Ein Jahr ‚Islamischer Staat‘ – der ISIS-Debattenthread
NEW MAP Islamic State’s Caliphate territory and borders / click on http://t.co/Za0Vih6M8i #IS pic.twitter.com/EwinV8ZlAb
— CMO-MOC (@magorient) 29. Juni 2015
Da es offensichtlich hier ein sehr dringendes Bedürfnis gibt, über ISIS/IS/ISIL/Daesh recht grundsätzlich zu diskutieren, mache ich mal einen Debattenthread dazu auf.
Mit zwei Leseempfehlungen:
• Vor einem Jahr haben die islamistischen ISIS-Milizen ihr Kalifat ausgerufen und sich zum Islamischen Staat erklärt. Ein Überblick über die Entwicklung in diesem Jahr findet sich unter anderem hier.
• Die Kollegin Rukmini Callimachi von der New York Times beschreibt die Rekrutierung von neuen ISIS-Anhängern… ausgerechnet im ländlichen Amerika: ISIS and the Lonely Young American
(Mir ist bewusst, dass bei diesem Thema bisweilen sehr emotional diskutiert wird und bisweilen auch schon die Grenzen des Vertretbaren überschritten wurden. Deshalb werde ich, wenn nötig, auch sehr hart die Kommentare moderieren. Bereits aufgelaufene Kommentare aus dem Bällebad verschiebe ich hierher.)
Der FRA Ministerpräsident, Manuel Valls, sprach heute von einem „Krieg der Zivilisation“ („nous sommes dans une guerre de civilisation“).
http://www.lepoint.fr/politique/guerre-de-civilisation-quand-manuel-valls-parle-comme-sarkozy-28-06-2015-1940611_20.php
« Nous ne pouvons pas perdre cette guerre parce que c’est au fond une guerre de civilisation. C’est notre société, notre civilisation, nos valeurs que nous défendons »
sowie
http://www.liberation.fr/societe/2015/06/28/le-jour-ou-manuel-valls-parla-de-guerre-de-civilisation_1338778
‚ist halt französisch.
@ Thomas Melber | 28. Juni 2015 – 21:14
Der „Clash of cultures“ war schon in der theoretischen Perzeption von Samuel P. Huntingtons gleichnamigen Buch umstritten.
Das wird es bleiben. Ich kann in dieser Diskussion nur raten Thomas Wiegolds Worte zum Stichwort Entmenschlichung und auch zum Stichwort Kampf der Kulturen diese Diskussion zu antizipieren und die, ja genau, deutsche Militärgeschichte.
Es gibt nicht einen einzigen Grund unser juristisches wie auch moral-ethisches Grundfundament in Frage zu stellen unter dem Gesichtspunkt, ob wir damit auch gewappnet sind, Organisationen wie ISIS zu bekämpfen. Denn das können wir, so integer wie wir sind und wie wir sein wollen.
Es gibt kein richtiges Handeln im Falschen. Ob man das wahr haben will oder nicht, ob man das so sehen will oder nicht: man lässt sich vom Gegner nicht sein Handeln bestimmen, auch nicht moral-ethisch.
Nachbrenner zu: „Notiz. Erstmal alle Kommentare auf moderiert“, da Kommentarfunktion dort bereits gelöscht. (Befand mich im Schreibprozess)
Am 29.06.2014 hat die gefährlichste, erfolgreichste und machtbesessenste Terrororganisation der jüngsten Geschichte ihr Kalifat in Ostsyrien und Nordwestirak ausgerufen, 90 Jahre nach der Auslöschung des bis dahin letzten der Osmanen durch die Jungtürken.
Nach einjähriger Existenz weist das „Kalifat“ eine schier unglaubliche Erfolgsgeschichte auf.
Unter Bezeichnungen wie IS, ISIS, ISIL, DAE’SH ist es gelungen, den Mittleren Osten nachhaltig zu destabilisieren, die Flüchtlingsvölkerwanderung über das Mittelmeer zu beschleunigen und EU-Europa in seinem sozio-kulturellen Selbstverständnis aufzuwühlen.
