Der CIA-Folter-Report – die Originalquelle
Die verharmlosend erweiterte Verhörmethoden genannten Praktiken des US-Geheimdienstes Central Intelligence Agency (CIA) sind nicht in erster Linie Thema der Sicherheitspolitik und damit auch nicht dieses Blogs. Angesichts der Bedeutung, die diese Praktiken für den War on Terror der USA hatten (und in ihren Folgen auch haben), sollten hier aber zumindest die Originalquellen dazu auffindbar sein: Der am (heutigen) Dienstag von einem Ausschuss des US-Senats veröffentlichte Bericht zum Inhaftierungs- und Verhörprogramm der CIA.
Senate Select Committee on Intelligence
Committee Study of the Central Intelligence Agency’s Detention and Interrogation Program
und die Mitteilung der Ausschussvorsitzenden Dianne Feinstein dazu, in der sie eine der Schlussfolgerungen nennt: In einigen Fällen war das Folter.
Der Torture Report wird derzeit in praktisch allen Medien ausgewertet und Detailbetrachtungen unterzogen; ich verzichte deshalb an dieser Stelle darauf (und ergänze das nur ggf. um Links zu Berichten):
Human Rights Watch: USA and Torture: A History of Hypocrisy
New York Times: Senate Torture Report Condemns C.I.A. Interrogation Program
@ ThoDan
„Ich rede bei Gäfgen von Folter, Psychologischer Folter mittels Drohung.
Zur Würde Gäfgens reicht ein Blick ins GG,“
Sie haben völlig recht.
Ich wüßte nur gern, wie Sie reden würden, wenn IHR Sohn oder IHRE Tochter betroffen wäre …
BlueLagoon | 11. Dezember 2014 – 14:00
„Ich wüßte nur gern, wie Sie reden würden, wenn IHR Sohn oder IHRE Tochter betroffen wäre …“
Darum richtet in unserem Rechtssystem auch eine (Straf-)Kammer, die nicht unmittelbar betroffen ist. Die Einlassung „IHR Sohn/Ihre Tochter“ u.ä. ist immer unredlich. Es geht immer um Rechtsfrieden und nicht um Rache …
@BlueLagoon
Ich habe drüber nachgedacht und die Antwort hat mir nicht sehr gefallen, aber es ändert nichts daran, das es falsch ist und bleibt.
Aber wie schon gepostet, ich kann ihn nicht dafür verdammen
@ThoDan: Ich sprach nicht grundlos von einer Rechtsgüterabwägung. Es standen abzuwägen das zum Zeitpunkt noch mögliche Überleben des J.v.M. gegen das Nullrisiko des G.
Alles andere ist das jammervolle Verstecken hinter Paragraphen wenn man nicht bereit ist, menschliches Rechtsempfinden anzuwenden. Daher meine Hochachtung gegenüber Daschner, der das Risiko kannte und es trotzdem auf sich nahm. Das mag man übergesetzlichen Notstand nennen, aber im Zweifel steht das Recht auf Leben des M. über der Würde des Jammerlappens G.
Aber da es vor deutschen Gerichten und deutschen Richtern inzwischen möglich ist, Die Züchtigung einer Ehefrau als verständlichen Ausdruck fremder Kulturen hinzunehmen, darf man sich über das Daschner- Urteil auch nicht wundern.
Schon einige merkwürdige Argumentationen hier.
Einerseits werden Staaten, die noch die Todesstrafe in ihrem Rechtskanon haben als Babarenstaaten bezeichnet, andereseits wird die Folter- und targeted-killing-Praxis des CIA im Auftrag des Weißen Hauses im Rahmen des GWOT als “Tötungs-” besser wohl “schädigungsprivileg bis zur todesschwelle” euphemisiert.
Gemäß der Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen dürfen auch „außergewöhnliche Umstände“ wie Krieg oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabilität oder ein sonstiger öffentlicher Notstand, nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden. Die USA hatten das Abkommen 1988 unterschrieben, 1994 ratifiziert.
Wer ist hier also ein Barbarenstaat ?
@ Heiko Kamann:
Völlig zu recht soll die Justiz in unserem Land unanhängig sein, absolut d’accord.
„Es geht immer um Rechtsfrieden und nicht um Rache“
Bitte ???
Wo, Entschuldigung, ging es bei dem Prozeß bzw. bei den Vorwürfen gegen Daschner um Rache ???
Daß ein kleiner, elfjähriger Junge, der offenbar gewürgt und weiß Gott wie traktiert wurde, ein Junge, nach dem nachts stundenlang von Hundertschaften der Polizei gesucht wurde, der zum Zeitpunkt der „Folter“ an „Herrn“ Gäfgen bereits tot – „entweder erwürgt oder ertrunken“ – und verscharrt war, wußte weder der stv. PP Daschner noch irgendjemand sonst – außer dem „Herrn“ Gäfgen.
Also, wo bitte ist die von Ihnen aufgeführte „Rache“ hier zu sehen ?
Es fällt mir schwer, hier den von ihnen angeführten „Rechtsfrieden“ zu sehen.
