Prügel aus Polen
Der Blick aus dem Nachbarland Polen auf Deutschland als NATO-Partner ist in jüngster Zeit nicht zwingend schmeichelhaft – sei es der immer wieder von polnischen Politikern kolpotierte Spruch Ich habe keine Angst vor einer starken deutschen Armee, aber vor einer schwachen oder die Mahnung des polnischen Verteidigungsministers bei seinem Berlin-Besuch im Oktober vergangenen Jahres, eine schwache Bundeswehr könne sich niemand leisten.
Jetzt hat die Wissenschaftlerin Justyna Gotkowska vom Centre for Eastern Studies in Warschau da noch mal nachgelegt: In einem Papier unter dem Titel A weak link? Germany in the Euro-Atlantic security system schreibt sie unter anderem:
The German preference for dialogue and compromise in conflict situations in the regional and global dimensions may increasingly pose a risk to maintaining the cohesion and credibility of NATO – both from the perspective of the USA and Germany’s allies from Central-Eastern and Northern Europe.
Wer’s nachlesen möchte: hier.
Die Frage, die aus deutscher Sicht aufdrängt, ist allerdings: Wer, wenn nicht Deutschland, sollte eine Vorliebe für Dialog und Kompromiss einbringen?
(Foto: A German army soldier (right) talks about the specifications of different tactical vehicles to a Rado Abutvic, Slovenian Special Police Unit Commander, Polish army Col. Krzysztof Stachowiak, GS G7, and U.S. Army Maj. Jay Smith, Assistant U.S. Army Attaché to Poland, receive a brief about tactical vehicles during a visit to the Joint Multinational Readiness Center in Hohenfels, Germany, Oct. 18, 2012- U.S. Army photo by Spc. Michael Sharp)
@ FvS 22.01.2015 18:47 Uhr
„– Ist Deutschland wirklich dieses selbstlose Land, was am gemeinsamen Haus Europa arbeitet, oder werden versteckte Interessen verfolgt (Stichwort: 4. Reich, wie schon die Griechen vermuten …)?“
Wenn irgendwer glaubt irgendein Land wäre „selbstlos“, der möge bitte die rosarote Brille absetzen. Es ist schon schlimm genug, daß die deutsche Politik die Zeit der Bonner Republik als die „selbstlosen Jahre“ deklariert – und noch schlimmer, daß der gemeine Michel das auch glaubt – aber von so einem Standpunkt aus kann man keine Realpolitik betreiben. Und von diesem Schwachfug á la „4. Reich“ brauchen wir gar nicht anzufangen. ;)
„– Als Deutschland im kalten Krieg Frontstaat war, hat die ganze westliche Welt ihm beigestanden. Jetzt, wo sich Polen als Frontstaat fühlt, wo ist da der deutsche Beitrag zu Polens Sicherheit? Die Amis sind schon da, aber wo ist Deutschland?“
Richtige Frage. So wie ich diesen Teil der Geschichte mittlerweile interpretiere muß ich sagen, daß das neutralistisch-isolationistische Moment in der deutschen Bevölkerung während des Kalten Krieges von den Umständen und von der politischen Führung im Zaum gehalten worden war (und sich dennoch Bahn gebrochen hat – siehe Friedensbewegung, egal wie der Osten dort finanziert hat der Funken kam aus der Bevölkerung der BRD). Mit dem Ende des Kalten Krieges fiel diese realpolitische Zwangsjacke weg und das neutralistische Element konnte wachsen. Mit der Kontroverse um den Irak-Krieg 2002-2003 brach es sich dann vollends Bahn und führte zur aktuellen Situation.
Wie könnte man das ändern? Durch politische Führungsstärke und den Willen zur Not auch mal gegen Meinungsumfragen anzugehen. Aber da sehe ich kein Potential im aktuellen (und absehbar zukünftigen) politischen Personal. Dazu sind die Charaktere einfach nicht da und außerdem bietet Merkels Popularität ja mehr als genug Anreiz eben das Gegenteil zu tun.
