Kasdorf sieht ‚Trendwende‘ bei der Ausrüstung, gute Personallage beim Heer

MARIENBERG/SACHSEN 10MAR2015 - Medientag beim Deutschen Gefechtsverband fŸr die NATO Response Force (NRF) und Interim Very High Readiness Response Force (VJTF) beim Panzergrenadierbataillon 371 in Marienberg/Sachsen (Foto Thomas Wiegold)

Der scheidende Heeresinspekteur Bruno Kasdorf hat im Interview der Woche des Deutschlandfunks am (heutigen) Sonntag (erneut) eine Bilanz seiner Amtszeit und der Situation des Heeres gezogen. Das Interview im Wortlaut ist hier nachzulesen.

Allerdings, das kann man wohl so sagen, äußert sich der Generalleutnant da doch vorsichtiger – oder: nicht so knallig – wie in vorangegangenen Äußerungen der vergangenen Wochen. Unter anderem auf die Frage, was für eine Vollausstattung des Heeres erforderlich wäre und was es kostet:

Na ja, ich denke, das werden wir nicht kurzfristig bekommen können – dafür haben wir auch die industriellen Kapazitäten gar nicht –, sondern ich denke eher in einem Zeitraum von zehn Jahren, bis 2025, und dann sollte das hoffentlich möglich sein. Und mit dieser Perspektive … wir haben ja jetzt schon eine entsprechende Trendwende – die auch eingeleitet wurde durch die Ministerin – in die richtige Richtung, und den Weg müssen wir konsequent fortsetzen.

Auf die Frage nach der  Personalentwicklung äußert sich Kasdorf recht zufrieden:

Ausgesprochen positiv. Also viele glauben mir das nicht, wenn ich das darstelle, aber es ist tatsächlich so, und zwar ganz unabhängig von den jeweiligen Dienstgradgruppen. Man könnte ja annehmen, bei den Offizieren tun sie sich ein bisschen leichter und bei den Mannschaftssoldaten schwerer – das ist aber nicht der Fall. Wir haben bei den Offizieren im Schnitt sechs Bewerber auf einen freien Dienstposten. Bei den Feldwebeln ist das Verhältnis 3,5/4 zu Eins und bei den Mannschaften haben wir immer noch 2,5 zu Eins, sodass wir unsere Reihen ganz gut füllen können, auch wenn es um die Qualität geht, und das ist ja auch wichtig. Und gerade unsere Menschen machen wirklich den Unterschied. Das ist mir noch viel wichtiger, als das Material. Und wenn ich die betrachte, was die jeden Tag leisten, was sie auch in den Auslandseinsätzen geleistet haben, was sie auch im internationalen Vergleich leisten, dann sind wir dort so aufgestellt, dass diese Soldaten wirklich auch international Ihresgleichen suchen. Deshalb spreche ich auch ganz gerne von einem „Weltklasseheer“. Viele gucken mich an und sagen: ‚Wie verträgt sich das denn dann mit der nichtvorhandenen Vollausstattung?‘ Dann verweise ich immer darauf, dass ich sage: Man muss es einfach mal auch im Vergleich sehen. Und im Vergleich stehen wir schon ganz schön gut da.

Gerade beim Thema Material war der Heeresinspekteur schon mal deutlicher. Zum Beispiel im Interview der Süddeutschen Zeitung im Mai, aber auch, ebenfalls im Mai, bei einer Rede vor dem Förderkreis des Heeres:

Das Deutsche Heer verfügt über moderne und unserem Anspruch als Hochtechnologienation entsprechende Ausrüstung – aber nicht in dem erforderlichen Umfang! (…)
Das Schließen dieser Lücken kann nur gelingen, wenn das Heer hinreichend finanziert ist. Ich habe 2012 einen Investitionsbedarf von jährlich ca. 2,5 Milliarden Euro alleine für das Heer festgestellt und diesen Kurs auch in der Öffentlichkeit vertreten. Bis 2015 wären dies ca. 30 Milliarden Euro gewesen!
Dem stehen seither lediglich bis zu 1,7 Milliarden Euro pro Jahr tatsächlicher Investitionen gegenüber. Dies hat zur Folge, dass bereits heute mehr als vier Milliarden Euro für wichtige Projekte des Heeres fehlen – ein beträchtlicher Rückstau.Ab dem kommenden Jahr wurde zwar ein anteiliger Investitionsumfang für das Heer von ca. 8,6 Milliarden Euro in der Finanzbedarfsanalyse 2016 zugebilligt. Aber wenn Deutschland – und an seiner Spitze das Deutsche Heer – seiner Verantwortung in der NATO in dem von der Politik angestrebten Umfang und mit hoher Qualität gerecht werden will, ist das nur die Spitze des Eisbergs. Denn eine Vollausstattung bedeutet die Ausrüstung jedes Verbandes und jedes Soldaten des Heeres mit dem Gerät, was er auch im Einsatz benötigt.

(zitiert nach Infobrief Heer/Sonderbeilage Juni 2015)

Parallel dazu zu lesen: Das Deutschlandfunk-Interview mit Generalinspekteur Volker Wieker Ende Mai.

(Und die Bitte: Kommentare, die nur auf Bruno-Bashing hinauslaufen, sind nicht allzu sinnvoll.)