Egal wie diese Terrororganisation sich nennt, babylonische Sprachverwirrung liegt nicht vor, obwohl das historische Babylon in operativer Reichweite liegt.
Das entscheidende Charakteristikum lässt sich in dem Adjektiv „islamisch/islamistisch“ identifizieren. Dies ist Motivbasis der Freiwilligenwerbung unter Muslimen und politisch / religiös Heimatlosen in Arabien, im Maghreb und in Europa. Übrigens wehrt sich Frau Fahimi, SPD-Generalsekretärin nachdrücklich dagegen, die Terroristen als islamisch zu bezeichnen, da dies ihre Religion beleidige.
Richtig ist, die Religion formt nur die Chimäre, dazu genutzt, die wahren Absichten der herrschenden Clique zu tarnen.
Hinter dem „IS“ steckt eine Gruppe abgehalfteter, sunnitischer
Nachrichtendienstoffiziere eines gewissen Saddam Hussein al-Tikriti. Der angebliche religiöse Anführer Abu Bakr al-Baghdadi stellt das theologische Feigenblatt einer sunnitischen Oligarchie der früheren Baathpartei dar, die eines – wieder -wollen, MACHT! MACHT, die ihnen mit dem Fall Saddams genommen wurde.
Gut kann ich mir vorstellen, dass den @schweren Pionier diese oder ähnliche Gedanken umtrieben, als er formulierte „bedauerlich das T.W. das Thema IS hier im Blog so wenig Raum gibt“.
Diese Einlassung ist tendenziell falsch, @TW hat mit seiner obigen Auflistung zahlreicher Fäden herausgestellt, wer will/wollte kann/konnte sich zum „IS“ äußern.
Allerdings war der jeweilige Anlass, so wie ich es verstehe, nicht der „IS“ als machtpolitisches Phänomen selbst, sondern politische (Nicht)Entscheidungen vornehmlich europäischer Politiker nach militärischen Erfolgen und auf dem Fuße folgenden abscheulichen Gräueln.
Die Frage ist also, ob „AG“, also Herr Wiegold, eine Grundsatzdebatte zum „IS“ anlassunabhängig zulassen kann, oder eben nicht. Ich würde dies begrüßen, Anlass zum -inhaltlichen – Widerspruch habe ich mit meinen wenigen Gedanken u.U. geben können.
Für uns – „den Westen“ (inkl. RUS u.a.) – besteht die Herausforderung darin, daß der IS expansiv ist, auch Richtung Europa, und dabei ist, die arabische Halbinsel (KSA, u.a.) zu destabilisieren.
Ich weiß, eine Binse, aber von daher müssen wir ihn a) eindämmen und b) zurückdrängen und ggf. c) „neutralisieren“.
Allerdings, die Idee des Kalifats ist wieder in der Welt, was per se ja nicht schlecht sein muß. Die Umma sollte sich dann nur schnell und friedlich über die Details einig werden.
Als kleine historische Einflechtung:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mahdi-Aufstand
Als Nachtrag (nota: der Artikel datiert vom August 2005!):
http://www.spiegel.de/politik/ausland/terrorismus-al-qaidas-agenda-2020-a-369328.html
wobei IS dabei ist AQ den Rang abzulaufen.
Es gibt übrigens auch einen Artikel in der FAZ:
„Der Islam will die Welteroberung
Die Kriegsregeln sind flexibel, das Kriegsziel bleibt: Der Greifswalder Althistoriker Egon Flaig über Mohammeds kämpferische Religion.“
In wie weit man sich persönlich oder unsere Gesellschaft bedroht sieht muß jeder für sich entscheiden.
Zum Thema Hollande’s „..nous sommes dans une guerre de civilisation“ und „Kampf der Kulturen“ in Sachen IS etc eine Anmerkung:
„Der heute global entscheidende Konflikt findet nicht zwischen dem Westen und dem Nichtwesten, auch nicht zwischen säkularisierten und religiös geprägten Kulturen statt, wohl aber zwischen Gruppen und Gesellschaften, die sich der normativen Modernisierung aussetzen, und denen, die sich ihr versperren.“ (Otfried Höffe, Quelle: wiki)
Aus dem Blickwinkel von Höffe macht Hollande mit seiner Aussage einen Kommunikationsfehler, denn letztendlich wertet er das Kalifat auf, indem er es nach Huntington’s Theorie:
1. in den islamischen Kultrraum verortet, und
2. einen „Bruchlinienkrieg“ zwischen 2 Kulturräumen (islamisch/westlich) postuliert.
