Afghanistan-Sammler 5. Dezember: Mandatsberatung, Ghani-Besuch

Ashraf Ghani

Zum (späteren) Nachlesen einiges, was am (heutigen) Freitag in Berlin zum Thema Afghanistan passiert ist:

– Der Bundestag hat sich in einer ersten Debatte mit dem Mandat für die Mission Resolute Support befasst, die ab dem 1. Januar 2015 als Folgemission des ISAF-Einsatzes die Unterstützung vor allem des Westens für Afghanistan sicherstellen soll. Die Bundeswehr beteiligt sich daran – zumindest für die nächsten zwei Jahre – mit rund 850 Soldatinnen und Soldaten. Die Kernaufgabe wird Unterstützung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte, auch wenn dafür voraussichtlich nur ein vergleichsweise geringer Teil der Truppe eingesetzt wird: Logistik und andere Unterstützungsaufgaben dürften ein Großteil des Kontingents ausmachen; außerdem stehen auch deutsche Soldaten für Rettungsmissionen für andere Nationen und für designierte zivile Kräfte bereit, und zwar in ganz Afghanistan.  Rechtliche Grundlage für die Mission ist in erster Linie ein Abkommen mit der afghanischen Regierung und – noch – kein UN-Beschluss, was vor allem die Linkspartei in der Parlamentsdebatte geißelte (Wortlaut der Reden siehe unten).

Die Abstimmung über das neue Mandat ist für die nächste Sitzungswoche, also übernächste Woche, vorgesehen. Bereits heute billigte der Bundestag einen Antrag von Union und SPD, in dem es um die zivile Unterstüzung des Landes geht.

– Nach der Afghanistan-Konferenz in London kam der neue afghanische Präsident Ashraf Ghani nach Berlin zu Besuch; nach dem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel versicherte die deutsche Regierungschefin ihm die deutsche Unterstützung. (Abschrift der Pressekonferenz siehe unten)

– Eine Analyse der Londoner Konferenz findet sich bei Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network.

– Ebenfalls vom Afghanistan Analysts Network eine (Rand)Geschichtet: Ein Vogel, den afghanische Sicherheitskräfte als vermeintliche fliegende Bombe der Taliban vom Himmel schossen, erwies sich als seltener Greifvogel mit GPS-Gerät zur Erforschung seines Flugwegs

Zur Dokumentation:

Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem Präsidenten der islamischen Republik Afghanistan, Mohammad Ashraf Ghani

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass der Präsident Afghanistans, Staatspräsident Ghani, heute meiner Einladung gefolgt ist und nach der Konferenz in London heute auch nach Berlin gekommen ist. Wir hatten ein sehr intensives Gespräch, auch zusammen mit dem Regierungschef – wenn man so sagen will – oder dem exekutiven Regierungschef Abdullah Abdullah. Ich habe mich über die Situation in Afghanistan und über die Herangehensweise des neuen Präsidenten und seiner Mannschaft informieren können.

Wir hatten heute im Deutschen Bundestag die erste Debatte über die Mission „Resolute Support“ und haben damit auch unterstrichen, dass wir als Bundesregierung zusammen mit dem Parlament die Unterstützung Afghanistans fortsetzen wollen. Deutschland trägt Verantwortung insbesondere, was die Sicherheit im Norden Afghanistans anbelangt, aber wir haben immer einen Ansatz verfolgt – und das werden wir auch weiterhin tun -, der die wirtschaftliche Entwicklung, die Entwicklung des Schulwesens, der dualen Ausbildung und vieler anderer Bereiche genauso als wichtig ansieht wie die Ausbildung von Sicherheitskräften, von Polizei, aber eben auch von einer eigenen afghanischen Armee.

Wir wünschen der Regierung der Nationalen Einheit viel Erfolg bei den vielfältigen Aufgaben. Wir haben uns natürlich auch darüber unterhalten, welche Art von Unterstützung von Deutschland erwartet wird. Im Zentrum sind hier die Einladung für wirtschaftliche Kontakte – das wird in den nächsten Jahren eine wachsende Rolle spielen -, die Einladung, gerade auch bei der Berufsausbildung hilfreich zu sein, und natürlich auch, weiter hilfreich und unterstützend bei der Sicherheit zu sein, auch wenn die aktiven Kampfeinsätze nach der Beendigung von ISAF nicht mehr stattfinden werden.

Wir haben im nächsten Jahr ein besonderes Jahr für die deutsch-afghanischen Beziehungen, denn wir feiern 100 Jahre Beziehungen zwischen Deutschland und Afghanistan. Wir haben verabredet, dass wir einen Monat auswählen werden, in dem wir uns insbesondere auch im kulturellen Bereich gegenseitig besser kennenlernen wollen und Veranstaltungen sowohl in Afghanistan als auch von afghanischer Seite in Deutschland durchführen wollen.

Noch einmal herzlich willkommen, Herr Präsident! Ich wünsche Ihnen und Ihrer Regierung der Nationalen Einheit allen denkbaren Erfolg bei einer nicht ganz leichten Aufgabe – aber Sie können auf unsere Unterstützung zählen.

Präsident Ashraf Ghani: Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Allmächtigen! Frau Bundeskanzlerin, es ist mir eine große Freude, heute hier sein zu können. Die Freundschaft zwischen Afghanistan und Deutschland hat in der Tat eine lange Geschichte, und für mich persönlich – mein Großvater war der erste afghanische Botschafter in Deutschland – ist es auch eine Familientradition. Wir freuen und deshalb sehr auf die feierliche Begehung des 100. Jahrestags unserer bilateralen Beziehungen, anlässlich dessen wir zu einem Austausch im kulturellen Bereich beitragen wollen. Beide Seiten sollen dabei im Detail mehr voneinander erfahren.

Zunächst aber möchte ich hier die Opfer der deutschen Seite in Afghanistan würdigen. Sie standen an unserer Seite, und jene deutsche Zivilisten und Militärs, die das letzte Opfer gebracht haben, werden nie von uns vergessen werden. Wir möchten sicherstellen, dass sich unsere Zusammenarbeit auch in Zukunft der Opfer würdig erweist, die diese Menschen gebracht haben, und dass wir ein Afghanistan errichten, das stabil, im Wohlstand lebt, in dem es keine Korruption mehr gibt, das von Rechtsstaatlichkeit bestimmt ist und in dem auch Frauen, Jugendliche und die Armen an der Gesellschaft teilhaben können.

Wir haben ein schwieriges Jahr hinter uns. Wir haben den politischen Übergang gemeistert. Zum ersten Mal in der Geschichte meines Landes ist ein gewählter Staatschef durch einen anderen gewählten Staatschef ersetzt worden. Wir haben die Regierung der Nationalen Einheit gegründet, in der die Mehrheit der Wähler und des Volkes sich vertreten sehen.

Wir sind dabei, den Sicherheitsübergang zum Ende des Jahres zu Ende zu bringen. Die internationalen Streitkräfte – auch die deutschen – werden dann nicht mehr in einer Kampfmission vertreten sein, wie in den letzten zehn Jahren, sondern die afghanischen Sicherheitskräfte werden diese Aufgabe von ihnen übernehmen. Wir möchten ihnen aber danken für ihren Beitrag.

Wir möchten außerdem Ihnen, der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, dem deutschen Parlament und dem deutschen Volk dafür danken, dass Sie sich der Mission „Resolute Support“ verpflichtet haben. Hier geht es nicht um einen Kampfeinsatz, sondern um einen zivilen Einsatz, um Ausbildung, Unterstützung und Beratung. Wir verlassen uns darauf, dass die Partnerschaft auch in den nächsten Jahren gilt.

Wir danken Ihnen dafür, dass Sie Ihre militärische Hilfe immer begleitet haben durch starke und nachdrückliche wirtschaftliche Unterstützung. Die Krankenhäuser in Kundus und Masar-e-Scharif, die Berufsbildung und andere Beiträge, die Sie geleistet haben, sind auf dem modernsten Stand. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung!

Es bieten sich uns Gelegenheiten und Chancen in Afghanistan. Wir haben jetzt die Möglichkeit, unser Land zu einem regionalen Drehpunkt zu machen, zu einem Land des Transits für andere Staaten. Wir haben die Chance, Frieden, Sicherheit und Stabilität zu schaffen. Der Frieden ist hierbei die höchste Priorität, und wir wenden uns an unsere Partner in der unmittelbaren Nachbarschaft. Mit ihnen wollen wir zusammenarbeiten, um einen Rahmen zu schaffen, an dem sich alle Menschen beteiligen können und in dem sich alle Afghanen auch frei am politischen System beteiligen können. Gleichzeitig wollen wir die Rechte und Pflichten der Bürger gewährleisten.

Ich freue mich über die Gelegenheit zu dem heutigen Austausch, Frau Bundeskanzlerin. Ich danke Ihnen für die Zusicherung, dass Sie an unserer Seite stehen werden. Wir werden das tun, was wir zu tun haben. Wir reden die Probleme nicht klein. Unsere Verpflichtung zur Offenheit, zur Bekämpfung der Korruption, zur Rechtsstaatlichkeit und zur Bekämpfung des Drogenanbaus und des Drogenhandels sind klar ausgesprochen worden. Wir sind entschlossen, unabhängig zu werden und mit eigenen Kräften zu agieren. Wir wollen in einer dynamischen Wirtschaft einen Beitrag zur regionalen Stabilität leisten.

Ich danke Ihnen!

Frage: Herr Präsident, Sie haben eben erwähnt, dass Sie gerne Stabilität mit den Partnern in der Region schaffen wollen. China hat vor wenigen Wochen eine Vermittlung zwischen der afghanischen Führung und den Taliban angeboten. Ist das ein Angebot, das für Sie sehr wichtig ist? Welche Rolle sollte China bei der Stabilisierung Afghanistans spielen?

Frau Bundeskanzlerin, wenn Sie eine Frage dazu erlauben: In Thüringen ist heute der erste Linkspartei-Ministerpräsident gewählt worden. Sie hatten selber davor gewarnt, dass es auch Auswirkungen auf die Europapolitik geben könnte, sollte die Linkspartei eine stärkere Rolle in den Ländern spielen. Sehen Sie auch Auswirkungen auf die Außenpolitik, weil die Linkspartei Auslandseinsätzen wie zum Beispiel dem Einsatz in Afghanistan bisher ja nicht zugestimmt hat?

Präsident Ashraf Ghani: China ist ein Nachbarland, das sich in Afghanistan nun gemeinsamen Bedrohungen gegenübersieht; denn die Stabilität Afghanistans wird durch Netze von Terroristen bedroht, die auch in den Nachbarländern operieren. China handelt als verantwortungsbewusster internationaler Akteur. Wir begrüßen den intensiven Dialog mit China, weil China eine schon sehr lange Freundschaft mit Afghanistan und vor allen Dingen Pakistan unterhält und sein ganzes Gewicht in die Waagschale werfen kann, um eben die Rolle eines Mediators zu spielen.

Das ist ja alles noch ziemlich am Anfang. Im Moment entwickeln wir einen detaillierten Plan, wie das funktionieren kann. Das wird auf jeden Fall ein von den Afghanen entwickelter und auch geführter Plan sein. Aber angesichts der Art der Bedrohung brauchen wir eine vollständige internationale und regionale Koordinierung. Alle Länder in der Region, die ein Interesse an Frieden und Stabilität haben, müssen hierbei zusammenarbeiten, müssen zu einer Friedensordnung, einem Friedensabkommen im Rahmen regionaler Kooperationen kommen. Auch im wirtschaftlichen Bereich und auch im Sicherheitsbereich soll das zu Stabilität führen, die uns allen zugutekommt.

BK’in Merkel: Hier im Kanzleramt möchte ich keinen weiteren Kommentar abgeben als zu sagen, dass wir den Ausgang der heutigen Wahl in Thüringen natürlich respektieren und dass zweitens unsere Politik gegenüber Afghanistan durch diese Wahl nicht verändert werden wird.

Frage: Meine Frage richtet sich an Präsident Ashraf Ghani. Herr Feldman, der amerikanische Gesandte, hat gestern in London gesagt, dass die Situation in Afghanistan für die afghanischen Streitkräfte und Sicherheitskräfte insgesamt sehr schwierig sei. Ich weiß nicht, ob Sie mit der Bundeskanzlerin vielleicht über diesen Punkt einer möglichen Unterstützung – auch militärischer Unterstützung – für Afghanistan gesprochen haben.

Präsident Ashraf Ghani: Herzlichen Dank. Die Bundesrepublik, wie die Bundeskanzlerin Ihnen ja gesagt hat, ist jemand, der einen ganz besonders wichtigen Beitrag zu „Resolute Support“ leistet. Das bedeutet auch, dass die deutschen Kräfte nach 2015 nicht an Kampfmissionen teilnehmen werden. Darauf haben wir uns geeinigt. Als jemand, der diesen Sicherheitsübergang noch während der Amtszeit von Präsident Karsai verantwortlich geleitet hat, kann ich nur sagen, dass die Rolle der Deutschen dabei sein wird, dass sie uns weiterhin unterstützen, und zwar im Rahmen der Ausbildung sowie der Unterstützung insgesamt. Diese Verpflichtung besteht weiterhin. Das wird dort, im Norden von Afghanistan, auch weiterhin gemacht werden. Danke!

 

Bundestagsdebatte zum Afghanistan-Mandat (vorläufiges Protokoll)

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des Auswärtigen:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anfang 2002 besuchten zwei deutsche Reporter Afghanistan, um den Zustand des Landes nach der Befreiung von den Taliban zu erkunden. Sie sind eingereist über den Norden, über die Grenze zu Tadschikistan, und an der Grenze verabschiedete der Zöllner die beiden Journalisten damals mit den Worten: „Viel Spaß im Mittelalter“.

Das, was die Journalisten damals, im Jahre 2002, gesehen haben, entsprach dem in der Tat. Sie waren geschockt von dem, was sie sahen: Menschen, die in Lehmhütten ohne Türen hausten, Menschen in Lumpen rund ums Feuer versammelt, wo das kärgliche Mahl angerichtet wurde. Sie sahen grausame Dinge, wie den Jungen mit dem verstümmelten Kniegelenk in einem Dorf in der Provinz Takhar, dessen offene Wunde wohl mit heißem Teer desinfiziert worden war.

„Stunde null im Mittelalter“, hieß die Überschrift dieser Reportage aus dem Jahre 2002, und das Fazit der Reportage lautete damals: „Es ist schwer, ein Land wie Afghanistan in die Neuzeit zu holen.“

Meine Damen und Herren, kein Thema hat die außenpolitische Debatte in Deutschland in den vergangenen Jahren wahrscheinlich so intensiv geprägt wie unser Engagement dort am Hindukusch. Es begann mit den Anschlägen vom 11. September, dem ISAF-Einsatz und der Konferenz auf dem Bonner Petersberg. Deutschland hat damals mit Verbündeten Verantwortung für Afghanistan übernommen und tut das in großem Umfang auch bis heute.

