Oberlandesgericht Köln lehnt Schadenersatz wg. Luftangriff von Kundus ab
Das Oberlandesgericht Köln hat am (heutigen) Donnerstag eine Schadenersatzklage von Angehörigen der Getöteten beim Luftangriff bei Kundus in Nordafghanistan am 4. September 2009 abgewiesen. Der 7. Zivilsenat des Gerichts bestätigte nach Angaben einer Sprecherin die vorangegangene Entscheidung des Landgerichts Bonn, der Kommandeur des Provincial Reconstruction Teams (PRT) Kundus, der damalige Oberst Georg Klein (Foto oben), habe mit der Anordnung des Luftschlags seine Amtspflichten nicht verletzt. Zugleich ließ der Senat die Revision beim Bundesgerichtshof zu.
Die Einschätzung, dass Klein mit dem Angriffsbefehl nicht schuldhaft gegen die Regeln des Völkerrechts verstoßen habe, hatte das Oberlandesgericht schon bei der mündlichen Verhandlung im März erkennen lassen. Mit dem Luftschlag mit Bomben von zwei US-Kampfflugzeugen hatte der deutsche Offizier vor allem verhindern wollen, dass die Taliban zwei entführte Tanklaster als rollende Bomben gegen das PRT hätten einsetzen können. Bei dem Angriff waren jedoch auch Zivilisten in nie genau ermittelter Zahl ums Leben gekommen. Strafrechtlich wurde Klein nicht verfolgt, nachdem der Generalbundesanwalt den Einsatz in Afghanistan als Teilnahme an einem bewaffneten Konflikt eingestuft hatte. Damit galt nicht das deutsche Strafrecht, sondern das Völkerstrafgesetzbuch, ebenfalls ein deutsches Gesetz, das das so genannte humanitäre Völkerrecht abbildet.
Aus der Erklärung des Oberlandesgerichts vom März:
Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln (7 U 4/14) hat in der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage zum Ausdruck gebracht, dass er die Entscheidung des Landgerichts Bonn, die Klage zweier afghanischer Zivilisten gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Scha- densersatz wegen der Tötung von Angehörigen bei der Bombardierung von zwei Tanklastern in der Nähe von Kunduz in Afghanistan abzuweisen, voraussichtlich bestätigen wird.
Das Landgericht Bonn hatte mit Urteil vom 11.12.2013 nach Durchführung einer Beweisaufnahme entschieden, dass dem damaligen Kommandeur des PRT Kunduz („Provincial Reconstruction Team“) keine schuldhafte Verletzung seiner Amtspflichten (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) vorzuwerfen ist. Mit seiner Anordnung habe er nicht schuldhaft gegen Normen des Völkerrechts zum Schutz der Zivilbevölkerung verstoßen. Dies betreffe namentlich die aus Völkerrecht resultierenden Amtspflichten, Zivilpersonen nicht zum Ziel eines Angriffs zu machen bzw. die Zivilbevölkerung im Rahmen eines Kampfeinsatzes zu schonen.
Aus Sicht des Senats ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Kommandeur die Tanklaster zu Recht als militärische Objekte identifiziert hat. Gleiches gelte für die Einschätzung des Landgerichts, dass Oberst Klein alle in der konkreten Planungs- und Entschei- dungssituation praktisch möglichen Aufklärungsmaßnahmen hinsichtlich einer etwaigen Anwesenheit von Zivilpersonen vor Ort getroffen bzw. genutzt habe. Er habe keine positive Kenntnis davon gehabt, dass sich Zivilpersonen an der Bombenabwurfstelle befanden. Eine derartige Kenntnis habe Oberst Klein nach den ihm zur Verfügung stehenden Informationen auch nicht haben müssen. Die ihm zur Verfügung stehenden Informationsquellen – Beobachtung des Standortes der Tanklaster durch eingesetzte Kampfflugzeuge während eines Zeitraums von 20 Minuten mit Übertragung der Infrarotaufnahmen der Örtlichkeit in die Operationszentrale des Kommandeurs, Funkverkehr mit den Piloten, mehrfache telefonische Rückfrage bei einem Informanten des Militärs vor Ort – habe der Kommandeur genutzt. Hinsichtlich weiterer von den Klägern für notwendig erachteten militärischen Aufklärungsmaßnahmen wie einem Tiefflug über die Sandbank („Show of force“) sei nicht ersichtlich, dass hieraus für die Einordnung des Angriffsziels bessere Erkenntnisse hätten gewonnen werden können. Gleiches gelte für die Einschaltung einer höheren Kommandoebene.
Den vorliegenden Erkenntnisquellen hat Oberst Klein auch nach Einschätzung des Senats im Zeitpunkt der Befehlserteilung nicht entnehmen können, dass die Annahme eines militärischen Angriffsziels unzutreffend sei. Ihm habe ein nachrichtendienstlicher Hinweis über einen bevorstehenden Anschlag auf das Kunduz-Feldlager vorgelegen. Dem Einwand der Kläger, die Warnung des Nachrichtendienstes sei nicht ernst zu nehmen gewesen, wie sich auch nachträglich gezeigt habe, sei entgegenzuhalten, dass es bei der Beurteilung der Vorhersehbarkeit für den Kommandeur auf den Zeitpunkt seiner Entscheidung ankommen müsse. Die Aussage des Informanten vor Ort habe auch nach siebenfacher Nachfrage ergeben, dass sich zum Zeitpunkt des Bombardements keine Zivilisten bei den Tanklastern befunden haben sollen. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Informanten seien in der konkreten Entscheidungssituation nicht veranlasst gewesen.
Auf der Grundlage der übrigen Erkenntnisquellen habe der Kommandeur nicht erkennen müssen, dass diese Information falsch sei. So habe der Aussagewert der Infrarotaufnahmen auch unter Berücksichtigung von Spezialkenntnissen über die Strukturen und Handlungsweisen der aufständischen Taliban keinen Schluss auf die Anwesenheit von Zivilpersonen vor Ort zugelassen. Auch aus der Anzahl der vor Ort befindlichen Personen habe nicht notwendig auf die Anwesenheit von Zivilisten geschlossen werden müssen, da der Ort des Bombardements als Hochburg der Taliban gelte und die Anwesenheit von 50 bis 70 Personen insoweit kein Anlass zu Zweifeln gegeben habe. Gleiches gelte für das ungeordnete heterogene Bewegungsmuster, welches die Infrarotaufnahmen von den vor Ort befindlichen Personen erkennen ließen. Denn von den Taliban als guerillaähnlichen Kämpfern sei ein militärischer Operationsmodus nicht zwingend zu erwarten gewesen. Die diesen Annahmen zugrunde liegende Beweiswürdigung des Landgerichts lasse Rechtsfehler nicht erkennen.
Nachtrag: Jetzt liegt auch die Pressemitteilung zur heutigen Entscheidung vor, daraus u.a.:
Der Senat ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Tatsachenfeststellung des Landgerichts nach dem im Berufungsrechtszug anzulegenden Maßstab frei von Rechtsfehlern erfolgt ist. Das Landgericht habe erschöpfend die Protokolle des Funkverkehrs mit den Piloten der zur Beobachtung eingesetzten Kampfflugzeuge, die von diesen gefertigten Infrarotaufnahmen vom Standort der Tanklaster, die dem Kommandeur in Echtzeit vorgelegen haben, die Angaben des Informanten vor Ort sowie die Ausführungen eines landeskundlichen Sachverständigen berücksichtigt.
Die Beweiswürdigung des Landgerichts lässt nach Einschätzung des Senats Rechtsfehler nicht erkennen. Den in der konkreten Planungs- und Entscheidungssituation vorliegenden Erkenntnisquellen habe Oberst Klein im Zeitpunkt der Befehlserteilung nicht entnehmen können, dass die Annahme eines militärischen Angriffsziels unzutreffend sei,weil sich tatsächlich Zivilisten an der Abwurfstelle aufgehalten hätten.
(Mir ist bewusst, dass dieses Thema bisweilen sehr emotional diskutiert wird – ich bitte in den Kommentaren schon mal vorbeugend um Sachlichkeit.
(Oberst Georg Klein in Kundus – Foto Andrea Bienert/Bundeswehr)
@Georg
Outstanding, so und nicht anders.
Der Bundeswehroberst Georg Klein wollte, dass US-Truppen am 4. September 2009 die von Taliban entführten Tanklaster bombardieren – dafür hat er sie bewusst mit Falschinformationen versorgt, meldete der Spiegel – mit Verweis auf einen Natogeheimbericht.
In dem rund 500 Seiten starken Untersuchungsbericht, der bisher nur in Auszügen bekannt war und dem SPIEGEL vorliegt, korrigiert die Nato dagegen, dass es keine sicheren Erkenntnisse gegeben habe, „die auf einen geplanten Angriff der Taliban“ gegen das deutsche Feldlager hinwiesen.
