Besen! Besen! Seids gewesen!
In den vergangenen Tagen hat hier (und auch in der öffentlichen, teils internationalen Diskussion) der lustige Besenstiel aus einem NATO-Manöver die Gemüter erhitzt. Die Debatte darüber läuft zwar schon im Bällebad, dennoch der Versuch, das ganze etwas zusammenzubinden: Hintergrund waren Berichte der ARD-Magazine Kontraste und Report Mainz und der Welt (letzter aus bekannten Gründen ohne Link), dass ausgerechnet bei einem NATO-Manöver der deutschen Einheiten, die als Test-Truppe für die neue superschnelle Eingreiftruppe der NATO vorgesehen sind, ein Rohr der Waffenanlage am Boxer durch einen schwarz gestrichenen Besenstiel ersetzt wurde. Und auch sonst noch so einiges fehlte. Dabei gibt’s den Boxer doch auch mit kompletter Waffenanlage, wie obiges Bild aus Afghanistan beweist.
Nun gibt’s dabei ein paar Merkwürdigkeiten. Zum einen, ganz vordergründig, dass das Verteidigungsministerium bei seiner Antwort an die Tagesschau zu diesem Thema scharf an der Wahrheit vorbei argumentiert hat:
Mit Besenstiel im Manöver – auf angebliche Mängel bei #Bundeswehr-Ausrüstung reagiert das Vert.Min. @tagesschau pic.twitter.com/2KdMQOwrfe
— Christian Thiels (@ThielsChristian) 17. Februar 2015
Ach so. Während dieses Manövers 2014 hatte der betreffende Verband weder eine Funktion als NRF noch als VJTF-Testbed, sagt das Ministerium. So sehr formal könnte das so gerade eben noch der Wahrheit entsprechen. Aber schauen wir doch mal, was die Bundeswehr auf ihrer Webseite über diese Übung Noble Ledger zu berichten weiß:
Im September 2014 verlegte nahezu der gesamte deutsche Gefechtsverband NRF 2015 mit seinen knapp 600 Soldaten nach Norwegen und nahm dort an der bereits erwähnten Abschlussübung „NOBLE LEDGER“ teil. (…)
In einer anschließenden mehrtägigen Übung mit Volltruppe konnte dann das PzGrenBtl 371 mit seinen unterstellten Kräften seinen Leistungsstand unter Beweis stellen. Mit Abschluss dieser Übung sind damit die Voraussetzungen geschaffen, für einen möglichen Einsatz der NRF 2015 bereitzustehen. Der gesamte NRF-Verband wurde zertifiziert.
Ja nee, is‘ klar. Hatte keine NRF-Funktion, wurde aber für die NRF zertifiziert. Mit Besenstiel.
Aber geschenkt, oder, um mit Goethe zu sprechen: Besen! Besen! Seids gewesen!. Viel wichtiger und mindestens genau so merkwürdig wie der Besenstiel in der Waffenanlage ist ein anderes Detail des Report-Mainz-Berichts:
Es gebe beim Nachtsichtgerät Lucie ein „Fehl von 76 Prozent“, bei den Waffen P8 fehlten „41 Prozent“ und beim Maschinengewehr MG3 fehlten „31 Prozent“.
MG3 und P8 kann ich mir schon vorstellen. Weil diese Waffen – die Pistole P8 allein schon durch das neue Schießausbildungskonzept – viel mehr beansprucht wurden und werden als ursprünglich vorgesehen.
Interessant ist aber das Fehl des Nachtsichtsgeräts von mehr als drei Vierteln der Planstärke. Nun könnte man (das machen, so höre ich, derzeit auch einige Leute) mal die Haushaltstitel der vergangenen Jahre nach Gesamtzahlen beschaffter Lucie-Geräte durchsehen. Vermutlich wird dabei rauskommen, dass die Bundeswehr etliche Tausend beschafft hat. Jedenfalls genug, um ein Bataillon für eine NATO-Übung auszustatten. Neben den Lucies, die in den Afghanistan-Einsatz gegangen sind.
Aber die Frage ist: wo stecken all die schönen, neuen oder auch überarbeiteten Lucies, die von der Industrie geliefert wurden? Wie viele schlummern in Depots und werden nicht rausgegeben? Aber auch: wie viele sind in der Truppe ausgegeben, aber durch Gebrauch – die Bildverstärkerröhre ist faktisch ein Verschleißteil – nicht mehr einsatzfähig? Ist das Fehl nicht vorhandene oder nicht einsatzfähige Geräte? Funktioniert der Kreislauf von Wartung und Neuausgabe der Nachtsichtbrillen?
Das würde mich ja mal schrecklich interessieren. Aber das ist vermutlich so intern und eingestuft, dass unserereiner (und die bezahlende Steueröffentlichkeit) das gar nicht wissen darf.
(So, und jetzt sollten wir die Debatte aus dem Bällebad zu dem Thema hier bündeln…)
Dazu kommt noch die Frage: Wieviel dieser Mangelartikel wurden an die Peshmerga etc. geliefert mit der Begründung: „Liegt eh nur im Depot rum.“
Die Frage ist, ob solche Details überhaupt noch Jemand bundeswehrweit im Blick hat. Oder reicht eine Suche im SAP/Materialwirtschaft? Sieht mir eher wie ein organisatorisches Problem aus.
Selbst 10 (in Worten: zehn) Lucies zu bekommen ist eine logistische Herausforderung, die man sich für eine nur ein- / zweitägige Ausbildung nicht antut.
Es soll Soldaten der Bw geben, die die Lucie nur vom Hörensagen oder vom Internet kennen.
Weiß jemand, was die kostet? Ich habe da abenteuerliche Zahlen gehört (5-stellig !?) ?
Die Pashmerga haben keine einzige Lucie bekommen. Alles, was an die ging, sind steinalte BiV für die Waffen noch von Hensoldt. Die machen als MG mit Lafette aber auch noch eine Menge her!
Die Brillen gibt es einzeln sowie in den Systemen IdZ Basis und IdZ Gladius für jeden Soldaten. Und darüber hinaus ist eine hohe vierstellige Zahl in der Truppe. Dennoch Mangelware und das Folgelos wird seit Jahren geschoben, wegen zuhause wirds nicht dunkel oder so.