Bei Abu Ghraib erzürnt sich „der Gerechte“ über die Machenschaften der CIA – bei den Machenschaften eines 27jährigen an einem kleinen Jungen, der Ewigkeiten in Todesangst verbracht hat, „geht es immer um Rechtsfrieden und nicht um Rache“.
Na dann …
@ ThoDan, BlueLagoon
Wir sollten hier aber nicht Zivilrecht und Kriegsvölerrecht miteinander vermischen. Daher ist der Fall Gäfgen, Daschner eigentlich gar nicht geeignet, um das ganze miteinander zu vergleichen.
@ThoDan: „Ich habe kein Problem mit Fakten, ich habe ein Problem wenn mir tatsachenverdrehende Märchen als Fakten vorgesetzt werden.“ Welche Tatsachen habe ich denn verdreht?
@ Roman
Selbstverständlich haben Sie recht, daß es sich um zwei Paar Schuhe handelt.
Trotzdem bleibt doch die Frage grundsätzlich richtig:
IST Folter richtig oder ist sie es NICHT.
Deutlich wird doch anhand der Diskussion, daß da eine klare, zweifelsfreie Antwort nicht „ja“ oder „nein“ ist.
RECHTLICH ist die Sache ( im Fall Daschner) völlig klar.
Von der MENSCHLICHEN Seite her betrachtet ist sie das absolut nicht.
Und die Foltermethoden der CIA sind m.E. sowohl rechtlich als auch menschlich gesehen ( vorsichtig formuliert ) doch zumindest „fragwürdig“.
@BlueLagoon: Nothilfe nach §32 ist eben keine Folter.
Für jemanden der sich zur FDGO bekennt und zum damit verbundenen Rechtssystem der BRD, kann sich die Frage ob Folter richtig ist oder nicht, nicht stellen. Das widerspricht allen uns heiligen Grundsätzen und macht internationalen Konsens obsolet!
Cheers
Flip
ZUsatz: @BlueLagoon: Nothilfe nach §32 ist eben keine Folter.
Es ist nur so, daß der Ort an dem die Hilfe durchgeführt wurde und der Ort, an dem sie zur Wirkung kommen sollte, nicht deckungsgleich waren.
Der Versuch einiger Kommentatoren hier, den „Fall Gäfgen, Daschner“ in die gleiche Rechtskiste wie die staatlich organisierte Folter- und targeted-killing-Praxis des CIA ist schon ziemlich dreist. Hauptsache es kommt ein Streifschuss Richtung Rußland dabei raus. Also ich werde mir die WM anschauen.
Zum Thema: wie ist denn nun die „Beihilfe zur Folter“ zu würdigen, die einige unserer europäischen Partner wohl geleistet haben: Lithauen und Polen sind schon in den Medien genannt. Und wie ist es um die Zusammenarbeit des BND mit CIA und NSA in Sachen Terrorismus bestellt ? Ist das auch Beihilfe zu völkerrechtswidrigen Folterungen und Tötungen ?
@ Iltis:
Vielen Dankfür den Hinweis.
Ich bin kein Jurist.
Aber offenbar haben die Richter im Prozeß gegen Daschner diesen Paragraphen entweder übersehen oder aber völlig anders ausgelegt.
Bzgl. des Ortes, der „nicht deckungsgleich“ war, ist mir Ihre Anmerkung nicht klar.
Die „Androhung von Schmerzen“ fand m.W. doch im Polizeipräsidium statt. Der kleine Jakob wurde nahe eines Waldsees bei Schlüchtern gefunden.
Wie sollte diesbzgl. eine „Deckungsgleichheit“ aussehen ?
@iltis | 11. Dezember 2014 – 14:26
Vergessen Sie nicht, Daschner war sich darüber im klaren das es falsch war, er tat es aus ehrenwerten Motiven trotzdem.
Wie weit ist es von dieser Form des sog Übergesetzlicher Notstandes – zur Staatsnotwehr?
Aussergewöhnliche Umstände mögen Aussergewöhnliche Massnahmen erfordern, sie verleihen aber keine ausserverfassungsgemässen Vollmachten
@Zivi a.D. | 11. Dezember 2014 – 14:34
Mittelalterliche kirchliche Hexen und Zauberer folternde und verbrennende Inquisition.
Also von Aufarbeitung ist man in den USA weit entfernt. Kurze Stichprobe querbeet auf der Homepage von us-amerikanischen Zeitungen:
– NYT:
2 Artikel (a) die liebe CIA wollte den Gefangenen ursprünglich die gleichen Rechte zugestehen, wie regulären Gefangenen, durfte aber nicht; b) Folterprogramm war ja eigentlich nur Hundetraining.) Forderungen nach Anklage der Verantwortlichen, Fehlanzeige
– WaPo:
1 Artikel (Hundetraining). Forderungen nach Anklage der Verantwortlichen Fehlanzeige
– LA Times:
1 Artikel (Hundetraining). Forderungen nach Anklage der Verantwortlichen Fehlanzeige
– Chicago Tribune:
1 Artikel (Die Demokraten gefährden mit diesem Bericht unsere Soldaten im Ausland). Forderungen nach Anklage der Verantwortlichen, Fehlanzeige.