Gegenüber den Nato-Ermittlern gab Klein zudem zu, dass er gezielt die Unwahrheit angegeben habe, um sich die amerikanische Luftunterstützung zu sichern. Dafür musste er den Eindruck erwecken, dass seine Soldaten Feindberührung hatten, also „troops in contact“ waren, kurz: TIC.
„Sein Problem sei gewesen, dass er gewusst hätte, dass es in Wirklichkeit keine TIC-Situation gab“, heißt es in dem Protokoll von Kleins Befragung zusammenfassend. „Er war der Ansicht, dass er bei Meldung einer TIC-Situation die gewünschte Luftunterstützung bekommen werde.“
Laut Spiegel wurde Klein für sein Verhalten sogar von deutschen Militärs kritisiert. Kleins Beförderung zum General standen aber weder die über 100 Toten noch die militärinterne Kritik an seinen Verhalten im Wege. Das ist natürlich die Praxis der Militärs überall auf der Welt.
Auch hat das OLG es nicht für nötig empfunden den Oberst klein vor Gericht zu laden denn “ Er hätte zu den Fakten nichts Wesentliches mehr beitragen können“
Auch das Oberlandesgericht zeigt mit seiner Weißwäscherei für Oberst Klein nur, dass es in einer alten Tradition steht. Auch die zivilen Opfer des Natokrieges in Jugoslawien, die in Deutschland auf Entschädigung klagten, gingen leer aus. Der juristische Streit um die Entschädigung der Kunduz-Opfer ist noch nicht zu Ende.
Das OLG Köln hat eine Revision beim Bundesgerichtshof zugelassen. Die Anwälte der Kläger haben schon angekündigt, dass sie diesen Weg gehen werden. All zu große Hoffnungen sollten sie sich allerdings nicht machen.
„Töte einen Menschen und du kommst lebenslänglich ins Gefängnis. Töte Hunderte und Du bekommst einen Orden umgehängt und wirst befördert.“ – Dieser Spruch kursierte bereits in pazifistischen Kreisen der Weimarer Republik und wie sich nicht nur am Fall Klein zeigt, hat sich daran auch heute wenig geändert.
@Sara
Es wäre schon hilfreich, eine etwas genauere Quelle anzugeben: Der Spiegel heute? Oder vor vier Jahren? Oder wann?
(Ihre vorangegangenen Kommentare, die wenig sachliche Empörungsausbrüche sind, schalte ich verständlicherweise nicht frei.)
@Sara
„Sichere Erkenntnisse“ gibt es in der Realität nicht, und sie sind daher kein zwingendes Kriterium für die Anwendung militärischer Gewalt. Auch der Soldat am Checkpoint, auf den trotz Warnschüssen ein Auto mit hoher Geschwindigkeit zufährt, hat keine „sicheren Erkenntnisse“ darüber, dass sich ihm gerade ein VBIED nähert, aber plausible Gründe dafür, dies anzunehmen. Es hätte davon abgesehen aber mindestens ein Dutzend legitime Gründe zur Bekämpfung der Aufständischen auf der Sandbank gegeben, und zwar auch dann, wenn man diejenigen, die sie bei ihrer laufenden Kampfhandung (Angriff auf Nachschub ist eine Kampfhandlung) unterstützten, entgegen dem Völkerrecht als Unbeteiligte einstuft.
Ob und ggf. welche „Troops in Contact“ damals tatsächlich vorlagen, wird wohl noch lange ein Geheimnis bleiben. Vielleicht war die Rüge wegen mangelnder TIC durch die NATO für Bundeswehr und/oder Bundesregierung ja aus politischen Gründen akzeptabler als es die Folgen einer näheren öffentlichen Erläuterung der TIC-Meldung gewesen wären. Leider war und ist der öffentliche Umgang mit dem Thema militärische Gewalt in Deutschland nicht immer so sachlich und objektiv, wie man sich dies wünschen mag, weshalb es für so eine Entscheidung gute Gründe gegeben hätte. Die gefährliche Mischung aus moralisch aufgeladener Empörung, politischer sicherheitspolitischer Naivität und militärischem Halbwissen, die man hierzulande häufig findet, tut der Diskussion leider nicht gut.
@ Sara
Ihre Kritik am Verhalten von dem damaligen Oberst Klein mag aus ihrer Sicht berechtigt sein, aus der Sicht eines Soldaten, der von der politischen Führung die Mittel verweigert bekommt um seine Soldaten effektiv zu schützen (geschweige denn seinen Auftrag effektiv ausführen zu können), schaut dies jedoch anders aus.
Oberst Klein hat entschieden die Tanklaster zu bekämpfen, dies war sein international anerkanntes Recht ( wie in den vorhergehenden Beiträgen erläutert wurde, u.a. zur Verhältnismäßigkeit von zivilen Opfern, sogen. Kollateralschäden zum gewünschten militärischen Ziel, Vernichtung der Tanklaster und der feindlichen Kämpfer, die diese Tanklaster entführt hatten und dies im internatiolen Völkerrecht festgelegt ist).
Aus dieser rechtlichen Sicht kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich „Troops in Contact“ wahren, sondern ob es sich bei der Auseinandersetzung in Afghanistan um einen „bewaffneten Konflikt“ im Sinne des Völkerrechts handelt. So ein Konflikt ist in AFG laut den Gerichtsurteilen und laut weltweiter Beurteilung (außer der von deutschen Pazifisten und Gutmenschen) gegeben.
Zitat: „Auch die zivilen Opfer des Natokrieges in Jugoslawien, die in Deutschland auf Entschädigung klagten, gingen leer aus. Der juristische Streit um die Entschädigung der Kunduz-Opfer ist noch nicht zu Ende“
Die ca. 8000 Männer in Srebenica könnten heute noch leben, wenn die damalige UN-Truppe in Bosnien (Niederländer) nicht eine UN-Blauhelmtruppe sondern eine Kampftruppe mit Kapitel VII Mandat gewesen wäre. Diesen Fehler hat der UN-Sicherheitsrat erst bei dem anschließenden Kosovo-Konflikt vermieden.
Die zivilen Opfer des Krieges der Serben, der Kroaten und Bosniaken untereinander sind um ein vielfaches höher als die bedauerlicherweise entstandenen Opfer von Unbeteiligten bei der Nato-Intervention im Kosovo. Viele Menschen würden heute noch leben, wenn die Nato früher und entschlossener eingegriffen hätte um das gegenseitige Morden auf dem Balkan zu stoppen.
Zitat: „Töte einen Menschen und du kommst lebenslänglich ins Gefängnis. Töte Hunderte und Du bekommst einen Orden umgehängt und wirst befördert.” – Dieser Spruch kursierte bereits in pazifistischen Kreisen der Weimarer Republik und wie sich nicht nur am Fall Klein zeigt, hat sich daran auch heute wenig geändert.“
Kein deutscher Soldat zieht heutzutage gerne in einen Krieg. Die Soldaten haben sich den Konflikt in AFG nicht ausgesucht, sondern wurden von unserer demokratisch gewählten Regierung mit überwältigender Unterstützung der Abgordneten des deutschen Bundestages dort hingeschickt. Sie haben und hatten einen Auftrag dort zu erfüllen. Dieser Autrag lautete nicht Selbstmord zu begehen, sondern im Zweifelsfalle den Gegner zuerst zu töten bevor er dich tötet.
Sie können dies mögen oder auch nicht mögen, aber beschweren sie sich bei den Damen und Herren Abgeordneten des Bundestages aber nicht bei den Soldaten.
Die Soldaten, die unter Einsatz ihres Lebens, den ihnen von der Politik gestellten Auftrag bestmöglich trotz aller Widrigkeiten erfüllen wollen, sind die falschen Adressaten ihrer Kritik.
@Georg:
„aber beschweren sie sich bei den Damen und Herren Abgeordneten des Bundestages aber nicht bei den Soldaten.“
Diese Sichtweise verkennt jedoch die opportunistische Rolle der militärischen Führung bzgl. ROE, Taschenkarte und Ausrüstung.
Hier waren nicht Abgeordnete die Bremser, sondern die politische Leitung und militärische Führung im BMVg.
Dazu gab es hier ja schon mehr als genug Diskussionen.
Ich finde es immer wieder interessant, daß es – wenn auch unter dem „moralischen Deckmäntelchen“ – nur um eins geht: Geld.
„Entschädigung“ scheint angesichts der derzeitigen allgemeinen Wirtschaftslage und der Stellung Deutschlands in der Welt geradezu zu grassieren.
Es geht nicht um eine „Entschuldigung“ Deutschlands oder die Anerkennung irgendeines „Fehlverhaltens“, somdern um GELD.
Auch wenn es ( etwas ) abschweift: Um GELD geht es den Griechen, ganz plötzlich und nach über 70 Jahren, um GELD geht es im ehemaligen Jugoslawien, um GELD geht es auch den Angehörigen der Germanwings-Katastrophe, wo einige inzwischen wohl eine Klage in den USA prüfen lassen.