Wer also welche in seiner Kammer hat, der nutzt sie bis zum Abwinken und gibt sie nicht weg. Denn ob Austausch aus der Logisik jemals kommt, steht in den Sternen. Man hamstert und hortet und weiß meist nicht, wo die Dinger liegen.
@Schwermetallet
Das genau scheint mir das Problem – nutzt sie bis zum Abwinken und gibt sie nicht weg. Denn ob Austausch aus der Logistik jemals kommt, steht in den Sternen. Das klingt sehr nach einem Bw-internen Problem – genügend da, aber die Nachschubkette funktioniert nicht. Nicht sehr schön für eine Speerspitze (für die anderen natürlich auch nicht).
Man könnte auch sagen Uschi schafft die BW ab. Vorallem wie kann es sein das ein Verband als einsatzfähig zertifiziert wird mit Besenstielen als Waffenrohr ??
Das kommt wohl hin, ist dann aber ein Führungsproblem durch die gesamte Kette. Kommt von der dauernden Mangelverwaltung. So ein Teil kostet zwischen 6 und 8k€. Hängt vom Zubehör ab. Bei IdZ wohl mehr als für die Masse. Gibt ja auch extra Pilotenbrillen und,welche für Kraftfahrer mit zwei Röhren.
Kann aber gar nicht so schlimm sein, denn die Speerspitze läuft ja auch mit einem abgerundeten Besenende medientauglich rund. Zumindest tagsüber. Und nachts greift die Eu-Arbeitszeitrichtlinie. Da brauchen wir nichts sehen.. #AuaAuaAua.
@TW
Das ist doch verständlich, welcher MatWart / Schirrmeister / WAKA-Verantworlicher gibt denn zu, daß man in der Einheit Ausbildung nicht machen kann, weil man Mat an eine fremde Einheit abgegeben hat? Wenn, dann wird das auf hoher Ebene abgesegnet, wenn überhaupt, und dann auch nur für den eigenen Bereich.
(„fremd“ = andere Brigade, so definiere ich das ‚mal)
Auf Divisionsebene muß man Ausbildungsvorhaben bis zu 15 Monate vorher abstimmen, MatPools werden gebildet.
Zu den Lucies hab ich Bällebad grade was geschrieben: http://augengeradeaus.net/2015/02/baellebad-2-februarhaelfte-2015/#comment-179973
Stand dieser Information: Ende 2000er. ISAF wurde – vom ESB abgesehen und da waren meines Wissens keine Lucies mit dabei – nicht mit zusätzlichem, sondern bereits vorhandenem Waffen ausgestattet. Also mussten die Truppenteile im Inland zusätzliche Lucies abgeben, zusätzlich zu denen, die beschädigt und zur Reparatur im Depot waren.
Und wenn die Kampftruppe nicht vollständig ausgestattet war/ist, kann man sich vorstellen, wie’s beim Rest aussah/aussieht. Gleiches trifft für alle anderen Ausrüstungsgegenstände zu.
„Es gebe beim Nachtsichtgerät Lucie ein “Fehl von 76 Prozent”, bei den Waffen P8 fehlten “41 Prozent” und beim Maschinengewehr MG3 fehlten “31 Prozent”.“
Das was mich daran überrascht, ist nur die hohe Fehlquote. Dass grundsätzlich, durch die Bundeswehr hinweg, gerade die Ausstattung fehlt, deckt sich mit meinen Erfahrungen (und denen von Kameraden).
„die Pistole P8 allein schon durch das neue Schießausbildungskonzept – viel mehr beansprucht wurden und werden als ursprünglich vorgesehen.“
Das nSAK bedeutet für die Waffen nur höhere Schusszahlen. Alleine dadurch fallen Waffen nicht aus, denn genau zu diesem Zweck sind sie gebaut. Waffen fallen viel häufiger durch grobe Gewaltanwendung (z.B. Übungen/Hindernisbahn) aus. Auch wenn das nSAK bedeutet, dass die Schusszahlen/P8 mehr angestiegen sind als die Schusszahlen/G36.
-Invisible
Ich trau mich kaum zu fragen, aber womit fegen die jetzt eigentlich die Stuben?
Gibt es schon ein Ersatzbeschaffungsvorhaben oder wird zur Vermeidung von nicht aufwuchsfähigen Zwischenlösungen ein Eurosauger2050 konzipiert werden?
Für so 3 oder 4 Milliarden müsste man doch in europäischer Kooperation einen Staubsauger designen können, der auch meistens oder wenigstens manchmal funktioniert, oder?
Noch ’ne andere Frage:
Wie gedenkt man bei der NRF mit Smertsch und Uragan von russischem Territorium aus umzugehen?
Defensiv: Wird einbunkern gegen andauernden Beschuß mit Mischung aus Schwerkaliber und Submunition noch geübt?
Offensiv: Mit Luft- und Artillerieschlägen gegen aufgeklärten Feind „eskalieren“? Trotz ungebrochener Gesprächsbereitschaft der Diplomaten? Trotz der russischen Angewohnheit, Artillerie aus Wohngebieten und Einfahrten von Krankenhäusern und Seniorenheimen heraus einzusetzen?
Und falls die Flugzeuge auf so etwas undenkbares wie russische Flugabwehr stoßen sollten – welche Artillerie gedenkt man statt der Luftwaffe einzusetzen?
Der hier verlinkte Artikel des UK Telegraph ist aktuell der Most read articel in der Kathegorie WORLD. Die Leistungsträger der Allianz fragen sich wohl ob Sie von DE verraten werden. International wird wohl die einzige Lösung für das Problem Deutschland, die Herauslösung der BW aus vitalen NATO Strukturen sein. Das schwächste Glied gefährdet im Endeffekt halt alle.
Weiß eigentlich wer, wie das mit Wartung und Instandsetzung bei Waffen und den Brillen läuft? Geht das auch durch die HIL wie die Autos, wird das in den Depots gemacht oder immer an die Industrie gegeben? Die Sachen gehen doch sicher nicht an irgendwelche EU-Billigschrauber, sondern bleiben im Land bei den Herstellern. Wenn das Zeug schon knapp ist und dann noch ewig im Kreislauf steckt, muss dass doch jeder Amateurcontroller entdecken können, dass man mehr braucht. Wer rechnet das jetzt in die Maßeinheit „SeaLion“ um?