– Boston Herald:
Nix.
Sorry, aber selbst ein Sturm im Wasserglas sieht anders aus. Im Moment ist die Sexanklage gegen Bill Cosby wichtiger. Also wird nix passieren. Wir sind die Guten.
@BlueLagoon: Nehmen Sie den Fall Akce und nehmen Sie weiter an, daß jemand zugegen gewesen wäre, der dem Täter ein empfindliches Übel angedroht hätte, falls er den Angriff auf die junge Frau fortsetzt. Dann fände die Drohung an dem Ort statt, an dem sie die Wirkung entfalten soll. Im Falle Daschner lagen diese beiden Orte weit auseinander, aber bringt der Unterschied von zwei Metern zu 100 Km vollkommen andere Grundsätze zur Anwendung?
@ThoDan: Sie haben sicher recht, daß Fälle wie Daschner keine rechtssetzende Wirkung haben sollten und das ist dann auch der Umstand, der mir an dem Fall Bauchschmerzen bereitet. Darum bleibe ich dabei, daß es dabei um Nothilfe nach 32 StGB ging und nicht um Folter. Schon damit keiner auf den Gedanken kommt, für weniger moralische Ziele auf diese Argumentation einschwenken zu wollen.
Warum Daschner und seine Anwälte diese Karte nicht gezogen haben, weiß ich nicht. Aber ich kann mir vorstellen, daß er an einem Buch darüber schreibt. Ehrliche Haut, die er zu sein scheint, kann er den Vorgang nicht an sich kleben lassen.
ist ja ziemliches touwabow hier.
@ klabautermann
mit dem tötungs und schädigungsprivileg bezog ihc mich auf die frage eines mitposters im rahmen des gefechts.
mit den verhörpraktiken der CIA hatte das nichts zu tun.
———–
Folter ist übrigens ein dehnbarer Begriff. was die französische Polizei bei zivilen Verhören so alles macht würde hier wohl unter den entsprechenden terminus subsumiert werden.
das ist auch EU und mitteleuropa. die empfindsamkeiten sind hier eben verschieden.
@ThoDan: Ihnen passen die historischen Fakten nicht in den Kram? Oder wollen Sie ernsthaft behaupten, es gäbe einen relevanten Unterschied im Informationswert zwischen den verschiedenen durch Folter erpressten Beschreibungen („Informationen“), nur weil einige davon in uns fremd gewordene Zusammenhänge gehören? Wo würden Sie denn die Grenze ziehen? Wenn Ihnen der
Hexenflug nicht passt, wie ist es dann mit den durch Folter erpressten Geständnisse aus Stalins NKWD-Kellern, in denen sich völlig abstruse Verschwörungstheorien finden, von denen Folterer wie Gefolterte von vornherein wussten, dass sie falsch sind? Oder gilt hier: Es kann nicht sein, was nicht sein darf? – was exakt der Mentalität der Folterer entspricht . . .
Oder geht es nur darum, der einfachen Konsequenz auszuweichen, dass die US-Folterknechte in einigen Fällen ganz offensichtlich erst mit den durch die Folter produzierten „Informationen“ den Terrorverdacht produziert haben, den sie aufklären wollten?
@Foxy
„enhanced interrogation techniques“ anstelle von torture ist eben das neue Zauberwort und das im Zusammenhang mit Sichheit von US-Amerikanern im Ausland erstickt jede politische Aufarbeitungs-Debatte in den USA. Reps und Dems sind sich da völlig einig.
Mehr als nachdenklich stimmt mich, daß es sich bei den Foltermethoden der CIA nicht um „Verfehlungen“ Einzelner ( wie bei dieser „Dame“ Lynndie England ) in Abu Ghraib handelt, sondern daß Mr George Dabbeljuh die Methoden nicht nur genehmigt, sondern angeordnet hat und auch im nachhinein nicht nur verteidigt, sondern die Folterknechte auch noch öffentlich lobt, ihnen dankt und sie als „Patrioten“ darstellt.
@wacaffe
Ja, ja, Sprache ist ja so schön dehnbar ;-)
Waterboarding und rektale „Druckbetankung“ etc. sind halt nur „enhanced interrogation techniques“. Und wenn die französische Polizei ……, na dann kann das ja nicht so verwerflich sein, was die CIA da so trieb oder vielleicht noch so treibt.
BlueLagoon | 11. Dezember 2014 – 14:26
Bitte lesen Sie auch die beiden anderen Sätze die ich geschrieben habe; dann verstehen Sie schon was ich meinte.
@Zivi a.D. | 11. Dezember 2014 – 15:13
Mir passt die Verdrehung historischer Fakten nicht in den Kram, hat es nie und wird es wohl hoffentlich auch nie.
Die angebliche Verfolgung, Folterung und Verbrennung von Hexen und Zauberern durch die mittelalterliche Inquisition ist genau dieses, Verleumdung keine Fakten.