Und was sagt unser Bundespräsident ?
Wie heute gemeldet wurde, ist Herr Gauck „offen für Reparationszahlungen“ – in Bezug auf Griechenland.
Und dann ? In Bezug auf AFG ?
Dann in Bezug auf was auch immer ?
Interessant in diesem Fall ganz sicher auch, daß die Anwälte der Kläger sich – insbesondere bei Prozessen in USA – natürlich nur gezwungenermaßen – selbst die Taschen vollmachen …
es gibt immer wieder kommentare die aus juristischer, staatsphilosophischer und sonstiger perspektive derart dümmlich sind das man sie möglichst nicht mit replik würdigen sollte. der erguss von 11.14 gehört wohl eindeutig dazu.
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„Krieg ist der Prozess anderen mittels gewalt seinen willen aufzuzwingen.“
Das ist weder illegal noch illegitim solange man sich im Rahmen des geltenden Kriegsvölkerrechts bewegt. Das hat Klein getan.
case closed.
@BlueLagoon
Das Muster scheinen die Anwälte im Fall Kunduz tatsächlich aus den USA übernommen zu haben. Es wurde hier ja auch schon kurz angesprochen. Die finanziell sehr erfolgreiche Masche funktioniert in den USA so:
– Man sucht z.B. nach Mitarbeitern großer Konzerne, die bereit sind im Zusammenhang mit einem stark emotional wahrgenommenen Thema zu klagen, z.B. Diskriminierung. Dabei ist es egal, wie real der Hintergrund ist.
– Man sorgt dafür, dass sympathisierende Medienvertreter davon erfahren und möglichst emotional darüber berichten, so dass im Idealfall Aktivisten auf das Thema aufspringen und den Druck verstärken, z.B. durch Boykottaktionen.
– Das Unternehmen befürchtet jetzt Ruf- und anderen finanziellen Schaden und weiss, dass es durch Gegendarstellungen etc. nur in den Ruf der sozialen Kälte kommen würde.
– Um die Negativdarstellungen zu beenden, streben die betroffenen Unternehmen oft außergerichtliche Vergleiche an, in denen sie z.T. enorme Beträge zahlen, ohne eine Schuld einzugestehen.
– Die Anwälte streichen einen ordentlichen Anteil ein und wenden sich dem nächsten Ziel zu.
Im Fall Kunduz gingen die selbsternannten „Opferanwälte“ nach der gleichen Masche vor und wollten vom BMVg ersteinmal viel Geld für sich selbst. und insbesondere Karim Popal wird vorgeworfen, von Anfang auf unseriöse Weise in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/verhandlungen-mit-bundesregierung-anwaelte-der-kunduz-opfer-stellen-saftige-rechnung-a-683557.html
Da Vorgehen der Anwälte ist ersteinmal nicht illegal, aber man sollte eben nicht vergessen, dass man es hier mit knallharten und mit einer ordentlichen Spur von Zynismus ausgestatteten Unternehmern zu tun hat und nicht mit uneigennützig handelnden Menschenrechtsaktivisten.
@ Mir_i:
Und vor diesen Karren lassen sich dann bei uns einige kurzsichtige, dafür aber umso moralischere „Gutmenschen“ spannen und krakehlen los …
@ Mir_i
die klägeranwälte in sachen kundus sind eben die klassischen „ambulance chaser“.
auch insofern ist das erneute Urteil im sinne von BG klein so relevant weil es Trittbrettfahrern in zukunft keinen präzedenzfall liefert. ansonsten wäre militräisches handeln zukünftig vollkommen unmöglich weil man immer unter dem damokles schwert opportunistischer Saul Berenson`s stünde.
das der fall von anfang an aussichtslos war. konnte jeder absehen der juristisch bis zweieinhalb zählen konnte. die klägeranwälte haben trotzdem munter weitergemacht. aller wahrscheinlichkeit nach aus rein pekuniären und selbstinszenatorischen motiven.
Verwunderlich, daß noch kein Angehöriger der in AFG getöteten deutschen Soldaten darauf gekommen ist, die dafür Verantwortlichen zu verklagen ( und selbstverständlich „Entschädigung“ zu fordern …)..
( Zynismus off ).
@BlueLagoon
Das ist ja Teil des Kalküls, und oft genug funktioniert es. Vorbild dafür sind Erfahrungen von Greenpeace. Die Organisation, die letztlich ja wie ein Unternehmen agiert, hatte Mitte der 90er viel Aufwand in Marktforschung gesteckt und herausgefunden, dass man ohne kritische Rückfragen der Medien im Grunde alles behaupten kann was man will, wenn man erfolgreich das David-gegen-Goliath-Image aufgebaut hat und pflegt. Im Zuge der Brent-Spar-Kampagne hat man diese Erkenntnis gezielt eingesetzt und mit dem Ziel der Emotionalisierung deutlich übertriebene Zahlen zur angeblichen Umweltgefährdung durch die Plattform verbreitet. Das Kalkül ging auf, weil die Medien dem vermeintlichen „David“ bedingungslos glaubten, während jeder inhaltlich noch zu fundierte Versuch des vermeintlichen „Goliath“ zu einer Gegendarstellung von den Medien als zynischer Leugnungsversuch etc. zerrissen wurde. Als Greenpeace später eingestehen musste, mit falschen Behauptungen gearbeitet zu haben, interessierte das die Medien kaum noch, und das Ziel, nämlich öffentliche Aufmerksamkeit, Druck auf Shell und vor allem Generierung von Spendeneinnahmen, war erreicht.
Die Kunduz-Anwälte scheinen sich das ebenfalls zu Nutze gemacht zu haben und verbreiteten z.B. völlig unplausible Opferzahlen, die durch keine der zahlreichen Untersuchungen gestützt wurden. Die Behauptungen v.a. Popals waren zeitweise so schrill und überzogen, dass sich sogar einige der von ihm vertretenen Personen von ihm distanzierten. Popal war offenbar unzufrieden über die relative Ruhe vor Ort nach dem Vorfall und hatte offenbar versucht, Dorfälteste regelrecht gegen die Bundeswehr aufzuhetzen, mutmaßlich um die gewünschte Medienkulisse zu erzeugen, aber davon las man in deutschen Medien allenfalls am Rande. Immerhin hatte „Report Mainz“ einmal über die äußerst fragwürdigen Methoden Popals berichtet und auch Beweisvideos vorgelegt die seine Aufhetzungsversuche dokumentierten, aber es blieb bei einem Einzelbericht, dem keine weitere kritische Hinterfragung der selbsternannten „Opferanwälte“ folgte.
Der Bericht des SWR über Karim Popals dubiose Praktiken ist noch im Netz zu finden:
http://www.swr.de/report/kundus-affaere-millionenentschaedigungen/-/id=233454/did=5704262/nid=233454/3jf4us/index.html
Das wird jetzt langsam ziemlich OT. Und dies ist nicht der Ort, seine Aversionen gegen einzelne NGOs loszuwerden.
@ Memoria 15:10 Uhr
Zustimmung zu der Aussage, dass die höhere militärische Führung ihren Teil in der „Untertanenpose“, in der angenommenen Erwartung der Wünsche der Politik bei den ROE beigetragen hat.
Der von @ Sara angegriffene Oberst Klein hat jedoch nicht die Taschenkarte gemacht und musste im Wesentlichen mit den Vorgaben der Politik leben. Ich weiß, dass ein Kommandeur aus einem Fallschirmjägerregiment vielleicht anders reagiert hätte, nur dann darf man halt keinen Panzermann (wie ich aus dem Barett vermute) dort einsetzen.
@T. Wiegold
Ich habe keinerlei Aversionen gegen Greenpeace und hatte das Beispiel nur erwähnt, weil es mittlerweile auch von der Forschung und Lehre im Bereich Krisenkommunikation als Musterbeispiel für die Methoden betrachtet wird, auf die große Organisationen (dazu gehört auch die Bundeswehr) seitens ihrer Gegner nun einmal eingestellt sein müssen, und es illustriert auch die mediale Dynamik, der solche Kampagnen normalerweise unterliegen. Das BMVg scheint dieses Beispiel übrigens selbst in seiner Arbeit berücksichtigt zu haben und wählt anscheinend die Strategie, dem Thema durch sparsame Kommunikation nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Auch das gilt mittlerweile als Musterlösung, weil es die von den jeweiligen Gegnern angestrebte mediale Aufmerksamkeit offenbar tatsächlich erfolgreich reduziert.
Zum Glück gilt das recht auch bei Oberst Klein
weil man sich in Gefahr begibt , ist man selber schuld
und hätte er nicht getan hätte er mehr Tote gehabt , das war nachweislich das die angriffe abnahmen , nach dem Anschlag
in einem Krieg wo man Tags ein Bauer und Nachts Taliban
@Georg:
Die deutsche Interpretation der ROE war damals aber bereits an die Lage angepasst, daher ist ihre obige Bemerkung zu den Abgeordneten irreführend. Zumal das Mandat des Bundestages hier nie ein Problem war.