Hier sollten genug Aktive sein:
Wie oft musstet Ihr euch für in Vorhaben die MG´s aus anderen Verbänden holen, weil die eigenen MES 3/4 waren? Wie oft war Nachtkampffähigkeit im eigenen Verband(nicht Kampftruppe) zwar in STAN, aber nicht vorhanden? Wie viele P 8 oder MG3 sind in den Btl´n „Huren“ und laufen von einem Vorhaben zum Anderen?(Und ja, bei gesteigerter Schusszahl mehr Verschleiß!) Wie viele Wölfe musstet ihr zur DepInst abgeben, und wieviele kamen zurück? Ich habe sowohl in einem LogVerb als auch in 371 soviel Sachen betreffs Mat erlebt, das ich sage: da ist nicht nur SAP schuld. Ich habe in 371 über meinen alten Verband SAP Abfragen über alle LogEbenen laufen lassen: DepBestand 4, Sperrbestand Einsatz–> und die Truppe zu Hause soll die Ausbildung sicherstellen? Herr Oberst, so ist der Roll-Out nicht machbar!-Wird notiert und geändert! Und was passiert- nix, Versagen auf alllen Ebenen ab Stabsabteilungsleiter aufwärts!
#Besenstielgate ist auch der meistgelesene Artikel im Resort World der Washington Post.
Man kann nur hoffen, dass der nationale und internationale Druck zunimmt, den vollmundigen deutschen Ankündigungen jetzt auch Taten folgen zu lassen.
@Invisible
Wie bereits gesagt, durch nSak ist die Schussbelastung der P8 erheblich gestiegen. Nach rund einem Jahr sind die Waffen durch und fallen aus.
Letztendlich, haben wir mittlerweile nur noch 4 P8 für das gesamtes Bataillon.
Der Rest ist defekt: gerissene Verschlüsse, Schlagbolzen, etc.
Wann Ersatz kommt weiß keiner.
Die Aussage des BMVg zur Bewaffnung des GTK Boxer FüFz ist ja nicht nur an der Wahrheit vorbei, sondern wahrheitswidrig.
Zu den anderen – sicherlich bedeutenderen – Themen hätte man ja einfach aufzeigen können, dass in allen Bereichen Beschaffungen geplant oder eingeleitet sind.
Die BiV-Brille, leicht soll dieses Jahr beschafft werden, das MG5 läuft ab diesem Jahr zu und P8A1 sind auch im Zulauf.
Alles in Stückzahlen, die das Problem nicht lösen aber soweit abmildern, dass zumindest Einsatz und einsatzgleiche Verpflichtungen abgedeckt werden können.
Stattdessen redet man sich mit Wortklaubereien und Unwahrheiten raus.
Wie war das mit der Fehlerkultur?
Und wir haben doch ein Weltklasse Heer ohne Nachwuchsprobleme.
@Invisible:
„Das nSAK bedeutet für die Waffen nur höhere Schusszahlen. Alleine dadurch fallen Waffen nicht aus, denn genau zu diesem Zweck sind sie gebaut.“
Doch, eben genau das tun sie. Die Pistole P8 wurde im ersten Jahrzehnt ihres Daseins grundsätzlich vorrangig mit Übungen wie der P-S-2 belastet, d.h. in vielen Truppenteilen:
5 Schuss mit der P8 pro Mann und Jahr – je nach Intensität der Ausbildung und Inübunghaltung können das heute auch schon gerne mal 500 sein… bedenkt man dann noch, dass ja regelmäßig nicht eine P8 pro Soldat exisitiert sondern eine Waffe mehrfach verwandt wird…
Und dann bricht eben der Verschluss oder anderes an der Waffe, ist der Abzug nicht mehr zu betätigen, etc etc
Das ist eben nur lange Zeit nicht aufgefallen, weil die Waffen kaum belastet wurden.
„Das was mich daran überrascht, ist nur die hohe Fehlquote. “
Mich nicht…. MG3 waren quasi in weiten Teilen der Truppe zwischenzeitlich schon gen Null reduziert, dass heisst selbst Infantriekompanien hatten teilweise nur 5 von den Dingern… dann wird halt je nach Klarstand zusammengeborgt.
Wobei gerade MG3 nicht so schmerzhaft sind – wer hat denn schon 7,62mm um damit zu schießen?
P8 waren früher eben nicht für jeden vorgesehen… heute würde der Soldat normal mit P8 und Gewehr herumlaufen (einige wenige mit MP), früher waren die kleinen Waffen nicht im Soll für jeden. Wenn man zwischenzeitlich die SollIrg dahingehend geändert hat, dann müssen die Waffen ja irgendwo herkommen…
Aber Herr Wiegold, Sie werden ja richtig prosaisch bei Ihren Überschriften. :D
Je mehr ich von diesen Kommunikationsversagern aus dem BmVg lese, desto mehr möchte ich eigentlich den Kammerjäger rufen und die Bude ausräuchern. Ist denen da eigentlich gar nichts mehr peinlich? Geben die morgens ihr Hirn in Nährlösung bevor sie ihren Dienst antreten? Wie kann man denn nur so … ach, es lohnt nicht. *triple facepalm*
Noch ein allgemeiner Gedanke:
Das Beispiel zeigt die zum Teil schlichtweg faktenfrei Informationspolitik der Bundeswehr.
Und das nicht „nur“ gegenüber der Presse und Öffentlichkeit, sondern auch ggü. der Leitung des BMVg und des Bundestages.
Das ist der eigentliche Skandal an Besenstiel:
Wenn man sich „fachlich“ wundert“, dass Soldaten das vorgesehene (!) Material nutzen wollen.
Nun stellt man es so dar als habe die Truppe sich mal ne Bewaffnung des Boxer FüFz ausgedacht.
Und gewisse Ebenen glauben sicher schon wieder die eigenen Notlügen.
Innere Führung live und in Farbe.
Zur „überraschend hohen Fehlquote“: Im Oktober wurden entsprechende Dokumente des Fallschirmjägerbataillons 263 publik, die dort bereits ähnliche Fehlquoten aufzeigten. Dort fehlten LUCIE, MG3, MG4 und G36K mit Fehlzahlen durchgehend im Bereich 70-90%. Diese Fehlzahlen beinhalteten dabei allerdings ausdrücklich Ausfall bzw. Nichtnutzbarkeit physisch vorhandener Systeme.