Wenn sie sich allerdings über die Verurteilung und Hinrichtung des Marschalls von Frankreich Gilles des Rais wegen Kindesmordes, sorry da könnte man eher behaupten – da wurde jemand sehr streng aber im Rahmen bestraft.
@ Heiko Kamann:
Sie meinen
„Darum richtet in unserem Rechtssystem auch eine (Straf-)Kammer, die nicht unmittelbar betroffen ist. Die Einlassung “IHR Sohn/Ihre Tochter” u.ä. ist immer unredlich.“
?
Den ersten Satz hatte ich ja kommentiert (.Unabhängigkeit der Justiz“).
Zum zweiten Satz:
Ich habe es selbst nie erlebt, kenne es nur vom „Hörensagen“:
Bei den sogenannten „Kriegsdienstverweigerer-Verhandlungen“ ist doch im Prinzip genau diese Frage bzw. Situation enthalten gewesen. Die waren dann auch alle „umredlich“ ?
@ThoDan: Ich bin jetzt ein wenig verwirrt. Wollen Sie damit sagen, die Inquisition habe nie gefoltert und auch keine Hinrichtungen veranlasst?
@BlueLagoon | 11. Dezember 2014 – 15:31
Die Auslassungen betreffs Kriegsdienstverweigerung im Rahmen der Schulungen vor 20 Jahren in der AGA waren definitiv unredlich, zurückhaltend formuliert.
@Klabautermann:
Yep, genau das meinte ich.
Und wenn man dann vorsichtig anregt, sich mit solchen „Patrioten“ nicht mehr gemein zu machen, kommt das nächste Totschlagargument: „Ja, ohne die CIA wäre unser armer BND aber blind!“ Pustekuchen. Entweder der BND ist tatsächlich blind und unfähig (siehe BND-Hauptquartier in Berlin), dann gehören die verantwortlichen Dilletanten rausgeschmissen und durch jemanden ersetzt, der was kann. Oder er ist es nicht und lügt wie gedruckt (siehe NSA-Ausschuß). Dann gehören die verantwortlichen Dilletanten rausgeschmissen und durch jemanden ersetzt, der weiß, wo sein Platz in einer Demokratie ist.
@Zivi a.D. | 11. Dezember 2014 – 15:31
Das könnte ich nicht belegen, aber mkn
die Hexenhysterie und Verbrennungen waren ein Symptom der Neuzeit, sie wurden hauptsächlich von „zivilen“ Gruppen durchgeführt, wurden von der rk Kirche(bei den evangelisch-protestantischen Kirchen fehlt mir das Wissen) stark kritisiert, siehe z.b. Pater Spee und sein evangelisch-protestantisches Gegenstück…
Waren stark ein „deutsches“ Phänomen, und btw. angeblich haben sich Personen nur deshalb kirchlicher Verbrechen beschuldigt um aus den Händen der irdischen Justiz in die der kirchlischen überstellt zu werden und das in Portugal.
Nebenbei wurden bei den Autodafés wohn prinzipiell Strohpuppen verbrannt.
Der Hexenhammer wurde nur von sehr wenigen Klerikern ernst genommen.
und last but not least im Mittelalter galt es als Häresie an Hexen zu glauben.
Folter war damals ein im irdischen Bereich stark genutztes „Rechts“ und Anderes mittel
Aus wikipedia: (http://de.wikipedia.org/wiki/Inquisition#Spanische_Inquisition)
Im Jahr 2000 veröffentlichte das Provinzkapitel der Dominikanerprovinz Teutonia, der auch Inquisitoren wie Heinrich Institoris angehörten, folgende Erklärung:
„Deutsche Dominikaner waren nicht nur in die Inquisition verstrickt, sondern haben sich aktiv und umfangreich an ihr beteiligt. Historisch gesichert ist die Mitwirkung an bischöflichen Inquisitionen und an der römischen Inquisition. Unabhängig von den vielleicht manchmal nachvollziehbaren historischen Gründen für die Mitwirkung erkennen wir heute die verheerenden Folgen dieses Tuns unserer Brüder. Wir empfinden dies als ein dunkles und bedrückendes Kapitel unserer Geschichte. Dies gilt in gleicher Weise für die nachgewiesene Beteiligung des deutschen Dominikaners Heinrich Institoris an der Hexenverfolgung. Durch das Verfassen des ‚Hexenhammers‘ (Malleus Maleficarum) unterstützte und förderte er die menschenverachtende Praxis der Hexenverfolgung. Folter, Verstümmelung und Tötung haben unendliches Leid über zahllose Menschen gebracht; deutsche Dominikaner haben dazu, neben anderen, die Voraussetzung geschaffen. Die Geschichte dieser Opfer – namenlos und vergessen – können wir nicht ungeschehen machen. Wiedergutmachung ist unmöglich. Uns bleibt die Verpflichtung zur Erinnerung. Wir wissen, dass der Geist von Inquisition und Hexenverfolgung – Diskriminierung, Ausgrenzung und Vernichtung Andersdenkender – auch heute latent oder offen in Kirche und Gesellschaft, unter Christen und Nicht-Christen lebendig ist. Dem entgegenzutreten und sich für eine umfassende Respektierung der Rechte aller Menschen einzusetzen, ist unsere Verpflichtung, die wir Dominikaner den Opfern von Inquisition und Hexenverfolgung schulden. Das Provinzkapitel fordert alle Brüder unserer Provinz auf, unsere dominikanische Beteiligung an Inquisition und Hexenverfolgung zum Thema in Predigt und Verkündigung zu machen.“
Die Historie der verschiedenen Inquisitionsformen/Hexenverfolgung/Schauprozessen ist ziemlich gut belegt, und damit auch das „musterhafte“ Zusammenspiel zwischen Staat und Staatskirche bzw. heutzutage Staatspartei(en) in Sachen „Diskriminierung, Ausgrenzung und Vernichtung Andersdenkender“.