Die US Neocons haben sich doch zu beginn des Ukr Bürgerkrieges beklagt, dass in DE die Export Orientierte Industrie quasi die Politik lenkt. Ein Politischer West Ost Konflikt macht deren bis dahin gut laufendes Russland Geschäft schwieriger. Die mussten Lobby mäßig wohl auch hart arbeiten, um Merkel als Front gegen Putin zu gewinnen. So ist das halt in Deutschland. Letztlich leben die Polen ja auch mit von der DE Export Orientierten Industrie.
Scheitert Poroschenko mit seiner Russland Konfrontationspolitik, wird da sicherlich Merkel auch Probleme bekommen.
csThor | 23. Januar 2015 – 6:42
Überhaupt kein Dissens.
Gerade weil man die Deutschen in der Welt eher als auf ihren Vorteil bedachte „Schwaben“ kennt, denn als selbstlosen Dalai Lama, ist ja dieses „wir bauen selbstlos und wegen der Erbsünde ganz uneigennützig am Haus Europa und bringen den Afghanen die Demokratie“ so unglaubwürdig und wird im Ausland überhaupt nicht geglaubt. Weil man in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik aber sonst so recht keinen Sinn erkennen kann, kommt man im Ausland auf solche Ideen wie einem neokolonialistischen 4. Reich als Ziel. Auch bei diesem Punkt ist eben das Problem, dass Deutschland/der deutsche Staat seine mühsam aufgebaute Glaubwürdigkeit verspielt hat, da haben Schröder und Merkel ganze Arbeit geleistet. Das ist inzwischen nicht nur ein außenpolitisches Problem, auch in der Innenpolitik schlägt den Eliten mehr und mehr Verachtung entgegen (Siehe Pegida, „Lügenpresse halt die Fresse“, Entpolitisierung des Bürgertum/Rückzug ins Private, Konjunktur der Verschwörungstheoretiker, etc.).
Sehe ich anders. Ich fürchte, wir erleben gerade wieder das hässliche deutsche „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!“. Nur ist das im aktuellen deutschen Zeitgeist nicht mehr männlich militaristisch kriegerisch, sondern gendergerecht naiv pazifistisch. Unser Land hatte schon häufiger das Problem, seine Mitte zu finden und zu halten.
Unsere Denkschule wollen wir der Welt aufzwingen und verstehen dann nicht, warum die Welt nicht zum neudeutschen ökologisch gendergerechten Schwaben mutieren möchte. Weder die Griechen wollen sich ihren Alltag von deutschen „Sparkommissaren“ diktieren lassen, noch wollen die Polen ihre nationale Sicherheit in die Hände eines verlogen moderierenden deutschen Außenministers legen, der kneift, wenn es darum geht, seinen Mann zu stehen.
Die Anziehungskraft der Werte des neudeutschen Lebens- und Gesellschaftsmodells ist offenbar sehr begrenzt. Für manch einen jungen Mann ist so eine Gesellschaft dann keine Perspektive und es geht als Hooligan in die Station-Schlägerei oder als Islamist in den Dschihad. Das Werte- und Lebensmodell, dass gerade in Deutschland medial als erstrebenswert propagiert wird, ist eben für viele nicht erstrebenswert und provoziert (pubertären) Widerstand. Schon in der Schule ist zu beobachten, dass gerade Jungen in diesem Lebensraum mit Ritalin sediert werden müssen, um kompatibel zur gewünschten Ordnung zu sein. Selbst viele bundesdeutsche Putin-Jünger schauen nach Moskau, weil das ja endlich mal wieder ein Politiker sei, „der Eier in der Hose habe“, weniger wegen seiner realen politischen (Fehl-)Entscheidungen.
Beim Irakkrieg 2003 ist es immer noch ein Phänomen, dass Deutschland dabei sehr wohl mitgemacht, seiner Bevölkerung aber das Gegenteil erzählt hat. Schaut man sich an, was Saddams übriggebliebene Kader gerade unter dem Label „Islamischer Staat“ veranstalten, dann trauere ich dieser Despotie in keiner Weise nach. Die Quantität der Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist im Irak seit 2003 eher weniger geworden, vor 2003 gab es nur keine Kameras und westlichen Reporter vor Ort.
Leider richtig. Das System des medianwählerorientierten Moderierens ist kurz- und mittelfristig sehr erfolgreich und untergräbt langfristig Grundpfeiler der Demokratie. Wenn jegliche Debatte über Werte und Strategie asymmetrisch demobilisiert werden kann, führt das zur Verflachung und Degeneration des politischen Systems.