Mir zeigt die Debatte hier einmal mehr, dass man gar nicht wirklich reflektieren und lernen will – obwohl das dringend notwendig wäre.
Stattdessen werden die kontrafaktischen Legenden von den aufrichtigen Soldaten und den inkompetenten Abgeordneten gepflegt.
Der Luftangriff ist aus meiner Sicht eben gerade kein Beispiel für einfache Kategorien (inkompetente Politiker/ tadellose Soldaten), sondern zeigt auch auf wie wenig kriegstauglich die Bundeswehr ist. Und dafür sind in großem Maße Soldaten verantwortlich.
Und dabei ist die Truppengattung sicher nicht das Hauptproblem.
@Memoria: Danke.
Hypothetische Frage ins Forum:
Würde der Luftangriff bei Kunduz in einem anderen Licht erscheinen, wenn der verantwortliche Offizier schon bei einer gänzlich anderen vorherigen Begebenheit versucht hätte ROE-widrig Luftunterstützung zu erbeten?
@CRM-Moderator
sicherlich würde das ein anderes Bild zeichnen, im Prinzip für die Bewertung des konkreten Vorfalles keinen wirklichen Unterschied machen.
Spannend ist, wie mit solchen Vorfällen umgegangen wird – in einem anderen Fall wurde mehrfach ein Rechts- und ROE widriger Befehl erteilt, verweigert und das ganze dann wohl ohne Auswirkungen auf die Karriere des betreffenden beerdigt. Da muss man den Fehler eher bei der Führung der Bundeswehr (BMVg, Staatssekretäre, GI) suchen… Ggf hätte da auch einfach wer am System vorbei Strafanzeige stellen sollen um eine neutrale Aufarbeitung zu erlauben… dürfte ja noch nicht verjährt sein
@Georg, Memoria
Wenn ich es richtig sehe, hätte Oberst Klein nicht gegen die ISAF-ROEs verstoßen, sondern gegen die „Tactical Directive“ General McChrystals: http://www.nato.int/isaf/docu/official_texts/Tactical_Directive_090706.pdf
Diese beschränkte Luftnahunterstützung auf Situationen, in denen u.a. „Troops in Contact“ vorlage. Die zugrundeliegende Annahme war, dass Luftnahunterstützung sich im übergeordneten Sinne als kontraproduktiv erwiesen habe, weil sie die Bevölkerung gegen ISAF aufbringen würde. Luftnahunterstützung solle daher nur noch im Notfall eingesetzt werden. Man kann eine Bedrohung für das Feldlager als einen solchen Notfall betrachten.
Man kann zudem argumentieren, dass die Vorfälle bei Kunduz die Annahmen McChrystals zumindest teilweise wiederlegt haben, denn das, was er befürchtete, trat ja nicht ein, im Gegenteil. Eine logische Folgerung aus dem Vorfall wäre somit auch eine kritische Hinterfragung des restriktiven Umgangs mit Luftnahunterstützung gewesen.
Ich verfolge mit großem Interesse die auch nach fünf Jahren immer noch lebhafte Diskussion zu diesem Thema. Ich hatte auch die Möglichkeit alle – auch die eingestuften – Papiere lesen zu können.
Dabei ist erschreckend, wie die durch McCrystal´s PR-Truppe, Anwalt Popal, Spiegel und Co. verbreiteten Fehlinformationen immer noch in den Köpfen sind. Danke an @Max Ibl zur sehr zutreffenden Beschreibung der Nachwirkungen des Einsatzes. Man kann ergänzen, dass bemerkenswerterweise weder Al Jazeera noch CNN durch die Aufständischen an die Abwurfstelle gerufen wurden. Zudem gab es nach meiner Kenntnis bis heute in Kundus keinerlei Demonstrationen zu diesem Thema.
Zum Zeitpunkt der Waffenwirkung waren nach übereinstimmender Bewertung von ISAF, des GBA und des LG Bonn etwa fünfzig Personen vor Ort. An dieser einzigen objektiven Zahl müssen sich alle anderen Behauptungen messen. Sicher ist, dass bei dem Angriff zwei namentlich bekannte Führer der Aufständischen, viele Kämpfer, aber auch Zivilisten getroffen wurden. Darunter wohl auch Bauern aus dem Nachbarort, die mit ihren Traktoren dorthin gezwungen wurden.
Die strafrechtliche Bewertung ist eindeutig und wurde durch den GBA, in einem Klageerzwingungsverfahren in Düsseldorf und jetzt wieder beim OLG Köln bestätigt.
Auch wenn es manche einfach nicht wahrhaben wollen, gab es keine Verstöße gegen zum Zeitpunkt gültige nationale und internationale ROE. Dies hat der Inspekteur des Heeres als Abschluss einer monatelangen Untersuchung festgestellt. Andere Bewertungen z.B. im Abschlussbericht des Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages sind politisch motiviert und ausdrücklich nicht juristisch überprüfbar. Im Sondervotum der Regierung musste man z.B. den Meinungswechsel des damaligen Verteidigungsministers rechtfertigen, ohne O Klein zu sehr zu schaden.
Es war insbesondere im September 2009 eindeutig möglich, einen „TIC“ aufgrund „Imminent Threat“ zu erklären. Es ist hier eine Frage der Lagebeurteilung des verantwortlichen Kommandeurs, ob unmittelbare Bedrohung vorlag. Daraus, wie z.B. durch @ Sara bis heute geschehen, eine Lüge zu konstruieren, ist nichts als bewusstes Nicht-Verstehenwollen. O Klein hat niemals behauptet, eigene Kräfte seien vor Ort.
Abschließend zu den immer wiederkehrenden Diskussionen um die Rolle der Piloten: Der Kommandeur hat den Waffeneinsatz gegen die Empfehlung der Piloten minimiert!Diese hatten auch die Bekämpfung des weiteren Umfeldes und Fliehender empfohlen.
Alles nachlesbar und dokumentiert. Usw, usw.
@ Memoria
Okay, der Unterschied ist angekommen und akzeptiert.
@ Mir_i
Die Amerikaner haben des öfteren aufgrund falscher nachrichtendienstlicher Information Unbeteiligte in nennenswerter Anzahl bombardiert und getötet (die sogenannten Hochzeitsgesellschaften). Das der General McChrystals sich in dem Fall Kunduz äußerst unfair gegenüber dem deutschen Komandeur verhalten hat, steht für mich fest (Einladung Reporter Washington Post bei der offiziellen Befragung von Oberst Klein durch ihn).
Also McChrystal, der ja dann auch einen unrühmlichen Abgang nahm, sollte vor der eigenen, amerikanischen Haustüre kehren.
Seine Doktrin, die er in AFG umsetzen wollte, ist meiner Meinung nach ebenfalls gescheitert.
@Georg:
Danke für die Akzeptanz.
@Mir_i:
Sehr guter Punkt mit der Tactical Directive.
Wobei diese ja nicht ROE ersetzt, sondern einen Überbau liefern sollte.
Leider wurde im Untersuchungausschuss nie gefragt, wie die Tactical Directive von RC-N, deutsches EinsKtgt und PRT KDZ ebenengerecht heruntergebrochen wurde.
Mir ist dazu nichts bekannt.
Zur Entwicklung in KDZ nach dem Luftschlag sollte man aus meiner Sicht nicht außer acht lassen, dass Ursache und Wirkung hier sicher nicht monokausal sind. Allein die Anstrenungen der Amerikaner (SOF + ALP) haben kurzfristig zu einer erheblichen Lageänderung geführt. Wenn auch nicht langfristig.
Aber da bin ich wieder bei der institutionellen Lernfähigkeit: Ohne kriegstheoretische Ausbildung, Interesse an Realität, Fehlerkultur, Lernbereitschaft und Charakter ist das eben nicht möglich.
Weitaus angenehmer ist es da eben auf alle anderen zu zeigen: Politik, Medien, Anwälte, Amerikaner, Afghanen, etc.
Die Entscheidung die Tanklaster zu bombardieren war falsch.
Das Klein aber jetzt nicht verurteilt wird ist richtig. Mich aergert nur das man in milit. Kreisen letzteres damit gleichsetzt, als haette er irgendjemandem damit geholfen. War zu dem Zeitpunkt selbst dort unten, und ich und meine Kameraden waren entsetzt das sowas passieren konnte. Das nach und nach immer mehr Infos geleaked wurden, lag damals schon daran, dass offentsichtliche Fehler die gemacht wurden schon intern totgeredet wurden und die Leute eben sich an andere Stellen wenden, als an ihre milit. Vorgesetzten.
Hallo C160.