BlueLagoon | 11. Dezember 2014 – 15:31
Ja, diese Fragen sind und waren m.E. unredlich … denn hier wird eine Hypothese als Antwort verlangt und keine Tatsache. In einem Strafprozeß geht es aber um Tatsachen. Und für die „Kriegsdienstverweigererprozesse“ sehe ich es ähnlich … wer weiß schon, wie er in der Zukunft, in einer bestimmten Situation handeln wird.
@ThoDan: Ergänzend zu Klabautermann noch dies:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ad_extirpanda
Mit diesem Dekretale hat Innozenz IV. die Folter ausdrücklich als Teil des Inquisitionsprozesses zugelassen. Im Übrigen haben Sie in Sachen Hinrichtungen rein formal recht: Die Todesurteile der Inquisition wurden vom weltlichen Henker vollstreckt. In diesem Sinne hat die Inquisition sich in der Tat nie selbst die Finger schmutzuig gemacht bei ihren Verbrechen. Aber wollen Sie sich auf eine so billige Ausrede zurückziehen? Das ist lächerlich.
@ ThoDan:
Auch, wenn ich kein ( Kirchen-) historiker bin:
M.W. gab es nicht nur unter Papst Alexander VI. ( man(n) erinnere sich: Rodrigo Borgia, ja, der aus der TV-Serie ) eine ganze Reihe von Foltermethoden und Hexenverbrennungen, bei denen eben NICHT Strohpuppen verbrannt wurden …
Und bei diesen Foltermethoden konnte einem bei dem bloßen Gedanken daran schon das Blut gefrieren …
Und dieser Herr war Papst von 1492 bis 1503.
Übrigens:
Wie focus online gerade meldet, hat Dick Cheney den CIA-Untersuchungsbericht als „schwer fehlerhaft“ und „voller Sch…e“ bezeichnet.
Die Verhörmethoden seien „notwendig“ gewesen.
Dann ist ja alles gut …
@klabautermann | 11. Dezember 2014 – 15:50
Interessante Auswahl
http://de.wikipedia.org/wiki/Inquisition#Urteile
http://de.wikipedia.org/wiki/Inquisition#Spanische_Inquisition
@Zivi a.D. | 11. Dezember 2014 – 15:56
http://de.wikipedia.org/wiki/Inquisition#Inquisition_und_Hexenverfolgung
http://de.wikipedia.org/wiki/Leyenda_negra
So besteht z. B. noch heute gemeinhin die Ansicht, die spanische Inquisition habe massive Hexenverfolgung betrieben, obwohl sie diese als Aberglauben bekämpft hat, während gerade protestantische Geistliche, darunter Luther, zu ihr aufriefen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hexenverfolgung#Inquisition
Die Fragen, die man sich stellen muß:
– liefert Folter / hochnotpeinliche Befragung brauchbare / verwertbare Informationen
Falls ja:
– gibt es Effekte – positiv (z.B. Abschreckung) oder negativ (z.B. verstärkter Widerstand)
– handle ich utilitaristisch oder gemäß dem eigenen Wertekanon
– bin ich bereit auf Folter zu verzichten, auch wenn diese zielführend ist
– bin ich bereit bei Verzicht in Kauf zu nehmen das Leben anderer nicht so zu schützen wie ich es könnte
Wie sagt man doch zur Begründung oft:
„It’s a dirty job, but somebody has to do it“ …
@ Thomas Melber
Die Frage „liefert Folter / hochnotpeinliche Befragung brauchbare / verwertbare Informationen“ ist im Grunde in den Kommentaren schon mit Verweis auf die wissenschaftliche Forschung beantwortet worden und dreht sich seitdem im Kreis.
Die Antwort ist „nein“, womit sich die übrigen Fragen erübrigen.
Für eine Diskussion der Argumente (Menschenwürde, z.B. im Sinne von Kant und Utilitarismus) siehe z.B. Pinker, Steven, Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit, Frankfurt am Main 2011.
Es verblüfft und erschreckt mich immer wieder, dass ausgerechnet bei einem Thema in dem sich Utilitaristen UND Kantianer einig sind – nämlich das Folter a) moralisch verwerflich ist UND sie b) noch nicht einmal etwas bringt, Diskussionen mit fast 150 Kommentaren über das für und wider geführt werden.