In weniger als einem Monat ist der NATO-Einsatz ISAF, der damals begonnen hat, Geschichte. Das muss für uns natürlich Anlass sein, eine Bilanz zu ziehen, die auch selbstkritisch sein darf und sein muss. Es geht nicht darum, ob wir, wie es in diesem Artikel heißt, „Afghanistan in die Neuzeit“ holen oder geholt haben, sondern es geht vielmehr um die politische Frage, inwieweit sich unser risikoreicher Einsatz gelohnt hat. Es geht auch darum, was wir richtig gemacht haben und wo Fehler unterlaufen sind, und darum, mit welchem Aufwand und welchen Zielen wir diesen Einsatz für die Zukunft weiter betreiben sollen.

Die, die immer dagegen waren, diejenigen, die an der Oberfläche bleiben wollen, sind natürlich immer schnell dabei, diesen Einsatz als gescheitert anzusehen. Viele haben dies gesagt oder geschrieben. In der Tat: In Teilen des Landes floriert immer noch die Drogenökonomie. Korruption behindert oftmals die Modernisierung von Staat und Gesellschaft. In vielen Provinzen herrschen mächtige Warlords. In Teilen des Landes regiert auch noch Gewalt. Wer sich eine Gleichberechtigung der Frauen erhofft hat, kann trotz mancher Fortschritte natürlich nicht zufrieden sein. Und, ja, es gibt auch immer noch die radikal-islamischen Taliban.

Alles das ist richtig. Die Frage, die wir uns aber auch zu stellen haben, lautet: Ist das die ganze Wahrheit? Denn auf der anderen Seite haben wir vieles für die Entwicklung dieses Landes erreicht. Natürlich leben immer noch viele Menschen in Armut, aber die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen ist eben ‑ und das ist ein Fortschritt ‑ von 45 auf 60 Jahre gestiegen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Die Sterblichkeitsrate von Müttern und Kindern ist extrem gesunken. Erfreulich viele Mädchen gehen zur Schule. Über 200 000 Studenten sind an den Hochschulen eingeschrieben. Es gibt auch asphaltierte Straßen, Strom, Handys und Autos. Es gibt eine Zivilgesellschaft, und es gibt eine beachtliche Zahl relativ unabhängiger Medien. Auf dem Pressefreiheitsindex der Organisation Reporter ohne Grenzen ‑ das weiß man auch nicht unbedingt ‑ liegt Afghanistan mittlerweile vor seinen Nachbarstaaten Indien, Pakistan und Usbekistan.

Deshalb sage ich: Alles das ist zwar wahrlich kein Anlass zur Selbstzufriedenheit, und wir müssen uns für diesen Einsatz auch nicht gegenseitig auf die Schultern klopfen, aber es gibt eben ganz konkrete Erfolge, die wir auch nicht geringschätzen sollten und die ohne den Einsatz der internationalen Staatengemeinschaft nicht erreicht worden wären.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielleicht noch wichtiger als die Details, über die viel gesagt und geschrieben worden ist: Wir haben dieses Land nicht im Chaos versinken lassen. Wir haben es von einer terroristischen Herrschaft befreit, und heute geht keine terroristische Gefahr mehr von Afghanistan aus. Das ist wichtig für uns, aber das ist genauso wichtig für Afghanistan selbst.

Ja, Sicherheit und Entwicklung sind immer noch fragil in Afghanistan. Ja, vielleicht haben wir selbst zu große Erwartungen gehabt und zu große Erwartungen geweckt mit dem, was wir erreichen wollten. Trotzdem ist das Land ein anderes geworden. Jüngster Beleg dafür ist aus meiner Sicht der Wechsel im Präsidentenamt im Sommer von Hamid Karzai zu Ashraf Ghani, der in dieser Woche hier ist. Das war keine leichte Übung, weder für Afghanistan noch für die internationale Staatengemeinschaft. Aber er ist am Ende gelungen, und ich bin sicher, das wird sich auszahlen.

Die Wahlen im vergangenen Sommer sind schon damals weitgehend abgesichert worden durch afghanische Sicherheitskräfte. Auch darin zeigt sich, dass sich viele unserer Bemühungen gelohnt haben.

Die neue Regierung der Nationalen Einheit unter Staatspräsident Ghani und dem Regierungsvorsitzenden Abdullah Abdullah hat unsere Unterstützung, damit es in Afghanistan weiter vorangeht. Diese Unterstützung – hoffentlich auch in Ihrem Namen – werden wir den beiden bei ihrem heutigen Besuch in Berlin erneut zusichern.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wenn wir heute auf 13 Jahre Engagement in Afghanistan zurückblicken, dann blicken wir auch auf Opfer zurück, die wir, die internationale Staatengemeinschaft, und die wir, auch Deutschland, in den vergangenen Jahren gebracht und noch mehr zu beklagen haben. Über die Jahre haben Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr über 130 000 Einsätze in Afghanistan geleistet. Bis zu 5 500 waren teilweise gleichzeitig dort im Einsatz.

Seit Beginn dieses Einsatzes haben 55 von ihnen in Afghanistan ihr Leben gelassen. Hinzu kommen zahlreiche körperliche und seelische Verletzungen. Wir gedenken der Opfer, und unser aufrichtiges Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen und Angehörigen. Unser Mitgefühl ist mit all denjenigen, die weiter an ihren Verletzungen zu tragen haben.

Ich möchte an dieser Stelle unseren Soldatinnen und Soldaten danken und sagen: Unter oft schwersten Bedingungen haben Sie über die Zeit des gesamten Einsatzes dazu beigetragen, dass jenes Maß an Sicherheit geschaffen werden konnte, ohne das Wiederaufbau und Entwicklung nicht möglich gewesen wären. Sie haben Ihren Dienst mit wirklich bemerkenswerter Professionalität versehen, vom Beginn des Einsatzes bis zum nun erfolgten Abzug aus dem Lager Kunduz und zur Reduzierung unserer Präsenz in Masar-i-Scharif. Für all das gebühren Ihnen Dank und größter Respekt unseres Landes.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber unser Engagement war nicht nur auf das Militärische beschränkt und ist es niemals gewesen. Deshalb gilt derselbe Dank auch den Polizistinnen und Polizisten, die ihren Beitrag zum Aufbau eigener afghanischer Sicherheitskräfte, einer eigenen afghanischen Polizei geleistet haben. Danken möchte ich den vielen deutschen Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfern und auch den Diplomatinnen und Diplomaten, die – das dürfen wir nicht vergessen – unter Eingehung persönlicher Risiken und mit unglaublich großem Engagement unseren afghanischen Freunden Hoffnung gegeben haben, dass es eine Alternative zu Krieg und Bürgerkrieg gibt, dass es eine Zukunft für Afghanistan gibt. Ihnen allen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jan van Aken (DIE LINKE))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, am 1. Januar 2015 schlagen wir ein neues Kapitel in der jüngeren afghanischen Geschichte auf. Die Regierung in Kabul wird die volle Verantwortung übernehmen für die innere und äußere Sicherheit des Landes. Die internationale Unterstützung endet nicht abrupt, aber sie bekommt ein neues Gesicht. An die Stelle von ISAF tritt der Einsatz von Resolute Support, und über den militärischen Beitrag stimmen wir heute ab.

Aber unser Engagement wird auch weiterhin nicht nur militärisch sein. Wir werden bis 2016 jedes Jahr 430 Millionen Euro in zivile Aufbauhilfe investieren, sei es für den Aufbau von Schulen, für den weiteren Ausbau von Infrastruktur, für die Elektrifizierung des Landes oder für die Stärkung einer Basisgesundheitsversorgung.

Sicherheit ist die Voraussetzung für vieles, auch für zivile Unterstützung. Aber wenn Afghanistan jemals vollständig auf eigenen Füßen stehen will, dann braucht es gerade jetzt nachhaltige Entwicklung. Wir alle haben lernen müssen, dass wir dafür einen verdammt langen Atem brauchen. Das gilt auch weiterhin.

Der Ihnen vorliegende Mandatsantrag regelt die Beteiligung deutscher bewaffneter Streitkräfte an Resolute Support. Anders als ISAF ist Resolute Support kein Kampfeinsatz; denn die beteiligten Streitkräfte haben nicht die Aufgabe, sich an der Terror- und Drogenbekämpfung zu beteiligen, sondern dieser Einsatz folgt einer anderen Philosophie, der Philosophie, dass afghanische Sicherheitskräfte zukünftig auf eigenen Füßen stehen müssen. Sie tragen die volle Verantwortung für die Sicherheit im Land. Nur in zentralen Bereichen, bei denen wir heute davon ausgehen müssen, dass da noch Defizite bestehen, werden Ausbilder und Berater von der internationalen Staatengemeinschaft zur Verfügung gestellt werden. Daneben wird der Auftrag auch die Notfallhilfe für zivile Helfer der internationalen Staatengemeinschaft beinhalten.

Der Einsatz beruht auf der ausdrücklichen Zustimmung der afghanischen Regierung und dem vom Parlament mit eindrucksvoller Mehrheit ratifizierten NATO-Afghanistan-Truppenstatut. Wir hoffen zudem, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen noch im Dezember eine Resolution verabschieden wird, die Resolute Support politisch flankiert. Die Verhandlungen über diese Resolution laufen derzeit in New York. Wir tun alles, was wir können, um hier zu einem positiven Ergebnis zu kommen.

Deutschland wird auch über das Jahr 2015 hinaus in Afghanistan engagiert bleiben. Das gilt für viele Bereiche. Was das für den Bereich der Sicherheit und für den Bereich Ausbildung und Beratung heißt, das werden die NATO-Verbündeten im Verlaufe des kommenden Jahres untereinander diskutieren und analysieren, wie Resolute Support in 2015 verläuft.

Was man aber jetzt schon sagen kann: Die Frage der Finanzierung der afghanischen Sicherheitskräfte wird auch langfristig von strategischer Bedeutung bleiben. Deshalb beabsichtigen wir als Bundesregierung, ab 2015 etwa 150 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung zu stellen: 80 Millionen Euro für die Finanzierung der afghanischen Armee, 70 Millionen Euro für die Polizei.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Entwicklung muss weitergehen. Wir stehen zur Unterstützung bereit. Aber uns muss bewusst sein: Die Einflussmöglichkeiten von außen haben ihre natürlichen Grenzen, und sie sollen sie auch haben. Deshalb: Alle unsere Bemühungen werden nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn die Afghanen selbst einen erfolgreichen politischen Prozess gestalten. Ich habe gesagt: Der erste friedliche und demokratische Präsidentenwechsel ist ermutigend; das ist ein Fortschritt. Aber ich bin auch weiter der Überzeugung, dass nur ein innerafghanischer Versöhnungsprozess, nur eine politische Lösung am Ende wirklich dauerhaften Frieden für Afghanistan bringen kann.

Wir stehen bereit, Afghanistan weiter zu unterstützen. Die Mission Resolute Support ist ein Teil dieser Unterstützung. Wir erinnern uns: Die ISAF-Mandate haben hier im Hohen Hause stets eine breite Unterstützung gefunden. Ich hoffe, dass das für Resolute Support in ähnlicher Weise gilt. Ich jedenfalls glaube, es entspräche der gemeinsamen Verantwortung, die wir hier für ein schwieriges und lang andauerndes Engagement tragen. Deshalb darf ich Sie, auch im Namen von Frau von der Leyen – sie kann heute wegen eines Trauerfalls nicht hier sein – und im Namen der ganzen Bundesregierung, um Zustimmung für dieses Mandat bitten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Frank-Walter Steinmeier. – Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Guten Morgen, liebe Gäste auf den Tribünen!

Nächster Redner in der Debatte ist Wolfgang Gehrcke für die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie werden mir nachsehen,

(Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Nein!)

dass ich als Erstes meinem Kollegen Bodo Ramelow zu seiner Wahl zum Ministerpräsidenten in Thüringen gratulieren möchte.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gratulation auch an SPD und Grüne! Für mich ist es ein sehr hoffnungsvolles Zeichen, dass man mit einer klaren Antikriegsposition ‑ ich habe zusammen mit Bodo Ramelow an unendlich vielen Demonstrationen gegen den Krieg in Afghanistan teilgenommen ‑ Wahlen gewinnen kann. Das ist ein Signal in eine andere Richtung; so nehme ich es auf. Deswegen freue ich mich darüber.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh Mann! – Charles M. Huber (CDU/CSU): Falsche Richtung!)

Ich habe viel darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir uns als Abgeordnete des Bundestags in der heutigen Parlamentssitzung aus Trauer um die Opfer des Krieges in Afghanistan ‑ ich sage ausdrücklich dazu, Herr Außenminister, dass ich die Opfer sowohl aus Afghanistan als auch aus anderen Ländern meine ‑ hätten erheben und Abbitte für unseren Anteil an diesem Krieg mit zahlreichen Opfern leisten müssen. Eine solche Geste des Parlaments wäre angebracht gewesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich verstehe nicht, warum man die afghanischen Opfer aus der Trauer immer herausnimmt. Ich weiß, dass es eine solche Geste nicht geben wird, auch deshalb nicht, weil es bei den anderen Fraktionen keine Bereitschaft gibt, sich schonungslos Rechenschaft darüber abzulegen, was passiert ist.

(Ingo Gädechens (CDU/CSU): Anmaßend ist das von Ihnen!)

Der Antrag der Bundesregierung lautet im Klartext: 850 Bundeswehrsoldaten werden im Rahmen eines 12 000 Personen umfassenden Kontingents der NATO und anderer Staaten in Afghanistan stationiert. Es gibt bis zum heutigen Tag kein UNO-Mandat dafür. Sie sagen, dass Sie sich darum bemühen werden. Es gibt aber kein Mandat. Sie entscheiden, obwohl die UNO ihre Position bisher nicht dargelegt hat. Das bricht mit allem, was Sie versprochen haben. Das ist kein Abzugsmandat, sondern ein Mandat, das möglicherweise dafür sorgt, dass der Krieg weitergeht.

Ich erinnere daran, dass wir die Namen der Opfer von Kunduz, zu deren Tötung ein deutscher Offizier den Befehl gegeben hatte, hier im Parlament hochgehalten haben. Wir sind damals herausgeflogen. Aber es blieben die Fragen: Warum ist das Ganze eigentlich passiert? Hat es keine anderen Wege gegeben? Wurden andere Wege nicht eingeschlagen, und warum nicht? Wann begreift der Bundestag endlich die Schwere der Fehleinschätzung, sich am Afghanistan-Krieg beteiligt zu haben?

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Deutschlands Sicherheit ist nicht am Hindukusch verteidigt worden. Deutschland hat Krieg am Hindukusch geführt. Das hätte angesichts der deutschen Geschichte und unserer Verantwortung eigentlich unmöglich sein müssen. Das Parlament hätte eine entsprechende Entscheidung treffen müssen.

(Beifall bei der LINKEN ‑ Henning Otte (CDU/CSU): Die Rede ist noch schlimmer als erwartet!)