Artikel u.a. in der SZ, „Fallschirmjägern fehlen Sturmgewehre und Nachtsichtgeräte“.
Der Kommandeur DSK machte damals (in obigem Artikel) für den Fehl LUCIE den AFG-Einsatz verantwortlich, aus dem Geräte noch nicht zurückgekommen waren/sind; für den Fehl MG3 den allgemein schlechten Zustand der Waffe nahe Nutzungsdauerende und mangelnde Umverteilung vorhandener Stückzahlen aus aufgelösten Bataillonen. Der Fehl G36K wurde mit hoher Überzahl G36 kompensiert.
Zu den Besenstielen würde ich mal die Frage in dem Raum stellen, ob außerhalb einsatzbedingtem Sofortbedarf im Heer überhaupt bisher M2HB beschafft wurden, insbesondere in den für die Boxer notwendigen Zahlen (>75 Stück).
Dass man jetzt noch welche aus der Erstausstattung ausm Depot ziehen kann bezweifele ich mal. Genauso dass die Marine ihre rausrücken würde.
LUCIE Aktuell (Zeitraum der Leistungserbringung: 15.10.2015)
„Q/U2CD/EA149/DA171; Beschaffung von 150 EA Sichtvorsatz Nachtsehen (LUCIE Grundgerät) für die Ausrüstung „IdZ“…“
Ach was, da packen wir noch mal ein paar Tausend Stück drauf:
„Q/U2CD/EA266/BA199; Herstellung und Lieferung von 4102 Sätzen (SE) BiV- Nachtsichtbrille, leicht mit Zubehör.“
Auch in Calw braucht man Sehhilfen:
„Q/U2CD/FA005/EA170; Herstellung und Lieferung von 250 Sätzen (SE) BiV-Nachtsichtbrille für die Spezialkräfte mit Zubehör“
[Alle Ausschreibungen: 12/2014 – 02/2015]
Die Misere gerade beim Großgerät der Bundeswehr steht derzeit ja im Focus, beim „Kleingerät“ ist die Lage seit Jahren aber auch nicht besser.
Derzeit scheint das BMVg den Ausbildungspool und die Verbände im Heer regelrecht abzuschöpfen, um die IRAK Mission materiell unterstützen zu können. In dem Anschreiben dazu soll von einer „prekären“ materiellen Lage im Heer die Rede sein.
Dass das PzGrenBtl 371 dazu und m Vergeich zu anderen Truppenteilen, Einheiten und Verbänden gerade wegen des NRF Auftrag materiell sehr gut ausgestattet ist, dürfte niemanden wundern. Gerade die Bataillonsführung soll sich einen imposanten Gefechtsstand aufgebaut haben, der nur so vor Boxern strotzt und jedem Brigadestab zur Ehre gereichen würde.
In anderen, der NRF zugeteilten Einheiten soll die materielle Lage deutlich dramatischer sein. Dies scheint aber niemanden zu interessieren, da sich im wesentlichen auf den Gefechtsverband fokussiert.
Es müsste auch die Frage gestellt werden, ob und warum der Kommandeur dieses Bataillons uneingeschränkte Einsatzbereitschaft gemeldet hat, wenn die materiell Lage so dramatisch sein soll?
Dass Kommandeure ja zu gerne nach oben, dass es in ihren Einheiten vollumfänglich einsatzbereit sind, weil sie gerade die derzeit die Führung des Verbandes inne haben um sich für höheres zu empfehlen ist ja auch keine neue Erkenntnis.
Die Zusammenarbeit mit dem Verband soll sich auch „schwierig“ gestallten. Die Führung soll nicht nur „allwissend“ sein und wenig Verständnis für Rahmenbedingungen und Auflagen andere Einheit und Verbände aufbringen, sondern Auflagen seitens der übergeordneten Führung nur schwer verstehen zu können. Dies soll aber nicht an der Klarheit der Auflagen liegen.
Bei der Übung in Norwegen soll der Kommandeur sich bei Schiedsrichtern darüber moniert haben, dass sich der Feind nicht so verhalte wie er es erwarte. Die Anzahl von CAT A und B Verwundeten hätte er kurzerhand nach unten korrigiert, da dies bei einem anderen Verhalten des Feindes auch anders ausgefallen wäre.
Auswertungen zu der Übung würden dann auch nur die, für den Verband weniger peinlichen Inhalte aufführen oder besser gesagt, in der Auswertung für das BMVg scheint wohl nicht das jetzt lancierte Fehl an wesentlichen Ausrüstungsgegenständen aufgeführt zu sein.
Angesichts der Tatsache, das für 371 bereits andere Btl ihr Material abgeben müssen, ist der Fehlstand immer noch eklatant. Aber einmal raten, was der Rest der Armee noch hat. Nix. Aber brauchen die auch gar nicht, es gehen nämlich nicht nur die MG 3 aus (die ja auch nicht mehr nachbeschafft werden können, genauso wenig wie Ersatzteile) sondern auch die Munition wird schon knapp. Sollen wir noch über das Thema Schutzwesten sprechen?
Gleichzeitig bemüht sich die Führung, alle Soldaten in eine regelmäßige, Einsatzlandunabhängige Ausbildung zu schicken, und alle sollen fleißig umgeschult werden und reichlich schießen gehen. Sogar alle Stäbe und Ämter. Nicht, dass das den Stäben oder Ämtern schaden würde (oder deren Angehörigen), den Schaden hat die Truppe. Da man ja keine Vollausstattung mehr hat, haben nämlich die ganzen Stäbe und Ämter kaum noch eigene Waffen. Wo kommen die denn her, wenn sich das Kommando auf dem Übungsplatz trifft? Aus der Truppe, die dann gar keine mehr hat. Aber macht ja nix, die Munition wird ja auch durchs Kommando verballert, die Truppe könnte also eh nicht mehr schießen gehen. Mittlerweile sind wir tatsächlich so blank, dass wir uns selbst solche Sachen nicht mehr leisten können. Ob das irgendwann mal jemand der Generalität sagt? Oder irgendein General mal der Ministerin?
Das „die Firma“ intellektuell am Ende ist wurde hier ja schon früher festgestellt.
Wann, wenn nicht bei einer NRF-Zertifizierung, will man denn überprüfen ob alles vorhanden, funktions- und führungsfähig ist?
