstehen was wirklich das Problem ist (laufende Umstrukturierung oder finanziell nicht hinterlegte Struktur).
@Memoria
„Darum geht es ja auch nicht….“
? Dann wars der Erwähnung nicht wert :-)
„… es wäre ja zunächst mal interessant zu verstehen was wirklich das Problem ist (laufende Umstrukturierung oder finanziell nicht hinterlegte Struktur).“
Da gibt es nicht nur ein Problem und somit auch nicht nur eine Ursache.
– Die unzähligen Reformen sind mE das Hauptproblem und dabei wohl hauptsächlich die letzte.
-Die sinkende Attraktivität und Motivation der Bw Angehörigen
– Wirtschaftliche Lage
– Bilddungssystem
-Werteverschiebung
– Abschaffung Wehrpflicht
-Verhältnis SaZ zu BS
– Familienmodelle
-Abhängigkeit vom Partner
-Rentensystem
– Standortfrage
– Zukunftsaussicht
– Planbarkeit
– Einsätze der Bw
– Geldverschwendung
– Alles was modern ist sei gut
– Privatisierung
– Versetzungshäufigkeit
– Fehlendes Vertrauen
– Elternzeit
– Überlastung
– Unterforderung
…und viele Gründe mehr haben zu Problemen in der Personalführung geführt.
@ Zimdarsen | 26. Juni 2015 – 10:13
Und um vielleicht im von Ihnen genannten Bereich „Reformen“ noch zu konkretisieren:
Die ohnmächtige Erkenntnis, dass man in eine Streitkräftestruktur gezwängt ist, welche zu keinem der vorgesehenen Zwecke was taugt, sondern ein Feigenblatt für Unterfinanzierung und Dotierungsgefüge in den Führungsetagen (Wehrverwaltung eingeschlossen) ist.
@Hans Schommer
Ja, auch das ist ein Teil der Realität.
An einem Bsp wird deutlich, dass man in den vergangenen Jahren an sovielen Stellschrauben gedreht hat, dass am Ende nichts mehr zusammenpasst.
Unterofffiziere haben meist mittlere Reife oder Abitur (oft zweiter Bildungsweg), sie haben einen Facharbeiter und ab Feldwebel einen Meister. Nach unzähligen Reformen kam es zur Dienstgradinflation, aber nicht in allen Bereichen. Ein Lfz Nachprüfer kan heute in der Lw noch nicht einmal OStFw werden. Mit seinem Werdegang und all seinen Lehrgängen (Auswahl) ist er ein absoluter Profi.
Dann gibt es Quereinsteiger, kommen mit Meister, sechs Jahre Berufserfahrung und werden als StFw eingestellt. keine Ahnung vom Militär und fachlich im ziv Bereich mental verortet. Da die fachliche Aufgabe bei Streitkräften oft nicht vergleichbar ist, obwohl die Bezeichnung in SASPF ähnich ist, sind sie selbst in diesem Bereich überfordert.
Um das noch zu toppen kommt dann der Offizier 24Jahre als Leutnant mit mittlerer Reife, Fachabitur und Beacholor in die Truppe, die können meist nix und haben oft ein Sozialverhalten, welches oft den Begriff nicht verdient.
Nicht für jeden passt diese Beschreibung und auch vor Jahren gab es gute und schlechte Soldaten, doch das System ist aus den Fugen und nicht mehr einzufangen (TdM hat ihm den Rest gegeben).
Die gleichzeitigkeit der Veränderung hat die Organisation zum Gau geführt. Die Kernschmelze ist im vollen Gange.
@ Buche | 25. Juni 2015 – 8:02
Ich möchte Ihnen persönlich nichts. Und bitte sehen Sie mir die Deutlichkeit nach:
haben wir zusätzlich ja auch noch das Problem der verwaltungstechnischen Seite der Einsatzbereitschaft.