Bei diesem Pseudonym unterstelle ich eine gewisse Lw-Affinität. Von dieser Warte aus begreife ich auch die Klassifizierung des Entschlusses O i. G. Klein als „falsch“.
Ich bin genau gegenteiliger Auffassung und will einige wenige kurze Hinweise zum diesbezüglichen Heeresdenken darstellen, ohne auch nur ansatzweise in Taktik und Operationsführung eintauchen zu können, denn dazu währen einige Monate an OSH und FüAk erforderlich.
Zentrale Begriffe bei Clausewitz sind Zweck, Ziel und Mittel zur Kriegführung. Der Zweck ist politisch vorzugeben, die Ziele werden militärisch bestimmt, um dem Zweck nahe zu kommen und die Mittel dazu hat der Truppenführer (TrFhr) auszuwählen ( wenn er denn erforderliche hat, Dilemma bei DEU-ISAF-Einsatz).
Jedes Vorgehen zur Zielerreichung unterliegt den Erkenntnissen der Aufklärungslage, auch denen der Nachrichten-Beschaffung unserer Dienste. Liegen diese nicht/nicht zureichend/gar nicht vor, hat der TrFhr trotzdem seinen Auftrag zu erfüllen, sonst würde er ungehorsam. Und damit beginnt das Dilemma, es treten, nach Clausewitz, „Friktionen“ auf.
Kurz, der O i. G. Klein war gefordert zu handeln, und zwar „handeln in die Ungewissheit hinein“, da er durch Nicht-Handeln seinen Auftrag nicht erfüllen würde und das Leben seiner Truppe gefährdete. Diese Entscheidungparameter müssen aus damaliger Sicht auf dem Gefechtsstand gesehen werden und KEINESFALLS mit Blick von heute. Der Entschluss zum Einsatz von CAS war somit folgerichtig, sogar zwingend zur Auftragserfüllung, durch Vernichtung des Feindes und diente, last but not least, dem Schutz seiner Soldaten sowie dem der AFG-Kameraden. Soviel in aller Kürze.
PS, hoffe, Sie schreiben mir keine Bessewisserei zu.
@C160:
+1
Entsetzen ist genau das richtige Wort, dass mich und mein dienstliches Umfeld erfasste als ich morgens auf dem Fussweg zur „Arbeit“ hörte, dass 56 Taliban tot sind.
Wann waren jemals 56 Taliban zeitgleich aufgeklärt an einem Spot im RC N?
Es war mitten im Ramadan. Erst mit Sonnenuntergang kommt bei der Spätsommerhitze überhaupt Bewegung ins Land. Es gab kostenlosen Brennstoff für bitterarme Bewohner.
Die Lage war unter Kontrolle.
Und dann wird wissentlich gegen ROE verstossen, das HQ nicht informiert(!!!!) und danach noch die Aufklärung behindert.
Dass die Nachbardörfer am nächsten Tag gejubelt und den Bundeswehrsoldaten sogar Geld zugesteckt haben ist nur logisch, hat aber was mit den dortigen Machtstrukturen zu tun.
Gen McChrystal war der richtige Mann am richtigen Platz. Und zu seiner ungerechtfertigten Ablösung weiß Wikipedia.“ Die Folgen waren eine Entschuldigung Obamas, ein Lehrauftrag an der Johns Hopkins University, eine Beraterfunktion im Weißen Haus und die Beibehaltung des Ranges General und Weiterführung in der Liste aktiver Generäle der U.S. Army.“
Damit ist es auch gut für mich. Ich folge in der Bewertung der Causa zu 100% dem deutschen Gen Ramms, der von 2007 bis 2010 Vorgesetzter von 5 ISAF Befehlshabern war und wunderbar umgangen und ignoriert wurde. Was der dazu gesagt hat kann jeder googlen.
@Klaus-Peter Kaikowski
Diese Argumentation zerschlägt sich mit der kolpotierten Aussage der Luftunterstützung (eyes on target), die die Situation besser bewerten konnten. AUch mit Blick von damals war die Entscheidung durchaus nicht unumstritten, was sie nicht FALSCH macht, wohl aber die zwingende Handlungsnotwendigkeit, die Sie atttestieren, durchaus hinterfragen lässt.
Sonstige verfahrenstechnische Mängel wie die Single-Source-Information etc mal ganz außen vorlassend.
Den Einsatz als zwingend notwendig darzustellen ist aus meienr Sicht ebenso falsch, wie ihn als absolut falsch zu sehen. Es war eben eine mögliche Entscheidung innerhalb des möglichen Spektrums… andere hätten mit gleichem Recht andere Entscheidungen treffen können.
Es wird hier oft eine direkte Gefahr für das Feldlager (deutsche Truppen an sich) als Grund für den Luftangriff aufgeführt. Auch der TiC (troops in contact) Grund wird zumindest als Möglichkeit gesehen.
Aus meiner persönlichen Sicht ist das schlicht falsch.
Die Tanklaster wurden nach ihrer Aufklärung durch die US Flugzeuge doch lückenlos überwacht. Sie haben sich nicht mehr bewegt. Es bestand kein Zeitdruck,im Sinne von ich muss in wenigen Sekunden einen Entschluss fassen.Und selbst wenn sie Richtung des Feldlager unterwegs gewesen wären, hätte man immer noch handeln können.
Die Zufahrt zur Platte ist ja durchaus kontrollierbar,wer sie denn kennt.
Es bestand also keine unmittelbare Gefahr.
Eigene Truppen waren ja nach allen Unterlagen nicht vor Ort. Deshalb auch kein TIC.
Ist ja auch das große Problem. Hätte man eigene Kräfte vor Ort gehabt, hätten diese die Situation beobachten können. Je nach deren Bewertung, hätte man den Luftangriff durchführen können,oder halt nicht.
Es waren aber keine deutschen vor Ort.Das mit einer (lokalen?) Informationsquelle telefoniert wird,meinetwegen auch 7 mal,ersetzt keine deutschen oder ISAF Quellen.
Ich will da nicht abwertend sein,aber ein geheimer Informant kann nicht bestätigen ob ein Luftangriff solchen Ausmaßes gerechtfertigt ist,oder nicht.
Man sollte auch nicht außer acht lassen,dass sollten die Zahlen (50-150?) stimmen,welche ja durchaus strittig sind, dieser Luftangriff von der Verlustzahl her einer der größten überhaupt darstellt. Ob jetzt bei ISAF oder OEF.
Und trotz dieser Sichtweise will ich den damaligen Oberst Klein nicht verdammen oder überhaupt schlecht Reden. Er ist ein Mensch, war in einer schwierigen,nicht beneidenswerten Lage und hat seine Entscheidung getroffen. Diese ist ihm nach den Unterlagen ja auch nicht gerade leicht gefallen. Wie gesagt,ich denke nicht das er absichtlich Zivilisten töten wollte.
Nur seine Entscheidung als alternativlos,oder gar Hervorragend zu bewerten,finde ich persönlich falsch oder übertrieben.
@C160
Woran bemisst man in diesem Fall richtig und falsch?
Eine direkte Bedrohung für das Feldlager lag wohl schon deshalb nicht vor, weil die Laster Diesel geladen hatten. Misst man die Entscheidung daran, war sie rückwirkend betrachtet falsch.
Wenn man die Entscheidung jedoch an den Wirkungsforderungen des ISAF-Kampagnenplans misst, stellt man fest, dass sie überwiegend positive Wirkung nach sich zog. Die Aufständischen waren nachweislich für eine gewisse Zeit merklich geschwächt, und die Bevölkerung reagierte entweder mit gestiegenem Vertrauen in ISAF bzw. die Bundeswehr oder größerer Zurückhaltung bei Unterstützung der Aufständischen.
Spätestens an diesem Punkt offenbart sich die Sinnlosigkeit des deutschen Einsatzes, denn Oberst Klein hätte diesen Befehl nicht geben dürfen, wenn es ihm dabei um Wirkung in Sinne des Auftrags gegangen wäre, sondern nur über den Umweg der Notsituation. Mit anderen Worten: Wenn die Bundeswehr Wirkung im Sinne des Auftrags erzeugt hat, was das so politisch nicht vorgesehen und eher Zufällen oder kreativem Umgang mit den Regeln geschuldet. Der Einsatz war somit ein von politischen Zielen losgelöster Selbstzweck und damit überflüssig.
allein das notorische hantieren mit termini aus dem zivilen notwehrrecht zeigt doch wie wenig die kriegsrechtlichen und prinzipiellen unterschiede des intrumentes bewaffnete gewalt verstanden worden sind.
das vernichten des militärischen gegners (rspektive des quells seines willens zum kampf) ist keine anomalie sondern sinn und zweck militärischen handelns solange es dem politischen gesamtziel dient der ursächlich für das militärische commitment ist.
ob selbiges in afghanistan jemals erreichbar war kann dahinstehen solange man sich beim ersten genuin militärischen handeln vis a vis des gegners sofort in selbstbezichtigung ergeht.
die konsequente verweigerung auf die sich permanent verschlechternde „sicherheitslage“ (noch so ein begriff mit zivilkonnotation) normativ, materiell und operativ zu reagieren hat die bedingungen überhaupt erst möglich gemacht die dann zur situation an der Furt geführt haben.
angenommen klein hätte hier nicht reagiert wäre der weckruf eben etwas später in anderer form gekommen. gekommen wäre er aber in jeden fall.
schlicht deshalb weil der gegner klare militärische prioritäten hatte und diese gemäß clausewitz auch militärisch durchzusetzen bereit war.
darauf mit den drei Affen zu reagieren wie es jahr und tag deutsche „strategie“ war ist eben nicht nachhaltig und führt irgendwann unweigerlich zum reality check.