Dabei übersieht er, dass das Phänomen „Kalifat“ in erster Linie/ursprünglich ein Kernstaatenkonflikt im Kulturraum des Dār al-Islām ist – wenn man im Koordinatensystem von Huntington argumentiert.
Richtig ist, dass das Dār al-Harb und das Dār al-Islām sich seit den Kreuzzügen prügeln, obwohl man vorher kulturell koexistiert hat (Schule von Toledo)
Diese Prügeleien haben dann im Laufe der Geschichte den ursprünglichen Bruchlinienkonflikt im Islam (Suna vs Shia) überdeckt.
Hollande nimmt durch „nous“ einen Fehdehandschuh auf, der gar nicht im Namen des Dār al-Islām Frankreich vor die Füße geworfen wurde. Gerade ein Franzose sollte wissen, dass das Kalifat nicht satisfaktions- und salonfähig ist – weder aus westlicher noch islamischer Sicht.
@Klabautermann
Postmoderne Sicherheitspolitiker tun ja geradezu so, als würde das Problem verschwinden, wenn man es nur lange genug dekonstruiert und seine Existenz leugnet, etwa in dem man den IS für irrelevant erklärt.
Man sollte hier aber zwischen Kommunikation und Analyse unterscheien und sich vor allem in der eigenen Analyse nicht von der eigenen strategischen Kommunikation irritieren lassen. Trifft es denn z.B. nicht zu, dass der IS im islamischen Kulturraum verortet ist, und dass seine Sympathisanten fast ausschließlich Muslime sind, und dass die Konfliktgeschichte entlang kultureller Bruchlinien zwischen Orient und Okzident schon sehr lange zurückreicht (übrigens noch vor die Zeit der Kreuzzüge, die nur eine Reaktion auf die vorausgehende islamische Expansion im vormals christlich-europäisch geprägten südlichen und östlichen Mittelmeerraum war)?
Huntingtons Fehler liegen m.E. an anderer Stelle, u.a. seiner Fixierung auf Staaten, die angesichts der wesentlichen nichtstaatlichen Aspekte des Themas der Analyse eher im Wege steht.
@Klabautermann
Geprügelt hat man sich schon vorher(Schlacht am Kap Colonna 982 n Chr), die Kreuzzüge wurden durch den Hilferuf des Basileus(Kaisers) von Byzanz nach Verstärkung/Söldner ausgelöst.
@ThoDan
Die islamisch-arabischen Eroberungszüge begannen bereits um das Jahr 630, wobei die rascheste militärische Expansion bereits früh stattfand. Die Invasionen in Richtung spanische Halbinsel und Frankreich begannen z.B. kurz nach dem Jahr 700: http://www.orientphil.uni-halle.de/sais/material/islamische-geschichte-1/03_text.pdf
@Staatsrechtler
Ich habe ja nur von einem Kommunikations- und nicht von einem Analysefehler geschrieben mit Blick auf die Tatsache, dass in Frankreich ja nun eine ganze Menge muslimische Franzosen leben.
Die Kreuzzüge – im Gegensatz zur originären Reconquista – war imho im Huntington’schen Verständnis die „Mobilmachung“ eines ganzen Kulturraumes gegen einen anderen („Deus lo vult“). Erst im Hochmittelalter wurde die Reconquista Teil des „Heiligen Krieges“.
@Leser0815
Ich hatte mich bewusst auf das mkn erste Treffen zwischen Deutschen und Sarazenen.
@@Klabautermann
Wie definiert man nach Huntington’schen Verständnis , die Feldzüge der Kalifate von Persien bis zur Schweiz?