@ Benedikt | 23. Januar 2015 – 7:57
Ich finde es immer wieder phänomenal, wie Sie vollkommen schmerzfrei versuchen, die russische Aggression gegen die Ukraine in der Ukraine der Ukraine in die Schuhe zu schieben und so zu tun, als ob die Ukraine Russland angegriffen hätte. So nach dem Motto: „Nachdem der größte Feldherr aller Zeiten Putin die ukrainischen Horden vor Moskau zurückgeschlagen hat, kommt es nun zum Endkampf …“
Das historische Vorbild ist da Wohl: „Seit 5 Uhr 45 wird zurückgeschossen …“
Was zahlt Putin eigentlich für solch plumpe Geschichtsfälschung?
[Die nächsten Kommentare mit persönlichen Angriffen bleiben im Müll. T.W.]
passend zu diesem Thema wird unser Bundestagspräsident Norbert Lammert heute abend einen Vortrag an der TH Aachen halten. Thema ist “ „Die Neue Deutsche Frage – Welche Verantwortung hat Deutschland in Europa und in der Welt?“. Bin gespannt auf die Aussagen, die da kommen werden. Und die Diskussion im Anschluß.
In jedem Fall finde ich es gut, wenn sich das politische Spitzenpersonal mal wieder auf den Weg in die Provinz macht, um uns die Welt zu erklären. Falls jemand sonst noch im Raume Aachen wohnt und heute abend nix Besseres zu tun hat:
http://www.rwth-aachen.de/cms/root/Die-RWTH/Aktuell/Pressemitteilungen/Januar/~hjci/Leonardo-Lecture-2015-unter-der-Schirmhe/
Link funktioniert zumindest im Moment allerdings nicht, da hat wohl wieder ein Student an der IT rumgebastelt…
Polen sowie die baltischen Staaten haben sehr berechtigte und sehr reale Gründe, sich durch die derzeitige russische Politik bedroht zu fühlen und fragen sich zurecht, wer ihnen denn aus Europa beistehen wird und vor allem mit welchen Kräften, wenn es um ernsthafte diplomatische Auseinandersetzungen geht, die von Stärke getragen sein müssen.
Jetzt zeigt sich doch, dass viele, die in den vergangenen Jahren gegen die „Einsatzarmee“ und für den reinen Verteidigungsauftrag in Deutschland waren, nun plötzlich auch die Landes- und Bündnisverteidigung nicht als so wichtig erachten, Kräfte dafür bereitzustellen.
Die deutsche Position von Dialog und Kompromissbereitschaft ist ja durchaus legitim. Allerdings sollte man den Dialog auch auf Augenhöhe führen und Kompromisse müssen von beiden Seiten gemacht werden. Wenn aber nicht aus einer Position der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Stärke heraus verhandelt werden kann, die auch andere Optionen des Handelns erlaubt, so wird Deutschland keinen echten Dialog erreichen und nur selbst Kompromisse machen ohne Gegenleistungen zu erreichen. Solange man sich in der EU weiter auseinanderdividieren lääst, abhängig von russischem Gas ist und militärisch mit Mühe internationale Übungen beschicken kann, wird man in Russland nicht als Verhandlungspartner ernst genommen.
@ Cynic2
„Wenn aber nicht aus einer Position der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Stärke heraus verhandelt werden kann, die auch andere Optionen des Handelns erlaubt, so wird Deutschland keinen echten Dialog erreichen und nur selbst Kompromisse machen ohne Gegenleistungen zu erreichen.“
Wenn Deutschlands Politikbetrieb in den letzten 20 Jahren eines „gelernt“ hat, dann daß deutsche Stärke (ökonomisch, politisch und erst recht militärisch) von unseren Nachbarn durchaus als bedrohlich empfunden werden kann. Die Reaktion darauf war, wie das von T.W. verlinkte Papier ja so richtig sagte, der Fokus auf Dialog, Konsens und Koalitionen … was übrigens mittlerweile auch innenpolitisch usus ist angesichts der Zerfaserung der Parteienlandschaft und wackliger werdender Koalitionen. Und wie schon Darwin ausführte: Die Umgebung beeinflußt die Evolution. Wer kam denn nach Schröder/Fischer nach oben? Richtig – die Oberkonsensbildungsbeauftragte Frau Merkel. Wer in allen möglichen Verhandlungen immer wieder darüber nachdenken muß, ob eigene Stärke womöglich als „zu bedrohlich“ empfunden wird und das Verhandlungsergebnis negativ beeinflussen kann, der wird auch in Situationen wie der jetzigen nicht von diesem Muster abweichen können. Das ist sozusagen systemisch bedingt.