Die Antwort des BMVg in Zeiten des Internetzes, wo noch so vieles #Neuland ist, ist eine schlichtweg irrationale Reaktion einer völlig überforderten Organisation.
„Wann tritt Steiner an?“
Eine paar Fragen sind in meinen Augen offen:
1. ) Wem gehörte das Führungsfahrzeug? Dem Kdr oder Chef? Der Platz des Kompaniechefs ist im SP oder als Kdr nahe dem SP, aber muss er auch kämpfen und nicht „nur“ führen?
2. ) Müssen Führungsfahrzeuge mit einer Waffenanlage ausgestattet sein?
3. ) Kann der Bw die ehrenhafte Aufgabe die VJTF zu erproben wieder abgenommen werden, da ja offentsichtliche Mängel in der Materiallage bestehen und man eine Übung der Truppe wohl nur mit ÜBUNGSKÜNSTLICHKEITEN Schultern könnte?
Hat jemand der Leser eine Antwort auf diese Fragen?
Nachdem ich manchmal ein Ohr an der Masse habe, kann ich @MA nur bestätigen: die Führung dieses Verbandes war schon zu meiner aktiven Zeit seltsam, da wurden Aufträge an Land gezogen während der Schwerpunkt der Führung der BtlFü auf Lochkoppel und Anzug lag, während die Truppe angeschissen wurde, wenn sie ihre Einsatznachbereitung(skuren) machen wollte. Material fehlte an allen Ecken, während sich die 4er Leiste (hier speziell die Führung) durch „Geht nicht, kriegen wir nicht!“ auszeichnete. Der jetzige Kdr bekam dann wohl ob seines Auftretens zügig den Spitznamen „König von Marienberg“. Mir tun die Jungs leid, die das ausbaden, seit Jahren.
@Tiberius
stimme Ihnen zu 100 Prozent zu. Was für ein inhaltlich treffender Kommentar.
Was ist da im BMVg bloß los ?
fehlendes Gerät, fehlendes Personal – und ein Anspruchsdenken von der Ministerin als ob alles in Ordnung wäre. Ein Trauerspiel – hinsichtlich der prekären Lage völlig indiskutabel.
Mir scheint eine Planung mit 150000 Soldaten wäre sinnvoller.
Das angeblich Mat-Nachweis Problem der Lucie-Nachtsichtgeräte ist lächerlich.
Jeder Mat-Nachweisfeldwebel kann auf Knopfdruck die Gesamtbestände und deren Verteilung auf die einzelnen Bataillone feststellen. Da wird auch genau festgestellt, in welchen Zustand das Material ist (Materialzustandskode im Buchhaltungssatz).
Dies funktionierte beim alten Mat-Nachweissystem (bei der Lw ZTBÜ-AR) und funktioniert sicherlich auch bei SAP.
Die einzige Fehlermöglichkeit ist wieder der Mensch. Wenn mittels Rucksacklogistik die Geräte von Dienststelle zu Dienststelle verschoben wurden, mit Leihschein ohne urkundliche Buchung, dann weiß am Ende niemand mehr wo die Dinger sind.
Aber auch da gibt es Abhilfe. Jeder Einheitsführer, jeder Verbandsführer übernimmt das Material seiner Einheit, seines Verbandes persönlich bei Dienstanstritt. Dafür haftet er persönlich gegenüber dem Steuerzahler, dem Staat !
Also die ersten 3 Schadensersatzprozesse gegen Disziplinarvorgesetzte die leichtfertig ihr Material ohne urkundliche Buchung verliehen haben und dann hat man eine Buchführungsdisziplin.
Im Übrigen ist der urkundliche Nachweis des Materials keine Bw-interne Vorschrift, sondern begründet sich aus der Bundeshaushaltsordnung nach der das gekauftes Material (Investitionsgüter) in ihrer weiteren Nutzung nachgewiesen werden müssen, ansonsten könnte man das Steuergeld gleich aus dem Fenster werfen (was man an anderen Baustellen, siehe Rüstung sowieso tut).
@ MA
Auf den Kommandeur zu schießen bringt hier nicht viel, er ist letztlich auch nur Opfer des Systems. Was mit Kommandeuren passiert, die die „Wahrheit“ sagen, konnte ich selbst mitverfolgen (ORF Btl). Der Meldung „nur bedingte Einsatzbereitschaft“ folgte die Richtigstellung durch HFüKdo, in der dem Kommandeur bewiesen wurde, dass doch alles da sei – nur eben im Moment nicht bei seiner Einheit! Außerdem ist ein Einsatz ja sehr unwahrscheinlich! Ob es ihm geschadet hat kann man nicht sagen, da man ja nicht weiß welche Folgestelle er anvisiert hatte….
Fakt ist: Wir haben im Vergleich zu anderen Staaten überhaupt keine Fehlerkultur, da Fehler ja nicht gemacht werden – jedenfalls nicht durch die Verantwortlichen.
Wer < 75% Material für 100% Truppe plant (Dynamisches Verfügbarkeitsmanagement !!) lebt eh nicht mehr auf dieser Welt und hat eklatante Beratungsresistenz bewiesen.
DAS ist definitiv nicht mehr "meine" Bundeswehr…
Nun, Kanada hatte das gleiche Problem 2003-05. Dort wurde allerdings nach über 100 Toten in AFG richtig Geld in die Hand genommen und die Mängel abgestellt. Da fragt man sich ob 100 Tote bei uns reichen würden…..
Noch ein Nachsatz zu den Nachtsichtgeräten. Es ist doch für die Verbände außerhalb von NRF gar keine Vollausstattung vorgesehen. Wenn also jetzt plötzlich (hihi) ein Verband NRF machen soll, für den die Vollausstattung notwendig ist, dann hat er logischerweise ein Fehl von über 70% (allerdings auch nicht überraschend). Es darf jetzt mal gerechnet werden, wie viele Btl es braucht, um eines vollständig auszustatten…und wie viele die Btl dann noch haben. Dynamisches Verfügbarkeitsmanagement ist eine politische Lüge die in Zeiten, wo echte Einsatzbereitschaft plötzlich Nato-seitig gefordert wird, sich einfach nicht mehr durchhalten lässt. Und es geht mitnichten nur um Großgerät. Sollen wir mal die Feldküchen zählen gehen…?