@ThoDan
Geprügelt hat man sich seit der Schlacht von Covadonga 722. Das waren aber Eroberungs-/Herrschaftsprügeleien und keine Prügelei der Kulturen ;-)
Die Iberische Halbinsel ist m.E.n. ein eher schlechtes Beispiel für einen Religionskonflikt, denn lediglich die zweite (und eigentlich kürzere) Hälfte des Prozesses Reconquista (die übrigens generell nicht als eine Art Feldzug verstanden werden sollte) war von beiderseitigem „Religionszwist“ geprägt. Auch gab es nie zusammenhängende Kampfhandlungen über Jahrhunderte, sondern oft auch Phasen des Friedens, in denen Christen unter Muslimen dienten und andersherum.
Für eine tiefergehende Beschäftigung mit dem komplexen Thema, auch in Zusammenspiel mit den Kreuzzügen, empfehle ich ausdrücklich Literatur von Nikolas Jaspert, der in Deutschland wohl der führende Experte sein dürfte.
@Klabautermann
Was unterscheidet diese von den Schlachten am Río Guadalete, am Jarmuk, an der Brücke ?
@ThoDan
„Wie definiert man nach Huntington’schen Verständnis , die Feldzüge der Kalifate von Persien bis zur Schweiz?“ Das kann ich Ihnen nicht beantworten, denn ich bin kein fundamentalistischer „Huntingtonianer“…..eher das Gegenteil im Sinne von Otfried Höffe ;-)
Mir geht es auch in erster Linie um den rhetorisch-pathetischen Einsatz von populären Schlagworten, die mehrdeutig belegt sind, somit auch völlig unterschiedlich wahrgenommen, interpretiert und instrumentalisiert werden können. Wie die Reaktion auf meinen Kommentar hier zeigt, lenkt das nur von einer nüchternen Analyse der tatsächlichen Bedrohung ab.
@Klabautermann
Genauso betrachte ich die Nennung der Kreuzzüge als auslösendes Moment der Aggression zwischen dem Islam/Kalifaten und Europa/Christenheit.
@ThoDan
Jetzt nehm ich mal Ockhams Rasiermesser und behaupte, dass im (engeren) Sinne von Huntington vor ca. 1800 ein westlich/islamischer Kampf der Kulturen nicht stattgefunden haben kann, denn zum westlichen Kulturraum gehören nun mal die USA und die gibt es als Kernstaat des westlichen Kulturraumes erst seit dem Amerikanisch-Tripolitanischen/Erster Barbareskenkrieg (1801–1805)…….;-)
Die Türkei will offenbar mit 18.000 Soldaten militärisch in das Nachbarland eindringen. (Quelle: Reuters)
Türkischen Medien zufolge ist eine Militärintervention Ankaras in Syrien nur noch eine Frage der Zeit. Tausende Soldaten sollen einmarschieren, den IS schwächen und einen möglichen Kurdenstaat verhindern. Außenminister Mevlüt Cavusoglu dementierte auf einer regionalen Veranstaltung in der Küstenstadt Ordu die Meldungen nicht. „Morgen haben wir eine Sicherheitskonferenz in Ankara. Danach werden wir eine entsprechende Mitteilung herausgeben“, sagte der Minister vor Journalisten. (t-online)
@Klabautermann
Ich kenne Huntington nicht, wage aber zu behaupten, eine der Ursachen des Amerikanisch-Tripolitanischen/Erster Barbareskenkrieg lag in der Tatsache begründet, das die Sarazenen ziemlich früh im Mittelmeer Krieg zur See führten.
Ich meine IIRC es wäre Ibn Walid gewesen.
Andererseits war dieser Krieg etwas anderes als eine klassische Anti Piraten Expedition?
Von ihren Feldzügen gegen Byzanz, die Visigothen und Sizilien/Italien – zur Schweiz ganz abgesehen.
Der Westen ist mehr oder weniger europäischen Ursprungs, mEns ist das früheste was als „europäische Identität“ stiftend gesehen werden kann, das Christentum.
@ThoDan
Uff: „Ich kenne Huntington nicht,………“
Jetzt ist mir klar, warum wir fröhlich aneinander vorbei geschrieben haben. Hoffen wir mal, dass die muslimischen Franzosen Huntington auch nicht kennen ;-)
@klabautermann
Ich finde den Schluss, bis zu den Kreuzzügen lief es zwischen den beiden Gruppen ganz gut, von einigen Business as Usual Kriegen abgesehen, seitdem war da „Krieg der Kulturen“ als fraglich.
