Die neuen Player in der Rüstungspolitik: Suder, Scherf, Zimmer – und Gabriel
Für die, die am Wochenende – vernünftigerweise – den Computer ausgeschaltet ließen, zum Wochenbeginn als kurzer Überblick: Mit Beginn des Monats August sind im Verteidigungsministerium die Weichen für die deutsche Rüstungspolitik neu gestellt worden: Die Staatssekretärin Katrin Suder, der neu eingerichtete Beauftragte für die strategische Steuerung nationaler und internationaler Rüstungsaktivitäten der Bundeswehr, Gundbert Scherf und der Abteilungsleiter Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (AIN), Generalmajor Benedikt Zimmer haben am vergangenen Freitag ihr Amt angetreten. Und: Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, neben seiner originären Aufgabe für die Wirtschaftspolitik auch für Waffen- und Rüstungsexporte zuständig, will sich mit den Betriebsräten von Rüstungsunternehmen zusammensetzen.
Die neue Staatssekretärin (Foto oben links), bisher Direktorin bei der BeratungsfirmaMcKinsey, wird – anders als ihre Vorgänger – gezielt für Rüstungs- und Beschaffungspolitik zuständig sein; im angelsächsischen Sprachraum würde man von einer under secretary for procurement sprechen. Ihre Aufgaben nach der Weisung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen:
Frau Staatssekretärin Dr. Suder wird die Abteilung Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung unmittelbar unterstellt.
Zudem ist sie zuständig für die Angelegenheiten der Abteilung Planung. In diesem Aufgabenbereich ist ihr der Generalinspekteur der Bundeswehr als Vorgesetzter der Abteilung Planung zugeordnet.
Allerdings, als kleine Abweichung, erhält sie auf Staatssekretärsebene auch etwas Zuständigkeit für die Abteilung Politik, die sonst, um mal im Berater-Jargon zu sprechen, direkt an die Ministerin berichtet:
Unbeschadet der fachlichen und funktionalen Aufgaben in ihren eigenen Zuständigkeitsbereichen, nimmt Frau Staatssekretärin Dr. Suder die funktionalen Aufgaben eines Staatssekretärs, wie die Wahrnehmung von Staatssekretärausschüssen, Staatssekretärrunden beziehungsweise Besprechungen auf Staatssekretärebene, für die Abteilung Politik und Herr Staatssekretär Hoofe die funktionalen Aufgaben eines Staatssekretärs für die Abteilung Führung Streitkräfte und die Abteilung Strategie und Einsatz wahr.
An die Seite der Staatssekretärin auf der neu geschaffenen Stelle des Beauftragten für die strategische Steuerung nationaler und internationaler Rüstungsaktivitäten der Bundeswehr tritt ihr bisheriger McKinsey-Kollege Gundbert Scherf. Aus dem Erlass von Staatsekretär Hoofe:
Mit Übernahme seiner Dienstgeschäfte im BMVg setze ich mit sofortiger Wirkung Dr. Gundbert Scherf als “Beauftragten für die strategische Steuerung nationaler und internationaler Rüstungsaktivitäten der Bundeswehr” ein.
Der Beauftragte ist Staatssekretärin Dr. Suder unterstellt.Zur Umsetzung seines Auftrags wird ihm das Controllingreferat der Abteilung Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung direkt zuarbeiten. Er hat gegenüber dem Controllingreferat im Rahmen seiner Zuständigkeiten Weisungsrecht.
Der neue Abteilungsleiter AIN, Generalmajor Benedikt Zimmer, ist in der Geschichte des Verteidigungsministeriums – wenn ich nichts übersehen habe – der erste Soldat auf dem Dienstposten der für die Beschaffung zuständigen Abteilung. Dieses Novum wird die Wächter der strikten Trennung von Streitkräften und ziviler Verwaltung auf die Palme bringen; allerdings folgt es der Linie des Ministeriums, dass eine Position sowohl mit einem Zivilisten wie mit einem Soldaten besetzt werden kann. Praktisch interessant wird die Frage, ob und wie sich ein Offizier mit Einsatzerfahrung an dieser für den Bedarf der Truppe entscheidenden Position auswirkt.