„Solange man sich in der EU weiter auseinanderdividieren lässt […]“
Da gabs nicht viel auseinanderzudividieren. Die EU hat da nie wirklich Einheit gezeigt, vielmehr wurde sie erst durch MH17 zum Handeln gezwungen. Nicht aus Überzeugung, sondern um das Gesicht zu wahren. Gibt ja jetzt auch genug Stimmen, die die Sanktionen gegen Russland beenden wollen.
@ csThor | 23. Januar 2015 – 10:43
Die wesentlichere Frage ist aber doch: Warum wird deutsche Stärke von unseren Nachbarn kritisch gesehen? Könnte es daran liegen, dass man Deutschland immer noch nicht als gefestigt ansieht und eben fürchtet, diese Macht könnte missbraucht werden, für welche Ideologie und welchen Zeitgeist auch immer?
Der Schlüssel ist auch hier: Credibility!!!
Wenn man mal die historisch-emotionalen Aspekte beiseite schiebt – was ich ziemlich gut kann in Sachen Deutschland/Polen, denn ich habe mindestens 1/16 polnische Gene – dann sind die gegenwärtigen polnischen „Prügel“ nichts anderes als realpolitisches Streben nach mehr Sicherheitsgarantien europäischer Provinienz nachdem die USA konventionell ihren footprint in Europa so massiv reduziert haben und selbst nach 2008 diesen trend nicht umgekehrt sondern sogar noch verstärkt haben. Das einzige Land, das in Europa in die Abschreckungsfußstapfen der USA tretem könnte ist nun mal Deutschland. Nachdem Polen sich in Washington 2014 eine Absage geholt hat, was die Stationierung einer zusätzlichen US Brigade in Polen anbelangt, wurde der Druck auf Deutschland entsprechend erhöht. Was nun das Thema regionaler Proxy-„Hegomon“ anbelangt sollte man nicht vergessen, dass Deutschland einerseits an der nuklearen Teilhabe beteiligt ist, und andererseits Washington Rußland zu einer „Regionalmacht“ herabgestuft hat…..was aus Sicht der polnischen Analytiker nichts anderes bedeuten kann, dass selbst die nuklearstrategische Sicherheitsgarantie der USA auf etwas wackligen Beinen steht im Falle einer „limited aggression“. Andererseits wissen die Polen ganz genau, dass mit Blick auf die russische Raketentechnologie und die Geographie (Kaliningrad und Krim) ein effektives NATO-Raketenabwehrschild geophysikalische Träumerei bleiben wird.
Was alo tun ? Natürlich Deutschland mit allen Mitteln dazu bringen, die klassische Abschreckungs- und Sicherheitsgarantenrolle der USA zumindest teilweise zu übernehmen.
Somit sind imho die polnischen „Prügel“ realpolitisch und strategisch absolut nachvollziehbar und die emotional-historischeN Nebengeräusche aus Kiew und Warschau sollen den Druck nur erhöhen.
FvS schrieb: „Man muss sich hierfür vergegenwärtigen: Polen ist sehr geschichtsbewusst. Im Gegensatz zu vielen Deutschen kennt man seine Geschichte und ist sich der strukturellen Hegemonialinteressen seiner Nachbarn bewusst. Hierbei kommt dann immer wieder, dass es ja in der Vergangenheit regelmäßige polnische Teilungen gab. Die Mächte im Osten wie im Westen einigten sich dabei zu gern darauf, Polen unter sich aufzuteilen. “
Dann sollte in Polen 12 Jahre später noch bekannt sein, dass 2003 Polen auf New Europe gesetzt hat. :-)
Ich würde dieselbe Messlatte, wenn es um Konsistenz und Kontinuität geht, für beide Seiten anlegen. :-)
In Sache geschichtsbewusste Polen:
Der polnisch-russische Krieg und seine Begleitumstaende von 1921 werden in Polen gerne vergessen….
