Beobachtung am Rand: BMVg auf Distanz zur Rüstungsindustrie?
Es ist eine Beobachtung am Rande, aber sie scheint mir bedeutsam: Seit Jahren beobachte ich die regelmäßige Handelsblatt-Konferenz Sicherheitspolitik und Verteidigungsindustrie in Berlin. Und seit Jahren galt die Beteiligung aus der Leitungsebene des Verteidigungsministeriums, in der Regel des für Rüstung zuständigen Staatssekretärs, ebenso gesetzt wie eine hohe Generalsdichte. Mit dem einen oder anderen, wenn nicht allen Inspekteuren der Teilstreitkräfte oder ihren Vertretern.
In diesem Jahr sieht das auffällig anders aus. Niemand aus der Leitungsebene des BMVg, nicht mal eine Hand voll Generale. Sicherlich Mitarbeiter aus Referaten des Ministeriums und den nachgeordneten Behörden – aber fast keiner aus den Spitzenrängen (wenn ich zivile Top-Shots übersehen haben sollte, bitte ich um Nachsicht).
Das kann so viele Gründe haben; vielleicht fanden die das Programm dieses Jahr nicht so spannend. Aber ich würde doch eher vermuten, dass es mittlerweile eine gewisse Distanz gibt zwischen Militär/Ministerium und Industrie. Das sagt doch was.
Nachtrag: Höre jetzt aus dem Ministerium, dass es vielleicht auch ein bisschen am gewählten Termin liegen könnte. An der Bundestags-Sitzungswoche und den am (heutigen) Dienstag tagenden Fraktions-Arbeitsgruppen, Ausschussverpflichtungen und ähnlichem. Das mag ein Teil der Erklärung sein, für den so massiven Unterschied eher nicht.
Interessant, daß die Spitzen-Beamten und Militärs diesmal fehlen. Herr Wiegold haben sie beim Ministerium oder dem Handelsblatt deshalb mal nachgefragt, auch wenn wahrscheinlich nur Ausreden kommen würden?
Man spricht übereinander statt miteinander, wenn man an die Vorwürfe von VDL an die Rüstungsindustrie und die Erwiderung vom Airbus-Chef denkt. So eine Konferenz hätte man ja nutzen können, um übe die bestehenden Probleme zu reden.
Dabei stellt sich für mich die Frage, ob nicht das ganze Vorgehen der Ministerin falsch ist. Ob diese nicht als erstes die Rüstungsindustrie zu sich hätte einbestellen sollen zu Gesprächen oder wenn ihr dies ohne Gutachten nicht möglich war, warum das Gutachten als erstes Veröffentlicht wurde, statt sich mit der Rüstungsindustrie an einen Tisch zu setzen, wie man die Probleme lösen kann und dann z.B. mit Lösungsvorschlägen zur Ersatzteilkrise gemeinsam vor die Presse zu treten?
@ Closius.
Das mag sein und klingt vernünftig. Aber vdL war unter Druck, zudem stieg mit jedem Tag die Gefahr einer vorzeitigen Veröffentlichung des Berichts.
Zum Vergleich mit heute – wer war 2013 mit dabei?
Wieker, Freers, Domröse, Bentler, Kasdorf, Nielson, Müllner, Schimpf sowie Beemelmanns und Selhausen.
Dagegen ist 2014 zappenduster mit (erneut) Domröse, Wüstner, Kiesewetter und GL a.D. (!) Glatz – immerhin aber auch Altmeier, Steinmeier.
Ich glaube, dass der Vortrag des pensionierten Glatz nicht so richtig zu der avisierten Qualität der Konferenz passen mag. Wohl aber zeigt er auf, dass sonst keiner (der Aktiven) wollte/ durfte.
Schade, ein sicherheitspolitischer Diskurs wäre angesicht der „Weltlage“ umso nötiger gewesen!
Das Handelsblatt berichtet ausführlich heute über das Major Tom Interview im Cicero; da teilt er mächtig gegen das BMVg aus: „….Mit heftigen Worten kritisierte der Airbus-Chef die Strukturen und Arbeitsweise im Verteidigungsministerium: „Ich kenne keine Rüstungsbürokratie, die risiko- und verantwortungsscheuer agiert als die deutsche.“ Diese Haltung hat sich nach Ansicht von Enders „tief hineingefressen in die Verwaltung, die im Übrigen viel zu wenig kommuniziert mit dem militärischen Endkunden.“ (aus der Vorankündigung, das Interview wird erst am 23.Okt in der November Ausgabe des Cicero veröffentlicht) Angesichts solcher Presse und auch der BMVg-internen Vorgänge in Sachen Rüstung ist wahrscheinlich die Neigung im Leitungsbereich und in der „Generalität“ nicht sehr groß, sich an solch einer Konferenz gegenwärtig zu beteiligen.