Das sind die Neuordnungen im BMVg – aber mittelbar wird sich auch der Einfluss des Wirtschaftsministers bemerkbar machen. Denn der vertritt, schon seit Amtsantritt, eine deutlich restriktivere Haltung zu Rüstungsexporten als sein Vorgänger. Was das für die deutschen Rüstungsunternehmen bedeutet, will Gabriel am 19. August in einem Gespräch den Betriebsräten dieser Firmen erläutern.
Und da kommen die drei neuen Amtsinhaber im Verteidigungsministerium und der Bundeswirtschaftsminister als die künftigen Player der deutschen Rüstungspolitik zusammen. Denn Gabriel wird als Wirtschaftsminister (jenseits der Zuständigkeit für Rüstungsexporte) auch im Auge behalten wollen (und müssen), was aus deutscher Sicht an Expertise, Entwicklungskapazitäten und Wirtschaftskraft bei deutschen Rüstungsunternehmen unbedingt erhalten werden muss. Da wird er eng mit dem Verteidigungsministerium zusammenarbeiten müssen – denn das Wehrressort muss in erster Linie definieren, was aus verteidigungspolitischer Sicht deutsche rüstungstechnische Kernfähigkeiten sind. Interessant wird ja da zu gucken, wie der Beauftragte für die Steuerung der Rüstungsaktivitäten aus dem CDU-geführten Verteidigungsministerium mit dem SPD-geführten Wirtschaftsministerium und dessen Koordinatorin für die Luft- und Raumfahrt und dem Koordinator für die maritime Wirtschaft zusammen- und klarkommt. Denn die müssen sich irgendwie einigen.
Nachtrag (wie in einigen Kommentaren in anderen Threads schon erwähnt): Gabriel und sein Ministerium sind auch zu harten Schritten bereit – die (Rest)Lieferung eines Gefechtsübungszentrums für die russische Armee von Rheinmetall wurde nun endgültig gestoppt, die Ausfuhrgenehmigung widerrufen, wie die Süddeutsche Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht) am (heutigen) Montag berichtet. Damit geht der Wirtschaftsminister bzw. die Bundesregierung über die in der EU vereinbarten Sanktionen hinaus, die ja nur neue Verträge für Waffen- und Rüstungslieferungenuntersagen, und nimmt auch mögliche Regressforderungen des Unternehmens in Kauf. Interessant ist, dass die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums noch am vergangenen Mittwoch bei der Frage nach Widerruf der Exportgenehmigung und möglichen Regresskosten ziemlich rumgeeiert hat; den endgültigen Stopp nur einen Tag später teilte das Ressort dann nicht etwa von sich aus mit, sondern ließ sich den über eine Anfrage der Linkspartei entlocken.
Nachtrag zum Nachtrag: So klar scheint das mit dem Lieferstopp nicht zu sein.
(Foto: Staatsekretärin Katrin Suder, links, mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen – Bundeswehr/Gubner)
Bevor dieser sehr interessante Kommentar keine Beachtung mehr findet hier ein Hinweis:
http://augengeradeaus.net/2014/08/mckinsey-frau-tritt-amt-als-staatssekretaerin-im-bmvg-an-umgliederung-an-der-spitze/comment-page-1/#comment-142795
Die Abläufe werden wohl immer chaotischer.
Zusätzliches Beispiel aus obigem Text:
Sts Suder ist nicht für Pol zuständig vertritt das Thema jedoch auf Sts-Ebene – nach außen!
Die Ministerin hat sich Pol direkt unterstellt, aber Pol legt keine alternativen Ansichten zu Leitungsvorlagen vor.
Zudem gibt es weiterhin unklare Zuständigkeiten zwischen Pol und AIN bei der intern. Rüstungskooperation.
Das ist doch alles systematisiert es Dauerchaos.
Die Auswirkungen auf der Arbeitsebene sind erheblich.
Daher: Genug zu tun für die neue Sts.
Schau mer mal.
Nun ja, jetzt gibt es ja keine „Ausreden“ mehr.
Alle Posten sind qualifiziert besetzt, funktionale und repräsentative Zuständigkeiten sind verteilt, dann kann das Chaos-Management ja nun beginnen.
However, nur Genies beherrschen das Chaos ;-)
Ich freue mich auf die nächsten Jahre.
Denn ich habe die Hoffnung, dass das ganze endlich zügig an die Wand gefahren wird. Und dann das ganze rumgedoktere aufhört.