Seit 13 Jahren dauert nun der Krieg in Afghanistan. Ich frage mich, wann die Bundeswehr endlich vollständig abgezogen wird. Für einen vollständigen Abzug sorgen Sie nicht. Ich frage Sie, ob Sie nicht endlich begreifen wollen, dass dieser Krieg verloren ist, militärisch, moralisch, sozial und politisch. Meine Fraktion hat als Einzige von Anfang an kategorisch gesagt: Man kann den Kampf gegen den Terror gewinnen, wenn man seine Ursachen austrocknet. Aber ein Krieg gegen den Terror ist nicht zu gewinnen. ‑ Das ist das Ergebnis und die Botschaft von Afghanistan.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben im Wesentlichen immer vier Argumente für den Einsatz in Afghanistan angeführt. Ich habe sie nie geglaubt. Ich glaube, dass es andere Gründe für diese Auseinandersetzung gegeben hat.

(Ingo Gädechens (CDU/CSU): So ein Schwachsinn!)

Aber ich will mich noch einmal ein Stück weit mit Ihren Argumenten auseinandersetzen. Sie haben gesagt, der Krieg in Afghanistan sei ein Krieg gegen den Terror. Ich frage Sie sehr ernsthaft: Ist die Terrorgefahr heute kleiner oder größer geworden? Jeder, der halbwegs hinschaut, wird zugeben: Die Terrorgefahr ist heute größer geworden. Durch die Kriegsbeteiligung der NATO, Deutschlands und der USA sind Tausende Leute in die Hände der Terroristen getrieben worden. Das halte ich für das größte Versagen in diesem Krieg. Was wir nun im Nahen Osten erleben ‑ ich nenne als Beispiel IS ‑, hat seine Wurzeln auch im Afghanistan-Krieg. Sehen Sie endlich ein, dass dieser Weg falsch ist, dass man einen anderen Weg einschlagen muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben uns erzählt, dieser Krieg müsse geführt werden, um die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu stoppen. Wie ist es nun? Ist die Gefahr kleiner oder größer geworden? Ein Blick darauf zeigt doch, dass die Gefahr der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen größer und nicht kleiner geworden ist. Auch hier war Krieg nicht die richtige Antwort. Ich frage Sie, ob Sie noch heute Ihr Versprechen einlösen wollen, dass es ein Krieg für Demokratie gewesen ist.

(Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Schwachsinn!)

Sowohl das, was in Afghanistan herrscht, als auch das, was wir weltweit erleben ‑ die Entstaatlichung und den Niedergang von Staaten ‑, sind ein Schlag gegen die Demokratie. Dieser Krieg hat die Demokratie nicht befördert, sondern ein Stück weit vernichtet.

Ihr Argument war: Das ist ein Krieg um Menschenrechte. Glauben Sie heute noch ernsthaft, man könne Menschenrechte mit Krieg verteidigen? Krieg und Tötung, Blut, Dreck und Vernichtung sind immer das Gegenteil von Menschenrechten. Dieser Krieg hat Menschenrechte nicht verteidigt, sondern infrage gestellt und vernichtet.

(Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister: Die der Taliban, oder?)

Das wollen wir hier im Parlament aussprechen; denn ohne eine Auseinandersetzung damit werden wir kein Stück vorankommen.

(Dr. Rolf Mützenich (SPD): Kein Wort zu den Taliban!)

Es werden ja Kollegen der SPD und der CDU/CSU sprechen: Erklären Sie dem Parlament doch einmal, warum Sie ohne Beschluss der Vereinten Nationen diesen Einsatz jetzt vom Zaune brechen. Das werden Sie nicht erklären können. Das widerspricht Ihren eigenen Positionen. Deswegen wäre die einzig richtige Botschaft: Schluss mit der deutschen Beteiligung am Afghanistan-Krieg – vollständig und sofort!

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Wolfgang Gehrcke. – Nächster Redner in der Debatte ist der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Thomas Silberhorn, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 2014 ist eine entscheidende Wegmarke in der Entwicklung Afghanistans. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes hat eine demokratisch gewählte Regierung die Verantwortung an eine andere demokratisch gewählte Regierung übergeben. Auch wenn im Umfeld der Wahlen und bei der Regierungsbildung danach nicht alles reibungslos verlaufen ist: Der friedliche Übergang der Regierungsverantwortung in Afghanistan ist ein großer Erfolg. Es ist vor allem für die afghanische Bevölkerung ein Erfolg. Die Afghanen haben sich nicht einschüchtern lassen von Drohungen der Taliban. Sie haben ihr Wahlrecht wahrgenommen. Diese Selbstsicherheit und dieses Selbstbewusstsein sind eine wichtige Botschaft für Afghanistan und für die internationale Gemeinschaft.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dass nun eine Regierung der nationalen Einheit gebildet werden konnte, ist ein Ausdruck der Bereitschaft zur Versöhnung zwischen den verschiedenen Interessengruppen des Landes. Das ist eine wichtige Botschaft; denn Demokratie ist nicht nur Entscheidung der Mehrheit, sondern auch Schutz der Minderheit und Beteiligung der Minderheit. Deswegen kommt es darauf an, dass man einen Interessenausgleich organisiert, dass man eine Balance zwischen den Kräfteverhältnissen schafft. Das erst ermöglicht eine stabile Entwicklung.

Afghanistan bleibt auch in den nächsten Jahren auf zivile internationale Unterstützung angewiesen. Wir haben für militärische Mittel immer nur ein mehr oder weniger großes Zeitfenster, um Recht und Ordnung in einem Land wiederherzustellen. Aber danach müssen eben zivile Instrumente greifen, damit eine nachhaltige Entwicklung stattfinden kann. In Afghanistan darf sich nicht wiederholen, was wir derzeit im Nordirak erleben müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Deshalb müssen wir die Entwicklungserfolge, die in den letzten Jahren erreicht worden sind, fortsetzen und weiter ausbauen. Das Bruttonationaleinkommen in Afghanistan hat sich seit 2001 verdoppelt. In 2001 haben nur 8 Prozent der Menschen medizinische Grundversorgung in Anspruch nehmen können; heute sind es 85 Prozent. Immer mehr Menschen in Afghanistan haben nicht nur zu medizinischer Versorgung, sondern auch zu Wasser, Strom und Bildung Zugang. Im Jahr 2001 sind in Afghanistan etwa 1 Million Buben zur Schule gegangen. Heute gibt es dort 9 Millionen Schüler; 40 Prozent davon sind Mädchen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist so, wie es Friedensnobelpreisträgerin Malala in bewegenden Worten ausgedrückt hat: Nichts ist für Terroristen, für Extremisten schlimmer als ein Mädchen mit einem Buch. – Deshalb bleibt Bildung der Schlüssel für nachhaltige Entwicklung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es geht den meisten Afghaninnen und Afghanen heute deutlich besser als vor 13 Jahren, und unsere Entwicklungszusammenarbeit hat daran einen erheblichen Anteil. Unsere Experten genießen einen hervorragenden Ruf in Afghanistan. Deshalb bleibt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit auch in Zukunft an der Seite der afghanischen Bevölkerung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir haben in unserer Länderstrategie für Afghanistan fünf Schwerpunkte gesetzt, die wir bis 2017 verwirklichen wollen:

Erstens. Wir brauchen Arbeitsplätze. Wir brauchen Beschäftigungsperspektiven. Das ist das beste Mittel gegen Extremismus. Jedes Jahr drängen in Afghanistan 400 000 junge Leute auf den Arbeitsmarkt. Sie brauchen die Chance auf eine eigene Zukunft in wirtschaftlicher Sicherheit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zweitens. Wir brauchen gute Regierungsführung. Das ist eine konkrete Erwartung an den Präsidenten und an die Regierung. Wir wollen signifikante Verbesserungen beim Kampf gegen Korruption und Willkür.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Drittens. Wir wollen Frauen und Mädchen unterstützen. Meine Damen und Herren, die Rolle der Frauen in einer Gesellschaft ist ein Gradmesser für den Entwicklungsstand eines Landes.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Es kommt auf Frauen und Mädchen an. Wir können darauf nirgendwo verzichten, auch nicht in Afghanistan.

Viertens. Wir wollen afghanischen Flüchtlingen eine Perspektive geben. Deswegen werden wir in Afghanistan, im Übrigen auch im Nachbarland Pakistan, Fluchtursachen bekämpfen und die Reintegration von Rückkehrern fördern.

Fünftens. Wir wollen in Nordafghanistan tätig bleiben, solange ein Mindestmaß an Sicherheit gewährleistet ist, auch ohne internationale Soldaten. Besonders im ländlichen Raum bleibt viel zu tun.

Im Gegenzug für unsere Unterstützung erwarten wir von der afghanischen Regierung Zug um Zug konkrete Reformen. Deswegen war Bundesminister Dr. Gerd Müller im November in Kabul und hat dort den Staatspräsidenten Ghani und den Regierungsvorsitzenden Abdullah getroffen. Beide haben einen konkreten Willen zu umfassenden Reformen gezeigt. Deswegen wollen wir sie daran messen, dass sie ihre Reformversprechen auch einlösen.

Wir fordern konkrete Fortschritte in folgenden Bereichen:

Zum Ersten fordern wir ein klares Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten. Der Schutz von Frauen und Mädchen muss insbesondere hier verbessert werden.

Zum Zweiten fordern wir umfassende Wirtschaftsreformen. Das Land hat erhebliche Rohstoffressourcen, die aber so genutzt werden müssen, dass sie der breiten Bevölkerung zugutekommen. Die Rahmenbedingungen für Investitionen aus dem In- und Ausland müssen besser werden. Damit wird auch die Voraussetzung dafür geschaffen, dass eigene staatliche Einnahmen generiert werden.

Zum Dritten fordern wir von der afghanischen Regierung, dass sie konsequent wirksame Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung umsetzt. Dort, wo Korruption herrscht, ist die Allgemeinheit das erste Opfer, meine Damen und Herren.

(Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie in Bayern!)

Wir fordern weiter konkrete und überprüfbare Schritte zur Bekämpfung des Drogenanbaus. Die Drogenökonomie finanziert den Terrorismus und fördert organisierte Kriminalität. Deswegen sind Opiumanbau und Drogenhandel eine große Gefahr für die Sicherheit, für die Regierbarkeit und für die Entwicklung des Landes.

Es liegt ganz entscheidend an diesem Land selbst, an seinen Eliten, an den Führungskräften in der Politik und der Wirtschaft, aber natürlich auch an einer starken Zivilgesellschaft, ob politische Institutionen geschaffen werden, die stabil und leistungsfähig sind, sodass Afghanistan einen erfolgreichen Weg beschreiten kann, der am Gemeinwohl, am Wohl der Bevölkerung orientiert ist.

Wir wollen, meine Damen und Herren, Afghanistan auf diesem Weg begleiten. Deutschland ist immer ein verlässlicher Partner Afghanistans gewesen. Deswegen werden wir die Menschen in Afghanistan auch zukünftig unterstützen, und zwar resolut, wie die neue Mission – Resolute Support Mission – heißt. Gerade jetzt, wo das Land nach dem ISAF-Einsatz vor einem weiteren Umbruch steht, gilt es, sicherzustellen, dass die Entwicklungserfolge erhalten bleiben und weiter ausgebaut werden können. Das Ziel muss sein, dass Afghanistan immer stärker auf eigenen Füßen steht, nicht nur bei Militär und Polizei, sondern auch wirtschaftlich. Ohne Entwicklung, meine Damen und Herren, gibt es dauerhaft keine Sicherheit und keinen Frieden. Und umgekehrt: Ohne ein Mindestmaß an Sicherheit kann Entwicklung nicht stattfinden.

Die NATO-Folgemission Resolute Support Mission muss deshalb die afghanischen Sicherheitskräfte so lange unterstützen, bis sie dauerhaft eigenständig in der Lage sind, Sicherheit zu gewährleisten. Das heißt, wir müssen die Sicherheit durch fremde Kräfte überführen in eine Sicherheit aus eigener Kraft, nämlich durch Afghanen. Bis dahin bleibt auch für die Entwicklungszusammenarbeit von großer Bedeutung, dass wir uns in Extremsituationen auf die Unterstützung durch internationale Kräfte verlassen können.

Wir brauchen in Afghanistan sicherlich einen langen Atem, nicht nur im Sicherheitsbereich, sondern auch und gerade beim zivilen Wiederaufbau. Ich will daran erinnern, dass die Entwicklungsexperten schon in Afghanistan vor Ort waren, bevor die ersten deutschen Soldaten 2002 nach Kabul kamen. Die Schwerpunkte unserer Entwicklungszusammenarbeit waren damals Berufsbildung, Energie und ländliche Entwicklung. Wenn wir uns nun daranmachen, nach dem Einsatz mit militärischen Mitteln Konfliktnachsorge zu betreiben, dann ist das zugleich Vorsorge, um zukünftige Konflikte zu vermeiden.

Ich bin froh darüber, dass es hier im Hause einen fraktionsübergreifenden Konsens gibt, unsere Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan fortzusetzen. Ich danke für die Unterstützung des Parlaments und darf Sie bitten, unsere Entwicklungsbemühungen in Afghanistan auch weiterhin tatkräftig mit zu begleiten und zu unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Thomas Silberhorn. – Nächster Redner für Bündnis 90/Die Grünen: Dr. Frithjof Schmidt.

Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit fast 13 Jahren ist die Bundeswehr in Afghanistan. Vieles hat sich dort in dieser Zeit verändert – das ist angesprochen worden -, auch sehr vieles zum Guten. Damit möchte ich beginnen. In dieser Hinsicht kann ich an Ihre Ausführungen anknüpfen, Herr Außenminister. Junge Menschen, darunter viele Frauen und Mädchen, haben Zugang zu Bildung erhalten. Die medizinische Versorgung im Land hat sich wesentlich verbessert. Es ist eine plurale Medienlandschaft entstanden. Das alles ist wichtig. Denn es ist ein Beitrag zur Stabilisierung des Grundgerüsts, der weiteren Demokratisierung des Landes. Dieser zivile Aufbau muss weitergehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Deutschland muss seine Hilfszusagen aus Tokio uneingeschränkt einhalten.

Wir begrüßen sehr, dass sich der vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen zur Transformationsdekade zur Einhaltung der entwicklungspolitischen Ziele bekennt. Das ist gut. Hier ziehen wir an einem Strang, auch wenn Sie sich leider nicht zu konkreten Zahlen bekennen; wir reden ja über das bestehende Volumen von 430 Millionen Euro jährlich. Wir werden Sie hier beim Wort nehmen. Besonders in den nächsten Haushaltsberatungen werden wir Sie auch an dieser Zahl messen. Trotz verschiedener Kritikpunkte an Ihrem Text wird meine Fraktion diesem Antrag heute zustimmen. Denn es soll auch zum Ausdruck kommen, dass wir hier politisch an einem Strang ziehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Afghanistan-Einsatz ist auch eine Geschichte westlicher Fehleinschätzungen und gescheiterter Hoffnungen. Am Anfang stand die Erwartung, dass al-Qaida und die Taliban in einem, maximal in zwei Jahren besiegt werden könnten; manche dachten, es geht noch schneller. Das war ein Irrtum. Jahrelang wurde vor allem versucht, die Taliban militärisch zu besiegen. Eine Folge war eine erhebliche Zahl von Opfern, auch zivilen Opfern, durch nächtliche Kommandoaktionen, Luftschläge und Drohnenangriffe. Diese militärische Strategie – das kann man nach fast 13 Jahren Afghanistan-Einsatz wohl kaum mehr bestreiten – ist gescheitert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hat dem Vertrauen in die internationalen Truppen erheblich geschadet, und sie hat eine politische Lösung des Konfliktes jahrelang mehr blockiert als gefördert. Deshalb war es richtig, 2010 die strategische Wende der internationalen Gemeinschaft in London zu beschließen, ein Abzugsdatum für die ISAF-Truppen festzulegen und sich für eine politische Lösung zu engagieren. Darum hat meine Fraktion hier vor einem Jahr dem Abzugsmandat zur Beendigung von ISAF mit großer Mehrheit zugestimmt.

