NATO-Generalsekretär in Berlin: Mehr Bündnis, mehr Geld und ein Brüsseler Blick auf die Speerspitze

Der neue NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat bei seinem Besuch in Berlin am (heutigen) Mittwoch, wenig überraschend, noch mal seine wesentlichen Prioritäten für die künftige Arbeit des Bündnisses genannt: Die NATO müsse stark bleiben, ihre Mitglieder und Alliierten glaubhaft verteidigen zu können; die Allianz setze auf stabile Nachbarn und auch weiterhin auf eine Zusammenarbeit mit Russland, für die Russland aber auch die Grundregeln der Kooperation wie unverletzliche Grenzen akzeptieren müsse; und natürlich: Die NATO müsse mehr in ihre Verteidigung investieren und mit den Kürzungen der vergangenen Jahre Schluss machen.

Die Grundaussagen und einiges andere zum Beispiel zum Kampf gegen den Terror bitte ich – aus Zeitgründen – im anhängenden O-Ton anzuhören. Nur zu einem Detail noch etwas mehr: Seit heute, sagt Stoltenberg, verfüge die NATO über eine vorläufige schnelle Eingreiftruppe – eine Zwischenlösung für das, was der NATO-Gipfel im September vergangenen Jahres in Wales beschlossen hat.

Nun zeigt sich daran sehr schön der Unterschied zwischen der Brüsseler Sicht und, pardon, der Realität: Zwar ist die vorläufige Speerspitze der NATO, unter massiver deutscher Beteiligung, zwar formal mit dem heutigen Tage und mit der Übergabe des Kommandos für die Landstreitkräfte der NATO Response Force (NRF) an das Deutsch-Niederländische Korps in Münster aktiv. Und folglich sagt Stoltenberg, die Eingreiftruppe sei as of today operational.

Nun, faktisch ist es so: Die deutschen Anteile an der NATO Response Force, die jetzt die vorläufige Speerspitze bilden, waren auch zuvor schon als Immediate Reaction Force (IRF) der NRF gemeldet. Mit einer bestimmten Bereitschaftszeit. Mit dem heutigen Tage haben sie praktisch das neue Etikett Speerspitze erhalten – allerdings bei unveränderter Bereitschaftszeit. Und die liegt, sagt das Verteidigungsministerium, zum Beispiel für das Panzergrenadierbataillon 371, die Marienberger Jäger, unverändert bei bis zu zwei Wochen. Zumal es ja auch noch gar kein Konzept für die provisorische schnelle Eingreiftruppe gebe.

 

Stoltenberg_BPK_14jan2015     

 

Nachtrag: Die Gefahr bei solchen Äußerungen des NATO-Genralsekretärs ist, dass so was leicht missverstanden wird. Zum Beispiel von US-Kollegen, die deutsche Truppen schon auf dem Marsch nach Osten sehen:

An interim force of German, Norwegian and Dutch troops has been deployed in Eastern Europe to respond to any security threat from the east, NATO Secretary-General Jens Stoltenberg told reporters in Berlin on Wednesday.
The new “high-readiness spearhead force” is in place for 2015, Stoltenberg said after calling on Russia to respect the sanctity of postwar borders in Europe and the core values on which the continent’s democracies are based. (…)
Stoltenberg did not disclose the number of troops already deployed.

(Foto: NATO)