Suder und Scherf können sich ja als erstes Thema den inhärenten (rüstungsplanerischen) Widerspruch zwischen „Breite vor Tiefe“ und „Pooling&Sharing“ vom GenInsp auseinanderklamüsern lassen ;-)
Memoria
Wünschen wir den „Betroffenen“ doch erst einmal viel Glück. Ansonsten stimme ich dem „Schau mer mal“ zu.
Wie lange wollen wir denn „mal schauen“?
Hier ist doch ein Wettkampf im Gange, welches Ministerium die mil. Fähigkeiten dieses Landes (falls noch vorhanden) als erstes beerdigt hat – BMVg durch Planungs- und Beschaffungschaos oder BMWi durch Zerstörung der Rüstungsindustrie?
Die Weichen für einen Neuanfang sind damit gestellt. Es bleibt die Hoffnung, dass die Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte nun grundlegend behoben werden. Es bleibt aber auch die Befürchtung, dass Deutschlands Verteidigungsfähigkeit vollends verloren geht und wir gezwungen werden könnten, uns fremdbestimmten Normen, Werten und Lebensweisen unterzuordnen.
In der Welt wird ein Claqueur Putins mit folgenden Worten zitiert: „Europa wird Russland auf Knien um Verzeihung bitten“. Klare Ansage.
Weiter wird berichtet, dass die russische Propaganda die dortige Heimatfront auf Konfrontationskurs einschwört.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen: Die geopolitische Lage hat sich grundlegend geändert. Vom Ende der Geschichte kann keine Rede mehr sein, die hässliche Fratze einer existentiellen Bedrohung für unser Staatswesen mit unseren Normen und Werten ist wieder am Horizont des Möglichen erschienen. Neben einer potentiellen staatlich organisierten Bedrohung durch Russland sind zusätzlich die Fundamentalisten in Afrika und Asien auf dem Horizont sicherheitspolitischer Bedrohungen stärker in Erscheinung getreten.
Nicht vergessen darf man die Erosion unserer eigenen Verteidigungsbündnisse. Die Franzosen haben wir 2011 im Stich gelassen, den USA haben wir 2014 vors Schienbein getreten, mit Japan hatten wir auch schon mal bessere Beziehungen und die Engländer denken bereits offen über einen EU-Austritt nach. Deutschland verliert gerade seine sicherheitspolitisch relevanten Freunde. In Ländern wie Polen erschaudert man immer noch über die skrupellose Nonchalance, mit der Deutschlands Außenminister mit Russland über die Ukraine hinweg verhandeln wollte. Böse Erinnerungen an diverse Teilungen und Packte wurden wieder wach, bei denen die Länder zwischen Russland und Deutschland immer den Kürzeren gezogen haben. (http://de.wikipedia.org/wiki/Teilungen_Polens ¸ http://de.wikipedia.org/wiki/Vierte_Teilung_Polens )
Bei dieser geopolitischen Rahmenbedingung wurden nun entscheidende Posten nicht mit Strategen, sondern mit Unternehmensberatern und Erbsenzählern besetzt. An entscheidenden Positionen sitzen also Personen, denen es an Sachkunde bei sicherheitspolitischer Strategie fehlt.
Auch eine Armee und Landesverteidigung sollten allokativ effizient organisiert werden, dafür braucht es Erbsenzähler. Nur ist dies ein nachrangiges Ziel, dass dem Sinn und Zweck von Streitkräften, z.B. der Mitwirkung an der Organisation von Frieden, Stabilität und äußerer Sicherheit, immer untergeordnet sein muss. Die Fähigkeit zur Landesverteidigung wegzurationalisieren, erscheint mir da wenig klug.
Ich fürchte, wir haben sicherheitspolitisch eine gefährlicher werdende offene Flanke. Und Putin und die Strippenzieher des Islamismus haben sie bereits zielsicher lokalisiert.
@sun Tzu
Danke!
Hmm, dabei würde mir kein Krieg einfallen, der jemals durch die ineffizientere/effektivere Armee gewonnen wurde. In dieser Perspektive sind Taliban und Co. echte Effizienzwunder
Faktoreinsatz: Ak47, RPG-7, Sandalen, IED, Menschen
Output: Multimilliarden sunken costs des Westens + soziale Folgekosten durch verwundete/getötete Soldaten.
Jap, die Taliban haben es uns so richtig gezeigt wie man effizient Krieg macht.