@ Mir_i
Zitat:“Der Einsatz war somit ein von politischen Zielen losgelöster Selbstzweck und damit überflüssig.“
– Waren denn die politisch gesteckten Ziele mit den vorgesehenen Mitteln überhaupt erreichbar ?
– War der deutsche Kräfteansatz in der Aufteilung zivil und militärisch den politischen Zielen angemessen ?
– Wie schwer hat sich Deutschland damit getan, genügend Polizeiausbilder nach AFG zu senden und wurde die Polizeiausbildung daraufhin dann nicht größtenteils von den Amerikanern erledigt ?
– Hat sich Deutschland nicht den vermeintlich und bis 2007 ja auch weitgehend ruhigen Norden von AFG ausgesucht um möglichst wenig Soldaten in Kämpfe zu verwickeln ?
– Ist die relative Ruhe bis 2007 im Norden nicht der mehr oder weniger ausgeprägten Tötung von ca. 2000 Talebankämpfer im Norden (MES) im November/ Dez 2001 (Ersticken im Container) durch den General Dostum der Nordallianz zu „verdanken“ ?
Man kann, wenn man den Konflikt von Anfang aufdröselt, zu der Bewertung kommen, dass Einiges falsch gelaufen ist beim deutschen Einsatz, beim deutschen Engagement in AFG.
Die Bombardierung der Tanklaster mag im nachhinein als unnötig erscheinen, aber wie wir hier schon öfters festgestellt haben, entschieden werden muss in der Lage. Der militärische Entschluss wird von der Wahrnehmung der Lage in Verbindung mit der persönlichen Erfahrung, der Bewertung des Kommandeurs und seines Stabes, seiner Berater geprägt und er war aus meiner bescheidenen Sicht richtig !
Nun kommt meine sehr persönliche Bewertung.
Die Amerikaner haben aus Rache für 9/11 die Schutzmacht, die Herbergsväter von den Al-Kaida Kämpfern, die Taliban und damit die damals amtierende Regierung in AFG angegriffen (war halt einfacher als ein paar Al-Kaida Kämpfer in den Stammesgebieten von Pakistan zu finden und zu töten). Mit der gleichen Begründung hätte man Saudi-Arabien angreifen können, denn alle 19 Attentäter waren Saudis und Saudi Arabien finanziert weltweit die geistigen Wurzeln der zukünftigen Terroristen, die Madras, aus denen die radikalisierten Kämpfer oftmals hervorgehen. Auch in Deutschland treibt Saudi-Arabien sein Unwesen (König Fahd Moschee, Bonn usw.). Im Endeffekt bezahlt Saudi Arabien und Quatar Schutzgeld an die Extremisten, damit sie in Saudi Arabien und Quatar keine Attentate verüben. Der ganze Sunnitenclan in Quatar, Saudi Arabien und die ehemals herrschende Klasse in Irak sind Taleban freundlich eingestellt. Mit Quatar mit Saudi Arabien usw. pflegen wir beste Kontakte in AFG bekämpfen wir sie, ist doch widersinnig, oder ?
So nun haben also Taleban Kämpfer in den Jahren der Auseinandersetzung etliche deutsche Soldaten durch Bomben und Anschläge getötet. Die Situation eskaliert, der Kommandeur betreibt vorbeugende Gefahrenabwehr, vielleicht war für den einen oder anderen nicht an der Entscheidung beteiligten Kameraden auch ein Gefühl der Rache für eigenen Gefallenenen dabei. Ich weiß es nicht, es wäre aber menschlich verständlich.
Dies sind alles Gedanken außerhalb der rechtlichen Bewertung, denn die ist wie oben auch von anderen Kommentatoren ausgeführt, eindeutig und ohne Schuldvorwurf an den Oberst Klein.
Ich durfte im Forum wiederholt zur Kenntnis nehmen, dass die ROEs (in diesem Fall die 429A) kein Befehl sind.
Zur Info: Die JTACs brauchen, bevor sie die „theater clearance“ bekommen, eine sehr ausführliche Einweisung in diese teilweise sehr komplexen ROEs. Diese Einweisung schliesst mit einer ausführlichen schriftlichen Überprüfung ab. Ein Nichtbestehen bedeutet: Keine „theater clearance“.
Wer sich in diesem Zusammenhang an die Worte des verantwortlichen JTACs bzgl. seines Vorgesetzten erinnert „……sei er die ganze Zeit im Unklaren darüber gewesen, ob sein Kommandeur und er auf derselben Grundlage arbeiteten“, dem stellen sich die Nackenhaare hoch.
Mir konnte bisher keiner schlüssig erklären, warum in dieser Nacht während der reichlich vorhandenen Zeit der Entscheidungsfindung die übergeordnete verantwortliche Stelle für den Einsatz von Luftschlägen (RC N) nicht informiert wurde. Der Rechtsberater wurde ebenfalls aussen vorgelassen. Diese konstruierte einsame Entscheidung unter Zeitdruck eines an der Front alleingelassenen Kommandeurs ist selbstinduziert.
Den Luftschlag als Befreiungsschlag zu bezeichnen, weckt bei mir leider nur Assoziationen zu „Wag the dog“. Die Personen (Taliban) sollten vernichtet werden. Die „rollende Bombe“ Theorie wurde nachträglich erfunden.
Zur missratenen erste Aufarbeitung und Behinderung der Ermittlungen dürfen wir nicht vergessen, dass dies alles 23 Tage vor der Bundestagswahl geschah!
Ich bin übrigens KTzG dankbar für seine Änderung der Bewertung zu „militärisch nicht angemessen“.
Einen schönen Sonntag uns allen. Mögen wir alle draus lernen und im richtigen Augenblick das Richtige tun.
@Mir_i:
„Wenn die Bundeswehr Wirkung im Sinne des Auftrags erzeugt hat, was das so politisch nicht vorgesehen und eher Zufällen oder kreativem Umgang mit den Regeln geschuldet. “
Ich teile ja ihre Ansicht, dass man in dem Einsatz nicht wirklich etwas bezwecken wollte, stattdessen zählte der olympische Gedanke (dabei sein ist alles).
Jedoch geht mir die obige Schlussfolgerung deutlich zu weit.
Sie verkennt völlig die ROE/ Taschenkarten-Diskussion der Jahre 2007-2009.
Dort ging es genau darum. Die nderung gab es ja schon vor dem 04.09.09
Und nochmal: Die Bremser waren dabei mit erheblichem Maß Generale und Stabsoffiziere.
Aber das kann ich hier wohl noch 1000 mal schreiben.
Im Ergebnis gab es auch offensive Maßnahmen (z.B. Halmazag).
Inwieweit der Luftschlag nun wirklich mittelfristig zweckmäßig war, läßt sich ja auch hinterfragen. Schon am Karfreitag 2010 war die abschreckende Wirkung genau in der Gegend nicht wirklich groß.
Nach meinem Eindruck wird in der Truppe und hier immmer mehr die Legende von den von der Politik verratenen Soldaten gepflegt. So schwarz/ weiß ist das Ganze aber nicht.
@T.Wiegold
Ich habe einen solchen Artikel im Spiegel vor einigen Jahren auch gelesen.
Spiegel, nicht SPON.
@Mir_i
Also die ist Geheim „Erklärung“
@wacaffe
Wenn die Sache des Königs nicht ehrenvoll und gerecht ist, fällt diese Schuld auf ihn.
frei nach Shakespeare.
Ihre Definition mag legal sein, legitim ist sie nicht.
@wacaffe
Das militärische Vernichten des Gegners ist ein militärisches Mittel für einen politischen Zweck.
Widerspricht das Vernichten des Gegners dem politischen Ziel ist es kontraproduktiv.
—–
Was ich nicht verstehe,
ist wieso 2 Stunden entfernte Tanklaster eine so große und direkte oder anders geartete Gefahr darstellen können, das ein direkter Luftangriff ohne Show of Force gerechtfertigt zu sein scheint?
Warum also BG Klein , davon ausging dieser Angriff wäre notwendig?
Das er davon ausging, guten Grund zu haben habe ich vorrausgesetzt.