Lassen wir das besser glaube ich, das sprengt hier wohl den äußeren Rahmen.
@ThoDan
Es war eher nicht das Christentum sondern das römische Reich und in dessen Folge die katholische Kirche, deren integrative europäische Kraft (Sprache, Kultur, Kunst, Schrift uvm), welche eine europäische Kultur zu entwickeln. Der Glaube/Religion war nur Mittel zum Zweck für die Herrschenden und in seiner Auslegung in Europa doch regional sehr unterschiedlich.
Doch das hilft für die Situation um den IS nicht wirklich weiter und mE doch OT.
„After all, this is not the war between Islam and the West that ISIL want people believe. It’s between the extremists who want hatred to flourish and the rest of the world who want freedom to prosper. They will kill anyone that doesn’t adhere to their warped worldview – Muslim and non-Muslim. They demonstrate that day in, day out.“
http://www.telegraph.co.uk/news/politics/david-cameron/11704576/David-Cameron-We-must-be-intolerant-of-Isil-intolerance.html
Na, wenigstens Cameron hat begriffen wie falsch und kontraproduzent dieses Wortbild vom „Kampf der Kulturen“ ist.
@Zimdarsen
“ Der Glaube/Religion war nur Mittel zum Zweck für die Herrschenden….“
Diese Sicht ist ein Produkt der Moderne und ist so auch nur im säkularisierten Europa in wesentlichem Ausmaß zu finden. Sowohl Führung als auch Anhänger des IS sind durchaus von ihren Zielen überzeugt, was auch durch die Bereitschaft belegt wird, persönliche Nachteile bis hin zum eigenen Tod bei ihrer Verfolgung in Kauf zu nehmen. Das ist anthropologisch auch eher die Norm als die Ausnahme, und der Historiker Rodney Stark hat bei der Betrachtung der Kreuzzüge diesbezüglich eine Trendwende eingeleitet. Die marxistisch geprägten Theorien, die in den Kreuzzügen eher ein Produkt ökonomischer Bedingungen sehen und die weltanschauliche Motivation dabei vollständig ausblenden, sind vor dem Hintergrund der historischen Quellenlage kaum noch haltbar. So ist z.B. mittlerweile nachgewiesen, dass gerade wohlhabende Adelige sich damals in den Kreuzzügen engagierten und weniger solche, die sich dort materiell bereichern wollten.
@klabautermann hat insofern Recht als daß die muslimische Welt die Kreuzzüge bis weit in das letzte Jahrhundert hinein nicht als „clash of civilizations“ oder Glaubenskriege sondern ganz profan als machtpolitisch (Einfluß, Ressourcen, u.a.) begründet ansahen.
Hierzu auch „unkorrekt“:
Rodney Stark; Gottes Krieger – Die Kreuzzüge in neuem Licht
„…and the rest of the world who want freedom to prosper.“
Nun ja, nachdem sich der Westen (allen voran GB und USA )nach dem zweiten Weltkrieg hinreichend in der Region eingemischt hat, nur mal um einige Beispiele zu nennen:
a) 50er – Putsch gegen Mossadegh (vgl. Operatin Ajax)
b) über die Unterstützung von Saddam Hussein gegen den IRAN
(http://therealrevo.com/blog/wp-content/uploads/2011/03/shake.jpg)
c) über die totale Sanktionierung des irakischen Volkes
(vergleiche Rücktritt Von Sponeck, 2000)
d) bis hin zur Entlassung des gesammten irakischen Sicherheitsapperates nach der Entmachtung von Saddam Hussein –> Grundsteinlegung für die IS
Kann man diese Aussage wohl nicht ganz ernst nehmen.
@Staatsrechtler
Ich hatte über der europäischen Identität /Ursprung geschrieben und nich über IS.
Natürlich glaubt das Fußvolk ob die Führung des IS an den Islam glaubt, wage ich mal zu bezweifeln, spielt aber auch kaum eine Rolle.
