Fünf Raketen pro Korvette

ROSTOCK 10apr2015 - Korvetten 'Ludwigshafen am Rhein' (F264) und 'Magdeburg' (F261) der Deutschen Marine im MarinestŸtzpunkt Hohe DŸne in Rostock-WarnemŸnde

Die Bundeswehr hat zwar in den vergangenen Jahren etliche neue (Groß)Waffensysteme beschafft, zum Beispiel die Korvetten der K130-Klasse, die gerne als das modernste Kriegsschiff der Welt gepriesen werden. Allerdings haben diese Korvetten wie auch andere Systeme – der Kampfhubschrauber Tiger, der Eurofighter und der neue Schützenpanzer Puma – ein ganz praktisches Problem: Ihre wichtigsten Waffen sind noch nicht einsatzbereit – oder wurden nur in äußerst geringen Mengen bestellt. So gibt es für die Korvetten von ihrer Hauptbewaffnung, dem Lenkflugkörper RBS15 Mk3, gerade mal rechnerisch fünf Stück pro Schiff. Und der neue Schützenpanzer, der am 24. Juni feierlich vom Herstellerkonsortium aus Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall an die Bundeswehr übergeben wird, kann vorerst keine gegnerischen Panzer abschießen. Dafür müssen die Panzergrenadiere, wie schon bisher mit dem jahrzehntealten Marder, vom Schützenpanzer absitzen und eine ebenfalls nicht mehr ganz neue Milan-Panzerabwehrrakete in Stellung bringen. (Nachtrag: Oder, darauf weist ein Kommentar unten hin, die Milan von der Kommandantenluke abschießen.)

Die Details dazu stehen in einem Schreiben von Markus Grübel, Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium,  an den Verteidigungsausschuss des Bundestages vom 21. Mai. Da diese Angaben zum Teil schon in Medien aufgegriffen wurden, hier mal zur Dokumentation die wesentlichen Aussagen:

Tiger

Die Nutzung des Unterstützungshubschraubers Tiger begann am 16. März 2005. Gegenwärtig steht ein Bewaffnungsmix aus dem Lenkflugkörpersystem HOT, den ungelenkten Raketen 70mm und der 12,7mm-Maschinenkanone für den Einsatz zur Verfügung. Die Hauptbewaffnung richtet sich jeweils an den spezifischen Einsatzerfordernissen aus. Die Einsatzreife des Lenkflugkörpersystems PARS 3 LR wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2016 erreicht. Ursächlich für die Verzögerung sind zum einen Probleme während der Serienvorbereitung und beim Anlauf der Serienfertigung und zum anderen Änderungen im Ablauf der erweiterten Einsatzprüfung, die im Schwerpunkt (Schießkampagne im Ausland) erst 2016 stattfinden kann.

Eurofighter

Die Nutzung des Waffensystems Eurofighter begann am 30. April 2004. Gegenwärtig steht ein Bewaffnungsmix aus den Lenkflugkörpern AIM-120B AMRAAM, AIM-9L SIDEWINDER und IRIS-T (mit analoger Schnittstelle) sowie der 27mm-Bordkanone für den Einsatz zur Verfügung. Die Integration des Luft-Luft-Flugkörpers METEOR, als Nachfolger der Bewaffnung mittlerer Reichweite AIM-120B AMRAAM, verläuft planmäßig und wird in der zweiten Jahreshälfte 2017 im Rahmen des internationelen Projektes erwartet, so dass der Lenkflugkörper voraussichtlich ab Anfang 2018 genutzt werden kann. Die Integration des Lenkflugkörpers IRIS-T mit digitaler Schnittstelle ist an die Rollenanpassung gebunden und verzögert sich aufgrund technischer Probleme.

Korvette K130

Die Korvetten K130 wurden wie folgt in Dienst gestellt:
• Braunschweig am 16. April 2008
• Magdeburg am 22. September 2008
•Erfurt am 28. Februar 2013
• Oldenburg am 21. Januar 2013
• Ludwigshafen am Rhein am 18. Dezember 2012 (Indienststellungsfeier am 21. März 2013)

Seit der erfolgreichen Einsatzprüfung am 28. April 2015 ist der Lenkflugkörper RBS15 Mk3 die Hauptbewaffnung der Korvetten K130. Bis dahin war es die Rohrwaffe OTO Melara 76mm. Die Detailauswertung der Einsatzprüfung ist noch nicht abgeschlossen. Daher kann noch nicht abschließend beurteilt werden, ob alle Kriterien für die Abwehr von Überwasserseezielen und die Unterstützung bei der Bekämpfung von Landzielen erfüllt werden. Sollte dies der Fall sein, wird hierfür mit dem Lenkflugkörper RBS15 Mk3 eine weitreichende, effektive und angemessene Bewaffnung zur Verfügung stehen. Für die Ausrüstung aller Korvetten sind 25 Gefechtsflugkörper und vier Telemetrieflugkörper RBS15 Mk3 vorhanden.

Schützenpanzer Puma

Die Genehmigung zur Nutzung wurde am 17. April 2015 erteilt. Seit Kalenderwoche 17/2015 befindet sich der Schützenpanzer (SPz) PUMA im Rahmen der Ausbildung in der Nutzung. Die Hauptbewaffnung besteht aus einer Bordmarschinenkanone im Kaliber 30mm mit unterschiedlichen Munitionssorten. Derzeit verfügt er über die zur Ausrüstung der Panzergrenadiertruppe gehörende Panzerabwehrhandwaffe. Die Bordmaschinenkanone ist mit der Munition „Air Burst (kinetic energy time fuze)“ in der Lage, die (Ziel-)Optiken gegnerischer Panzer zu zerstören und somit deren Feuerkraft zu reduzieren. Zukünftig wird die Waffenanlage MELLS [Mehrrollenfähiges leichtes Lenkflugkörper-System, T.W.] in den SPz PUMA integriert. Damit wird eine Bekämpfung stark gepanzerter Ziele möglich sein. Im Rahmen der Integration wird derzeit die Nachweisführung durchgeführt, welche voraussichtlich bis zum zweiten Quartal 2016 abgeschlossen werden kann. Das erste mit der Waffenanlage MELLS ausgerüstete Serienfahrzeug wäre dann frühestens ab dem ersten Quartal 2018 verfügbar. Der zeitliche Verzug ergibt sich aufgrund unerwartet aufgetretener Schnittstellen- und Vibrationsprobleme sowie Schwierigkeiten bei der Fertigung der Flugkörperstartplattform.

(Archivbild: Korvetten ‚Ludwigshafen am Rhein‘ (F264) und ‚Magdeburg‘ (F261) im April 2015 im MarinestŸtzpunkt Hohe DüŸne in Rostock-WarnemŸünde)