Jetzt geht es um eine Nachfolgemission. In der Öffentlichkeit ist dazu folgende Botschaft angekommen: Nach dem Abzug der Kampftruppen gibt es noch für zwei Jahre Ausbildung und Training, aber ohne Beteiligung an der Aufstandsbekämpfung, und 2017 ist dann auch damit Schluss. – Das müsste im Mandat und im Operationsplan eindeutig festgelegt werden – wird es aber nicht. Das leistet das Mandat, das Sie uns hier vorlegen, nicht. Wann Resolute Support endet, wird nicht festgelegt. Das politische Versprechen, dass 2017 Schluss ist, wird im Mandatstext nicht eingelöst. Stattdessen gab es verschiedene öffentliche Äußerungen, in denen es hieß, dass es auch zwei, drei oder mehr Jahre länger dauern kann. Hier droht das Abrutschen auf einer schiefen Ebene in einen erneuten längerfristigen Einsatz in Afghanistan ohne Exit-Strategie. Das ist nicht akzeptabel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die USA stellen über 9 000 der 12 000 Soldaten, die an Resolute Support beteiligt sind. Wenn sie ihr militärisches Konzept ändern, verändert das diese Mission entscheidend, auch wenn die Bundeswehr bestimmte Dinge dann nicht mitmacht. Vor wenigen Wochen hat Präsident Obama entschieden, dass sich die US-Truppen nun doch direkt an der Aufstandsbekämpfung beteiligen können und sollen. Jetzt droht Resolute Support eine Fortsetzung von ISAF zu werden, nur mit stärkerem Schwerpunkt auf der Aufstandsbekämpfung durch Spezialkräfte.

Zu den Aufgaben der Bundeswehr gehört ausdrücklich – das ist in dieser Form neu – die Ausbildung und Beratung der niederen Ebenen der afghanischen Spezialkräfte.

Nun haben wir hier schon andere Ausbildungsmandate für die Bundeswehr verabschiedet, zum Beispiel zu Mali. Dem hat meine Fraktion zugestimmt. Aber da steht ausdrücklich drin, dass eine Unterstützung von militärischen Operationen der malischen Streitkräfte nicht stattfindet. Dieser Passus – schauen Sie es sich an -, diese eindeutige Festlegung im Mandatstext fehlt hier für Afghanistan. Warum?

Stattdessen gibt es in der Begründung eine vage Formulierung, dass man sich nicht direkt an der Terrorbekämpfung beteiligt. Nicht direkt – was kann das alles bedeuten, meine Damen und Herren? Dieses Mandat ist an entscheidenden Punkten gefährlich unklar. Vor dem Hintergrund, dass sich unser größter Partner offensichtlich auf eine mittelfristige Strategie der Aufstandsbekämpfung einstellt, sehe ich die große Gefahr, dass RSM erneut in komplizierte Kampfeinsätze verwickelt wird, und dann wird es sehr schwer, 2017 dort herauszukommen.

In diesem Zusammenhang hat es auch große politische Bedeutung, dass es, anders als für ISAF, bisher kein UN-Mandat gibt. Das schwächt nicht nur die völkerrechtliche Legitimation dieses Mandates, sondern es heißt auch, dass es keine übergeordnete Rahmensetzung für Entscheidungen der NATO und der USA gibt, was Art und Dauer des Einsatzes betrifft. Auch das verstärkt die Gefahr, auf die schiefe Ebene eines langfristigen Militäreinsatzes zu kommen, den so eigentlich niemand in diesem Haus gewollt hat. Deshalb kann ich meiner Fraktion nicht empfehlen, diesem Mandat zuzustimmen.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Frithjof Schmidt. – Nächster Redner in der Debatte: Dr. Hans-Peter Bartels für die SPD.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Mandatsdebatte markiert eine Zäsur. Der lange ISAF-Einsatz geht jetzt wirklich zu Ende. Für Afghanistan bedeutet das Jahr 2014 den Beginn einer neuen Ära. Es gab Wahlen und erstmals einen friedlichen Regierungswechsel – keinen einfachen Wechsel, aber einen Wechsel, der die alte Regierung nicht liquidiert oder ins Exil treibt. Der alte Präsident bleibt im Land.

Aus Anlass der heutigen Debatte habe ich mich an einen Artikel erinnert, den Hamid Karzai vor einigen Jahren in der deutschen Wochenzeitung Die Zeit unter der Überschrift „Ich habe einen Traum“ veröffentlicht hatte. Karzai sagt darin:

Mein Traum ist das Afghanistan meiner Kindheit. Als ich ein Junge war, gab es dieses friedliche Afghanistan. Wir Kinder konnten ohne Gefahr allein zur Schule gehen … Ich habe diese besseren Tage gesehen, und ich will sie wieder sehen.

So weit Karzai 2007.

Ich zitiere das, weil mir wichtig ist, dass wir ein wenig vorsichtig sind mit den beliebten Pauschalurteilen, so mit der falschen Behauptung, Afghanistan sei immer ein schreckliches Land gewesen, mit dem hochmütigen Glauben, unsere Mitmenschen seien, wenn sie denn Afghanen sind und in Afghanistan leben, gar nicht zur Demokratie fähig, oder mit dem entmutigenden Verdikt, es sei nichts gut in Afghanistan.

30 Millionen Menschen leben dort jeden Tag ihren Alltag. Dieser Alltag mag leichter geworden sein durch die Hilfe der internationalen Gemeinschaft. Vieles ist besser als zur Zeit der Herrschaft der Taliban. Aber die Sicherheitslage ist längst nicht gut. Es gibt immer noch viel zu viel Gewalt in Afghanistan. Natürlich müssen wir Bilanz ziehen, müssen wir uns heute, am Ende des alten Mandats und vor dem Beginn des neuen, kritisch fragen: Ist die Afghanistan-Mission eine gescheiterte Mission des Westens? Ich glaube, wir dürfen nicht sagen, dass die Mission gescheitert ist. Wir alle kennen die vielen unbezweifelbaren Erfolge, und die Soldatinnen und Soldaten unserer Bundeswehr haben einen wesentlichen Anteil daran, wenn auch unter Opfern. Das verdient den Dank des gesamten Hauses, gerade heute, wenn wir Bilanz über fast 13 Jahre ISAF ziehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber wir sollten uns klar darüber sein, dass unsere Afghanistan-Mission kein Modell für irgendeine andere Konfliktregion auf der Welt sein kann. Der Einsatz war sehr, sehr lang. Seit über zwölf Jahren haben wir Militär am Hindukusch stationiert; und bis heute wird geschossen, gebombt und gekämpft. Der Einsatz war sehr, sehr international: 48 Nationen haben Soldatinnen und Soldaten nach Afghanistan geschickt, über 80 Nationen helfen mit zivilen Mitteln. Es ist gut, dass es viele sind; aber manchmal macht es das noch ein bisschen schwerer.

Unser Einsatz hat unvorstellbar viel Geld gekostet. Die USA haben auf dem Höhepunkt ihres Engagements mehr als 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr allein für ihren militärischen Einsatz ausgegeben. Das war ein Vielfaches der zivilen Hilfe. Ich weiß, dass man so nicht rechnen kann, aber wir müssen uns heute wenigstens fragen, ob die Proportionen immer gestimmt haben. Ich selbst habe keine fertige Antwort auf diese Frage.

Afghanistan war in den 80er-Jahren eine Art Symbol im Kampf gegen die Ausbreitung des sowjetischen Imperialismus. Afghanistan ist heute ein Symbol im Kampf gegen eine ganz andere totalitäre Ideologie: den mörderischen Dschihadismus. Dieser Dschihadismus bedroht nicht nur Afghanistan oder Irak. Er bedroht Nigeria, Libyen, Somalia, Jemen, Syrien und Pakistan. Wir haben gelesen, dass pakistanische Talibanführer ausdrücklich zur Unterstützung der Kämpfer des „Islamischen Staates“, des IS, aufgerufen haben. Deshalb gibt es auch für Afghanistan eine reale Besorgnis: Gehen die Taliban heute neue Bündnisse mit dem IS ein wie vor 15 Jahren mit al-Qaida? Entsteht hier eine weltweit immer einheitlichere totalitäre Bewegung? Oder werden sich die dschihadistischen Gruppen untereinander bekämpfen wie in Syrien?

Ich glaube, für die Zukunft Afghanistans sind viele innere Faktoren wichtig, aber auch drei äußere:

Erstens. Der totalitäre Dschihadismus in Syrien und im Irak muss sichtbar eingedämmt und zerschlagen werden.

Zweitens. Pakistan muss eindeutig die Taliban und den Dschihadismus in Pakistan und in Afghanistan bekämpfen. Die Bedrohung durch den Dschihadismus ist tödlich. Auch Ambivalenz gegenüber dieser Bedrohung könnte tödlich sein.

Drittens. Der Westen darf sich nicht von Afghanistan abwenden. Die Fortsetzung der Entwicklungszusammenarbeit ist wichtig. Ebenso wichtig ist die Fortsetzung einer begrenzten militärischen Präsenz für Beratung und Unterstützung, und zwar so lange dies nötig ist. Der Missionsabbruch des Westens im Irak darf kein Modell für Afghanistan sein. Das darf in Afghanistan nicht passieren.

Zum Schluss ein Wort zu Deutschland. Ich zitiere noch einmal aus dem Artikel „Ich habe einen Traum“ von Hamid Karzai. Er schreibt:

Um ehrlich zu sein, mir gefällt das Leben in Deutschland sehr gut. Es ist ein vorhersagbares Leben, und das mag ich. Wenn man an einem Flughafen ankommt und ein Taxi braucht, bekommt man definitiv ein Taxi. Wenn Sie einen Bus brauchen, bekommen Sie einen Bus. Es ist ein Land mit einer strengen Arbeitsethik, das ist extrem wichtig. … Wenn ich etwa 50 Jahre in die Zukunft sehe, dann wäre ich froh, wenn wir nur die Hälfte von dem hätten, was Deutschland hat. Ich wäre sogar schon froh über 30 Prozent.

So weit Karzai.

Ich möchte abschließend sagen: Ich bin froh, dass wir Deutsche nicht auf der Seite stehen, die dringend Hilfe braucht – das gab es auch schon mal -, sondern dass wir diejenigen sind, die Hilfe zur Selbsthilfe geben können. Dieses Parlament ist bereit, das zu tun.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Ingo Gädechens (CDU/CSU): Das war eine wirklich gute Rede von Kollege Bartels! Was droht uns jetzt?)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Hans-Peter Bartels. – Nächste Rednerin in der Debatte: Christine Buchholz für die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Christine Buchholz (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung bemüht sich, den Eindruck zu erwecken, der Kampfeinsatz in Afghanistan sei nun abgeschlossen, nun gehe es nur noch um die Ausbildung der afghanischen Streitkräfte. Aber das ist nicht wahr: In Afghanistan herrscht weiter Krieg. Allein in Kabul gab es in den vergangenen zwei Wochen ein Dutzend Anschläge, und laut UN ist die Zahl der zivilen Opfer in der ersten Jahreshälfte 2014 um 17 Prozent gestiegen.

Die Bundeswehr wird im Bündnis mit den US-amerikanischen Truppen und der NATO weiter Teil dieses Krieges sein. Wie wird der Afghanistan-Einsatz ab 2015 aussehen? Von den 12 000 Soldaten, die die NATO in Afghanistan ab 2015 stationiert, werden nur etwa ein Zehntel Ausbilder sein – neun Zehntel des Kontingents werden von militärischer Logistik, Schutz- und Kampftruppen gestellt. Wenn neun Zehntel der stationierten Soldaten keine Ausbilder sind, dann ist es irreführend, von einer Ausbildungsmission zu sprechen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ja, der Einsatz wird sich verändern. Dass die neue Mission mit einer deutlich reduzierten Truppenstärke auskommt, zeigt vor allem eines: Kämpfen sollen in Zukunft vor allem die afghanischen Streitkräfte; die NATO-Staaten unterstützen sie dabei.

Der vorliegende Antrag der Bundesregierung lässt die Möglichkeit offen, dass Bundeswehrsoldaten den afghanischen Streitkräften auch im Gefecht zur Hilfe kommen. Angesichts der weiterhin extrem schlechten Sicherheitslage ist es nicht unwahrscheinlich, dass dieser Fall eintritt. Erinnern wir uns: 2014 wurden rund 3 500 afghanische Sicherheitskräfte getötet. Wenn im neuen Mandat nun davon die Rede ist, dass diese Kräfte im Gefechtsfall zu sichern, zu schützen und zu bergen sind, dann droht die Bundeswehr Teil ihres Krieges zu werden. Das, meine Damen und Herren, sollten Sie sowohl der Bevölkerung als auch den Soldatinnen und Soldaten nicht verschweigen!

2015 wird es weiterhin offensive Aufstandsbekämpfung geben; das hat Barack Obama kürzlich noch einmal klargestellt. Dazu gehört auch ein Schattenkrieg der Spezialkräfte. Der neue afghanische Präsident, Ashraf Ghani, hat gerade erst das Verbot der Durchführung von Nachtrazzien aufgehoben. In diesen Nachtrazzien haben in der Vergangenheit insbesondere amerikanische Einheiten nachts Dörfer überfallen, Türen eingetreten, Bewohner aus dem Schlaf gerissen und Verdächtige verschleppt. Der vorherige Präsident, Hamid Karzai, hatte dieses Vorgehen 2013 verboten. Ab nächstem Jahr sollen afghanische Sondereinheiten diese Arbeit wiederaufnehmen; amerikanische Spezialkräfte werden sie dabei unterstützen.

Unterstützung gibt es auch durch die Ausbildung. Bereits jetzt werden 200 afghanische Spezialkräfte durch die US-Armee in Kandahar trainiert, solche Nachtrazzien durchzuführen, und auch in dem deutschen Mandat ist diese Möglichkeit enthalten.

In der Vergangenheit gab es auch Spezialoperationen, an denen deutsche Soldaten beteiligt waren. Das vorliegende Mandat lässt noch offen, ob Einheiten wie das Kommando Spezialkräfte weiter den Krieg im Geheimen fortführen werden. Wir lehnen diese Kriegsführung ab und fordern Klarheit von der Regierung,

(Beifall bei der LINKEN)

ob das auch in Zukunft der Fall sein wird.