Wenn die Sternchengruppe nicht mit der Regenbogengruppe…
Kommunikation und Kritikfähigkeit scheint ja nicht zu den Stärken unserer aktuellen Regierung zu gehören?!
Verteidigungsministerium:
Unsere Rüstungsindustrie muß gestärkt werden, vor allem in ihren Kernfähigkeiten Panzer und U-Boote.
Wirtschaftsministerium:
Rüstungsexporte werden genehmigt oder auch nicht. Berechenbarkeit? Fehlanzeige. Schadenersatz für „befohlene“ Vertragsbrüche? Schaun wir mal…
Verteidigungsministerium:
Entwicklung und Lieferzeiten von deutschen Rüstungsgütern dauern zu lange!
Rüstungsindustrie:
Wie wäre es dann mit internationalen und durchschaubaren Standards?
Verteidigungsministerium:
Mit dir rede ich nicht mehr!
Kann ja sein, daß ich die psychologische Strategie dahinter noch nicht durchschaut habe – aber ist diese Vorgehensweise tatsächlich zielführend?
@Foxy: Nein, die Vorgehensweise des Ministeriums ist nicht zielführend, sondern kontraproduktiv. Beide Seiten sind aufeinander angewiesen, deshalb sollte das Ministerium und die Rüstungsindustrie das Gespräch suchen.
Wenn die Ministerin glaubt, mit Rüstungskäufen im Ausland glücklich zu werden, wird sie bald ihr blaues Wunder erleben, daß auch aus dem Ausland nicht fehlerfrei oder termingerecht geliefert wird oder mit Mängeln(die fehlerhafte EF Fertigung ist in GB passiert, die USA haben auch große Probleme mit F 35 und mit F 22 mindestens lange gehabt) und beim Euro Hawk hatten die Zulassungsprobleme viel damit zu tun, daß die USA nicht die nötigen technischen Unterlagen und Einblicke gewähren wollte in ihre Technik.
Die Kritik vom Airbus Chef am Beschaffungswesen der BW ist sicherlich nicht ganz falsch, genauso wenig, wie die Kritik an der Rüstungsindustrie, aber dann wäre jetzt der Zeitpunkt spätestens sich an einen Tisch zu setzen zu Lösungen zu suchen und zu definieren, welche Rüstungskernbereiche auf jeden Fall Deutschland braucht und erhalten werden müssen.
@klabautermann: Für mich liest sich die Liste der Teilnehmer bei der Konferenz beim Handelsblatt wie ein Boykott durch das Ministerium. Kein einziger hoher Militär oder Beamter des Verteidigungsministerium nimmt an der Konferenz teil, obwohl es um Rüstungsindustrie oder Drohen geht. Domröse ist Nato-General und damit der Alibi-Bundeswehrgeneral, aber kein Vertreter des Ministeriums.
Alle anderen sind außer Dienst und der Chef des Bundeswehrverbandes nimmt als solcher teil.
Gerade für die Drohendiskussion hätte ich mir doch einen General oder Geschwaderkommodore der Luftwaffe gewünscht.
klabautermann | 14. Oktober 2014 – 13:48
Danke für den Hinweis auf das Interview im Cicero.
Was sagt man dazu? Einerseits hat Enders natürlich recht, andererseits sitzt er im Glashaus – da ist es mit Steinen halt schwierig.
Wird eigentlich auch seitens der Medien mal darüber nachgedacht, dass BMVg, Industrie und die Politik diesen Konflikt kooperativ lösen sollten? Im Sinne Deutschlands!
Ich bin da ganz bei Closius | 14. Oktober 2014 – 13:08.
@aufmerksam und @Closius
Was sollen denn BMVg Spitzen-Beamte oder -Soldaten denn bitte schön gegenwärtig öffentlich zu Protokoll geben ? Persönliche Meinungen ? Weder Gabriel noch UvdL haben zZt in Sachen „Sicherheitspolitik und Verteidigungsindustrie“ wirklich ein Konzept, ein gemeinsames schon gar nicht. Und Sicherheitspolitik ist die Domäne des AA, die ja auch kein Konzept haben außer den üblichen Phrasen wie „Europa“ und mehr „deutsches Engagement“, und außerdem noch in der demoskopisch-populistischen Findungsphase in Sachen deutsche Sicherheitspolitik verfangen sind. In solch einer politischen Gemengelage haben Generale sowieso einen Maulkorb und BMVg-Beamte auch, was bringt es also da hinzugehen. Das timing und das topic der Konferenz sind nicht besonders clever, das ist aber das Problem des Handelsblattes und nicht des BMVg.