In Polen (wie auch in Russland und praktisch überall sonst in Osteuropa) wird Geschichte noch wie bei uns im 19. Jahrhundert betrieben.
Da gleitet es oft ins Kreative ab ;)
„“Die ukrainische Armee, nicht die sowjetische, hat Auschwitz befreit wird da auf polnischer Ministerebene behauptet.”
In drei Tagen steht das 70-jährige Jubiläum der Befreiung an, ohne die Befreier?
Kommt Poroschenko, und nicht Putin? Wer oder was macht Frau Merkel?
Die Geister sind noch längst nicht wieder in der Flasche.
@TomCat
Das Thema hab ich schon im letzten Ukraine-Faden angesprochen:
http://augengeradeaus.net/2015/01/ukraine-sammler-die-not-der-zivilbevoelkerung/#comment-173873
Putin wird nicht kommen – weil nicht eingeladen, Poroschenko ist eingeladen (und angeblich auch ukrainische Veteranen ???) und was Frau Merkel an dem Tag macht ist mir zumindest nicht bekannt ;-)
@ Klaubautermann @JRC
Wobei die „Ukrainische Armee“ eine Formation der Sowjetischen Streitkraefte war….
Putin’s Propaganda wird den Vorteil an der Heimatfront zu nutzen wissen …
@klabautermann
Habe ich erst jetzt gelesen,tja, ..da liegt ein Fettnäpfchen am anderen.
Für DE scheint Gauck zum Gedenken an Auschwitz zu fahren. Das ganze lief danach http://www.themoscowtimes.com/news/article/putin-an-unwelcome-guest-for-some-at-auschwitz-anniversary/514263.html so, dass der Veranstalter der Gedenkfeier eine Einladung an alle wohl Teilnehmenden Länder des 2. WK gesendet hatte. Polen hat danach eine Persönliche Einladung an Gauck oder Hollande verschickt. Putin hat keine bekommen, und nimmt daher daran nicht teil. Russland schickt wohl nur eine Delegation dahin. Die Jüdischen Veranstalter scheinen keine Probleme damit zu haben, dass die Polen die Gedenkfeier mit aktuelle Politik vermischen. Putin scheint damit auch keine Probleme zu haben. Ist die Frage ob das ganze so eine große Rolle in der Russischen Gesellschaft spielt?
@MikeMolto
Nun ja, ob diese „Ukrainischen“ Großverbände (1. – 4.) nun „Front“ oder „Armee“ genannt wurden, sollen Sprachwissenschaftler entscheiden. Tatsache ist, dass diese „Fronten“ aus mehreren Korps- und Armeegruppen bestanden, die aus allen Teilrepubliken der SU stammten, so natürlich auch aus der Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik, die natürlich auch schon vor Hitler’s Einmarsch Verbände der Roten Armee stellte.
Daraus jetzt auf einmal eine (rein) ukrainische Armee zu zaubern, die also Europa von den Nazis befreit hat, ist imho schon ganz schön dreist.
@ Klabautermann 15:04
Segg ick jo !
@Mike
Laut Wikipedia (editierdatum VOR der derzeitigen Kontroverse;)) war die Einheit, die Auschwitz befreite, teil der 322. Schützendivision, aufgestellt in Gorki, heute wieder Nischni Nowgorod.
Also eine „russische“ Einheit. Wobei da wahrscheinlich allerlei verschiedene Soldaten vertreten waren. In der roten Armee lief das mit dem Ersatz oft recht chaotisch ab, so daß wohl dort eine recht gemischte Truppe vorlag.
TomCat | 23. Januar 2015 – 13:24
Nur interessehalber: Ist es möglich bei der polnischen Ministerialebene nachzufragen, wer im September 1939 in Polen einmarschiert ist? Die Ukrainische oder die Sowjetische Armee?
Der Umgang der Ukraine mit der Sowjetvergangenheit erinnert sehr stark an dem Umgang der Österreicher mit dem 3. Reich….