Fakt ist, man missbraucht die Menschen für den Machtgewinn und Machterhalt (siehe auch Lebensstil der Führung) unabhängige ihrer Kultur, Sprache, Herkunft uvm).
Glückwunsch zu Ihrer Entscheidung Herr Wiegold, diesen Thread zuzulassen, und das ganz ehrlich.
Ich denke, dies ist der Bedeutung dessen, was sich ‚Kalifat‘ nennt und den europäischen Kulturraum bedroht, mehr als angemessen.
Kurz zu HUNTINGTON, sein Grundsatzwerk im Original lautet „Clash of Civilizations“, nicht wie in einem Beitrag benannt „… oft cultures“. Und bitte auch nicht den Fehler der Rückübersetzung von „cultures“ in Kulturen machen. Die Herausgeber haben in Klappentext/Vorwort auf diese dem deutschsprachigen Raum eigene Gefahr verwiesen und dort auch weitergehend erläutert.
Ausgesprochen sympathisch ist in bisherigen Beiträgen der Verweis auf das Kulturelle/Gesellschsaftliche der Auseinandersetzung und Bedrohung, die den Islam als willkommenes Vehikel der Rekrutierung in der abendländischen Diaspora missbraucht.
Mitnichten ist also eine religiöse Dimension gegeben, was in der weitgehend religionsneutralen bis atheistischen Gesellschaft Gott sei Dank auch kaum gelingen könnte.
@Zimdarsen
Das hier ist nicht der Ort, also kommen wir bitte darin überein das wir absolut nicht übereinstimmen.
@Thomas Melber
guter Einwand. Vielleicht sollte man weniger über den Kampf der Kulturen, sondern über den Kampf der geschichtlichen Klischees nachdenken und diskutieren:
Auf der einen Seite George W. Bush am 11. September 2001 mit seinem Klischee vom Kampf gegen den Terror als „Kreuzzug“ und auf der anderen Seite die ins Klischee verzerrte Sicht vom europäischen Imperialisten auf Beutezug, das von arabischen Nationalisten und Islamisten gepflegt und propagiert wird.
Der von Ihnen angeführte Herr Stark schrieb „rechtfertigend“ über die Kreuzfahrer:
„Sie glaubten ernsthaft, dass sie in Gottes Bataillonen dienten.“
Das tun islamistische Dschihadisten auch.
Die Lords und Masters der Kreuzzügler wie der Djihadisten dachten und denken aber in ganz anderen Kategorien, für die ist Religion nur Mittel und Zweck.
Auch Cameron schlägt in die gleiche Kerbe:
„Großbritanniens Premierminister hat auf den Anschlag in Tunesien reagiert und den IS als existenzielle Gefahr bezeichnet. Notwendig sei ein Kampf mit allen [sic!] Mitteln.“
(ZEIT Online)
Auf WELT Online steht heute ein Artikel über die Infiltration (vulgo: Rattenlinie) des IS nach Europa.
@Zimdarsen
Ich halte ihre Meinung über die Führung dieser Verbrecher, sofern dies nicht bewiesen ist, für riskant, hoch riskant.
Da dies im Falle des Fehler s, zu ähnlich gravierenden Fehlschluessen führren kann, wie diejenigen die die Sommeoffensive zur Folge hatten.
@Klaus-Peter Kaikowsky
Zustimmung. Eine weitere sprachliche Unschärfe bei Huntington ist dessen fast synonyme Verwendung von „culture“ und „civilization“ in seinen Texten.
@ThoDan
Das ist keine These, sondern bewiesen (siehe auch Kommentare der anderen Blogteilnehmer). Doch das spielt eher keine Rolle, denn man bekämpft die IS nicht mit Argumenten (weder die Führer noch die Verführten).
Nu geht es um das Niederringen eines zu allem bereiten Gegner.
