G36: 17. April BMVg-Bericht, ab 19. Mai Nachtwei-Kommission

Operation Orpheus - Nawabad, Northern Afghanistan

Ein bisschen unübersichtlich ist die Lage rund um das Sturmgewehr G36 der Bundeswehr ja inzwischen schon. Es gibt Aussagen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vom 30. März, mehrere Stellungnahmen der Herstellerfirma Heckler&Koch (die umfangreichste mit zehn Seiten am 10. April), eine Weisung des Generalinspekteurs zum taktisch/operativen Umgang mit dem G36 – und wie geht’s jetzt weiter?

• Der technische Abschlussbericht, der Grundlage für die Äußerung der Ministerin Ende März war, soll am 17. April vorliegen, also am Freitag kommender Woche. An diesem Bericht beteiligt sind Bundesrechnungshof, Ernst-Mach-Institut der Fraunhofer Gesellschaft, Wehrtechnische Dienststelle (WTD) 91 und das  Wehrwissenschaftliche Institut für Werks- und Betriebsstoffe der Bundeswehr.

• Eine Expertenkommission unter Vorsitz des früheren Grünen-Bundestagsabgeordneten und Verteidigungsexperten Winfried Nachtwei soll untersuchen, ob mögliche, beim G36 festgestellte Probleme, zur Gefährdung von Soldaten in den Auslandseinsätzen geführt haben. Neben Nachtwei gehört der Kommission Hellmut Königshaus an, der derzeitige Wehrbeauftragte des Bundestages – die Kommission soll aber erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt am 19. Mai tätig werden. Königshaus hatte schon in einem Interview deutlich gemacht, dass ihm als Wehrbeauftragten keine konkrete Hinweise auf eine solche Gefährdung vorlägen.

• Eine weitere Expertenkommission soll eine Organisationsstudie erarbeiten, die (O-Ton BMVg) anhand des G36 der Frage nachgeht, ob es strukturelle Schwachstellen im Management der Großorganisation Bundeswehr gibt. Geleitet wird die Kommission vom früheren Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller, der auch lange Jahre Chef der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex war. Hinzugezogen wird ein externer Dienstleister mit der notwendigen Organisations- bzw. Rüstungsexpertise – was auch immer das konkret heißt.

Das alles hat das Verteidigungsministerum am (heutigen) Samstag auf der Bundeswehr- Webseite veröffentlicht, wenn auch bisschen unübersichtlicher. Zur Dokumentation der Wortlaut:

G36: Externe Experten sollen Fragen rund um den Beschaffungsprozess klären

Berlin, 11.04.2015, BMVg.
Für den 17. April wird der technische Abschlussbericht zum von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Sommer 2014 beauftragten Gesamtgutachten von Bundesrechnungshof, Ernst-Mach-Institut der Fraunhofer Gesellschaft, Wehrtechnischer Dienststelle 91, Wehrwissenschaftlichem Institut für Werks- und Betriebsstoffe über die in den vergangenen Monaten stattgefundenen umfangreichen Untersuchungen zum G36 erwartet. Im Anschluss daran sollen zwei Expertenteams unter unabhängiger Führung die Auswirkungen der G36-Untersuchungen umfassend aufarbeiten.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat zwei Untersuchungsaufträge zur Aufarbeitung der offenen Fragen rund um die mehr als 20 Jahre umfassende Historie von Beschaffung und Nutzung des G36 in der Bundeswehr erteilt. Eine Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Winfried Nachtwei soll der schwierigen Frage nachgehen, ob durch mögliche Probleme des G36 bei besonderen Vorkommnissen in den Einsätzen in der Vergangenheit Soldatinnen und Soldaten in den Einsätzen zu Schaden gekommen sind. Parallel dazu soll ein Team von Sachverständigen unter Leitung des langjährigen Chefs der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, Klaus-Peter Müller, eine Organisationsstudie erstellen, die anhand des G36 der Frage nachgeht, ob es strukturelle Schwachstellen im Management der Großorganisation Bundeswehr gibt.

Nachtwei-Kommission nimmt Gefechte unter die Lupe

Die Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Winfried Nachtwei hat den Auftrag, sich der der schwierigen Frage zu nähern, ob durch mögliche Probleme des G36 in bestimmten Szenarien in der Vergangenheit Soldatinnen und Soldaten in den Einsätzen zu Schaden gekommen sind. Mitglied der Kommission soll der derzeitige Wehrbeauftragte Helmut Königshaus sein. Zuarbeiten sollen ein Experte für technische Fragen sowie ein Sachverständiger für taktisch operative Aspekte in Bezug auf konkrete Einsatzszenarien. Auftrag des Gremiums ist die alten Berichte im Lichte der neuen Erkenntnisse nochmals zu analysieren und gegebenenfalls Befragungen der damals Beteiligten durchzuführen. Derzeit werden alle verfügbaren Unterlagen zusammengestellt. Die Kommission soll direkt im Anschluss an die Finalisierung der technischen Untersuchungen zum G36 und der Amtübergabe an den neuen Wehrbeauftragten im Mai die Arbeit aufnehmen.

Klaus-Peter Müller beaufsichtigt Erstellung der Organisationsstudie

Die Leitung des Expertenteams zur Organisationsstudie soll Klaus-Peter Müller (Aufsichtsvorsitzender Commerzbank AG) übernehmen. Die Ergebnisse der Studie sollen insbesondere auch in die laufende Modernisierung des Beschaffungswesens einfließen. Die Methodik der Organisationsuntersuchung wird sich deshalb eng an die bewährte Herangehensweise des Rüstungsgutachtens vom vergangenen Sommer über die wichtigsten Großvorhaben anlehnen. Dabei soll vor allem die organisatorische Perspektive betrachtet werden. Um sowohl die Unabhängigkeit, als auch die rasche Arbeitsfähigkeit der Sachverständigengruppe zu gewährleisten, soll schnellstmöglich ein externer Dienstleister mit der notwendigen Organisations- bzw. Rüstungsexpertise beauftragt werden. Im Anschluss wird das Expertenteam alle verfügbaren Unterlagen dieses Beschaffungsprozesses sichten und Interviews mit den am Prozess Beteiligten führen. Ziel ist es, innerhalb von voraussichtlich drei Monaten einen umfassenden Bericht mit den Ergebnissen, und konkreten Empfehlungen für die zukünftige Organisation vorzulegen.

Klaus-Peter Müller verfügt über umfassende Managementerfahrung in einer Großorganisation. Als langjähriger Chef der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex genießt er hohe persönliche Integrität und Glaubwürdigkeit auf dem Gebiet guter Unternehmensführung. Als Aufsichtsratschef der Commerzbank AG ist Klaus-Peter Müller Experte darin, Prozesse des aktiven Managements kritisch zu hinterfragen. Er hat sich zudem viele Jahre für den Erfahrungsaustausch von Führungskräften zwischen Bundeswehr und Privatwirtschaft eingesetzt.

(Foto: Bundeswehrsoldat mit G36 im Oktober 2011 in Nawabad, Distrikt Char Darrah, bei Kundus, Afghanistan – Timo Vogt/randbild.de. An der Stelle ein herzlicher Dank an Timo Vogt: Langsam wird’s ja schwierig, zu jedem G36-Beitrag hier ein neues Bild zu finden, und Timo hat mir erlaubt, dafür seine Fotos zu nutzen.)