@ Thomas Melber | 11. Dezember 2014 – 16:26
Wieso muss denn überhaupt jemand diesen schmutzigen Job machen?
Kann man nicht einfach sagen: Nö, machen wir nicht mit, wollen wir nichts mit zu tun haben und die Welt ist gut! Im nächsten Schritt könnte man dann die Bundeswehr abschaffen und in einem Akt der Friedfertigkeit die Dienstwaffen der Polizei einschmelzen.
Wenn wir einfach aktiven Gewaltverzicht üben, wird die Welt unserem Vorbild bestimmt folgen. Der islamistische Terrorismus ist ja schließlich offenbar nur eine verzweifelte Reaktion auf imperialistische amerikanische Gewalt in der Welt.
@ThoDan: Gerade bei den Spaniern ist die Geschichte sehr unübersichtlich, wenn man etwa die Spätscholastiker und deren paradoxerweise in die Moderne führenden Überlegungen zu den Rechten der südamerikansichen Ureinwohner gegenüber den spanischen Kolonisten denkt.
Wie auch immer, das Interesse des deutschen Klerus, dieses Thema heute noch klein zu halten, ist schon aus materiellen Gründen überwältigend. Wer sich speziell die Bischoffsstädte anschaut findet schnell heraus, dass der wertvollste Teil des immensen Immobilienbesitzes (und da geht es buchstäblich um Milliarden Euro) der rk Kirche von der Inquisition zusammen geraubt wurde auf Basis der Regel, dass der Besitz der Verurteilten der Kirche zufällt.
Sicher ist jedenfalls, dass die Inquisition in großem Maßstab gefoltert und gemordet hat (Morde beauftragt hat) und das dieses historische Material zum interessantesten Stoff gehört, wenn über den Informationswert von Aussagen unter der Folter geredet werden soll. Es empfiehlt sich die Studien von Carlo Ginzburg, der wohl als erster die Protokolle der Inquisition systematisch in dieser Richtung ausgewertet hat („Hexensabbat“; speziell auch über die „Benandanti“ etc )
@ Freiherr vom Stein
„Wieso muss denn überhaupt jemand diesen schmutzigen Job machen?“
Lesen Sie doch zur Abwechslung mal den Senatsbericht, er ist doch oben verlinkt. Die CIA hat NICHTS herausgefunden, was die klassisch kriminologischen Verhörspezialisten des FBI nicht schon vorher erfahren haben.
Im ersten beschriebenen Fall wurde das FBI aus der Ermittlung herausgedrängt, als sie zu dem Schluss kamen, „der weiß nichts mehr“. Die CIA hat danach noch wochenlang gefoltert und kam dann zu dem Schluss „der weiß wirklich nichts mehr.“ So geht es dann weiter, nur zunehmend ohne FBI-Beteiligung.
Warum eine sinnlos schmutzige Arbeit tun, die einen auf das Niveau der Terroristen bringt – ohne dass man der Bekämpfung der Terroristen damit näher kommt, aber mit der man gleichzeitig den Rest der Welt gegen sich aufbringt.
@ TZG90 | 11. Dezember 2014 – 17:04
Haben Sie dafür eine qualifizierte Quelle, die dann auch z.B. auf die israelischen Erfahrungen zum Thema eingeht? Was ist, wenn die zitierte Frage mit ja beantwortet wird? Wäre Folter dann zulässig?
Wie so oft gilt: Zwei Gutachter, drei Meinungen …
Wir reden hier doch von folgender Definition von Folter:
„Folter ist das gezielte Zufügen von psychischem oder physischem Leid (Gewalt, Qualen, Schmerz, Angst, massive Erniedrigung) an Menschen durch andere Menschen.“
Für Deutschland ist das Verbot im Wesentlichen in Artikel 104 GG codiert, neben dem pauschalen Universalbezug auf die Unantastbarkeit der Würde des Menschen. Hier stellt sich die Frage nach den Schranken dieser Vorschrift. Wie schon erläutert, ist selbst das Recht auf Leben in unserer Rechtsordnung kein schrankenloses Recht (Standardbeispiel finaler Rettungsschuss …).
Wessen Würde ist höher zu bewerten: Die eines Täters, der den Aufenthaltsort eines gekidnappten Kindes nicht preisgeben will, oder die des Kindes, dessen Leben man retten will? Gibt es Unterschiede zwischen Rechten des Staates (vertreten z.B. durch einen Polizeipräsidenten) und Rechten einer Privatperson (z.B. des Vaters des Kindes)? Wann ist man im Bereich der unterlassenen Nothilfe (aufgrund welcher Eingriffsermächtigung)?
@Pseudofreiherr v.S. Sie wollen also den Rechtsstaat mit Hilfe der Folter verteidigen? Das ist Verteidigung durch Selbstzerstörung. Vielleicht haben Sie ja den Mut zuzugeben, dass die Folter ausschließlich der Herrschaft (der Sie sich offenbar zugehörig fühlen) dient und nicht der Information. Damit wäre auch das Problem gelöst, dass mittels der erpressten Geständnisse überhaupt erst den Verdacht erzeugt wird, den man angeblich aufklären will. Lässt man den albernen Informationsschmus weg, wird nur noch der Gefolterte über die Herrschaftsverhältnisse aufgeklärt – durch die Folter.