@ thodan
Das das vernichten einer, aus der damaligen Gefechtsstandsperspektive, erheblichen Feind Konzentration nicht als dem politischen Auftrag dienlich interpretiert werden konnte ist schon wieder so eine ex post Kritik.
Richtig ist. Im Raum kundus war ein stetig ansteigender feinddruck gegeben der aufgrund der bekannten deutschen Passivität die Handlungsfähigkeit deutscher Kräfte, ana, des zivilen Aufbaus etc. Bei weiterem fortschreiten grundsätzlich gefährdet hätte.
Die Zerschlagung eines größeren target oft opportunity zwecks Schwächung des gegnerischen Humankapitals und damit seiner Fähigkeit die politischen ISAF Ziele zu behindern war aus damaliger Perspektive völlig plausibel und wurde im übrigen auch von anderen ISAF Mitgliedern mit dieser ratio praktiziert.
Insofern ist klein auch dialektisch kein Vorwurf zu machen. Er konnte mit damaligem Kenntnisstand die Aktion für sinnvoll und geboten erachten.
Das ISAF strategisch nicht die Voraussetzungen für einen Erfolg der eigenen Einsatz Prämissen geboten hat ist nicht klein sondern den politischmilitärisch verantwortlichen weiter oben un der Nahrungskette vorzuwerfen.
Der Mann hat im unter zeitdruck im sinne der eigenen soldaten und einer nachvollziehbaren situationsinterpretation des Auftrages eine Entscheidung getroffen.
Mehr kann man eigentlich nicht erwarten.
Die damnatio memoriae die einige hier betreiben halte ich jedenfalls für ungerechtfertigt
Ich möchte nochenmal den guten Beitrag von [Paladin | 02. Mai 2015 – 18:53] ins Gedächnis rufen. Dort wird unter anderem auch auf TIC eingegangen.
[blockquote]Es war insbesondere im September 2009 eindeutig möglich, einen “TIC” aufgrund “Imminent Threat” zu erklären. Es ist hier eine Frage der Lagebeurteilung des verantwortlichen Kommandeurs, ob unmittelbare Bedrohung vorlag. Daraus, wie z.B. durch @ Sara bis heute geschehen, eine Lüge zu konstruieren, ist nichts als bewusstes Nicht-Verstehenwollen. O Klein hat niemals behauptet, eigene Kräfte seien vor Ort.
Abschließend zu den immer wiederkehrenden Diskussionen um die Rolle der Piloten: Der Kommandeur hat den Waffeneinsatz gegen die Empfehlung der Piloten minimiert!Diese hatten auch die Bekämpfung des weiteren Umfeldes und Fliehender empfohlen.
Alles nachlesbar und dokumentiert. Usw, usw.[/blockquote]
Trennung
Ich freue mich über das Urteil und hoffe, dass es mehr Rechtssicherheit in den Köpfen der Leute erzeugt.
Was für mich aber unverständlich ist, sind Aussagen ala „überwachen und abwarten“.
Wozu? Damit der Gegner Sich wieder zerstreut und Dinge tut?
Unter Berücksichtigung von Raum, Kräfte, Zeit hat BG Klein in meinen Augen das richtige getan.
Es war eben auch der Ein oder Andere „vor Ort“ in entsprechenden Verwendungen und kann daher sehr wohl die einzelne Situation und die Gesamtgemengelage von „innen heraus“ einschätzen. Dafür muss man nicht jeden Abend in Kunduz den Raketenalarm mitgemacht haben. Das hat auch nichts mit Armchair General 6 Jahre danach zu tun.
Schnitt.
Kurzes Szenario zum Thema „ROE“, „Zeitdruck“ und „imminent Threat“:
Air Policing Baltikum.
Die deutsche QRA schiesst während eine T-Scramble einen russische SU-27 über dem internationalen Luftraum der Ostsee ab. Grund: Die Crew fühlt sich durch aggressive Luftkampfmanöver und das Aufschalten des gegnerischen Zielradars bedroht. Die ROEs erlauben jedoch erst mit gegnerischer „Missile of the rail“ eine Gegenwehr im Rahmen der Selbstverteidigung. Trotzdem wird die SU-27 abgeschossen, deren Crew ist tot.
Rechtliche Bewertung?
Politische Bewertung?
Weitere fliegerische Karriere der Crew?
P.S.: @Unreal. Da haben sie das Funkprotokoll aber sehr selektiv zusammengefasst….
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/CD07400/Dokumente/Dokument%20060.pdf
Hab ich das richtig gelesen?
210700 JTAC to F-15E …so you´ll be a hero
Zitat von @Unreal
„Was für mich aber unverständlich ist, sind Aussagen ala “überwachen und abwarten”.
Wozu? Damit der Gegner Sich wieder zerstreut und Dinge tut?“
Im Endeffekt dreht es sich doch darum,ob man die dort versammelten Personen alle als Feind auffasst. Oder als vermutlich eine Anzahl (x) an Feinden und eine Anzahl (x) Zivilisten.
Ich kann da nur aus eigener Erfahrung sagen,dass man sich schon überlegt ob und wie,bzw welche Waffen man einsetzt. Und nein,ich war natürlich nicht als PRT Kommandeur eingesetzt,sondern nur als GrpFhr.
In den von @ CRM-Moderator verlinkten Gesprächsprotokollen ist auch eine Schätzung der Personenanzahl vor Ort (50-100),wenn ich mich nicht irre. Diese große Anzahl kann durchaus Fragen aufwerfen.Aufständische/IK/Taliban kommen eher selten in solchen großen Gruppen zusammen.
Es wird ja auch die Möglichkeit aufgezeigt,die Personen durch Show of Force von den Fahrzeugen zu trennen und diese danach zu zerstören.Die Bedrohung durch die Tanklaster wäre auch so beseitigt. Wäre eine Möglichkeit wenn man von einer gemischten Gruppe ausgeht.
Mir ist auch klar,dass man hinterher immer schlau reden kann.
Trotzdem das ganze vielleicht als eine Antwort auf die Frage,“Wozu überwachen und abwarten?“
@wacaffe
Was Ex Post jetzt mit meiner Kritik an ihrer Aussage zu tun haben soll, verstehe ich nicht.
Aber danke für ihren Post, jetzt verstehe ich die Umstände und Gründe für BG Kleins Entscheidung besser und sie sind nachvollziehbarer.
@Unreal
Das sind die Umstände, Fachwissen die mir Fehlten um das ganze in einem anderen Licht zu sehen,
Das imminent Thread auch unter TIC fallen kann, war mir nicht bekannt und erweckte daher den Eindruck das die Luftunterstützung unter möglicherweise falschen Voraussetzungen angefordert wurde.
Wieso hat Oberst Klein eine „show of force“ abgelehnt? Es bestand keine akute Gefahr durch feststeckende Tanklaster !
@Unreal/Paladin:
„Abschließend zu den immer wiederkehrenden Diskussionen um die Rolle der Piloten: Der Kommandeur hat den Waffeneinsatz gegen die Empfehlung der Piloten minimiert!Diese hatten auch die Bekämpfung des weiteren Umfeldes und Fliehender empfohlen.
Alles nachlesbar und dokumentiert.“
Die Aircrews haben 5x vorgeschlagen die Menschen mit SOF zu vertreiben. Sie haben weiterhin vorgeschlagen eine höhere Ebene (RC N) bei der Entscheidung einzubinden.
Dies wurde alles abgelehnt und mehrfach von O Klein via JTAC versichert, dass alles korrekt gem. ROE und die Gefahr so imminent sei, dass unverzüglich gehandelt werden müsse.
D_A_R_A_U_F_H_I_N haben die Aircrews selbstverständlich vorgeschlagen alle „Taliban“ in und um die Furt zu vernichten. Waren sie doch alle gem. ROE erlaubte Ziele.
Wenn sie dass nun insofern umdrehen wollen, dass O Klein die Zivilisten vor den Aircrews schützen musste indem er kleinere Bomben verlangte und die Verfolgung (ROE429) von den selben Zivilisten, die er soeben noch als klar erkanntem Feind definiert und bekämpft hatte, einstellen liess, dann ist das gelinde gesagt perfide.
Ich will niemanden von seiner Beurteilung der Dinge abbringen, jeder sieht die Angelegenheit eben so, wie er sie aus seiner Erfahrungsperspektive für richtig erachtet.
Dies gilt natürlich nur für die Ebene richtige oder falsche Entscheidung der Bombardierung, denn die rechtliche Bewertung ist wohl eindeutig.
@ CRM-Moderator
Schönes Beispiel was sie über einen hypothetischen Fall von „Air Policing Baltikum“ gebracht haben.
Zitat: „Air Policing Baltikum.