Für eine Ausbildungsmission braucht man keine Drohnen; aber die Bundeswehr wird sich mit der Drohne Heron weiter an der Lagebilderstellung in Afghanistan beteiligen. Diese Lagebilderstellung ist eine Voraussetzung, um Aufstandsbekämpfung und andere kriegerische Handlungen weiterhin durchzuführen.

Darüber hinaus wird die US-Armee mit Kampfdrohnen in Afghanistan bleiben und ihren verbrecherischen Drohnenkrieg weiterführen. Die Linke lehnt den Einsatz von Spionage- und Kampfdrohnen auch in Afghanistan ab. Die Drohne Heron muss unverzüglich aus Afghanistan abgezogen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach über zwölf Jahren NATO-Einsatz ist Afghanistan durch und durch militarisiert. Es gibt 350 000 afghanische Soldaten und Sicherheitskräfte. Es ist bezeichnend, dass die Ausgaben für Sicherheitskräfte deutlich höher als der Staatshaushalt sind.

Daneben können wir ein grassierendes Milizenwesen und Privatarmeen beobachten. Herr Steinmeier ist leider nicht mehr anwesend.

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Doch!)

– Er hat sich in die letzte Reihe verdrückt. Herr Steinmeier, schön, dass Sie noch da sind.

Sie haben neulich in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gesagt, dass das nicht die Schuld der intervenierenden NATO-Staaten sei. Die afghanische Frauenrechtlerin Wazhma Frogh ist deutlich anderer Meinung. Sie sagte gestern im Deutschlandfunk ‑ ich zitiere –:

Der Westen hat sehr bewusst mit Kriegsfürsten zusammengearbeitet. Mit korrupten Männern, die für einen grausamen Bürgerkrieg verantwortlich sind … Diese alten, konservativen Eliten sind heute Millionäre, Minister und Vizepräsidenten. Der Westen hat den Kriegsfürsten zu neuer Stärke verholfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde, dass wir mit diesen Verbrechern keine gemeinsame Sache machen sollten.

(Beifall bei der LINKEN)

13 Jahre Krieg gegen den Terror offenbaren das Scheitern dieses Ansatzes. Gerade die Ausbreitung des IS ist ein weiteres Argument dafür. Weltweit und in Afghanistan wurde der Terror nicht gestoppt, sondern angefacht. Bitte nehmen Sie diese Realität endlich zur Kenntnis. Das neue Mandat macht eine weitere Beteiligung am Krieg in Afghanistan zum Normalzustand. Das Ende ist nicht absehbar. Die Linke wird einem solchen Mandat niemals zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Christine Buchholz. ‑ Nächster Redner in der Debatte ist Philipp Mißfelder für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Philipp Mißfelder (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, Herr Generalinspekteur, möchte ich an dieser Stelle noch einmal derjenigen gedenken, die in diesem Einsatz ums Leben gekommen sind. 55 deutsche Soldaten sind gestorben. Ich finde, dass man in einer solchen Debatte – zum Ende des ISAF-Mandats – als Parlament sagen muss, dass diese Soldaten erstens nicht umsonst gestorben sind und dass sie zweitens den Respekt von uns allen bekommen und ihre Angehörigen immer in unseren Herzen sind, wenn wir auch zukünftig über Afghanistan reden werden.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bitte Sie, Herr Generalinspekteur, das würdevolle Andenken, das die Bundeswehr praktiziert, an die Soldatinnen und Soldaten weiterzutragen. Ich glaube schon, dass mit dem Afghanistan-Einsatz unser Land gewachsen ist und es ein Stück weit erwachsener geworden ist. In dem Sinne haben wir ‑ das haben wir auf der Münchener Sicherheitskonferenz zum Stichwort „mehr Verantwortung und neue Verantwortung“ gehört ‑ eigentlich schon in den vergangenen zehn Jahren ein Kapitel vorgestellt, aus dem wir Lehren gezogen haben. Wir haben aus dem Vergleich des Afghanistan-Einsatzes mit dem Irakeinsatz der Amerikaner gelernt: Es macht Sinn, das Anschlussmandat Resolute Support zu beraten und zu beschließen. Wir wissen heute, dass es ein Fehler der westlichen Gemeinschaft war, die im Irak eingegriffen hat – Deutschland war nicht direkt beteiligt -, Hals über Kopf aus dem Land abzuziehen. Die Ergebnisse im Hinblick auf IS sehen wir heute.

Man kann heute über die Entstehungsgeschichte des Irakkrieges sicherlich unterschiedlicher Meinung sein. Das ist gar keine Frage. Aber der kopflose Abzug war ein Fehler. Diesen Fehler dürfen wir in Afghanistan nicht begehen.

(Beifall des Abg. Charles M. Huber (CDU/CSU))

Natürlich muss man auch kritisch darüber diskutieren ‑ das haben wir auch getan; unsere Fraktion hat gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der SPD den Fortschrittsbericht auf den Weg gebracht ‑, was die Lehren aus Afghanistan sind, was wir in Zukunft besser machen müssen und was wir gänzlich falsch gemacht haben. Wenn man sich anschaut, wie dieses Mandat entstanden ist, dann stellt man fest, dass es verschiedene Gründe gab, weshalb man nach Afghanistan gegangen ist. Der erste Grund war ‑ der Minister hat es schon angesprochen ‑, die Fähigkeiten von Terroristen, aus dem Land als Operationsbasis zu arbeiten, einzudämmen und Afghanistan aus unserem ureigenen Sicherheitsinteresse sicherer zu machen. Das ist gelungen. Dieses Ziel haben wir erreicht. Das war aber auch der kleinste Anspruch an das Thema Afghanistan.

Der zweite Grund war sicherlich die Festnahme oder Beseitigung – wie man es auch immer definieren will – von Osama Bin Laden. An dieser Stelle kann man natürlich schon kritisch fragen: Wo ist man Osama Bin Laden letztendlich begegnet? – Nicht in Afghanistan, sondern in Pakistan. Dieses Land wird uns in der Zukunft sicherlich mehr Probleme bringen, als wir hier am heutigen Tag diskutieren können. Der eigentliche Schlüssel zur regionalen Sicherheit liegt in Pakistan. Exemplarisch kann man es damit belegen, dass sich Osama Bin Laden dort vor seiner Tötung jahrelang an einem Ort versteckt halten konnte.

Eine Sache, die ich ansprechen muss – da will ich hier wirklich niemanden kritisieren, auch keinen, der damals Verantwortung getragen hatte, insbesondere nicht die damals die Regierung tragenden Fraktionen der Grünen und der SPD -: Bei der Petersberger Konferenz in Bonn hat man sich sehr hohe Ziele gesteckt. Ich sage nicht, dass die Ziele falsch waren; denn es waren gute Ziele. Aber ich glaube, die Ziele waren – auch das gehört zu den Lehren aus dem Afghanistan-Einsatz – an der einen oder anderen Stelle zu hoch gesteckt; wir haben sie an vielen Stellen verfehlt.

Das, was Frau Buchholz hier gerade sehr plakativ und propagandistisch vorgetragen hat, ist an manchen Stellen nicht falsch. Natürlich arbeitet man dort mit Leuten zusammen, die zwar ganz anders legitimiert sind als früher die Taliban und die Warlords, deren Herkunft aber dennoch oft problematisch ist. Man kann aber nur mit denjenigen kooperieren, die es dort gibt. Damit rede ich das nicht schön. Vielmehr sage ich ganz kritisch: Natürlich wissen wir, dass sowohl die Verwandtschaft des früheren Präsidenten Karzai als auch ganz viele Minister und hohe Würdenträger dort extrem problematisch sind. Nur fehlte mir, ehrlich gesagt, bei Ihrer Präsentation, Frau Buchholz, schon die Alternative zu dem, was wir machen. Man kann natürlich hier sagen: Wir verschließen die Augen und machen in Afghanistan gar nichts mehr. – Ich glaube aber, dass die Erfolge des Einsatzes es rechtfertigen, dass wir so gehandelt haben, wie wir gehandelt haben.

Ich habe gerade zu Ihnen gesagt: 55 deutsche Soldaten sind im Einsatz gefallen. Hätte man sich zum Ziel gesetzt, die Beschlüsse von Petersberg wirklich bis zur letzten Konsequenz mit militärischer Gewalt durchzusetzen, dann wäre es nicht bei diesen 55 Toten geblieben; es wäre eine weitaus höhere Zahl. Ich glaube nicht, dass dieses Parlament dazu bereit gewesen wäre, das zu akzeptieren. Ich glaube auch nicht, dass die deutsche Gesellschaft dazu bereit gewesen wäre.

Ein weiterer Grund ist die Bekämpfung des Drogenschmuggels und des Drogenanbaus. Man hätte das zum Kern des Mandats machen können und sagen können: Wir wollen die Aufgabe in den Mittelpunkt rücken, dieses militärisch zu unterbinden. – Auch da haben wir eine Konzession gemacht; wir haben diese Aufgabe nicht in den Fokus gerückt, sondern uns auf andere Schwerpunkte konzentriert. Die Alternative wären viel mehr Tote gewesen. Auch da wären uns das Parlament und die Bevölkerung, wie ich glaube, nicht mehr gefolgt.

In der schwierigen Situation, in der man abwägen muss, mit wem man zusammenarbeiten soll, welche Ziele realistisch sind und welche man anpassen muss, haben wir den richtigen Weg gefunden. Wir haben uns mit dem Fortlauf des Mandats von der Konzeption verabschiedet, die auf dem Petersberg gefunden worden ist, und haben unter Franz Josef Jung massiv darauf hingewirkt, den Comprehensive Approach im Bündnis voranzubringen. Nächste Woche diskutieren wir, Kollege Frei, Kollege Schockenhoff, Frau Bulmahn, über das Thema zivile Krisenprävention. Ich würde sogar sagen, wir müssen die Debatte über den Comprehensive Approach und über mehr Verantwortung um das Thema „zivile Krisenprävention“ erweitern, gerade jetzt an dieser Stelle ansetzen und fragen: Was ist jetzt bei Resolute Support für uns wichtig? Was können wir im Bereich der zivilen Krisenprävention tun? Es ist hier keine philosophische Debatte, bei der es um die Frage geht: Wie lange soll so ein Einsatz dauern? Meine Antwort darauf ist ganz klar: so kurz wie möglich. Dabei muss man so verantwortungsbewusst wie möglich handeln.

Der Einsatz wird natürlich nicht ewig dauern. Deshalb ist es aller Mühen wert, unsere entwicklungspolitischen Maßnahmen so auf den Weg zu bringen und zu verstärken, dass sie nachhaltig überprüfbar und gut sind. Wir haben in dieser Woche eine sehr kritische Diskussion mit unserem Minister Gerd Müller geführt, der die Defizite ganz offen anspricht. Es gibt hier keine Schönfärberei: Wenn man im Ministerium Gespräche führt, bekommt man an allen Ecken zu hören, was in Afghanistan gut läuft, was schlecht läuft und wo wir besser werden müssen. Darüber zu diskutieren, gehört zur Entscheidung über die Fortsetzung dieser Mission dazu.

Ich sage aber auch ganz deutlich: Es geht an dieser Stelle leider nicht ohne militärische Maßnahmen. Ich würde mir wünschen, dass wir diesen Militäreinsatz hier heute beenden könnten, aber es geht leider nicht. Ich sage Ihnen gleichzeitig, dass dies eine der wichtigsten Lehren aus dem Irakkrieg ist – damit hatte ich angefangen -: Jedes kopflose Abziehen aus Militärmissionen oder jede Fehlplanung, wie in Libyen, führt dazu, dass die Situation chaotischer wird und nicht übersichtlicher.

In Afghanistan haben wir es bislang geschafft, geordnetere Verhältnisse zu schaffen. Wir haben bei weitem nicht die Ziele erreicht, die wir uns gesetzt haben; aber jetzt ist die Situation – für die Frauen, für die jungen Menschen in dem Land, beim Zugang zu medizinischer Versorgung, bei der Infrastruktur – viel besser, als sie 2001 war. Damit das so bleibt, sind diese militärischen Absicherungsmaßnahmen notwendig. Wir wollen unsere Freunde in Afghanistan unterstützen, damit sie ihre Sicherheit selber gewährleisten können. Deshalb werbe ich für diesen Einsatz.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Philipp Mißfelder. ‑ Nächster Redner in der Debatte: Omid Nouripour vom Bündnis 90/Die Grünen.

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mardom mohtaram Afghanestan, payane ISAF payane hambastegiye ma nist. Ma shoma ra faromoush nakhahim kard. – Ich übersetze: Verehrtes Volk von Afghanistan, das Ende von ISAF bedeutet nicht das Ende unserer Solidarität. Wir werden Sie nicht vergessen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit diesen Worten durfte ich meine letzte Rede zur Verlängerung des ISAF-Mandats beenden. Ich finde, diese Worte sollten weiterhin gelten, genauso wie sie im Februar gegolten haben.

Es ist kein Geheimnis: Wenn ein Großteil der Truppen abzieht, sinkt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit relativ schnell. Es ist kein Geheimnis, dass mit dem Fehlen der Aufmerksamkeit auch der Wille immer kleiner wird, genau hinzuschauen, wie die Entwicklungen laufen und welche Mittel man dafür braucht. Jetzt sehen wir ja bereits, dass sich NGOs beklagen, dass ihre Mittel für die Afghanistan-Arbeit kleiner werden. Aber gerade bei Afghanistan dürfen wir nicht nachlassen und nicht in die Aufmerksamkeitsfalle tappen, unabhängig davon, was in anderen Teilen der Welt passiert.

Der Afghanistan-Einsatz ist der teuerste, aufwendigste und opferreichste Einsatz ‑ nicht nur bei der Bundeswehr, sondern auch, wie wir wissen, bei den Afghaninnen und Afghanen ‑ in der bundesrepublikanischen Geschichte. Abertausende Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer, Soldatinnen und Soldaten, Polizistinnen und Polizisten, Diplomatinnen und Diplomaten haben in Afghanistan am Wiederaufbau mitgearbeitet. Ihnen gilt nicht nur unser Dank, sondern auch unsere Verpflichtung, dass wir alles, was wir können, beitragen mögen, dass die vielen Errungenschaften, die weit mehr hätten sein können und müssen ‑ das lag nicht an den Menschen, die vor Ort gearbeitet haben ‑, nicht rückgängig gemacht werden können.

Diese Verpflichtung gilt erst recht für die Menschen in Afghanistan. Wir reden über Menschen, die sehr viel Hoffnung haben, wir reden über ein sehr junges Volk. 70 Prozent der Bevölkerung sind zwischen 17 und 29 Jahre alt. Das ist eine Generation, die erstmals seit Dekaden ‑ der Krieg hat nicht mit ISAF angefangen; der Krieg hat in den 70er-Jahren angefangen ‑ erlebt, wie es sein kann, wenn das Land ein Stückchen freier ist, wenn man sich ein wenig mehr entfalten kann. Und es ist vor allem eine Generation, die sich auch von Gewalt und Drohungen nicht entmutigen lässt. Wenn man sich anschaut, dass 7 Millionen Menschen dieses Jahr zu den Wahlen gegangen sind, dann sieht man, dass die Hoffnung dieser Menschen alles andere als verloren ist.