@Sun Tzu & Bang50:
+1 ★★★
@ Bang50 | 04. August 2014 – 13:45
Es ist wohl eine in DL verloren gegangene Erkenntnis, dass ein Irregulaerer (Guerilla) sieben Regulaere (Soldaten des Gegners) bindet. Texas 1829, Nicaragua 1930, Russland & Jugoslavien 1943, Burma 1942, VietNam 1963, Afghanistan 1975 usw usw
@ Sun Tzu | 04. August 2014 – 11:41
Ihr Lagebild teile ich nicht. Ich darf es gar nicht.
Insbesondere Ihre Aussagen zu Polen sind schlichtweg unwahr. Keine relevanten Polnischen Politischen Kreise -auch die konservativen um Jarosław Kaczyński nicht- würden Ihre Lageeinschätzung teilen. Im Gegenteil setzte man auf Steinmeier als man die Polnische Minorität in Bedrängnis sah, und als man hoffte eine Lösung für die causa Janukowitsch zu finden (die man gemeinsam mit ihm und Frankreich auf Forderung des demokratischen Teils der MAIDAN-Demonstranten auch fand, aber von anderer Seite her hinweggefegt wurde) und man respektiert auch weiterhin sein Tun. Man ist aus geschichtlich sehr nachvollziehbaren Gründen eben nur etwas weniger bereit die USA aus europäischen Angelegenheiten herauszuhalten.
Zu den USA: Obama hat gesagt, dass es auf internationaler Ebene keine Freunde sondern nur Partner gibt. Jetzt muss er eben damit leben.
Zu UK: UK hat sich schon seit der Post-Jugoslawien-Ära aus Europa wirtschaftlich wie sicherheitspolitisch verabschiedet. Und zum EU-Austritt wird man in London insbesondere nach erfolgreichem Selbständigkeits-Referendum der Schotten -was momentan unentschieden steht- hoffentlich ein paar Antworten finden.
zu FRA: Das Verhältnis zu FRA muss sukzessive verbessert werden. Ja, ein Dauerauftrag.
In der Welt wird … zitiert: Kannten Sie Nikolaj Pisarewski (Писаревский Николай Дмитриевич) denn vor der Zitation in der Welt? Haben Se sich mal die Mühe gemacht, den Ursprung des Zitats herauszufinden und Person wie Zitat unter Relevanzkriterien zu korrelieren?
Wie dem auch sei: Deutschland hat in diesem Spiel am meisten zu verlieren. Das weiß man, übrigens schätzt das kaum einer sachlich fundierter ein als Radosław Sikorski, und respektiert man auch.
Böse Erinnerungen an diverse Teilungen und Packte wurden wieder wach, …
Woher auch immer Sie das zu haben glauben: nein. Und wenn Steinmeier nach Moskau fliegt, denkt auch niemand an Ribbentrop, auch wenn das hier im Forum immer gern hergeleitet wird, um Steinmeier, oder wahlweise denjenigen hier im Forum, der den Dialog mit Moskau anmahnt, zu diskreditieren.
@MikeMolto:
Die Liste ließe sich beliebig verlängern (Teutoburger Wald, Jüdische Aufstände gegen Rom, 1813-1815, etc.) nur leider hat die Gegenseite in den letzten Jahren deutlich mehr dazu gelernt als die Bundeswehr.
Die Gegner von morgen werden wohl nicht nur mit AK-47, RPG-7 und vergleichsweise ineffektiven IEDs antreten. Wohin die Reise geht sieht man in Syrien, Irak, Libyen, Ostukraine, ansatzweise auch in Mali und RCA.
Aber in der Planung und Rüstung der Bundeswehr denkt man ja zumeist noch in den Kategorien Stabilisierungs- vs. Eingreifoperation.Leider oftmals verkürzt zu ISAF vs. Kalter Krieg.
Hier fehlt es an erheblicher intellektueller Grundlagenarbeit, aber wenn hierzu schon vom GI keine Impulse kommen (obwohl in der KdB zukunftsweisendes steht), wie sollen dann die neuen „Player“ hier Impulse geben?
Diese Diskussionen sind überfällig und enorm relevant für die gesamte Streitkräfteplanung und Beschaffung.
Mal sehen, ob für derlei die neuen Player Interesse und Verständnis haben („Benchmark muss der Krieg von morgen sein…“).
@ Memoria | 04. August 2014 – 18:47
… nur leider hat die Gegenseite in den letzten Jahren deutlich mehr dazu gelernt als die Bundeswehr.