Besenstiel als Rohrersatz ist sicherlich besonders kurios und auch pressewirksam zu vermarkten, aber jeder der in den letzten 5 Jahren auf einer NRF-, EUBG-, MilEvakOp-Übung war kann solche Geschichten zu dutzenden erzählen. Da wurden Wölfe mit Schildern versehen „Wenn ich groß bin, will ich mal ein Fuchs oder Dingo werden“. Da werden aus Mannschaftssoldaten zu Feldwebeln/ Offizieren gemacht (nicht aus Übungsgründen, sondern um der eigenen Führung „realistische Bilder“ zu stellen). Da wird Material demonstriert, von denen der ganze Verband weiß, dass es nicht zu gebrauchen ist. Da wird Personal 800km quer durch Deutschland gefahren, und als Verbandsangehörige ausgegeben, weil die eigenen Dienstposten nicht besetzt sind, usw.
Einfach mal eine Umfrage in einem der bekannten Foren aufmachen, in denen sich überwiegend Mannschaftssoldaten und Unteroffiziere tummeln, da werden schon schöne Geschichten bei rumkommen, die der Besenstiel-Anekdote in nichts nachstehen.
Für mich stellt sich wieder mal die Frage, warum ein Kommandeur und jede Ebene darüber überhaupt eine Meldung über seinen materiellen/personellen Stand abzugeben hat. Einsatzbereitschaftsmeldungen sollten meiner Ansicht nach längst Geschichte sein. Wie lange wird jetzt SASPF in der Bundeswehr eingesetzt? Worüber wird fast die gesamte Materialversorgung und Materialerhaltung geführt? Wo sollte also immer der aktuelle Status über Material und Personal abrufbar sein? Und war das nicht der ursprüngliche Grund, warum man sich für SASPF entschieden hat? Wollte man nicht bis ins BMVg immer und jederzeit mittels „Management Cockpit“ auf dem Laufenden sein? Für was zum Teufel gibt es diese Software, wenn diese Fragen nicht ohne Meldung im BMVg beantwortet werden können?
Ich war auch mal NRF. Mit der damals am stärksten mit Einsatz- und Einsatzunterstützung (Dienstleistungen, Personalabstellung) belasteten Kompanie der Bw.
Aufgabe der Kp war XYZ aber bei der STAN-Konferenz hiess es „XY machen schon die Franzosen“. Also wurde der Kräfteansatz nur für „Z“ berechnet und andere Kp, die „N“ konnten, was in dem Maß gar nicht gefragt war, bekamen NRF-STAN Plätze damit sich diese relativen „Zuhausebleiber“ auch mal mit „NRF“ Auftrag schmücken konnten.
Natürlich war dass mit den Franzosen das Equivalent einer Sch***hausparole weil ein völlig unprofessioneller Stabsoffizier etwas willig falsch interpretierte ohne einen Experten zu fragen…
Also hätten im „scharfen“ NRF Fall nur etwa ein Drittel der Käfte für „XY“ (hier auch noch in Masse die „Z“ Experten für die „XY“ Zweit- oder Drittfunktion war) und damit die Kapazität, zur Verfügung gestanden. Wäre natürlich Bw-üblich mit last minute scramble „ausgeglichen“ worden, wir hatten unsere „Schattten-STAN“ und Kontakte zur Schwesterkp dafür. Ohne dass wäre aber das „R“ von NRF nicht machbar gewesen denn „XYZ“ sind Flaschenhälse…
@Focusliner: Was wir dringend brauchen ist eine Truppenverstärkung und ich fand es gut, daß bei den Kommentaren zum Weißbuch auf der BW-Seite dort auch mal endlich eine Truppenverstärkung gefordert wurde.
Seit der Einheit wurde die BW auf 370.000, 340.000, 280.000, 250.000, 220.000 und jetzt auf 185.000 Soll und 181.000 Ist-Stärke reduziert! Bei jeder Verkleinerung wurde der BW dafür eine bessere Ausrüstung und Bewaffnung versprochen, tatsächlich ist heute die Ausrüstung viel schlechter und fliegt und fährt viel weniger als früher, wo wohl wenigstens 2/3 des Materials tatsächlich einsatzfähig waren.
Das irgendwas mit einer weiteren Reduzierung besser wird glaubt kein Mensch! Wir haben jetzt schon viel zu wenig Soldaten für die Auslandseinsätze, wo will man da noch reduzieren? Wir haben keine Panzerjäger mehr, keine Panzeraufklärer, keine Heeresluftabwehr, zu wenig Artillerie, zu wenige Pioniere, zu wenig Kampfpanzer usw.. Wenn wir weiter reduzieren gibt es nur noch Stäbe, aber keine Kampftruppen mehr in der BW und garantiert, wie in allen Reformen zu vor, keine bessere Ausrüstung oder Bewaffnung.
Statt weiter reduzieren könnten wir die BW gleich abschaffen, die Weiße Fahne hissen und russische Kolonie werden!
Angesichts der russischen Bedrohung für das Baltikum müssten wir dringend die BW wenigstens auf die 220.000 Soldaten bringen, die wir vor der unsäglichen Reform von 2011 hatten! Wir sind 2011 belogen worden, daß wir nur von Freunden umgeben seien, obwohl Putin schon 2008 in Georgien bewiesen hat, daß Krieg wieder ein Mittel der Politik für ihn ist.
Die Weizäckerkomission hatte 240.000 Soldaten als Freiwilligenarmee vorgesehen, daß wäre die Stärke, die wir tatsächlich bräuchten und noch finanzieren könnten. Die Frage ist nur, ob wir eine solche Stärke schaffen ohne Rückkehr zu Wehrpflicht, ob es nicht notwendig ist, diese wieder einzuführen oder eine allgemeine Dienstpflicht für alle Männer und Frauen in Deutschland.
Vielleicht sollte die NATO einfach wieder Evaluierungsübungen abhalten.
Kurzfristig, unangekündigt, wenige Tage Vorlauf.
Montagmittag der Alarm, Mittwoch antreten. Mit Personal, Material, an einem anderen Ort als der heimatlichen Kaserne.
Alle Flugzeuge, Hubschrauber, Schiffe, Boote, Panzer, Artillerie, Infanterie, Fernmelder, Sanis usw verlegen jeweils 150 km nach Osten. Für 2 Wochen. Aufmunitioniert.
