Fregatte ‚Hessen‘ nimmt an einem Tag 590 Migranten im Mittelmeer an Bord (Update)
Kriegsschiffe mehrerer EU-Länder, darunter die deutsche Fregatte Hessen, haben am (heutigen) Freitag erneut hunderte von Migranten von nicht seetauglichen Booten im Mittelmeer vor der libyschen Küste gerettet.
Allein die Hessen nahm bis zum Freitagnachmittag 376 Personen an Bord, wie das Verteidigungsministerium in Berlin mitteilte.
Update: Die Fregatte Hessen hat am heutigen Tag 590 Schiffbrüchige an Bord genommen, davon 78 Frauen und 15 Kinder, teilte die Bundeswehr am Freitagabend mit.
Bereits am (gestrigen) Donnerstag hatten die deutsche Fregatte, das britische Flaggschiff HMS Bulwark und Schiffe aus Irland und Italien hunderte der Flüchtlinge gerettet.
Die Hessen hatte am Nachmittag Kurs auf ihren fünften Seenotfall genommen, nachdem die Besatzung im Laufe des Tages schon vier Schlauchboote mit Migranten entdeckt hatte. Von einem Boot wurden 100 Personen, von einem weiteren 69 Menschen an Bord der Fregatte genommen. Auch die Schiffe anderer Nationen waren im Dauereinsatz: Allein die irische Eithne nahm am Freitag 300 Menschen an Bord.
Am Vortag hatte die deutsche Fregatte 166 Menschen aufgenommen, die dann mit Landungsbooten auf das britische Flaggschiff HMS Bulwark gebracht wurden:
Am späten Vormittag des 28. Mai hat die Fregatte Hessen einen Seenotruf der Seenotleitstelle (Maritime Rescue Coordination Centre, MRCC) Rom empfangen. Bis 14.43 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit konnte die Besatzung etwa 50 Seemeilen nordwestlich der Stadt Tripolis (Libyen) 96 Menschen aus Seenot retten, darunter 14 Frauen.
Die Menschen, die an Bord genommen wurden, befanden sich an Bord eines führerlosen Schlauchbootes, das nach der Rettung der Menschen zerstört wurde, da es als Schifffahrtshindernis eingestuft wurde.
Danach wurde die Fregatte Hessen von der Seenotleitstelle Rom gebeten, zur Position eines weiteren Seenotfalls zu verlegen. Dort nahm sie 70 Menschen aus Seenot an Bord, bei denen es sich ausschließlich um Männer handelt, deren Schlauchboot bereits zu sinken drohte.
Um 17.30 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit waren die Schiffbrüchigen an Bord der Fregatte Hessen. Das Schlauchboot wurde ebenfalls zerstört, damit es die Schifffahrt nicht behindert.
Auch ein Schiff der irischen Streitkräfte war an der Rettung Schiffbrüchiger beteiligt.
Die Hessen hat die insgesamt 166 aus Seenot Geretteten in See an das Schiff HMS Bulwark der Königlich-Britischen Marine übergeben und setzt ihren Patrouillenauftrag im Seegebiet fort.
teilte die Bundeswehr mit.
Die britische Meldung:
The Fleet Flagship has once again played a leading role today [28 May] in an international rescue of hundreds of migrants from their stricken craft in the Central Mediterranean.
This afternoon HMS BULWARK recovered 369 migrants crammed into the heavily overcrowded wooden hulled boat which was located in the waters just north of Libya.
The ship dispatched 5 of its landing craft to rescue the migrants from their unstable ‘double-decker’ craft, 50 of whom were small children.
All 8 of BULWARK’s specialist landing craft have been converted into rescue boats, loaded with lifejackets, medical facilities and emergency supplies for this search and rescue mission – codenamed ‘Operation WEALD’.
A total of 5 ‘Safety of Life at Sea’ or SOLAS incidents have been conducted concurrently today by UK, Italian, German and Irish naval units operating together in the area.
(Foto: 369 migrants crammed into a heavily overcrowded wooden hulled boat which was located in the waters just north of Libya, May 28. They were led to safety from their stricken boat to Landing craft from HMS Bulwark, which can be seen here in the background – ET WE(CIS) Louise George/Royal Navy/Crown Copyright under MoD News License)
Ich verstehe den Sinn der Übergabe an die HMS Bulwark noch immer nicht so wirklich. Kann mich jemand belehren?
Die haben mehr Platz.
Ich starte mal den count down …
@DM11:
Das Wort „Pack“ ist in diesem Zusammenhang nicht hilfreich, zu pauschal und auch sonst in jeder Beziehung absolut nicht in Ordnung.
Für den Moment freue ich mich einfach nur, dass diese Menschen gerettet wurden.
Insgeheim freue ich mich auch deswegen, weil es einmal mehr die Ohnmacht der Menschen mit vermeintlich einfachen Lösungen vor Augen führt, gleichermaßen im linken wie im rechten Lager und in der Mitte….
@Elster
„Migrant“ ist tatsächlich der neutrale Fachbegriff und keinesfalls PC.
Problematisch bleibt allerdings der Begriff der „Rettung“, da die Verwendung unsicherer Boote schliesslich seitens der Schlepper aus gut dokumentiertem Kalkül erfolgt und gegenüber den Kunden ihrer Dienstleistungen als Verkaufsargument genutzt wird.
Für diese Art der bewusst herbeigeführten Notsituationen gibt es leider noch keinen passenden Begriff. Würden sich diese Vorgänge im Geltungsbereich deutschen Rechts abspielen, könnte man die Vorgänge ggf. im Bereich der Nötigung ansiedeln.