Wir wissen hier alle wie schwer es ist unter Beachtung des Völkerrechts (eigentliche bzw. unkenntliche) Kombatanten zu bekämpfen, die selbst keinerlei Regel einzuhalten bereit sind. Das sollte man in der Bewertung von „Fähigkeiten“ nicht ganz wegdividieren, oder?
@Memoria
„Die Gegner von morgen werden wohl nicht nur mit AK-47, RPG-7 und vergleichsweise ineffektiven IEDs antreten. Wohin die Reise geht sieht man in Syrien, Irak, Libyen, Ostukraine, ansatzweise auch in Mali und RCA.“
Ich denke, dass diese angesprochene Entwicklung weit weniger „problematisch“ ist, als die „primitive“ Form mit AK und RPG. Erfolgreich ist diese Aufrüstung eigentlich nur dann, wenn der Konflikt symmetrisch Vorteile für die Gegenseite hat. Das ist eigentlich nur bei Failed States der Fall, denn einen intakten Staat symmetrisch anzugehen, ist sonst eher Unsinn in derartigen Konflikten. Im Irak und in der Ukraine ist die Lage nur deshalb so problematisch, weil die Staatsgewalt nicht mehr ausreichend vorhanden ist. In einem hypothetischen Konflikt mit geordneten Militäreinheiten und funktionierender Führung, wäre die Lage eine andere.
Sicher kann es nicht schaden die Grauzone zwischen Asymmetrie und Symmetrie zu Analysieren und zu Bewerten. Aber ich denke nicht, dass für symmetrischere asymmetrische Situationen andere Ausrüstung erforderlich wäre, ehr vielleicht ein Mix der Extreme. Andere Herangehensweise durch Politik und mil. Führung wären wahrscheinlich nötig, aber nicht andere Hardware.
@drd
Es geht wohl um asymmetrische Konflikte (bzw. eine irreguläre Gegenpartei), die aber zunehmend Fähigkeiten regulärer Kräfte hat.
Ich hatte hierzu schon ‚mal eine Liste geschrieben, ich glaube im Bällebad.
„In einem hypothetischen Konflikt mit geordneten Militäreinheiten und funktionierender Führung, wäre die Lage eine andere.“
….und da es dann ein hypothetischer Konflikt wäre, bleibt er hypothetisch.
Symmetrische Bewaffnete Konflikt beinhalten meist auch immer eine asymmetrische Komponente und so benötigt man immer einen Mix. Der Kriegsgegner wird immer versuchen einen Vorteil zu gewinnen und somit werden am Ende fast alle symmetrischen Konflikte zu Asymmetrischen.
@ Sachlicher | 04. August 2014 – 18:35
qu‘ @ Sun Tzu | 04. August 2014 – 11:41
Ihr Lagebild teile ich nicht. Ich darf es gar nicht. unqu‘
Das erscheint mir fast wie meine lieblingsfeindliche polit- Formel “ undenkbar“.
Wenn Sie ein Lagebild nicht teilen duerfen haengt irgend etwas in Ihrer Auffassung bzw bei dem, der Ihnen die Akzeptanz verbietet, schief. ‚Undenkbar‘ und ’nicht zur Kenntnis nehmen‘ sind typische Erscheinungsformen einer satten Politkaste.
Ich habe durch polnische Kontakte in USA/CAN sehr wohl die bei uns unausgesprochenen Befuerchtungen wegen einer neuen Liebe RUS/DL mitbekommen.
Und was die derzeitige deutsche Regierung an Steinmeierei bzw Merkelei in Ost und West zum Erstaunen und zur Verbitterung unser Verbuendeten leistet und nur leisten koennen, die Defizite der Bw sind kein DL Geheimnis, ist wohl offensichtlich: Hohle Worte mit wenig Substanz – wo soll die auch herkommen???
Zum Thema sehe man bitte in den neuesten „Griephan“ 32-35/14 – 50. Jahrgang 04. August 2014
Planung & Rüstung
(Zitat) Wir werden nach der redaktionellen Sommerpause (siehe blauen Kasten rechts unten) mehr berichten können. Bei Redaktionsschluss lag uns der Erlass zur Neuordnung des Berichtsstrangs der Abteilung Planung – künftig unter Generalmajor Erhard Bühler(griephan 28/14) – noch nicht vor. Wenn wir richtig zugehört haben, geht es um direkte und gestrichelte Linien. Mit dem Antritt von Dr. Katrin Suderals BMVg-Staatssekretärin für Rüstung kann sich was ändern. Fangen wir vorn an: ….“
Als weitere hochinteressante Tops werden benannt:
• Aufräumen & Gestalten: Innovatives Gestalten des Planungsprozesses und energisches Aufräumen des Beschaffungsprozesses.