Die deutsche QRA schiesst während eine T-Scramble einen russische SU-27 über dem internationalen Luftraum der Ostsee ab. Grund: Die Crew fühlt sich durch aggressive Luftkampfmanöver und das Aufschalten des gegnerischen Zielradars bedroht. Die ROEs erlauben jedoch erst mit gegnerischer “Missile of the rail” eine Gegenwehr im Rahmen der Selbstverteidigung. Trotzdem wird die SU-27 abgeschossen, deren Crew ist tot.“
Es ist nur nicht ganz korrekt. Das Aufschalten des gegnerischen Zielverfolgungsradars ( nicht „Track“ sondern „log on“) gilt, soweit ich das weiß, international als „hostile act“, also als feindliche Handlung (dies müssten Sie mit ihren beruflichen Hintergrund besser wissen wie ich). Diese Erklärung wurde mir zumindestens von einem Marinekameraden der Unifil-Truppe gegeben. Meine Frage war, warum 2006 als die deutsche Fregatte vor Libanon von israelischen Kampfflugzeuge im Tiefflug im Scheinangriff angeflogen wurde, nicht einfach ein „Log On“ , also ein Aufschalten des Zielverfolgungsradars erfolgt ist. Des weiteren wurde der Hubschrauber mit dem deutschen Kommandeur des Flottenverbandes am Starten gehindert. Alles durch die lieben und freundlichen Israelis die sich noch nie um eine UN-Resolution geschert haben, außer sie war zugunsten von Israel. Bitte nicht falsch verstehen. Ich habe nichts gegen Israelis, sie befinden sich in einem Dauerkriegszustand mit ihren Nachbarn und haben eben ein robustes Vorgehen. Was mich ärgert, ist das Deutschland überall als Sündenbock bezichtigt wird oder sogar sich selbst bezichtigt, anstatt selbstbewusst die gleichen Rechte wie alle anderen Nationen in Anspruch zu nehmen.
Ich sage es nocheinmal, die Amerikaner haben wahrscheinlich die 10 – 100 fache Anzahl von Afghanen aus Versehen getötet (sogenannte Hochzeitsgesellschaften) und bei der deutschen Bombardierung (bzw. vom deutschen Kdr angeordneten Bombardierung) sind wenigstens eine erhebliche Anzahl von Talibankämpfern getötet worden und die restlichen Unterstützer sind für eine Weile ruhig gewesen.
@Georg: „Es ist nur nicht ganz korrekt.“
Dies ist ein von mir vorgegebenes fiktives Szenario bei dem die ROE lautet „Missile of the rail“. Ob das in einem anderen realen/fiktiven Szenario gem. ROE so ist oder vielleicht auch nicht ist egal.
Insofern ist der Versuchsaufbau korrekt.
;)
Nachfrage an die juristischen Fachkräfte im Forum bzgl. Luftangriff Kunduz:
Ab wann wäre die Grenze des Völkerstrafgesetzbuches oder des Strafgesetzbuches überschritten gewesen.
Bitte nicht das grobe Unterschreiten der Messlatte darstellen, sondern genau der Millimeter, der die Latte gerissen hätte.
Danke!
@ crm-moderator
(ich vermute es geht um kunduns nicht ihr hypothetisches beispiel)
das hatte ich doch oben schon in extenso dargestellt.
ein angriff unter BEWUSsTER inkaufnahme ziviler kollateralschäden ist nur dann nicht kriegsvölkererechtskonform sofern die kollateralschäden erwartbar grob außer verhältnis zum militärischen zweck des angriffs sind.je wichtiger der militärische zweck desto größer die tolerablen kollateralschäden.
klein hätte also:
1. positive kenntnis von zivilisten im zielgebiet haben müssen (nicht der fall)
2. positive kenntnis von der relation zivilist / OMF haben müssen (nicht der fall)
3. die relation zwischen OMF und Zivilisten in abwägung zum militärischen ziel (hier vernichtung des gegners + abwehr potentieller bedrohung durch VBIED tanklaster) objektiv und ex ante grob unverhältnismäßig seien müssen (nicht der fall)
der „genaue millimeter“ lässt sich nicht festlegen weil das kriegsvölkerrecht hier wie auch in andereren siutationen dem kammandeur ermessensspeielraum in der abwägung militärisches ziel vs. kollateralschäden einräumt. nur das korrekte ausüben des ermessens wir juristisch überprüft.
juristisch eindeutiger KANN eine exkulpation gar nicht sein. kriegsrechtlich ist dem Mann nichts aber auch gar nichts vorzuwerfen!
@Thodan, Unreal, etc.
Mit Blick auf TIC und imminent threat wird hier nach meinem Eindruck einiges vermischt:
„Das ISAF-Kommando hat für Luftangriffe detaillierte Regelungen beschlossen.
Das beginnt mit den Voraussetzungen für die Anforderung von
Luftnahunterstützung (close air support). Diese soll nur gewährt werden, wenn
die eigenen Truppen Feindberührung haben (troops in contact) oder wenn eine
„unmittelbare Bedrohung“ (imminent threat) vorliegt. Auch hinsichtlich der
Ermächtigung zum Gewalteinsatz machen die ISAF-RoE zahlreiche Vorgaben:
So liegt die Ermächtigung zur Anwendung der Einsatzregeln grundsätzlich
beim ISAF-Kommandeur. Ein Rechtsberater soll hinzugezogen werden. Nur in
zeitkritischen Situationen darf ein Einheitsführer im Range eines Oberst selbständig
über die Anwendung von Einsatzregeln verfügen. Die ISAFEinsatzregel
421 erlaubt einen Waffeneinsatz im Falle einer konkreten Verteidigungssituation
(imminent threat). Demgegenüber erlaubt die Einsatzregel
429 die gezielte Tötung von Aufständischen, auch außerhalb einer konkreten
Verteidigungssituation,26 soweit diese Angriffe gegen afghanische Sicherheitskräfte
oder ISAF vorbereiten,27 also Kämpfer im Sinne des humanitären Völkerrechts
sind. Voraussetzung ist aber, dass die angegriffenen Personen klar
als Aufständische (insurgents) identifiziert sind, also auszuschließen ist, dass
es sich um Zivilpersonen handelt. Ferner sehen die RoE vor, dass zum Schutz
der Zivilbevölkerung vor dem Einsatz von Waffengewalt eine Warnung abzugeben
ist.“
https://www.jura.uni-bremen.de/lib/download.php?file=081de010c4.pdf&filename=WP4_2011_final.pdf , S. 18
Der Verlauf des Luftangriffes zeigte ja auf dass man zwischen den beiden begrndungen (TIC u. unmittelbare Bedrohung) hin und her gewechselt wurde.
Im Nachgang wurde ja auch festgestellt, dass es Ausbildungsdefizite bei der Führerausbildung gab.
Es wäre schön, wenn man endlich emotionslos über die Vorgänge diskutieren zu können.
Die Debatte erweckt ja weiterhin vorallem allgemeine Reflexe (Oberst Klein als Politik-Opfer, Obert Klein als Kriegsverbrecher, Oberst Klein als Vorzeige-Soldat, etc).
Die Grautöne haben da leider viel zu selten Platz.
So wird man aus alldem nichts lernen.
@ CRM – Moderator
Zitat „Wenn sie dass nun insofern umdrehen wollen, dass O Klein die Zivilisten vor den Aircrews schützen musste indem er kleinere Bomben verlangte und die Verfolgung (ROE429) von den selben Zivilisten, die er soeben noch als klar erkanntem Feind definiert und bekämpft hatte, einstellen ließ, dann ist das gelinde gesagt perfide.“
Nein, das ist nicht perfide, sondern die Wahrheit und Teil der sehr komplexen Situation damals. Zudem hat O Klein glaubhaft ausgesagt, dass er nur einmal – kurz vor dem Waffeneinsatz – durch den JTAC angefragt wurde, ob noch ein SOF ausgeführt werden solle. Die Zahl fünf ist eine Fiktion. Welchen Sinn dies nach 90 Minuten kreisen über dem Ziel gehabt hätte, bleibt regelmäßig unbeantwortet. Die Lagebeurteilung war zum damaligen Zeitpunkt eindeutig: Nur militärische Ziele, daher Angriff unter Nutzung des Überraschungseffektes unter Minimierung der geplanten Waffenwirkung auf die Sandbank, was auch gelang! Das hierbei bedauerlicherweise auch Zivilisten getroffen wurden, war damals nicht erwartbar.
Ihrer geäußerte Begeisterung für General a.D. Ramms vermag ich daher in diesem Fall wirklich nicht zu folgen. Das auch die verschiedenen COMISAF keine Beratung von einem General an einem tausende Kilometer entfernten Schreibtisch brauchten, der selbst keinerlei Einsatzerfahrung hatte, spricht für sich. Wenn er die Truppe in 2009 mal in Kundus besucht hätte, hätte man ihm sehr deutlich aufzeigen können, dass die Aufständischen ab Juni bis zu zweihundert Kämpfer versammeln konnten. Zumindest sind ja der GBA und die Gerichte sind dieser Bewertung gefolgt!