Darüber, ob die IS-Führung „wirklich“ „gläubig“ ist (oder was das eigentlich heißen soll), möchte ich nicht spekulieren. Aber ein Hinweis, der in diesem Zusammenhang mal fallen sollte: Die Denkweise, ein Anführer hätte ENTWEDER persönliche (=niedere / egoistische) ODER gemeinnützige (=höhere) Ziele, ist sehr starr und ich halte sie für einen großen methodischen Fehler. Gerade in Zusammenhang mit gewaltsamer territorialer Expansion und religiösem Eifer wird gerne so polarisiert. Beispiel: War Karl d. Gr. ein frommer und überzeugter Christ ODER vielleicht ehrgeiziger herrschsüchtiger Eroberer? Wollten die Sachsen 1077 wirklich die natürliche Ordnung wiederherstellen, als sie Rudolf von Rheinfelden zum Gegenkönig ernannten, oder wollten sie bloß ihren Machtverlust verhindern? Und so weiter, als angehender Historiker fallen mir diese Beispiele jetzt als erste ein.
Und die leider recht unbefriedigende, da nicht eindeutige, Antwort muss dann häufig irgendwo dazwischen gesucht werden. Der Widerspruch zwischen diesen Punkten ist etwas, das die Akteure idR gar nicht sehen. Der eigene Machtgewinn ist Teil des göttlichen Plans/der rechten Ordnung und diese ist das beste für alle (relevanten) Menschen.
Bedeutsamer als der Glaube ist wohl die persönliche (wie auch immer motivierte) Ideologie, Lehre, Konzept, Idee oder Weltanschauung welche für eine abweichende Lehrmeinungen kaum noch zugänglich ist und ob diese attraktiv für neue Anhänger ist.
@ Leseempfehlungen:
Ein wirklich eindringlicher Bericht der Times. Ich muss zugeben, dass mir die Geschichte der Protagonistin schon etwas an die Nieren ging.
@ Klaus-Peter Kaikowsky | 29. Juni 2015 – 16:38
Ihre Korrektur des Buchnamens ist notwendig gewesen. Ich bitte den Satz „gleichnamiges Werk“ zu entschuldigen.
iviax | 29. Juni 2015 – 16:31
Ich schlage vor, Sie befassen sich insbesondere mit diesen beiden Aspekten etwas näher – und damit meine ich nicht „Die Anstalt“, sondern einfach mal tiefer, dann sieht alles etwas anders und weniger einfach aus.
@Zimdarsen
Finde ich nicht, ich habe aber schon erlebt wie „Atheisten“ gar nicht bereit waren in Erwägung zu ziehen, das religiös motivierte Menschen entweder dumme Folger oder die Anführer Betrüger sind.
Selbstverständlich trifft dies selbstredend für die „aufgeklärten“ Atheisten nicht zu.
Glaube, spez. verzerrter Glaube, kann alle diese von ihnen genannten Konzepte umfassen und ist kenne deinen Feind nicht eine der wichtigsten Konzepte in der Kriegsfuehrung?
@Sachlicher, never mind.
@Mufflon
Der Mann, der angeblich in der Beichte gesagt hat:
Dies ist die Hand mit der ich König Heinrich die Treue schwur!
Die Hand , die er davor im Gefecht verlor.
Bei der Ausbildung syrischer Freiwilliger zum Kampf gegen den IS ergeben sich ungewohnte Schwierigkeiten.
Von 5400 Gemeldeten blieben nach erster Auswahl nur 1500 aufgrund unzureichender Physis übrig.
Schließlich verblieben lediglich knapp 100, da die Masse der Zugehörigkeit terroristischer Gruppierungen verdächtig war.
http://www.nu.nl/buitenland/4077903/vs-trainen-toe-honderd-syriers-in-strijd.html
Und jetzt mal Handfestes zu „Inherent Resolve“
Lage am 29. Juni:
http://www.defense.gov/news/newsarticle.aspx?id=129181&utm_source=dlvr.it&utm_medium=twitter
Schon aufschlussreich, wer – aus NATO – so alles dabei ist, und wer eben nicht.
– Coalition nations conducting airstrikes in IRAQ include the United States, Australia, Belgium, Canada, Denmark, France, Jordan, the Netherlands and the United Kingdom.
– Coalition nations conducting airstrikes in SYRIA include the United States, Bahrain, Canada, Jordan, Saudi Arabia and the United Arab Emirates.