Ich sage nur IGF, Impfstatus, unterschriebene Zollerklärung, Ausweisdokumente und so weiter und so weiter…
Selbst wenn ich den Mann oder die Frau habe. Und sie alle erforderlichen Ausbildungen absolviert hat, kommen diese bürokratischen Hindernisse dazu, die sehr viel Zeit und Ressourcen binden.
Wenn das Administrieren solcher Nebenprozesse, man könnte auch sagen Kleinigkeiten, solche Probleme bereitet, dann liest sich das spannend. Mit ein wenig Optimierung dürfte das von Ihnen Benannte aber in den Griff zu bekommen sein.
Für den Bereich Disziplinar- und Beurteilungswesen, u.ä. Kernprozesse von Personalverwaltung sollte man Ihren Anmerkungen gegenüber aufgeschlossen sein.
Und dann kommt noch irgendein Paragraphenreiter um die Ecke der mit Umweltschutzbelehrung, Arbeitsschutzbelehrung, und diversen anderen Papiergeschichten die jährlich zusätzlich gemacht werden müssen einen noch zusätzlich einbremst.
Führen durch Einsicht scheint nicht die Stärke Ihrer „Paragraphenreiter“ vor Ort zu sein. Leider. Es wird Sie wenig trösten, wenn ich Ihnen schreibe, dass dies in jener Branche auch wenig verbreitet ist. Dennoch ist das sich dran halten ein Akt von Professionalität, der sich meist durch nachdenken und Befolgen von Sicherheitsbestimmungen, die in den seltensten Fällen „reine Friedensbestimmungen“ sind, erfolgreich gestalten lässt und mit Erreichen der notwendigen Handlungssicherheit meist auch reibungsarm umsetzen lässt.
Mit Verlaub: wenn das die Probleme des deutschen Heeres und/oder die Probleme in der/für die Personallage sein sollen, dann hat das Heer keine Probleme. Und auch wenn die „Paragraphenreiter“ wie die Hilfsbremser am Siegeswagen der Nation wirken und als solche oftmals herhalten müssen, sie sind es seltenst tatsächlich.
Also
Wir haben 185000 dp.
Mit fwd!!!
Davon 5000 fwd +10000 fwd plus
=170000 saz und bs
Derzeit 3600 a14+ die nicht in psm 185 hinterlegt sind
=166000 haushaltskarten
Minus ca. 5000 Dpäk umgliederung und aufwachsend spg (mein hamster ist krank)
=161000
Minus bis17 aufzulösende Verbände
=157500
Minus nato, team infanterie, staebe im osten, hamburger Modell, teilzeit, mutterschutz, hil, urlaub, ptbs etc +abteilung Chancengleichheit
=150000
Wenn wir jetzt noch sehen das Mannschaften nicht versetzt werden.
Brig 37 125 /
Brig 23 73 /
Zusammen fast 100’/.
Ich kann verstehen, global betrachtet, dass alles gut ist. Außer bei it.
Ps. Wer versetzt werden möchte. Nicht wbdbt oder Ursula. Nein, die beauftragte für Familie und Dienst. Dann funktioniert das auch mit dem Nachbarn.
Meiner Meinung ist der tot dieser arme die Vergabe von nebenaufgaben an hauptamtliche. Aus langweile resultiert eifer.
@ verlässlicher Realist | 26. Juni 2015 – 14:57:
Meine Güte, ein Alarich ist m.E. schon anstrengend genug! Zumindest Sie können doch wohl auch anders.
@Sachlicher
Vielen Dank.
Willkür ist das Gegenteil von Rechtsstaat und genau den verteidigen wir.
Wer glaubt bessere Verfahren zu haben als vorgeschrieben kann sie ja anwenden, er muss sie nur verantworten.
was nicht bedeutet, dass man die eine oder andere Vorschrift auf ihre Sinnhaftigkeit überprüfen kann/muss. Schlimmer ist, dass alle Vorschriften mitten in der Kaosreform ihre Bezeichnung ändern.