• Die eigentliche Agenda
• Der Rüstungsprozess muss neu aufgestellt werden. ■
• Die Wucht der Wirtschaftskraft
• Relevanz der Exporte
• Der Export von Kriegswaffen aus Deutschland ist politisch relevant aber keine wirtschaftliche Größe! Dies sieht im Falle von Paris und London völlig anders aus.
• Beschaffungs- und Investitionstitel 2015 im Epl. 14 (Verteidigung), letzter Teil (griephan 31/14)
o Militärische Beschaffungen
• 554 15 Beschaffung des Waffensystems Unterstützungshubschrauber …..
• 554 16 Beschaffung NATO-Hubschrauber NH90 …..
• 554 18 Beschaffung des Großraumtransportflugzeuges A400M …..
• 554 20 Beschaffung Schützenpanzer Puma …..
• Bewilligungen im Rahmen der Mitgliedschaft zur NATO und zu anderen internationalen Organisationen
• Träger Europa : Dies wäre die Gelegenheit! Der französische Präsident Hollande hat zu verstehen gegeben, dass der zweite Hubschrauberträger der Mistral-Klasse, der für Russland vorgesehen war, möglicherweise nicht geliefert wird. ….Warum stellt Brüssel die Ernsthaftigkeit bei der kollektiven Wahrnehmung gemeinsamer Interessen nicht durch die Übernahme des Hubschrauberträgers mit dem Namen Europaunter Beweis? … Berlin könnte anbieten, die maritime Plattform zu bereedern. Ein gemeinsamer Hubschrauber-Verband käme hinzu. Was spricht dagegen? Wo ein Wille ist, …
@ Sachlicher | 04. August 2014 – 18:35
Zitat : „Ihr Lagebild teile ich nicht. Ich darf es gar nicht.“
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Sie zeigen – wohl eher unfreiwillig- einige der großen Probleme der deutschen Politik auf. Die Tatsache, dass es in der deutschen Politik wieder Denkverbote gibt („Ich darf es gar nicht.“) ist ein Alarmsignal, das man in einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht überhören darf. Gerade das durchdenken des Undenkbaren ist ein komparativer Vorteil freier Systeme. Die lähmende Muffigkeit von Denkverboten hatten wir eigentlich mit der DDR abgeschafft. Wenn etwas nicht gedacht werden darf, dann befindet man sich bereits auf einer gefährlichen Rutschbahn.
Zitat: „Insbesondere Ihre Aussagen zu Polen sind schlichtweg unwahr.“
Nun, diese Befürchtung wurde mir gegenüber von mehreren respektablen Persönlichkeiten geäußert. In der faktischen Politik sieht man ja bereits, dass es bei den östlichen Nato-Partnern eine eklatante Hinwendung zu den USA gibt. Eigentlich ist schon das ein Armutszeugnis für Deutschland. Statt sich vertrauensvoll an Deutschland zu wenden, schaut man lieber über den Atlantik und ist dort zu großen Zugeständnissen bereit.
Zitat: „Keine relevanten Polnischen Politischen Kreise -auch die konservativen um Jarosław Kaczyński nicht- würden Ihre Lageeinschätzung teilen.“
Ich fürchte eher, man weiß, was die Deutschen offiziell hören wollen und liefert ihnen, was gewünscht wird. Die Osteuropäer haben Angst, und da tun sie alles, um sich auch Deutschland gewogen zu halten. Wirkliche Track II diplomacy scheint man in Deutschland ja nicht mehr zu beherrschen, erfährt so offenbar nicht mehr, was ehrlich und authentisch gedacht wird. Schon den Menschenschlag, den man dafür braucht, findet man leider bei deutschen Verantwortlichen immer seltener.