Aber diese Menschen haben nicht nur Hoffnung, sondern sie haben auch eine sehr große Unsicherheit. Die Frage ist, welche Signale wir setzen und senden können, damit diese Unsicherheit nicht Oberhand gewinnt und damit die Hoffnung nicht verloren geht.

Wie geht es weiter mit der Regierung ‑ es ist eine fragile Situation ‑, wie geht es weiter mit der Unterstützung? Ich finde, wir sollten ein klares Signal setzen, dass wir uns weiterhin langfristig und engagiert um Afghanistan mit kümmern werden und dass wir helfen können und helfen wollen, wo es geht, allen voran im zivilen Bereich und in der Entwicklungspolitik. Ein gutes Beispiel dafür ist die Polizeiarbeit, die zunächst sehr holprig begonnen hat. Die deutsche Polizeiausbildung hat sehr viel Gutes geleistet. Es gab sehr viele engagierte Polizistinnen und Polizisten, die eine tolle Arbeit gemacht haben. Heute wissen wir, dass nicht nur die Alphabetisierung in der afghanischen Polizei ein großer Erfolg war. Deutsche Polizistinnen und Polizisten haben im Sinne von „train the trainer“ 2 000 afghanische Polizistinnen und Polizisten ausgebildet, die wiederum weitere Afghanen ausbilden, damit sie dort arbeiten können.

Wir müssen einen klaren Schwerpunkt setzen auf Bildung, auf berufliche Chancen und auf Arbeitsplätze in Afghanistan. Wenn Sie mit jungen Menschen in Afghanistan reden und sie fragen, welche Wünsche und Hoffnungen sie haben, dann hören Sie, dass sie die gleichen haben wie alle anderen jungen Menschen auf der ganzen Welt. Deshalb ist es umso wichtiger, dass klar ist, dass wir den Schwerpunkt dort setzen, wo es notwendig ist, nämlich im Bereich Bildung und Arbeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Da müssen wir weiterhin dranbleiben und dürfen nicht nachlassen beim Aufbau von Institutionen. Ich sage ganz bewusst „Institutionen“ und nicht „Personen“. Gerade in solch einem Land ist es umso wichtiger, dass Institutionen funktionieren.

Wenn ich jetzt sehe, dass die afghanische Menschenrechtskommission, mit der wir seit Jahren hervorragend zusammenarbeiten, die eine grandiose Arbeit leistet, davon bedroht ist, dass die Ernennung der Mitglieder nun politisch motiviert ist, dann kann ich nur sagen, dass die internationale Gemeinschaft das keineswegs tolerieren darf. Wir müssen hier deutlich machen, dass die Menschenrechte ‑ in einem Land wie Afghanistan in erster Linie die Rechte von Mädchen und Frauen ‑ für uns nicht verhandelbar sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Mein Kollege Schmidt hat bereits darauf hingewiesen, dass wir mit einigen Punkten des heute vorliegenden Antrags der Bundesregierung nicht einverstanden sind. Ich finde, dass zur Ehrlichkeit gehört, Herr Außenminister, dass man einen solchen Einsatz endlich einmal evaluiert. Sie haben gesagt, man müsse da kritisch draufschauen. Wir wünschen uns immer noch eine unabhängige und wissenschaftliche Evaluation. Es ist natürlich mehr als ein Skandal, dass die Bundesregierung nicht bereit ist, ihre Verantwortung – und zwar ohne bürokratische Hemmnisse – für die vielen lokalen Kräfte, die ihre Sicherheit für die Deutschen in Afghanistan geopfert haben, voll zu übernehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir müssen und werden dranbleiben, damit diesen Menschen geholfen werden kann.

Wir werden nichtsdestotrotz dem vorliegenden Antrag zustimmen, weil wir durch eine möglichst geschlossene Haltung dieses Hohen Hauses das Signal senden wollen, dass wir die Afghanen nicht vergessen.

Ich kann Ihnen versprechen: Wir werden weiterhin mit kritischem Blick sehr genau darauf achten, dass die gemachten Versprechen auch gehalten werden. Unabhängig davon, wie die Grünen sich in Bezug auf Resolute Support verhalten werden, gilt für meine Fraktion – und ich glaube, wir sind nicht die Einzigen – absolut und ohne jegliche Vorbedingung: Wir werden die Afghaninnen und Afghanen nicht vergessen. Wir stehen zur Verfügung, zu helfen, wo es geht.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Omid Nouripour. – Nächster Redner: Henning Otte für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Henning Otte (CDU/CSU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Ende des Jahres 2014 endet nach 13 Jahren der Kampfauftrag im Rahmen der ISAF-Mission. Damit geht für die Bundeswehr eine erfolgreiche Arbeit zu Ende, und für Afghanistan beginnt ein weiterer Abschnitt eines langen Weges hin zu einem Land mit einer guten Perspektive. Auf diesem Weg werden wir Afghanistan auch in Zukunft begleiten.

Deutschland übernimmt weiter Verantwortung und stärkt die afghanische Regierung wie auch die afghanischen Sicherheitskräfte durch Ausbildung sowie militärische und strategische Beratung. Mit der Nachfolgemission Resolute Support bringen wir heute einen weiteren Baustein dafür auf den Weg. Die Bundeswehr hat einen maßgeblichen Beitrag dazu geleistet, dass wir den Übergang von der ISAF-Mission, von einer robusten Mission, zu einer eher im Hintergrund sich abspielenden Mission, nämlich Resolute Support, erfolgreich gestalten.

Lassen Sie mich zunächst eine Rückschau halten, bevor ich dann den Blick in die Zukunft richte.

Zuallererst möchte ich mit großem Respekt und aus tiefstem Herzen Danke sagen: allen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, den Mitgliedern der Bundespolizei, den zivilen Mitarbeitern und allen Angehörigen, die in den vergangenen 13 Jahren dazu beigetragen haben, diesen bisher schwersten Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr so erfolgreich zu gestalten. Sie haben der Verantwortung, die Deutschland mit seinem Engagement übernommen hat, ein Gesicht gegeben.

Im Dienst für uns alle, für die Sicherheit hier in Deutschland und für die Sicherheit in Afghanistan haben unsere Männer und Frauen in Uniform schwere Entbehrungen auf sich genommen. Es gibt wohl keinen unter ihnen, der in dieser Zeit nicht die Geburt oder die Einschulung eines Kindes oder die Hochzeit des besten Freundes verpasst hat; Augenblicke, die sich nicht nachholen lassen. Stattdessen hat man Dienst getan als Spähtruppführer in einem Fennek, als Mechanikerin an einem Hubschrauber oder als Sanitäter in einem Lazarett. Für die meisten von ihnen ist diese Arbeit mehr als ein Beruf: Es ist ein Dienst für unser Land, ein Dienst an unserer Gesellschaft. Dafür gebührt ihnen unser Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

55 dieser Soldaten haben diesen Dienst für uns mit dem Leben bezahlt. Viele weitere sind an Körper und Seele verwundet worden. Den Hinterbliebenen spreche ich mein tiefempfundenes Mitgefühl aus. Der Toten der Bundeswehr gedenken wir am Ehrenmal der Bundeswehr im Verteidigungsministerium und im „Wald der Erinnerung“ am Standort des Einsatzführungskommandos in Potsdam. Es ist gut, dass wir ebenfalls darüber diskutieren, wo wir eine Würdigung im parlamentarischen Raum ermöglichen können, um der Tatsache Ausdruck zu verleihen, dass es sich um eine Parlamentsarmee handelt. Diese Gedenkstätten ergänzen sich gegenseitig und dokumentieren die gemeinsame Verantwortung von Legislative und Exekutive.

Erinnern wir uns: Afghanistan war als Staat zerfallen ‑ Außenminister Steinmeier hat das dargestellt ‑; die Taliban herrschten mit einem Schreckensregime, unter dessen Mantel die Terroristen der al-Qaida eine Heimat gefunden hatten; von hier aus wurden die Anschläge des 11. September 2001 geplant; das Wertesystem der westlichen Welt wurde von afghanischem Boden aus angegriffen. Dagegen mussten wir uns gemeinsam wehren. Damit sich solche Angriffe nicht wiederholen, mussten wir den Terroristen deren Unterschlupf und Nährboden nehmen und gleichzeitig das afghanische Volk wieder in die Lage versetzen, ein staatliches Gewaltmonopol aufzubauen und eine friedliche, zivile Perspektive zu entwickeln.

Vieles davon ist in den letzten Jahren gelungen. Es ist gelungen, die Terroristen der al-Qaida zurückzudrängen. Das militärische Eingreifen der Staatengemeinschaft war die Voraussetzung dafür. Es ist aber auch eine notwendige Voraussetzung für Bildung, für Staatlichkeit, für zivile Strukturen; Staatssekretär Silberhorn hat das noch einmal verdeutlicht. Dies hat der damalige Verteidigungsminister, Dr. Jung, frühzeitig erkannt und mit dem Begriff der vernetzten Sicherheit im letzten Weißbuch der Bundeswehr festgeschrieben. Das Militär bildet eben oftmals die Voraussetzung und den notwendigen Sicherheitsschirm, unter dem sich diese Maßnahmen dann entwickeln können.

Das Gesamtergebnis kann sich sehen lassen. Natürlich gibt es in Afghanistan noch viel zu tun. Natürlich ist Afghanistan noch nicht am Ziel. Aber vieles ist jetzt gut, und vieles ist besser geworden in Afghanistan.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Bärbel Bas (SPD))

Wir sehen eine neue Generation von jungen Afghanen heranwachsen, die erstmals eine Perspektive für ein gutes Leben haben und mehr aus sich und dem eigenen Land machen können. Der Torhüter des Fußballvereins VfB Oldenburg heißt Mansur Faqiryar. Er ist in seiner Heimat ein Held. Er ist Torhüter der afghanischen Fußballnationalmannschaft, und die Afghanen sind ein fußballbegeistertes Volk. Mansur erzählte mir hier in Berlin, dass es noch nicht lange her sei, dass im Stadion von Kabul junge Frauen gesteinigt worden seien. Heute wird dort wieder Fußball gespielt. Erstmals seit Jahrzehnten können Mädchen und Frauen zur Schule oder zur Universität gehen. Insbesondere sie waren vollkommen entrechtet und abgeschnitten von jeglicher Hoffnung und Würde. Dazu, dass das besser geworden ist, hat auch der Einsatz der Bundeswehr einen wesentlichen Beitrag geleistet. ‑ Das sollten auch Sie als Linke zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Weg zu einer freien Gesellschaft ist lang; aber jeder Schritt lohnt sich, denn es ist ein Schritt hin zu einer besseren Welt. Deutschland hat bewiesen, dass Verantwortung nicht nur ein Wort ist. Deutschland hat sich dazu bekannt, Verantwortung in diesem Sinne in der Welt zu übernehmen. RSM ist ein Beleg dafür, dass diese Verantwortung nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern Ausdruck eines Weges hin zu einem stabilen Afghanistan. Das machen wir nicht allein, sondern immer in Zusammenarbeit mit Freunden und Partnern.

Das Mandat umfasst 850 Soldaten. Damit folgen wir der militärischen Empfehlung und schaffen einen angemessenen Personalrahmen für unsere Aufgaben in Afghanistan. Eingesetzt sind die deutschen Soldaten im Norden von Afghanistan und in der Hauptstadt. Der Schwerpunkt des Auftrags liegt in der Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte sowie der Regierung. Außerdem haben wir die Fähigkeit, uns anvertraute Menschen vor Bedrohung zu schützen und zu befreien. ‑ Herr Dr. Schmidt, da das in dem Mandat sehr konkret abgebildet ist, habe ich Ihre Eingabe nicht verstanden. ‑ Wir unterhalten einen militärischen Flugbetrieb, auch zur Rettung Verwundeter, mit den CH-53-Hubschraubern.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Otte, erlauben Sie eine Frage oder Bemerkung von Christian Ströbele?

Henning Otte (CDU/CSU):

Ich würde gerne diesen Ansatz weiter ausführen, auch angesichts der Redezeit, die mir noch zur Verfügung steht.

Zusammengefasst kann man sagen: Wir unterstützen einen dreigliedrigen Ansatz, den wir in der NATO für Afghanistan entwickelt haben: Erstens. Kurzfristig tragen wir dazu bei, dass die Fähigkeiten der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte durch Ausbildung und durch Beratung ausgebaut werden. Zweitens. Mittelfristig leisten wir einen Beitrag mit der NATO zum Erhalt der afghanischen Sicherheitskräfte. Drittens will die NATO langfristig mit Afghanistan ein dauerhaftes Partnerschaftsabkommen eingehen.

Fazit: In den vergangenen 13 Jahren konnten in Afghanistan viele Verbesserungen erreicht werden. Afghanistan ist noch lange nicht am Ziel. Insbesondere die Regierung um Präsident Ghani ist aufgefordert, einen Weg der Stabilität und Sicherheit und auch der Versöhnung konsequent zu gehen. Mit RSM gehen wir als Teil der Staatengemeinschaft diesen Weg konsequent mit. Das ist Teil unserer Verantwortung, die die deutsche Außenpolitik in der Welt wahrnimmt.

Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr tragen eine Hauptlast dieses Auftrags mit dem neuen Mandat. Deswegen werbe ich dafür, dass wir eine breite Unterstützung im Deutschen Bundestag für dieses Mandat erteilen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Henning Otte. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Christian Ströbele.

(Manfred Grund (CDU/CSU): Hat er wieder keine Redezeit bekommen?)

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Danke, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Otte, ich bedauere, dass Sie die Frage nicht zugelassen haben. Ich höre die ganze Zeit dieser Diskussion mit Interesse zu, stelle aber fest, dass es eigentlich gar keine Diskussion ist, weil auf die gegenseitigen Argumente, vor allen Dingen die Argumente der Opposition, gar nicht eingegangen wird. Es wird im Wesentlichen das vorgetragen, was man sich vorher vorgenommen hat, ohne dass der eine auf den anderen eingeht.

Deshalb stelle ich nun ganz konkret hier in den Raum – vielleicht kann auch der Bundesaußenminister dazu noch etwas sagen -: Wir kritisieren, dass – das ist ganz augenscheinlich – die deutsche Bundeswehr im Rahmen einer großen NATO-Aktion mit 12 000 Soldaten tätig werden soll. Es wird immer wieder betont, dass es sich nicht um ein Kampfmandat handelt und dass die Bundeswehrsoldaten nicht eingreifen sollen. Gleichzeitig hören wir aber – der Kollege Schmidt hat darauf hingewiesen -, dass der größte Truppensteller, nämlich die USA, eine klare Fortsetzung der Kampfeinsätze plant. Die USA planen, die Kommandounternehmen, die illegalen gezielten Hinrichtungen durch Drohnen und die bisherigen Einsätze fortzusetzen. An der Politik ändert sich nur insofern etwas, als nicht mehr so viele Soldaten da sind und diese sich auf – ich sage mal – diese Terroraktionen konzentrieren. Das ist unsere Besorgnis.