Dann müsste das BMVg die Hosen runter lassen, viele Menschen und viel viel Material müsste zeitgleich an mehreren Orten sein und Frau vdL könnte als Kindergärtnerin oder Fernsehtechnikerin in Hannover anfangen, zusammen mit dem Rest ihrer Ministerialgruppe.
Dann könnte auch das Potemkinsche Dorf endlich nicht länger aufrecht erhalten werden und das unsägliche Lügen, Falsch- und Klarmelden müsste ein Ende haben.
Nur wenn endlich Ehrlichkeit einzieht kann auch eine Lösung herbei geführt werden.
Das Grundproblem ist m.E. das komplette Durcheinanderbei den 1001 Strukturreformen.
Alle paar Jahre gab und gibt es eine Strukturreform, die dann nie ganz oder nur halbherzig durchgeführt wird. Das Mat kommt immer zum Schluss und am Ende weiß niemand mehr, was wo herumgammelt, wer was bestellt hat und vor allem, wer es nun bekommen soll.
Das V-Fall Aufwuchsprinzip tut ein Übriges, denn dadurch haben die wenigsten Kommaneure (Ebene fast schon egal) die Traute, ihre Lager für die Durchführung der aktuellen Aufgaben zu plündern oder auch nur anzuknabbern.
Mein persönliches Schlüsselerlebnis hatte ich 1996, als wir dann doch einmal einen 2to GL gegen ein Lagergerät „tauschten“. Ich fuhr in eine schier endlose Halle, in der links und rechts vom Fahrweg LKW jedweder Bauart in Dreierreihen nebeneinander standen. Die waren „…alle für den V-Fall…“. Aber wir hätten die schon dato sehr gut gebrauchen können. Irgendwann wurden die dann vom Depot direkt in die Türkei und nach Spaniein verscherbelt – 10 bis15 Jahre alt, top gepflegt und gewartet; 50km auf der Uhr.
Gleichzeit fällt in der Truppe alles auseinander, weil die Geräte alt und überlastet sind und für die Reparaturen nur das Nötigste ausgegeben werden darf.
Schrott im Einsatz – Goldkante im Lager ….für den Fall, dass doch noch mal „der Iwan“ kommt.
Die BW muss sich endlich komplett vom Aufwuchsprinzip lösen, die Truppe mit der Lagerware auf Klarlage bringen. Das aber nicht parallel, sondern nacheinander, denn wie gut „Multitasking“ bei der Truppe funktioniert (nicht, dass in der Wirtschaft alles Gold ist, was glänzt).
@Closius: Obwohl ich Ihnen zustimme, eine Wiedereinführung der Wehrpflicht würde momentan als massive Eskalation mit Zielrichtung Russland verstanden werden und wird wohl nicht passieren, bis die ersten russischen „Urlauber“ in Riga und Tallin „spazieren“ gehen.
Und selbst dann „kann man doch über alles reden“, siehe die unsägliche Reise der zwei Spät-Kommunisten nach Donesk kürzlich oder die weiterhin vorhandene Unterstützung der Putinschen Position in Teilen der SPD.
@Georg
§78 BHO … kennt jeder.
@Focusliner & Closius:
Ich schrieb es an anderer Stelle schon einmal: 149500 war die Zahl, die aus Sicht der Bundeswehrplaner finanzierbar gewesen wäre. 185000 war nie hinterlegt und seitdem ist der Etat netto betrachtet weiter geschrumpft.
Wir haben viele, viele Probleme aber im Kern reduziert es sich auf folgendes:
1. Wir sind im Bereich der Betriebsausgaben, Infrastruktur und Beschaffung grundsätzlich so stark unterfinanziert, dass auch mit Tarnen, Täuschen und Dynamischen Management nichts mehr geht.
2. Der Beschaffungsbereich hat das Problem der völlig desaströsen Großprojekte. Diese binden einen Großteil des Investvolumens und führen zu einem Stau bei den „kleinen“ Projekten…z.B. einem neuen Maschinengewehr. Gleichzeitig bringen wir aufgrund der „liefern wir nicht heute, liefern wir halt übermorgen“ – Mentalität der Industrie unsere gebundenen Investmittel in horrendem Umfang nicht an den Mann. Die Kleinprojekte, die dafür bereit liegen sollten, können oft nicht als Ausgleich genutzt werden, weil
a) sie noch nicht Vertragsreif sind,
b) Das Haushaltsrecht ein umsteuern der Mittel nicht zulässt und
c) (sehr oft) die Industrie nicht aus dem stehgreif liefern kann (aber Geld fließt nur bei Lieferung).
Ergo: 240000 Mann würden es nur noch viel schlimmer machen.
@Bow
Die Zeit mit der Lagerware ist längst vorbei. Nix mehr da – halt…Gedruckte Vorschriften gibt’s noch reichlich auf Halde…
Wie verträgt sich eigentlich der Grundsatz der „75%-Mat-Lage“ mit dem alten Grundsatz „train as you fight“?
Oder fällt das alles dem „Breite-vor-Tiefe“ zum Opfer?
Wenn es nicht so traurig wäre…
@T.W.: Vielleicht könnte man Ihre Fragen erweitern? Wie sieht es denn bei den BiV-Brillen der Heeresflieger aus? Und bei der Luftwaffe? Bei der Marine (fliegen die nicht auch schon mit Biv?)
Angesichts der Meinungen hier möchte man als unbedarfter Beobachter meinen dass Deutschland kaum zur Landesverteidigung fähig wäre – nicht nur wenn der Gegner Russland hiesse sondern z.B. auch bei einem Waffengang gegen einen kleinen aber entschlossenen Gegner (Bösisten ergreifen in Ö oder U oder S die Macht und wollen Deutschland heim ins Reich holen oder ein paar tausend Extremisten aus aller Welt kommen zusammmen und greifen zur Waffe um ein Bösifat in Köln zu errichten)
Zu meiner Wehrdienstzeit war es nicht unüblich, bei Vorführungen etc. im Gelände Fahrzeug-MGs durch Besenstiele und andere Attrappen zu ersetzen. So fällt weniger Waffenreinigen an, wenn sowieso nicht geschossen wird. Das wäre eine mögliche Erklärung.