@ FvS 9:51 Uhr
„Sehe ich anders. Ich fürchte, wir erleben gerade wieder das hässliche deutsche „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!“. Nur ist das im aktuellen deutschen Zeitgeist nicht mehr männlich militaristisch kriegerisch, sondern gendergerecht naiv pazifistisch.“
Nein, sorry so weit gehe ich nicht mit. Wenn da eine Beeinflussung stattfindet, dann eher „aus Zufall“ bzw weil Deutschland aktuell ökonomisch und damit politisch deutlich Gewicht zugelegt hat (und v.a. weil die beiden Gegenpole Fra und UK aktuell ja eher um sich selber rotieren) und damit eigentlich nur Verhinderung von ungewollten und innenpolitisch nicht zu verkaufenden (will sagen: der eigenen Karriere nicht förderlichen) Dingen betreibt. Gestaltung an sich wird seit Jahren nicht mehr praktiziert – und genau das bemängeln ja so ziemlich alle. Ich sehe darin wie gesagt kein bewußtes Handeln, sondern eindeutig den Versuch unangenehmes abzubügeln und die Ritalin-Ruhe daheim nicht zu gefährden.
@ JRC 15:36
d’accord, aber erst seit ca 2 Jahren.
Die ca 30 Ukrainer mit denen ich beruflich von 1998 bis 2001 sehr eng zusammenarbeitete (monatelang auf dem gleichen Schiff) hatten weder Russen-Ressentiments noch Probleme mit Poccia und sprachen auch untereinander russisch….,
@ all
Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz durch die 322. Infanteriedivision der 60. Armee der I. Ukrainischen Front unter dem Oberbefehl von Generaloberst Pawel Alexejewitsch Kurotschkin befreit.
Landeszentrale für politische Bildung
Baden-Württemberg
Die Bezeichnung I. Ukrainischen Front war eine militärische Formation der Roten Armee und bezieht sich auf den Einsatzort nicht auf die Soldaten.
Erst Woronescher Front dann Umbenennung in I. Ukrainischen Front.
http://de.wikipedia.org/wiki/Woronescher_Front
@ Ulenspiegel | 23. Januar 2015 – 12:08
Auch wenn ich da keinen Zusammenhang sehe, können wir das mal aus dieser Perspektive betrachten:
Welche Länder wurden am 22.01.2003 als „das alte Europa“ bezeichnet, welches man sicherheitspolitisch nicht mehr ganz für voll nahm?
Deutschland und Frankreich.
Welche Länder haben sich in der aktuellen sicherheitspolitischen Krise nicht gerade mit Ruhm bekleckert und rumgeeiert?
Siehe da: Deutschland und Frankreich.
Stimmt also immer noch und Polen tut gut daran, sich mit den USA und GB zuverlässige Partner gesucht zu haben.
Aber vielleicht erkennt Deutschland mal wieder, dass Treue gegenüber seinen Partnern ein nicht zu unterschätzender Wert ist, bei allen Meinungsverschiedenheiten, die man hinter verschlossener Tür wie die Kesselflicker ausficht, um dann öffentlich (gegenüber dem Gegner) geschlossen und willensstark aufzutreten.
Schröders Achse „Paris-Berlin-Moskau“ gegen das „Neue Europa“ … na dann Gute Nacht. Deutschland wäre schon wieder auf der falschen Seite der Geschichte. Diese Entstehung neuer Achsenmächte gestoppt zu haben, ist eine der wenigen sicherheitspolitisch richtigen Entscheidungen der Regierung Merkel gewesen.
Immerhin, der Kommandeur der Ukrainischen Front, Armeegeneral (später Marschall) Sokolowski war, wie man am Namen unschwer erkennen kann, Pole ;)
Noch ein Nachtrag zu meinem letzten Post (ich hoffe der ist nicht zu OT):
Die Verwaltungsmenthalität deutscher Politiker der aktuellen Generation scheint mir auch ein Spiegelbild der deutschen Gesellschaft zu sein, die wenig bis nichts übrig hat für „große Ideen“. Alle großen Projekte angefangen von Bauprojekten (S21, Stromtrassen etc) über die Energiewende bis zu den Idealprojekten (z.B. EU) sehen sich entweder massiven Bürgerprotesten oder einer Welle der Apathie gegenüber. Wenn Mikromanagement innen-, regional- oder gar lokalpolitischer Fragen einziges „Erfolgskriterium“ für Politiker ist und Leute mit „große Ideen“ als Spinner, Phantasten oder Wahnsinnige abgetan werden, dann züchten wir eben die Verwalter, die nach außen hin nur den status quo durch Verhinderung und Verweigerung zu verteidigen suchen, aber selber keine kreativen Energien und Ideen für die Zukunft haben.