@ klabautermann
Stimmt auffällig und trifft auf alle Konferenzen zu, die von Dritten zum Thema Sicherheitspolitik veranstaltet werden und an denen ´“BMVg und Bundeswehr“ als Vortragende gebucht sind. Meistens, und in der Regel, immer das Gleiche, das Bekannte und letztendlich doch nur das Redundante. Und wenn es wirklich mal was gäbe, dann nur „unter 3“.
@J.König
Da ich einige Jahre lang das „Vergnügen“ hatte, in Vertretung eines Inspekteurs oder StAL an solchen Konferenzen (auch aktiv als Vortragender) teilzunehmen, kann ich Ihnen versichern, dass selbst „unter 3“ nur Phrasen gedroschen werden ;-)
Otte, Wüstner und gleich Arnold sowie Lindner sind bei der IG Metall in der Bayr. Landesvertretung. Wüstner soll den Finger gerade tief in die
Wunde gelegt haben. Dort wird unter anderem vor vielen Betriebsräten der Rüstungsindustrie knackig diskutiert. Der parl. Sts Brauksiepe wird heute ebenso noch vortragen – kurz vor dem parl. Abend. Es ist nunmal nicht gut, wenn derartige Veranstaltungen gleichzeitig stattfinden. Was das Handlsblatt angeht, so hat bereits letztes Jahr das BMVg weitestgehend abgelehnt. Wie heißt es: sind ja immer die selben Typen/Themen. Und das Militär hat kein Verbot. Es hat schlichtweg kein Interesse.
@ klabautermann
Also lesen wir weiterhin (und schreiben ab und an) augengeradeaus.net.
Und es gab und gibt immer noch eine gängige Redewendung: „Aber beziehen Sie sich nicht auf mich und nennen Sie auf keinem Fall nicht meinen Namen“. Oder hat sich was geändert?
augengeradeaus.net, das Cyberspace Offizierskasino – oh,oh wenn das der Hausherr hört ;-)
@J. König
Jeder Journalist weiß, dass ein “Aber beziehen Sie sich nicht auf mich und nennen Sie auf keinem Fall nicht meinen Namen” in der Konferenzpause nur die Einleitung zu nicht verwertbaren, weil nicht verifizierbaren, Informationen ist. Wir leiden seit einiger Zeit unter einer Konferenz-Schwemme – nicht nur in Deutschland sondern quasi weltweit – wobei der Mehrwert solcher Veranstaltungen immer mehr gegen Null tendiert. Natürlich hat @viva recht, dass das „Militär“ kein Redeverbot hat, allerdings kann sich das Militär nicht politisch äußern, sondern nur rein fachlich, aber da die Politiker ja schon auf der Toilettenpapier-Beschaffungsebene angekommen sind, wird selbst eine rein fachliche Aussage immer schwieriger ;-)
In diesem Kontext mal ganz „alt & naiv“ gefragt: Was treibt eigentlich die Rüstungs-/Beschaffungs-StS’in aktuell so ? Wäre eine Teilnahme der Frau Dr. Suder (und sei es nur als „normale Teilnehmerin“) an der HB-Konferenz nicht „irgendwie“ doch ganz sinnvoll gewesen ?
@Etienne Rheindahlen: Hätte ein Pflichttermin für Frau Dr. Suder sein müssen, gerade da sie noch nicht lange im Amt ist. Und eine Diskussion zwischen ihr und Herr Enders hätte interessant werden können. Leinder kenne ich ihren Terminkalender nicht, aber da steht bestimmt nichts wichtigeres drin.
Aber noch wichtiger hätte ich Hintergrundgespräche zwischen ihr und den Vertretern der Rüstungsindustrie gehalten.
Ich kann mir ihre Abwesenheit und die Abwesenheit aller anderen Verantwortlichen für das Rüstungs- und Beschaffungswesens nur mit einem Boykott erklären, um sich keine Kritik anhören zu müssen.
Und wegen dem Nachtrag. Ich habe nichts davon gehört, daß die Herren Generale morgen vor den Verteidigungsausschuß müssen und dieser tagt ja erst morgen.
@Bang 50 wieso nicht da dass Offizierskasino häufig nur noch ein Schattendasein führt, neue Ideen aber ein Forum der Diskussion benötigen drängt sich dieser Blog fast auf. Auch wenn es wohl nicht im Sinne des Erfinders ist
„augengeradeaus.net, das Cyberspace Offizierskasino – oh,oh wenn das der Hausherr hört ;-)“
fehlt doch nur noch die schaumweinordonannz und das leicht abgewohnte Ambiente und es passt ;-)
Wo gibt es denn noch ein reines Offzheim?
Wo gibt es denn noch Ordonnanzen?
@ crm-moderator
In List gab es zu meiner zeit ca. 2006 noch eins. Schön auf dem Hügel mit Blick aufs Watt.