Im Falle der Seenot werden Menschen nicht nach ihrem Status klassifiziert. Hier zählt nur die Lebensrettung.
Und: Egal ob legal oder illegal – jeder Mensch hat Anspruch auf Respektierung der allgemeinen Menschenrechte. Anbord unserer Schiffe hat er/sie sogar Anspruch auf Einhaltung deutschen Rechts. Inklusive Grundgesetz Artikel 1.
Da beißt die Maus keinen Faden ab. Da gibts nix zu debattieren. Was die Politik in Berlin und Brüssel leistet, ist ein ganz anderes Thema. Ich würde mich freuen, wenn das hier Konsens wäre.
Kommentare stehen jetzt alle auf moderiert. Und ich bin erst mal unterwegs.
Ich hoffe wirklich irgendwo arbeiten ein paar qualifizierte Köpfe mit Hochdruck daran, für dieses Problem eine praktikable, nachhaltige Lösung zu finden. Im Grunde muss man ja tatsächlich in den Herkunftsländern eine Veränderung bewirken. Alles andere wäre wieder nur die kurzsichtige Symptombekämpfung.
Mehr noch als die bloße Situation auf dem Mittelmeer schockiert mich die diesbezügliche Strategielosigkeit und Handlungsunfähigkeit der EU. Wohin führt das alles?
Dazu passend aus dem Bundestag (Anfrage): In der Zeit von Nov 2014 bis Apr 2015 haben – im Vergleich zu Marine/Küstenwache – zivile Schiffe die zehnfache Anzahl an Flüchtlingen im Mittelmeer aufgenomme: 16.000 gegenüber 1700. Ich denke, das unterstreicht die akute Notwendigkeit des jetzigen Einsatzes.
Nachdem die Iren mit der LÉ Eithne gestern an der oben beschriebenen Rettungsaktion beteiligt waren und damit ihren ersten Einsatz hatten, legen die jetzt richtig los. In einer zweiten diesmal eigenständig durchgeführten Aktion haben die Iren heute vormittag mit ihrem 85-Meter OPV 300 Menschen aus Seenot gerettet.
„Irish vessel LÉ Eithne has carried out its second rescue of hundreds of migrants in less than 24 hours. The Naval Service flagship rescued 300 migrants in the Mediterranean, 45km north of Libya, on Friday morning.“
http://www.irishtimes.com/news/ireland/irish-news/lé-eithne-rescues-further-300-migrants-in-mediterranean-1.2230654
Danke, füge ich oben ein.
fregatten, egv´s oder jetzt sogar bald tender für den seenoteinsatz….ich denke eine andere schiffsklasse wäre optimaler, die es ja (noch) nicht bei der deutschen marine gibt. ich will jetzt nicht wieder zur „mistral“ übereiern, doch denke ich das jss besser geeignet wären….die engländer machen es mit der bilwark vor und schicken keine zerstörer oder fregatten zu solch einen einsatz.
selbst französische abgeordnete schlagen vor, die für russland bestimmten hubschrauberträger der mistral-klasse an die europäische union zu verkaufen, damit die schiffe zur rettung illegaler migranten im mittelmeer genutzt werden können.
Re: Ari127 mm.
Ihrer Argumentation zur Eignung von Kampfschiffen vs sonstiger Einheiten ist in der Tat zu folgen.
Nur wollen Sie damit doch sicher nicht empfehlen, die Bundesmarine solle sich zur Seenotrettung geeignete Schiffe zulegen, oder? Eine Kriegsmarine muss Einheiten fahren, die zur Seekriegsführung bestimmt sind, sonst nichts.
Dass GBR zufällig brauchbare Schiffe dafür im Arsenal hat und FRA Käufer für ihre Mistral suchen, so what! Da wir nun einmal nichts anderes vor Ort oder auch grundsätzlich verfügbar haben, nehmen wir halt das, was schwimmt. Politisch ist die Vorgabe, rausfischen was geht, egal womit. Da schlägt der Primat der Politik zu.
Die Übernahme der Mistral ergibt nur finanziell Sinn. In der Praxis hat die EU keine Besatzungen, die natürlich „anzuheuern“ sind. Aber ist das dann ein EU-Schiff? Hat die EU eine eigene Flagge? Vllt kann die mitlesende Seemannschaft das erläutern?
Ups. Ehe jetzt wieder das Fass aufgemacht wird „soll doch die EU (oder Deutschland) die russischen Mistral kaufen“, bitte mal nachlesen, was dazu hier in den Kommentaren schon endlos und sehr fachkundig diskutiert wurde. Kurz gefasst: Nee, aus den verschiedensten, nicht zuletzt technischen Gründen.
/edit: Und es hat ja einen Grund, warum alles in diesem Thread auf moderiert steht. Wer grundsätzlich diskutieren möchte, wie das mit Migranten/Flüchtlingen ist, was Europa tun sollte oder nicht, warum was falsch ist oder nicht etc., findet dafür bestimmt sinnvollere Ecken des Internets.
@all
Siehe Aktualisierung oben.
@Klaus-Peter Kaikowsky: für die seenotrettung nicht !!!
„bundesmarine“ gibt es nicht…sie meinten wohl „Deutsche Marine“ ;)
@Aber ist das dann ein EU-Schiff? Hat die EU eine eigene Flagge? Vllt kann die mitlesende Seemannschaft das erläutern?
die eu hat eine flagge ist aber kein staat ! die nato (welche auch eine flagge besitzt) hat ja auch schiffe (u.a. forschungsschiff der alliance-klasse) , das schiff wird von der bundeswehr betreut, im schiffsregister der marine geführt und fährt unter deutscher flagge….es funktioniert ;)