Also nun regt euch mal wieder ab. So etwas hat es auch schon früher bei der BW gegeben. Wir mussten (1967) Panzergefechtsformtionsfahren, mangels Sprit, folgendermaßen üben, 4 Mann, 1 Baumstamm! Natürlich haben wir uns darüber geärgert, denn das waren richtig schwere Baumstämme. Aber das war nur vorübergehend. Wir haben dann noch früh genug richtige Panzer (Leo 1) bekommen.
@Tiberius
Ich glaube die nominale Anzahl von Soldaten ist nicht so entscheidend.
Entscheidend für mich ist, wie viele davon einsatzfähig sind!
Aktuell sind das gerade mal 10% der Gesamttruppe, der Rest sitzt sich in Stäben die Puperze wund.
Der Einsatz/Etappe-Schlüssel liegt bei der BW bei 1/32 (!!!) , in Frankreich bei 1/7 und in UK bei 1/4.
Solange wir uns nicht klar sind, wie viele einsatzfähige Soldaten wir brauchen, wollen, MAT-technisch ordentlich ausstatten können, ist m.E. eine Diskussion über die nominale Mann-Stärke sinnlos
@ Closius
Einsatz/Etappe-Schlüssel mal völlig außer Acht gelassen:
250.000 wäre zwar angemessen, nur wer glaubt, dass dies bzw. die Finanzierung dessen von der Politik getragen wird?
Aktuell weigert man sich ja bereits, der „geschrumpften“ Bw das notwendige Material zur Verfügung zu stellen. Einen Trend kann man zwar erkennen, nur geht der in die falsche Richtung (siehe Reservebataillone mit imaginärem Großgerät).
Alleine, dass das Dynamische Verfügbarkeitsmanagement abgenickt und durchgewunken wurde, zeigt doch deutlich mit welcher „Ernsthaftigkeit“ man an das Thema Landesverteidigung herangeht.
Dazu eine IBUK die nach wenigen Tagen im Amt zu der Erkenntnis gelangt, dass die Reform gut und richtig ist. Wie sie dies direkt nach Amtsantritt einschätzen kann bzw. woran sie dies erkennt/festmacht hat sie der Welt leider nicht mitgeteilt. Da könnte man fast vermuten es liegt daran, dass ihr Amtsvorgänger zur selben Partei gehört und noch immer Regierungsverantwortung trägt, weshalb er natürlich keine Fehler gemacht haben kann.
Zeigt deutlich wo hier die Prioritäten liegen.
Mal davon abgesehen, dass selbst die bei der jetzigen Truppenstärke zu erwartenden Problematiken schlichtweg ignoriert werden. (Ersatz P-3C, Ersatz Jabo, Monoflotte A400M, Drehflügler, UAVs, Besatzungen 212A, geschützte Fahrzeuge usw usw usw)
Wer glaubt angesichts dessen an die Bereitschaft die Finanzierung für 250.000 (u. am besten 50.000 TerrH zwecks Aufwuchs) zu gewährleisten?
Funktionseliten tendieren nun einmal dazu nicht zu agieren, sondern lediglich zu reagieren wenn die Suppe hochkocht. Im Bereich Verteidigung ist es dann blöderweise meist zu spät und nimmt Pi mal Daumen 10(Heer), 12.5(Marine) und 15(Luftwaffe) Jahre in Anspruch.
@TomTom:
„Train as you fight“ bei 75% Ausstattung funktioniert doch prächtig. Man übt halt weniger, weil man die meiste Zeit ja mit dem hin- und herschieben von Material verbringt…
Übungsvorhaben 1,5 bis 2 Jahre im Voraus anzumelden und auszuplanen tut doch keinem weh, oder…?
[/sarcasm]
@ Ozelot
„Man könnte auch sagen Uschi schafft die BW ab. Vor allem wie kann es sein das ein Verband als einsatzfähig zertifiziert wird mit Besenstielen als Waffenrohr ??“.
Man kennt das doch, man meldet nach oben, und spätestens beim KpChef oder ab StOfz wird es dann wieder so geschönt dass alles einsatzbereit ist und der Oberst zufrieden.
@ Closius
Auch wenn Tiberius das alles schon schön direkt dargestellt hat: Ihr Herumreiten auf Wehrpflicht, Vergrößerung der Bundeswehr und so weiter ist fernab jeder Realität. Und in dieser Realität ist die Bundesrepublik als Ganzes nicht WILLENS der aktuellen Bundeswehr einen finanziellen Unterbau zu gewähren, mit dem zumindest angefangen werden könnte die ganzen Probleme aufzuarbeiten. (Das hierbei die BW-interne Unkultur von wegen „green on powerpoint“ einen gewaltigen Anteil an der Verschleierung der Zustände hat ist schon längst deutlich geworden.) Wenn jetzt schon nichts mehr da ist bei 185000 Mann, dann ist bei 240000 noch weniger da … oder glauben Sie etwa irgendein Schlipsträger in Berlin riskiert seine Politikerkarriere und fordert die berüchtigten 2% BIP als Wehretat oder votiert gar für die Wiedereinführung der Wehrpflicht?
Und selbst wenn hier morgen entschieden würde von jetzt auf gleich auf diese 2% raufzugehen (also roundabout 58 Milliarden Euro), dann würde es trotzdem wohl JAHRE dauern, bis die aktuellen Defizite abgestellt und damit VIELLEICHT Spielraum für Neubeschaffungen und Erweiterungen vorhanden wäre. Aber das ist alles „Hätte, hätte, Fahrradkette …“
@all
Wann kommt die erste Strafanzeige wegen Dienstpflichtsverletzung und Verletzung der Fürsorgepflicht – und zwar ganz oben gegen die Verteidigungsministerin?
Es geht eben nicht darum, dass alle Verbände nur mit High-End ausgerüstet sein müssen – aber eine solide, auftragsgemäße Grundausstattung – und die Möglichkeit sich damit genügend vertraut zu machen – ist die unterste Linie, wenn ich mir anvertraute Menschen eventuell in einen Einsatz schicken will. Da fängt m.E. Vorsatz an. Und Einsatz kann jetzt eben Bündnisverteidigung heißen. Verantwortungslos bis kriminell!
Und die Generalität entwickelt sich wieder zurück in Zeiten vor der inneren Führung: null Zivilcourage!