Zitat: „Im Gegenteil setzte man auf Steinmeier als man die Polnische Minorität in Bedrängnis sah, und als man hoffte eine Lösung für die causa Janukowitsch zu finden (die man gemeinsam mit ihm und Frankreich auf Forderung des demokratischen Teils der MAIDAN-Demonstranten auch fand, aber von anderer Seite her hinweggefegt wurde) und man respektiert auch weiterhin sein Tun.“
Und!? Wir wissen alle, wie das Spiel ausgegangen ist. Erst einen auf dicke Hose machen, und als es dann zur Sache kommt, nichts als Eunuchen, die nichts gebacken bekommen … Und da wundert man sich in Deutschland wirklich, dass die anderen sich potentere Partner suchen???
Zitat: „Man ist aus geschichtlich sehr nachvollziehbaren Gründen eben nur etwas weniger bereit die USA aus europäischen Angelegenheiten herauszuhalten.“
Wäre Deutschland klug, würde man Seite an Seite mit den USA, Kanada, Australien usw. an einer Lösung des Problems arbeiten. Denn dieses Problem wäre selbst dann für Europa ein paar Nummern zu groß, wenn Europa eine funktionierende Außen- und Sicherheitspolitik hätte. Aber offenbar hat man den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt.
Zitat: „Zu den USA: Obama hat gesagt, dass es auf internationaler Ebene keine Freunde sondern nur Partner gibt. Jetzt muss er eben damit leben.“
Schon wieder haben Sie Deutschlands mittelmäßig bedeutungslosen Platz in dieser Welt nicht erkannt. Die USA brauchen Deutschland nicht, wir brauchen aber sehr wohl die USA, wenn wir unsere Normen, Werte und vielleicht noch unsere Wohlstand behalten wollen.
Zitat: „Zu UK: UK hat sich schon seit der Post-Jugoslawien-Ära aus Europa wirtschaftlich wie sicherheitspolitisch verabschiedet. Und zum EU-Austritt wird man in London insbesondere nach erfolgreichem Selbständigkeits-Referendum der Schotten -was momentan unentschieden steht- hoffentlich ein paar Antworten finden.“
Und schon wieder: Wir haben ein vitales Interesse an intakten Beziehungen zu England. Diese deutsch- selbstgefällige „pähh, geht doch alle“ Grundhaltung, die bei Ihnen zwischen den Zeilen durchscheint, ist hoch gefährlich für Deutschland. Zuletzt gab es das in Deutschland, als die Erben Bismarcks das Bismarck’sche Bündnissystem zerdepperten und damit zum Totengräber einer damals langen Periode des Friedens in Europa wurden.
Zitat: „zu FRA: Das Verhältnis zu FRA muss sukzessive verbessert werden. Ja, ein Dauerauftrag.“
Wenigstens erkennen Sie zwischen den Zeilen an, dass am deutsch-französischen Verhältnis was nicht mehr stimmt. Die deutsch-französische Achse war mal das Rückgrat der europäischen Integration. Wir hatten mal ein wesentlich besseres Verhältnis zu Frankreich. Die aktuelle Politiker- und Diplomatengeneration hat hier vollkommen unnötig ziemlich viel zerdeppert.
Zitat: „In der Welt wird … zitiert: Kannten Sie Nikolaj Pisarewski (Писаревский Николай Дмитриевич) denn vor der Zitation in der Welt? Haben Se sich mal die Mühe gemacht, den Ursprung des Zitats herauszufinden und Person wie Zitat unter Relevanzkriterien zu korrelieren?“
Putins Propagandaabteilung beherrscht ihren Job. Natürlich nimmt man für einen Testballon nicht den Zaren persönlich. Das schlimme ist nur: Es kommt in Russland prima an. Die Aufhetzung ist offenbar schon weiter fortgeschritten, als das bei unseren Verantwortlichen angekommen ist.
Zitat: „Wie dem auch sei: Deutschland hat in diesem Spiel am meisten zu verlieren.“
Endlich kann ich Ihnen mal zustimmen!