In Punkto Sicherheitspolitik und NATO ist das genau so auffällig wie in Punkto EU – aus Berlin kommt nur was Berlin nicht tragen wird, aber was man tragen könnte … gähnende Leere. Hierzu ein hübscher kleiner Artikel von Ende 2013 zum Thema Deutschland in der NATO – die verlorene Nation.
http://www.aicgs.org/publication/has-germany-become-natos-lost-nation-prospects-for-a-reinvigorated-german-nato-policy/
Persönliche Note: Ich nehme mich da nicht aus, aber als Hardcore-Zyniker habe ich ohnehin für „große Ideen“ wenig übrig. Ich suche da immer danach, wie und in welchem Umfang der Propagierende davon persönlich profitieren würde. ;)
Um die polnische Sicht auf die deutsche Außenpolitik zu erläutern, benötigt man eigentlich nur zwei, drei Zeitungsartikel von Spiegel Online:
1.) Artikel: Man einigt sich, meint Steinmeier und äußert sich auch mit dem offiziellen Twitteraccount des AA ganz sonnig dazu:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-und-russland-vereinbaren-abzug-schwerer-waffen-a-1014293.html
(Zum Zeitpunkt dieses Treffens begann die russische Offensive zeitgleich bei Donezk, Horliwka und Luhansk)
2.) Die Realität findet ihren Weg zur Presse:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-krise-separatistenfuehrer-lehnt-waffenstillstandsgespraeche-ab-a-1014599.html
Übrigens lief das zeitlich bei der angeblichen Einigung in Minsk genauso ab. Pünktlich zum Beginn des Treffens begann der russische Sturmangriff auf Illovaisk.
Aber wer über Kriege mit Dummheiten wie „Spirale von Gewalt und Gegengewalt“ nachdenkt, …
http://www.spiegel.de/politik/ausland/steinmeier-mahnt-moskau-und-kiew-zum-abzug-schwerer-waffen-a-1014509.html
Die SPD blockiert übrigens nach wie vor die Lieferung von Dieselmotoren für die Fertigung von Krankenwagen in der Ukraine. Die Rettung lebensgefährlich Verletzter ist im sozialdemokratischen Universum Kriegstreiberei…
Daß sich die Polen an die USA anlehnen ist reiner Überlebenswille. Deutschland mag stark sein, aber wir haben eine SPD in der Regierung.
„Revolution“ in the Cooperation Between the Polish Army and the Bundeswehr
Polish Army is going to expand the scope of its cooperation with the German land forces. It is expected that Bundeswehr combat units will appear in Poland for exercises. Within the framework of expanded cooperation, subordinating a Polish battalion to German brigade and a German battalion to Polish brigade during the exercises is taken into account – as the Lt. Col. Artur Goławski from the General Command of the Armed Forces reports.
http://www.defence24.com/news_revolution-in-the-cooperation-between-polish-army-and-bundeswehr
Beitrag #22. Januar 2015 – 19:39
Es geht um die Formulierung:
“vielleicht ist es besser, … zu sagen, dass die 1. Ukrainische Front und Ukrainer [Auschwitz] befreit haben, weil ukrainische Soldaten dort an diesem Tag im Januar waren und sie die Tore des Lagers geöffnet haben und sie das Lager befreit haben.”
Möglicherweise weiß Hr. Grzegorz Schetyna das mit der 322. Schützendivision nicht oder ist sich der Bedeutung der 1. Ukrainischen Front nicht ganz bewusst.
Auch die USA
http://www.spiegel.de/politik/ausland/usa-barack-obama-will-mehr-geld-fuer-armee-und-forschung-ausgeben-a-1015676.html
geben mehr aus , BRD Blockiert weiter NATO weiter aus