Die israelischen Erfahrungen zum Thema sind bekannt, auch wenn man das hier noch so gern verdrängen und schönlügen möchte: FOLTER FUNKTIONIERT NICHT. Punkt. Wer anderes behauptet, lügt sich die Welt zurecht.
Was die Israelis heute bei ihren groben Methoden machen, ist etwas komplett anderes. Sie stellen soziale Dominanz her, um anschließend durch freundliche Behandlung eine soziale Bindung aufbauen zu können. Dazu reichen Anschnauzen, Schütteln und Anrempeln völlig aus. Denn das Zaubermittel ist eben nicht Erpressung mit Schmerz und Angst sondern anthropologische Verhaltensforschung.
Ergebnis nach Aussagen des Shin Beth zu verhafteten Hamas-Leuten: Alle reden. Jeder einzelne.
PS.: Die Israelis halten das übrigens auch nicht geheim. Es gibt hinreichend viele Fernsehdokumentationen mit ausführlichen Interviews. Und auch die Dokumente der Knesset müßten da einiges hergeben. Die Israelis haben mit der Folter nicht aufgehört, weil sie ihre Feinde plötzlich so lieb gewonnen haben…
@ Zivi a.D. | 11. Dezember 2014 – 17:35
Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Sie meine Diskussionsbeiträge entweder nicht wirklich lesen oder nicht verstehen. Beschimpfung war noch nie ein Argument.
Etwas weniger Projektion und etwas mehr Argument wäre schön. Und gehen Sie doch einfach zukünftig einfach davon aus, ich hätte als Benutzername 0815 (ach ne, Gewaltbezug http://de.wikipedia.org/wiki/08/15_%28Redewendung%29), also dann: 1234 gewählt.
@Zivi a.D. | 11. Dezember 2014 – 17:13
Zu den Rechten der Ureinwohner: Las Casas und Jesuitenreduktion.
Der Staat konnte durchaus aus politischen und anderen Gründen Angeklagte hinrichten FriedrichII ist dafür ein klassisches Beispiel.
Giordano Bruno möglicherweise von der Stadt Rom gegen den Willen der Kirche hingerichtet
Wie schon gesagt, die Hexenverfolgungen wurden von weltlichen Gruppen in der Neuzeit massiv durchgeführt und nicht von
@Freiherr vom Stein | 11. Dezember 2014 – 17:32
die israelischen Erfolge sprechen auch für sich
@ califax | 11. Dezember 2014 – 17:40
Gemäß der Definition von Folter gehören einige Bausteine aus dem israelischen „Werkzeugkasten“ zur Folter.
In der Bewertung, dass die israelischen Methoden zu den klügsten der Welt gehören, herrscht ja offenbar Einigkeit zwischen uns. Ändert aber nichts daran, dass die Definition von Folter erfüllt wird und man somit dort im Rahmen einer Güterabwägung „einen schmutzigen Job macht“, der aber nach dortigem Konsens gemacht werden muss.
Oder fängt Folter jetzt plötzlich erst bei Streckbank und Vierteilen an …
@ Freiherr vom Stein:
siehe meinen vorletzten Post:
Pinker, Steven, Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit, Frankfurt am Main 2011.
Ob er auf spezifisch israelische Quellen eingeht, müsste ich erst prüfen – habe das Buch gerade nicht griffbereit. Haben Sie denn eine?
@finaler Rettungsschuss: Hier ist die Lage eine andere: Der Ausführende (z.B. Scharfschütze) und der Geiselnehmer befinden sich am selben Ort und die Bedrohungslage ist klar einschätzbar – der Geiselnehmer ist in der Lage, eine Geisel zu erschießen und hat es unter Umständen bereits getan.
Anders der gefangene Terrorist – der befindet sich in Gewahrsam und tut keinem mehr was. Jetzt gibt es 2 Möglichkeiten: a) Sie wissen, dass seine Kollegen einen Anschlag planen. In diesem Fall haben Sie anscheinend auch andere Quellen, mit denen Sie an seine Kollegen herankommen können. Ihr gefangener Terrorist weiß dagegen nicht, wo sich die Kollegen gerade verstecken. b) Sie haben keine Ahnung, ob er Kollegen hat oder diese etwas planen. Dann foltern sie den gefangenen Terroristen auf Verdacht, ohne zu wissen, ob er überhaupt etwas weiß. Und ohne zu wissen, was sie ihn überhaupt genau fragen sollen – mit dem Ergebnis, dass er sich im Zweifel irgendetwas ausdenkt, von dem er glaubt, dass es Sie zufrieden stellt – nur damit die Schmerzen aufhören. Hier sind wir wieder beim Senatsbericht, der bestätigt, dass die CIA vor allem falsche Fährten „entdeckte“.