Ich frage jetzt die Bundesregierung, und ich hätte Sie gerne gefragt: Was sagen Sie eigentlich dazu? Sehen Sie nicht diese Gefahr? War die Bundesregierung in die Überlegungen der US-Amerikaner, mit denen zusammen wir jetzt in Afghanistan tätig werden sollen, eingebunden? Haben Sie zugestimmt? Haben Sie Bedenken dagegen geäußert? Fürchten Sie nicht auch, dass die Bundeswehr wie schon einmal vor Jahren wieder in einen veritablen zusätzlichen Krieg hineingezogen wird? Denn wir dürfen ja nicht vergessen: Auch ISAF war ursprünglich ausdrücklich kein Kampfmandat, sondern lediglich ein Schutzmandat für die Verwaltung in Kabul. Daraus ist ein Kampf- und Kriegsmandat geworden. Viele, auch ich, fürchten zu Recht, dass das wieder so kommt. Es braucht nur irgendein Vorfall zu passieren, und dann sind wir wieder mittendrin. Dann wollen Sie wieder die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu einem ergänzenden Mandat einholen, damit sich die Bundeswehr wieder an solchen Kampf- und Kriegsaktionen beteiligen kann.

Darauf hätte ich gerne eine Antwort. Diese Frage stellt sich auch die Bevölkerung. Die Bevölkerung erwartet, dass der eine auf die Argumente des anderen eingeht und dass die Koalition, die diesen Antrag befürwortet, auf diese Frage eine Antwort gibt. Wie wollen Sie verhindern, dass eine Entwicklung eintritt, wie sie nach 2001 schon einmal eingetreten ist?

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Christian Ströbele. – Herr Otte, Sie haben jetzt die Möglichkeit zu einer Antwort.

Henning Otte (CDU/CSU):

Herr Ströbele, zuerst einmal müssen Sie diese Diskussion in Ihrer Fraktion führen.

(Christine Buchholz (DIE LINKE): Noch sind Sie an der Regierung!)

Ich bin Herrn Nouripour sehr dankbar dafür, dass er gesagt hat, dass wir das afghanische Volk nicht im Stich lassen. Ich glaube, das war eine gute Aussage.

Zweitens muss ich mit Bedauern feststellen, dass Sie in Ihrer Intervention gar nicht auf meine Rede eingegangen sind, sondern nur, wie jedes Mal in diesen Debatten, Ihre vorgefertigten Behauptungen noch einmal wiederholt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Drittens möchte ich Ihnen sagen, dass oftmals erst mit militärischen Mitteln die Voraussetzungen dafür geschaffen werden können, dass zivile Maßnahmen möglich werden,

(Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Das ist die Schallplatte!)

dass Bildung und Infrastruktur erreicht werden können,

(Heike Hänsel (DIE LINKE): Ach, mit gezielten Tötungen wird die Infrastruktur gestärkt?)

und auch das sollten Sie bitte einmal zur Kenntnis nehmen, auch wenn Ihnen das offensichtlich schwerfällt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Herr Kollege Otte. ‑ Wir fahren nun in der Debatte mit dem nächsten Redner fort: Stefan Rebmann für die SPD.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Stefan Rebmann (SPD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum ersten Mal seit 13 Jahren, Herr Ströbele, debattieren wir heute hier kurz vor Jahresende nicht mehr über die Verlängerung eines ISAF-Mandats,

(Lachen des Abg. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE))

sondern heute stehen die entwicklungspolitische Komponente und das zivile Engagement in Afghanistan viel stärker als bisher im Vordergrund. Das ist, wie ich meine, eine positive Nachricht. Es geht in dieser Debatte zwar um einen Bundeswehreinsatz in Afghanistan, aber wir debattieren heute auch über einen entwicklungspolitischen Antrag. Ich bitte doch, das in der ganzen Diskussion nicht zu vergessen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Charles M. Huber (CDU/CSU))

Im Zentrum unseres entwicklungspolitischen Antrags hierzu stehen die Unterstützung und Förderung demokratischer Prozesse, die Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung, die Schul- und Berufsbildung, der Aufbau von leistungsfähigen staatlichen Institutionen und gute Regierungsführung. Ich finde, das ist auch gut so; denn ohne weitere entwicklungspolitische Fortschritte wird es keine dauerhafte selbsttragende Sicherheit in Afghanistan geben.

Entwicklungspolitik und vor allem die Entwicklungsarbeit vor Ort finden in der Regel abseits von Kameras statt. Die Entwicklungsfachkräfte ‑ die Kolleginnen und Kollegen der GIZ, der KfW und der zahlreichen NGOs ‑ sind auch dann noch vor Ort, wenn der Medientross schon längst weitergezogen ist.

Wir hier im Parlament setzen den Rahmen, stellen die finanziellen Mittel zur Verfügung und geben die Richtung vor. Erfolgreich umsetzen müssen das dann aber die engagierten Entwicklungsfachkräfte, die vor Ort sind. Ich finde, dafür gebührt ihnen unser aller Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will hier nur auf einige wenige Erfolge hinweisen ‑ das ist auch schon angesprochen worden ‑:

Vor 13 Jahren gingen etwa 1 Million Kinder zur Schule, heute sind es über 9 Millionen ‑ darunter über 40 Prozent Mädchen. 2001 gab es 8 000 Studenten, heute sind es über 200 000 ‑ darunter viele Frauen. Heute verfügt Afghanistan über 2 500 Kilometer asphaltierte und befestigte Straßen, 2002 waren es 50 Kilometer.

Als ich im letzten Jahr mit einer AwZ-Delegation in Afghanistan war, haben wir eine 30 Kilometer lange Straße gesehen, die gebaut worden ist und die von Masar-i-Scharif zum Ali-Baba-Gate führt. Auf dieser Straße kam uns ein älterer Mann mit einem Esel entgegen. Wir haben mit ihm sprechen können, und er hat uns gesagt: Diese Straße rettet Leben.

Diese Straße rettet Leben, weil die Menschen dort jetzt nicht mehr fünf Stunden von ihrem Dorf nach Masar-i-Scharif brauchen ‑ am Fluss entlang, wo vorher die Straße verlaufen ist ‑, sondern weniger als eine Stunde. Er hat gesagt, sie haben dadurch Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Medizin, ihre Kinder können zur Schule gehen, und sie können Handel treiben. Wir haben gesehen, dass rechts und links an dieser einfachen Straße Gebäude und Kleingewerbe entstanden sind und Handel betrieben wurde. Durch eine einfache Straße entsteht Entwicklung, und die Menschen lernen sich kennen. Ich finde, in diese Richtung sollten wir weiterarbeiten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es gibt in Afghanistan ein Berufsbildungssystem, das mit deutscher Unterstützung aufgebaut worden ist. Afghanistan ist ein junges Land. Wir haben es schon gehört: 70 Prozent der Afghanen sind unter 25 Jahre alt. Diese jungen Menschen brauchen eine Zukunftsperspektive in ihrem Land. Sie brauchen Arbeit. Sie brauchen Sicherheit. Sie brauchen Einkommen. Sie brauchen Perspektiven. Wenn wir diese Grundbedürfnisse nicht erfüllen können, dann drohen Frust, Abwanderungsbewegungen und politische Radikalisierung.

Wir sollten die Erfolge und die positiven Entwicklungen – die Liste könnte ich noch fortsetzen – nicht kleinreden. Diese Erfolge müssen aber abgesichert werden; denn – auch das gehört zur Wahrheit – es ist längst noch nicht alles auf einem guten Weg in Afghanistan und hat in vielen Bereichen noch einen sehr langen Weg vor sich.

Eine große Herausforderung zum Beispiel besteht nach wie vor bei den Frauen- und Mädchenrechten, bei der allgegenwärtigen Korruption bis hin zum Opiumanbau. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir für eine gute Regierungsführung sorgen und diese fördern, dass wir Frauenrechte stärken und dass wir zum Beispiel kleinbäuerliche Strukturen, Genossenschaften und die Landwirtschaft fördern. Denn ein Bauer, der sein Gemüse, seinen Weizen und seine Früchte ernten und vermarkten kann, der hat es nicht nötig, in den Opiumanbau zu investieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir brauchen in Afghanistan tragfähige Impulse für eine nachhaltige Beschäftigung und Wirtschaftspolitik. Davon sind wir aber nach wie vor noch weit entfernt, wie im Fortschrittsbericht zu lesen ist.

Frau Präsidentin, ich komme dann demnächst zum Ende, –

Vizepräsidentin Claudia Roth:

„Demnächst“ ist ziemlich schnell, bitte.

Stefan Rebmann (SPD):

– denn hier blinkt es ganz aufgeregt; damit das entsprechend repariert werden kann.

Meine Damen und Herren, wir brauchen mehr Rechtssicherheit. Die leisen Hoffnungen, die die aktuellen Vorhaben der Regierung der Nationalen Einheit wecken, sollten wir meines Erachtens unterstützen. Wir Entwicklungspolitikerinnen und Entwicklungspolitiker sehen in Afghanistan eine ganze Reihe von positiven Entwicklungen. Wir müssen aber auch sehen, wie mühsam, schmerzhaft und oft auch traurig der Weg in den vergangenen 13 Jahren war, und wir müssen sehen, wie fragil diese Erfolge sind. Wir brauchen Beharrlichkeit und strategische Geduld.

Mögen auch die Scheinwerfer nach und nach ausgegangen sein und die Kameras sich woandershin wenden: Wir müssen in Afghanistan bleiben. Wir müssen den Menschen eine Zukunft geben, und wir müssen zu unseren Zusagen stehen.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Danke, lieber Kollege Rebmann. Es ist repariert. – Dann hat jetzt der Kollege Thorsten Frei für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Thorsten Frei (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund der Regierungsbildung, vor dem Hintergrund des Endes von ISAF und des Starts von Resolute Support sowie im Rahmen der Transformationsdekade hatte ich in diesem Herbst zweimal die Gelegenheit, Afghanistan zu besuchen. Dabei habe ich unter anderem die Gelegenheit gehabt, ein Gespräch mit einer afghanischen Abgeordneten, Frau Barakzai, zu führen, die eine mutige Frau ist; sie hat zur Zeit der Taliban-Herrschaft heimlich eine Mädchenschule geführt und kämpft als Abgeordnete und Frauenrechtlerin in Afghanistan für die Rechte der Frauen und den Aufbau einer Zivilgesellschaft.

Wir haben unter anderem darüber gesprochen, wie man in der afghanischen Verfassung, in dieser sehr stark auf den Präsidenten zugeschnittenen Verfassung, mehr parlamentarische Elemente implementieren kann. Wir haben darüber gesprochen, wie sehr insbesondere die junge afghanische Bevölkerung das Wort „Demokratie“ nicht als eine hohle Phrase empfindet, sondern ganz im Gegenteil als eine Riesenchance für ihr Leben. Das hat man nicht zuletzt daran gesehen, dass über 7 Millionen Afghaninnen und Afghanen an der Präsidentschaftswahl teilgenommen haben, obwohl dies mit unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben für sie verbunden war.

Dieses Gespräch mit Frau Barakzai – die mir auch gesagt hat, dass sie selbst dann ihre Stimme abgegeben hätte, wenn die Taliban ihr den Kopf abgeschnitten hätten – ist mir vor allen Dingen auch deshalb so in Erinnerung geblieben, weil wenig später, am 16. November, ein Anschlag auf sie verübt wurde, dem sie zwar verletzt entkommen ist, aber drei Begleiter kamen ums Leben, und 20 Passanten wurden schwer verletzt.

Diese Geschichte zeigt aus meiner Sicht exemplarisch zwei Grundwahrheiten in Afghanistan: Zum einen – darauf sind die Vorredner umfassend eingegangen – ist in den 13 Jahren des ISAF-Einsatzes unheimlich viel erreicht worden. An vielen Beispielen kann man sehen, dass die Verbesserung der Gesundheitsversorgung und das, was im Bereich der Infrastrukturentwicklung und in anderen Bereichen passiert ist, letztlich die Grundlage für eine weitere gute Entwicklung des Landes für die Zukunft bedeuten.

Zum anderen aber ist neben den nackten Zahlen, die auch eine Vervielfachung des Bruttoinlandsprodukts zeigen, deren Auswirkungen bei den Menschen unmittelbar ankommen, eine Änderung im Denken und im Bewusstsein der Menschen zu erkennen; die Tatsache, dass man förmlich spürt, dass die Menschen sich nicht einschüchtern lassen wollen, dass sie die Taliban nicht mehr wollen, dass sie die Errungenschaften der Vergangenheit nicht aufgeben wollen, sondern im Gegenteil dieses Land tatkräftig mitgestalten und mitentwickeln möchten.

Ich bin davon überzeugt, dass wir in Afghanistan tragfähige staatliche Strukturen brauchen, um die Korruption einzudämmen, damit letztlich der Staat sein Gewaltmonopol durchsetzen kann, und zwar nicht nur in Kabul, nicht nur in den Provinzhauptstädten, sondern eben auch in der Peripherie des Landes, um die Grundbedürfnisse der Menschen erfüllen zu können.

Damit kommen wir zu dem größten Defizit, das derzeit besteht, nämlich die mangelnde Sicherheit. Dieser Anschlag auf Frau Barakzai, von dem ich gesprochen habe, ist mitten in Kabul passiert, also der Hauptstadt, die wir eigentlich für sicher gehalten haben. Deshalb ist in diesem Bereich noch vieles zu tun. Wir schaffen es nur mit stärkeren staatlichen Strukturen in Afghanistan. Dazu müssen wir unseren Beitrag leisten.

Wenn man das zugrunde legt, wenn man auf stärkere staatliche Strukturen setzt, mit denen dafür gesorgt wird, die Grundbedürfnisse der Menschen zu erfüllen, dann wird das dabei helfen, dass sich die Taliban in der Bevölkerung nicht erneut verwurzeln und konsolidieren können. Das wird auch dazu führen, dass die Zivilgesellschaft gestärkt und eine wirtschaftliche Entwicklung im Land entfesselt werden kann. Vor diesem Hintergrund und angesichts dieser Zielsetzung ist das, was jetzt mit Resolute Support erreicht werden soll, folgerichtig.

Lieber Herr Ströbele, ich möchte an dieser Stelle sagen: Ich hatte nicht den Eindruck, dass dies ein Schlagabtausch mit vorgefertigten Argumenten ist. Ganz im Gegenteil: Von Ihnen habe ich kein vernünftiges Argument gehört. Ich will es anders formulieren: Sie haben zwar berechtigte Bedenken angeführt; das ist richtig. Manchem Argument, das Sie genannt haben, kann man sogar folgen und sagen: Ja, das stimmt. Damit sind Gefahren verbunden. – Aber worauf Sie mit keiner Silbe eingegangen sind, ist die Frage der Alternativen. Was haben Sie denn für Alternativen, um zu einer positiven Entwicklung dieses Landes beizutragen? Das können Sie mir gerne im Anschluss an diese Rede sagen. Ich werde Ihnen gespannt zuhören.