@ Staatsrechtler | 29. Juni 2015 – 16:18
Dennoch haben sich viele bereichert und sind mit grosser Beute und Ehre heimgekehrt, wie heute in vielen Museen zu finden….
@ Boots in the Ground
Ich muss sagen, dass „Die Anstalt“ mir nichts sagt…nach Google Recherche handelt es sich wohl um ein Polit-Kabarett. Wie Sie darauf kommen erschließt sich mir nicht.
Was dies mit meinen Anmerkungen zu tun hat auch nicht.
Vielleicht sehen Sie es anders, aber ich bin der Überzeugung, dass der „Rest der Welt“, wie Herr Cameron es ausdrückt, sicherlich im hier thematisierten Bereich nicht zuallererst am „Gedeihen der Freiheit“ interessiert ist.
Ich gebe Ihnen Recht, dass ich in meinem Beitrag sehr viele Geschehnisse kurz zusammengefasst habe, denn es würde sonst meines Erachtens den Kommentar-Rahmen sprengen.
Sie können aber gerne Aspekte nennen, auf die Sie verweisen wollen.
Hintergrund für meinen Kommentar war schlicht die Absicht, einen etwas anderen Zeitrahmen ins Gespräch zu bringen, als die Zeiten der Kreuzzüge und Kreuzeritter.
Um mal ein anderes Zitat aufzugreifen:
„Großbritanniens Premierminister hat auf den Anschlag in Tunesien reagiert und den IS als existenzielle Gefahr bezeichnet. Notwendig sei ein Kampf mit allen [sic!] Mitteln.“
Können wir jetzt davon ausgehen, dass – wo doch nun „alle Mittel“ zu Rate gezogen werden sollen – auch eine Kooperation mit den BRICS Staaten in Sachen IS möglich wird? Oder versucht man weiterhin, auch unter dem Damokles-Schwert der IS, weiterhin allem Voran die eigenen Interessen durchzusetzen?
Hallo @Iviax, könnten Sie bitte die Kooperation mit
– Brasilien
– Russland
– Indien
– China
– Südafrika
also den BRICS aus Ihrer Sicht erläutern wollen?
Mangels direkter Nachbarschaft, kaum sozio-kulturellem Bezug stellt sich mir die Frage, wie und mit welchem Ziel ein Verantwortlicher von den BRICS zur Krisenlösung beitragen wollen sollte?
Auf den ersten Blick bietet sich mir lediglich das Ökonomische an, nämlich Öl.
Der Zugriff des IS auf große Teile syrischer und irakischer Quellen kann entweder, im Negativen, eine Zusammenarbeit nahelegen oder zum anderen die Zerschlagung des IS anempfehlen, um die fraglichen Ölproduktionsraten dem internationalen Markt erneut zur Verfügung zu stellen.
In relativer Nähe mit mittelbarem Bezug kann ich allein Russland identifizieren. Im Nordkaukasus, vor allem in Tschetschenien und Dagestan, leben bedeutsame sunnitische Minderheiten, die jüngst wieder die islamistische Karte zogen, um Eigenständigkeit von Moskau zu erreichen. Aber reicht das zum Eintritt in „Inherent Resolve“? Wird nicht stattfinden, bedeutete dies doch in gleichem Atemzug die Zusammenarbeit mit den USA.
@MikeMolto
Es gibt immer Ausnahmen von der Regel bzw. stets den einzelnen faulen Apfel unter vielen intakten, aber ingesamt kann man wohl sagen, dass die europäische Idee erst im frühen Mittelalter unter dem Eindruck der von Außen kommenden islamisch-arabischen Bedrohung geboren wurde. Militärische Führer von Karl Martell bis Jan Sobieski markieren die Stationen dieses Kampfes früher integrierter militärischer Strukturen auf europäischer Ebene, und unsere Generation wird nicht die letzte sein, die diesen Kampf auszufechten hat.
@ThoDan
„…… spez. verzerrter Glaube, kann alle diese von ihnen genannten Konzepte umfassen und ist kenne deinen Feind nicht eine der wichtigsten Konzepte in der Kriegsfuehrung?“
Ja, 100% Zustimmung und spez verzerrter Glaube :-))