Ordonnanzen konnte man auch noch requirieren.
ist ohne Wehpflichtige vermutlich schwieriger
2006… Wann war das denn?
Vermutlich schwieriger…. soso…
LOL
„2006… Wann war das denn?“
häh?
Vor wie vielen Reformen war denn 2006?
Zur klaren Einordnung: diese Konferenz ist weder ein Event der Bundeswehr noch des Verteidigungsministeriums. Sie ist aber auch keine Veranstaltung det Industrie (anders als etwa die BDSV-Strategiekonferenz). Die Tagung ist eine Geldverdienaktion des Handelsblattes bzw. dessen Eventmanagementgesellschaft!
Die Teilnahmegebühr für Industrieteilnehmer liegt bei über 2500 Euro inkl. Steuer für die zwei Tage. Enders werden sie kaum blechen lassen. Dafür ist er zu bedeutend und zu anziehend auf die potenziellen Teilnehmer. Für einen Mittelstandsgeschäftsführer ist das zu teuer und bringt gar nichts. Konzernbereichsvorstände Können sich das schon eher leisten und dürfen so im Plenum oder auf dem Podium ihr Etompflegrn.
Aber ich kann absolut verstehen, dass da allseits immer geringerer Antrieb herrscht, hinzugehen. Diese Konferenzen sterben aus. Und sie werden nicht fehlen. (Der Behördenspiegel hat auch so ein Teil im Angebot, das ist noch schlechter.)
ah ok
so gesehen quasi an der Perm-Trias Grenze der BW Zeitrechnung ;)
Darf ich Fragen:
Seit 2006 mal wieder einen O-Club dienstlich von innen gesehen?
ich bin seit 2007 nicht mehr aktiv
sind die Oheime in toto aufgelöst worden?
wo soll das esprit du corps eigentlich noch herkommen?
aus den Offz Bataillonen? hust….
Das ist mittlerweile alles Combined/Joined whatsoever….
All Ranks Clubs triffts wohl am Besten.
versuche mir gerade den panzeraufklärungsoffizier klassischer prägung bei der soiree im „all ranks club“ mit diversen mannschafterarchetypen vorzustellen….
Gibts für die vorher noch mal Stil und Form Unterricht?
;-)
(oder Gen. Trull. das wäre filmreif.)
Ich weiß nicht ob es flächendeckend kombiniert ist oder sein soll. In meinem Beritt ist es jedenfalls so.
http://www.hbg.de/index.php?article_id=4
Ist „Triogebäude“ das richtige Wort?
Das Forum wirds wissen….
P.S.: Nicht böse gemeint mit der Nachfrage nach dem letzten „offiziellen“ Offizierclubbesuch. Aber ich versuche mir auch ein Bild zu machen, wer/wann hier im Forum noch aktiv war. Das soll jetzt nicht Kompetenzen absprechen, aber manchmal habe ich das Gefühl, hier wird von „verschiedenen“ Bundeswehren berichtet. Damit meine ich jetzt nicht sie persönlich. Reiner Zufall.
@CRM-Moderator
Es gibt noch reine Offizierheime – sind aller heutzutage eine Randerscheinung, insbesondere nach dem Beemelmannserlass.
Tendenziell sind eher OHG/UHG susioniert und für alle offen oder das Triogebäude hat schon zugeschlagen.
Wenn es dumm läuft, gibt es dann gar keine Betreuung mehr am Standort, weil es sich für einen Pächter nicht lohnt und auch sonst ein Betrieb nicht sinnvoll möglich ist.
@CRM-Moderator:
OHG Idar-Oberstein, Barbararing/Friedrichstraße zwischen der Rilchenberg- und Klotzbergkaserne gelegen.
Da ich nicht zur Zielgruppe gehöre bin ich da bisher nur immer mal wieder zusammen mit irgendwelchen Portepeeunteroffizieren vorbeigefahren.
http://www.ohg-idar-oberstein.de/
-> Sts’in Dr. Suder – Das immer gleich an Boykott gedacht wird, schon mal darüber nachgedacht, dass Mensch krank sein kann?
-> Präsenz Verteidigungsausschuss – Wer kennt denn da die Anwesenheitslisten nicht. Dann heute einfach schauen, wer anwesend war!
-> OHG – Ein Blick in die Julius-Leber-Kaserne von Berlin werfen. Schönes, alleinstehendes Gebäude. UHG und Mannheim sind zwar in einem Gebäudekomplex untergebracht, aber räumlich doch weit von einander getrennt.
Na solange das in Berlin noch so schön „ordentlich“ ist, dann ist ja alles in Butter.
Leider übersieht man nur leicht die Realität in der Provinz. Denn Provinz ist – bzgl. Bw – überall… ;)
http://www.kita.de/kita/40152
So. Genug. Sonst gehts ins Bällebad.