Es geht letztlich darum, dass wir den Übergang schaffen, und nicht darum – das hat das Beispiel Irak gezeigt -, kopflos das Land zu verlassen, es im Stich zu lassen, wie Ihr Fraktionskollege Nouripour gesagt hat, sondern zu helfen. Wir müssen das, wofür wir 2001 im Land Verantwortung übernommen haben, weiterführen und zu einem guten und verantwortungsvollen Ende bringen. Dafür übernehmen wir in der Speiche Nord Masar-i-Scharif unmittelbare Führungsverantwortung – auch das ist eine Antwort auf Ihre Frage – und statten dieses Mandat mit 850 Mann Personalobergrenze aus. Ich hoffe wirklich, dass das reicht. Ich persönlich hätte mir durchaus vorstellen können, dass wir etwas mehr Spielräume für die militärische Führung vor Ort schaffen, weil es natürlich auch darum geht, Sicherheit für unsere Soldatinnen und Soldaten zu erreichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass dieser Einsatz noch länger dauern wird. Der zivile Einsatz wird in jedem Fall noch sehr lange dauern. Aber ich glaube, dass es völlig falsch und blauäugig wäre, heute hinsichtlich der militärischen Unterstützung von festen Abzugsterminen zu sprechen, sondern dass es letztlich so sein muss, wie es der Kollege Mißfelder gesagt hat: Wir brauchen die Präsenz so kurz wie möglich, aber eben auch so lange wie notwendig, damit wir die Erfolge der Vergangenheit tatsächlich für die Zukunft sichern können.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder Bemerkung von Christian Ströbele?

Thorsten Frei (CDU/CSU):

Ja, bitte.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Danke, Herr Kollege Frei. ‑ Ich hätte das auch am Ende Ihrer Rede sagen können. Aber jetzt passt es besser. Dann können Sie noch etwas dazu sagen.

Natürlich suche auch ich einen Ausweg. Aber dieser Ausweg kann nach 13 Jahren Krieg nicht mehr Krieg sein

(Beifall bei der LINKEN)

und den Krieg genauso fortzusetzen, nur mit weniger Truppen. Das muss man doch irgendwann lernen. Einen Siegfrieden gibt es dort nicht,

(Beifall bei der LINKEN)

selbst wenn Sie noch 20 Jahre Militär dorthin schicken. Es gibt eine einzige Lösung, für die ich mich seit Jahren einsetze ‑ sie wäre real und auch chancenreich ‑: Man muss mit den gezielten Hinrichtungen und den Kommandounternehmen aufhören. Man muss mit denjenigen, die man bislang tötet, verhandeln. Es gibt einen Frieden nur durch Verhandlungen. Das sagen Ihnen alle Experten vor Ort. Auch mit den Taliban muss gesprochen werden.

Als ich vor zwei, drei Jahren in Afghanistan war, haben mir Leute aus dem Parlament, die von den Taliban verfolgt wurden, oder Angehörige von Gruppen, die mit den Taliban überhaupt nichts zu tun hatten, gesagt: Wir müssen gemäßigte Taliban in die Regierung aufnehmen. ‑ Aber darüber hat man nicht verhandelt. Die Bundesregierung hat im Norden Afghanistans nach anfänglichen Verhandlungsmöglichkeiten und Verhandlungsansätzen das völlig den Amerikanern überlassen. Die wollten das nicht, und auch die Regierung Karzai hat das dann hintertrieben. Aber die einzige Chance, jemals zu einer vernünftigen, friedvollen Lösung zu kommen, sind Verhandlungen. Deshalb sollte die gesamte Politik darauf ausgerichtet sein.

(Beifall der Abg. Kathrin Vogler (DIE LINKE))

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Herr Kollege Frei. ‑ Und wir bleiben wieder stehen, Christian Ströbele.

Thorsten Frei (CDU/CSU):

Herr Kollege Ströbele, ich gebe Ihnen gerne recht. Natürlich brauchen wir erstens Verhandlungen und Gespräche. Zweitens muss eine Friedensentwicklung aus dem Land heraus erfolgen. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass angesichts der unter dem Strich gelungen verlaufenen Wahlen, der Regierung der Nationalen Einheit sowie der Zusammenarbeit von Ghani und Abdullah letztlich die Chance besteht, verfeindete Stämme und Gruppierungen zusammenzubringen und damit die Grundlage für eine wirtschaftliche, rechtsstaatliche und gesellschaftliche Reformagenda zu schaffen.

Lassen Sie mich als weiteren Aspekt darauf eingehen: Sie müssen genauso zuhören wie wir Ihnen. Wir haben ab dem 1. Januar 2015 kein robustes Einsatzmandat mehr. Die Resolute Support Mission zielt vielmehr auf Unterstützung und Training ab und ist darauf ausgerichtet, die afghanischen Sicherheitskräfte zu befähigen, selbst die komplette Sicherheitsverantwortung in ihrem Land zu übernehmen. Mit der Absicherung der Wahlen haben sie bereits bewiesen, dass sie dazu in der Lage sind. In diesem Sinne handeln wir. Damit geben wir, glaube ich, eine angemessene Antwort auf die Herausforderungen im Land.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Danke.

Thorsten Frei (CDU/CSU):

Lassen Sie mich zu einem letzten Aspekt kommen, der mir ebenfalls wichtig erscheint. Wir haben es in der Nachfolge der Konferenz von Tokio mit einem auf Gegenseitigkeit angelegten Prozess zu tun. Das heißt, es muss klare Erwartungen an die afghanische Regierung geben, klare Erwartungen im Hinblick auf bessere Regierungsführung, transparentere Kontrollmechanismen, mehr Sicherheit für Investoren und Rechtssicherheit; denn es ist nicht akzeptabel, dass 80 Prozent des afghanischen Haushalts letztlich von der internationalen Staatengemeinschaft finanziert werden. Da muss es klare Abmachungen und einen Pfad hin zu mehr afghanischer Verantwortung geben. Daran müssen wir die Regierung des Landes auch messen; denn es ist nicht akzeptabel, dass ein Land, das rohstoffreich ist und gute Voraussetzungen hat, in derartiger Abhängigkeit von der internationalen Staatengemeinschaft ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir es dort schaffen.

Zum Schluss möchte ich gerne die Worte meiner Vorredner wiederholen und denjenigen herzlich danken, die in den vergangenen 13 Jahren in unterschiedlichen Kontingenten als Soldaten, als zivile Aufbauhelfer oder als Polizeibeamte Verantwortung vor Ort getragen haben. Wir denken im Besonderen an die 55 Gefallenen und deren Familien sowie an diejenigen, die schwer und dauerhaft gesundheitlich verletzt wurden im Dienst für ihr Land, für unser Land und für uns. Dafür sagen wir herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Herr Kollege Frei. – Letzter Redner in dieser Debatte: Roderich Kiesewetter für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Roderich Kiesewetter (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende dieser sehr ausgiebigen Debatte könnte man denken: Es bleibt nicht mehr viel zu sagen. Ich möchte an einige Punkte erinnern, die den Einsatz in Afghanistan in den letzten 13 Jahren begleitet haben.

Heute haben wir die afghanische Staatsführung zu Gast in Berlin. Genau auf den Tag vor drei Jahren, am 5. Dezember 2011, fand die letzte Petersberg-Konferenz in Deutschland statt. Sie wurde damals stark parlamentarisch begleitet; viele, die in diesem Saal sind, waren seinerzeit in Bonn auf dem Petersberg. Damals ist eigentlich das entschieden worden, was heute hoffentlich den Geist der Resolute Support Mission ausmacht, der nämlich darin besteht, dass wir uns verpflichten, bis zum Jahr 2024 Afghanistan zu einem normalen Entwicklungsland zu machen. Das wird ein schwerer Weg sein. Dafür ist viel zu schultern.

Aber gerade das, was eben in die Diskussion vom Kollegen Ströbele eingebracht wurde, zeigt doch deutlich, dass unser Weg, der Weg weg von einer Kampfmission, hin zu einer Beratungs- und Unterstützungsmission, richtig ist.

Im Übrigen haben wir das schon einmal in einem anderen Umfeld unter Beweis gestellt, auf dem Balkan: Zunächst gab es eine UN-Mission, dann eine Mission der NATO, und heute gibt es noch eine EU-Mission. Bosnien ist zwar kein sonderlich prosperierendes Land; aber die Unruhen dort haben aufgehört, und die internationale Gemeinschaft steht an seiner Seite. Genauso muss auch der Weg Afghanistans begleitet werden: Hilfe zur Selbsthilfe einerseits und auf der anderen Seite Entschlossenheit in der Unterstützung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte ein paar Punkte ansprechen, die wir vielleicht als Lehren betrachten können.

Wir als Parlament haben bereits im Jahr 2010 Fortschrittsberichte gefordert. Seit Dezember 2010 hat unser Parlament vom Auswärtigen Amt neun Fortschrittsberichte, die viel konstruktive Kritik, viele Evaluierungsvorschläge enthalten haben, erhalten. Ich möchte an dieser Stelle nicht nur im Namen unserer Fraktion dem Auswärtigen Amt, Ihnen, Herr Außenminister, aber auch Herrn Botschafter Koch und seinem Vorgänger, Herrn Botschafter Steiner, und deren Afghanistan-Team für diese solide Arbeit Dank aussprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese solide Arbeit hat auch dazu geführt, dass wir uns in manchen Punkten ehrlich machen mussten. Ich spreche hier ganz gezielt die psychologische Nachsorge für unsere Soldatinnen und Soldaten an. Als im Jahr 2001/2002 die ISAF-Mission begann, wurde nicht nur im Bundestag, sondern auch unserer Bevölkerung erklärt, dass man sich in einem friedlichen Wiederaufbau befindet. Das hat sich als Trugschluss erwiesen. Im Rahmen dieses „friedlichen Wiederaufbaus“ sind unsere Soldaten in einen Einsatz geschickt worden, der sie in erheblichem Maße gefordert hat. Wir haben eine hohe Zahl traumatisierter Soldatinnen und Soldaten, die die Gefechtserlebnisse und andere Eindrücke überwinden müssen.

Da die Gesellschaft aber geglaubt hat, dass unsere Streitkräfte im friedlichen Wiederaufbau sind, haben wir die traumatischen Erfahrungen nicht ernst genommen. Was die menschliche Komponente und diejenigen, die den Einsatz geleistet haben, angeht, ist das die schwerwiegendste Folge und die gravierendste Lehre, die wir für unser eigenes Land gezogen haben.

Ich war unlängst bei der Einweihung des Denkmals in Potsdam, wo 104 im Kampf gefallener Menschen gedacht wird. Es ist jetzt an der Zeit, darüber nachzudenken, dass sich in den letzten Jahren in unserem Land eine Erinnerungskultur entwickelt hat, eine Erinnerungskultur, die wir vermisst und versäumt haben und die unsere Soldaten lange erwartet haben – nicht nur die Soldaten, sondern auch die Entwicklungshelfer und die Polizisten, die dort unterstützen. Ich denke, da haben wir etwas geleistet, womit wir denjenigen Ehre erweisen, die im Auftrag dieses Parlaments ihr Leben gelassen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Heike Hänsel (DIE LINKE))

‑ Ich glaube, als Abgeordnete sollten Sie hinter denjenigen stehen – egal ob Sie deren Einsatz politisch mittragen oder nicht ‑, die ihr Leben für unser Land einsetzen, weil sie nicht ausweichen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine weitere Lehre, die wir daraus ziehen sollten, ist, dass wir die Frage „Was sagen wir unserer Bevölkerung?“ beantworten müssen. Wir haben mit dem Weißbuch-Prozess 2006 einige Fortschritte erzielt. Es gibt einen weiteren Weißbuch-Prozess, der hoffentlich viele Ministerien umfassen wird und der sicherlich federführend vom Verteidigungsministerium begleitet werden wird. Wir brauchen dort einen inklusiven Ansatz. Wir müssen unserer Bevölkerung künftig von vornherein erklären, um was es in den Einsätzen geht – „erklären“ heißt nicht „schönreden“ -,

(Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Dann fangen Sie bei diesem Einsatz an!)

und dürfen nicht von vornherein hoffen, dass alles gut geht. Wir müssen der Bevölkerung klar sagen, dass es möglicherweise eskalieren kann.

Das ist eine weitere Lehre, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir haben immer gesagt: Der Einsatz des Militärs ist die Ultima Ratio. – Das ist richtig; das ist die letzte Eskalation. Aber wir machen damit, glaube ich, einen strategischen Fehler in der Art und Weise, wie wir mit Militär in unserer Außenpolitik umgehen; denn wenn wir Militär in der frühen Begleitung ausschließen und sagen: „Der militärische Einsatz ist die Ultima Ratio und kommt erst dann, wenn alles andere versagt hat“, vergessen wir die Möglichkeiten, die ein militärischer Einsatz bietet. Ich denke hier an Sicherheitssektorreform, an Militärdiplomatie, an Entwaffnung, an Überwachungsmissionen, auch an unbewaffnete Missionen. Wir müssen bedenken, was wir damit leisten können, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Deshalb rate ich dazu, dass wir aus Afghanistan die Lehre ziehen, uns der Frage zuzuwenden: Wie kann man Militär so in ein Gesamtkonzept eingliedern, dass wir die Eskalation bis zur Ultima Ratio von vornherein verhindern oder vermeiden? Wenn das Weißbuch darauf eingeht, unter Einbindung der Expertise des Auswärtigen Amtes, des Ministeriums für Entwicklungszusammenarbeit, des Innenministeriums und anderer, die sich hier berufen fühlen, bekommen wir, glaube ich, einen echten Fortschritt, was unsere außen- und sicherheitspolitische Strategie angeht.

Ein anderer Aspekt, der mir sehr am Herzen liegt, ist die Frage des regionalen Einbindens und des regionalen Zusammenhangs. Wir haben deutscherseits guten Grund, unsere Interessen zu formulieren, die Aufgaben, die wir erfüllen wollen, und auch die Instrumente, die wir gemeinsam mit Partnern und möglichst unter einem UN-Mandat einsetzen wollen, zu definieren und die Region zu diskutieren, wo wir aktiv sein wollen. Wir müssen das erklären. Wir müssen es unserer Bevölkerung nahebringen. Wir müssen es aber auch unseren Partnern erklären.

Das führt dazu, dass wir, wo immer wir uns engagieren, den regionalen Kontext betrachten müssen. Es ist schon auch Verdienst der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Diplomatinnen und Diplomaten, dass in der Afghanistan-Kontaktgruppe fast 50 Staaten sind, dass durch die regionale Zusammenarbeit nicht nur Geldgeber gefunden wurden; die Resolute Support Mission wurde überhaupt erst möglich, weil Südostasien hinter diesem Einsatz steht und weil es uns gelungen ist, bisher 5,7 Millionen Flüchtlinge aus den Nachbarländern in ihre Heimat zurückkehren zu lassen.

In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns auch mit Blick auf künftige Einsätze an ein vernetztes Vorgehen und einen inklusiven Ansatz denken! Lassen Sie uns als Parlament weiterhin die Stimme erheben! Die Fortschrittsberichte hätte es nicht gegeben, hätten wir sie nicht verlangt.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

(Foto: Ghani beim Besuch in Berlin – ©Thomas Trutschel/photothek)