@Fall Daschner:
Zwei Gutachter, drei Meinungen, einer kam noch gar nicht zu Wort.
Der Kantianer würde sagen: Die Würde des Menschen ist unantastbar, d.h. die Würde des Täters und die des Kindes dürfen nicht gegeneinander aufgewogen werden – Folter ist also verboten.
Der Utilitarist würde sagen: Beides darf gegeneinander abgewogen werden, das Bedrohungsszenario ist klar abgegrenzt (nur der Täter weiß, wo das Kind ist, man könnte es noch retten) – also ist foltern erlaubt. Klingt erst mal logisch. Schwierig wird der Umkehrschluss: Wo ziehen sie die Grenze, wann Folter erlaubt sein soll und wann nicht. Im nächsten Fall haben Sie vllt. einen Verdächtigen, von dem sie nicht wissen, ob er der Täter ist. Foltern oder nicht? Oder sie haben einen Strohmann, der seine Hintermänner nicht preis geben will. Foltern oder nicht? Die psychologische Forschung (z.B. Milgram, Zimbardo) zeigt jedenfalls, dass Menschen Macht missbrauchen, wenn sie sie haben. In dem Moment wo sie sagen „Folter ist in Ausnahmefällen erlaubt.“, wird die Definition des Ausnahmefalls mit der Zeit breiter werden, bis der erste Missbrauchsfall, in dem ein Unschuldiger gefoltert wurde, auftritt. Und das alles ohne die Gewissheit, dass ihnen der Gefolterte verwertbare Informationen gibt.
Ansonsten ist der Fall Gäfgen nur bedingt mit den Terrorverdächtigen zu vergleichen: Denn bei den Terrorverdächtigen sind entweder die Taten schon erfolgt, so dass sie nicht mehr verhindert werden können oder sie können nicht mehr durchgeführt werden, weil sie den Planer verhaftet haben oder sie haben Informationen über Anschlagspläne seiner Kollegen und damit eine bessere Quelle oder sie foltern ihn auf Verdacht ohne konkrete Fragen stellen zu können und ohne seine Angaben direkt nachprüfen zu können.
Also …eine einfache Frage: die Androhung oder Anwendung von Gewalt zur Erpressung von Taten oder Dingen funktioniert doch auf dem Schulhof – hat irgend jemand andere Erfahrungen? Warum sollte sie nicht bei Verhafteten funktionieren? Sicher lassen sich diese Ergebnisse auch durch Gespräche erzielen, aber der Zeitaufwand ist idR größer. Dass Folter gesellschaftlich und juristisch keine Option ist, steht ausser Frage
Die israelische Gewaltanwendung ist deshalb keine Folter, weil sie nicht dazu dient, Schmerz und Panik zu erzeugen. Anrempeln und Schütteln ist bei Erwachsenen keine Quälerei. Punkt.
Ich bin weder Anthropologe noch Psychologe und habe deshalb auch keine Details aus dem Fachgebiet. Die Grundlage des israelischen Vorgehens (welches übrigens auch beim FBI als Vorlage dient) ist aber verblüffend einfach:
Menschen sind Primaten, also hochsoziale Wesen, die ständig kommunizieren und unterbewußt Hierarchien aushandeln. Wenn ein Mensch etwas wichtig findet, dann will er dafür Beachtung und Anerkennung, und er möchte darüber reden. Dieser Drang ist umso stärker, je niedriger sein sozialer Rang ist. Ein Alpha muß nichts beweisen, er teilt höchstens Anerkennung und Rüffel aus. Ein hysterischer Alpha, der die Horde quält, zeigt damit Schwäche und verliert sehr schnell die Kontrolle an souveränere Mitglieder der Horde.*
Jemand mit niedrigem Rang sucht dagegen instinktiv Beachtung, Anerkennung und Schutz des Alphas, möchte auch in dessen Nähe sein und ihm alles mitteilen, was wichtig ist.
Es geht also eben NICHT darum, dem Häftling etwas abzupressen. Das haben die Nulpen bei der CIA eben nicht kapiert, weil auch sie keine diesbezügliche Ausbildung haben. Es geht darum, Dominanz zu erzeugen und die verfügbaren sozialen Kontakte zu kontrollieren. Und bei den allermeisten Menschen reicht einem gut ausgebildeten Anführer die reine Körpersprache und ein paar Worte, um Dominanz herzustellen. Grob muß man nur werden, wenn Alphas aufeinanderstoßen. Dann muß man klarmachen, wer das Sagen hat. Aber auch da ist nicht die Härte des Körpereinsatzes sondern Timing, Menschenkenntnis und Erfahrung entscheidend.
Die israelischen Verhörspezialisten haben eine mehrjährige psychologische Ausbildung, ehe sie das erste mal assistieren dürfen. Diese Ausbildung ist das Erfolgsgeheimnis.
*Es gibt in den CIA-Protokollen eindeutige Indikatoren für genau sowas, wenn beispielsweise die Gefolterten angefangen haben, ihren Folterern den exakten Zeitrhythmus beim Waterboarding zu signalisieren.