Zitat: „Böse Erinnerungen an diverse Teilungen und Packte wurden wieder wach, …
Woher auch immer Sie das zu haben glauben: nein. Und wenn Steinmeier nach Moskau fliegt, denkt auch niemand an Ribbentrop, auch wenn das hier im Forum immer gern hergeleitet wird, um Steinmeier, oder wahlweise denjenigen hier im Forum, der den Dialog mit Moskau anmahnt, zu diskreditieren.“
Was die Menschen in den verschiedenen Ländern der Welt worüber denken, bestimmen diese meist selbst. Die Tatsache, dass Sie direkt Ribbentrop nennen, deutet darauf hin, dass sich die entsetzten Analogien ach schon bis zu Ihnen rumgesprochen haben. Kein vernünftiger Mensch will Dialog diskreditieren. Wenn jedoch der Eindruck entsteht, dass unsere Spitzendiplomaten Putin in die Hände spielen, egal ob gewollt oder ungewollt, dann muss man sich über Misstrauen nicht wundern. Leider haben hier einige deutsche Akteure in der letzten Zeit gezeigt, dass ihnen die Schuhe zu groß sind, in denen sie versuchen, zu laufen. Oder sie spielen falsch …
@Sachlicher:
Dieses Problem muss man natürlich zentral betrachten.
Aber man muss gerade deswegen (!) sehr gut nachdenken.
Denn es gibt ein sehr großes Feld in dem wir unsere Rolle in diesem Umfeld finden müssen.
Praktisch betrachtet: Man muss genauer treffen – gleichzeitig reduziert das Heer beispielsweise die Scharfschützenausbildung. Für „urban sniping“ ist gar kein Platz mehr.
@drd:
Der Unterschied ist aus meiner Sicht erheblich.
Auch hier ein praktisches Beispiel:
Moderne IEDs (z.B. EFP, DFFC oder große „under belly“) moderne Panzerfäuste (RPG-29, RPG-30, etc), die erhebliche Nutzung von PzAbwLkWa (z.B. Spigot, Kornet-E) der Einsatz von Scharfschützen (einschl. 12,7mm) erfordern u.a. Fahrzeuge, die völlig anders sind als GFF 2 (Eagle IV u.V) und GFF 3 (Dingo 2).
Zudem ist die Trennung zwischen symmetrischem und asymmetrischem Gegner ein zwar in der Ausbildung der Bw populärer, aber in der Praxis nicht mehr vorhandener Unterschied.
Die potentiellen Gegner haben ja die letzten 10 Jahre gesehen was uns weh tut.
Warum soll ein symmetrischer Gegner nicht auch asymmetrische Methoden nutzen?
Die hybriden Szenare sind die wahrscheinlichen (so steht es auch in der KdB, aber es wird in der Konzeption nicht berücksichtigt).
Denn warum soll ein Gegner so blöd sein und uns ILÜ-gerecht zu bekämpfen?
Die Welt dreht sich weiter und wir gehen davon aus, dass der Gegner technologisch und taktisch stehen bleibt. Dies wäre das erste Mal in der Menschheitsgeschichte.
Wie oben angedeutet, haben diese Überlegungen erhebliche Auswirkungen auf die Auslegung von Fahrzeugen (als Beispiel). Egal ob es um Bündnisverteidigung oder Stabilisierungseinsatz geht.
Wir verstoßen mit unserer Planung und der Beschaffung (Thema der neuen „Player“!) gegen die oberste Regel des Krieges: Unterschätze niemals deinen Gegner.
Das mag pessimistisch sein, aber andersherum kann es sehr schnell sehr schmerzhaft werden (siehe Erfahrung der IDF in Gaza 2014).
@Memoria
Meine Aussage ging eigentlich in eine andere Richtung.
Wenn wir es mit einem asymmetrischen Gegner zu tun haben, der zunehmend symmetrische Kriegsführung durchführt, dann wird diesem zunächsteinmal ein großer Teil seiner Flexibilität abhanden kommen. Es greifen zunehmend die Muster symmetrischer Konflikte und damit wird auch zunehmend das Material für symmetrische Konflikte relevant.
Bleibt der Gegner in der Zahl und Ausstattung weiterhin asymmetrische, sprich hat schlicht nicht die gleichen Resourcen, dann ist dies eher ein Vorteil für die konventionelle Armee. (Wenn nicht, sprechen wir ohnehin von einer überlegenen symmetrischen Bedrohung)
Demzufolge ist es in der Tat so, dass die GFFs und die speziell umgerüsteten Fahrzeuge in symmetrischeren Konflikten ihren Sinn verlieren. Wenn der Gegner ohnehin über ausreichen Feuerkraft verfügt, sind die geschützten Fahrzeuge einfach unpassend (opfern Beweglichkeit für nicht zweckmäßigen Schutz). Solange aber die Situation asymmetrisch bleibt, also weiterhin die „kleinen Gruppen mit AK“ zu erwarten sind, bleiben diese Fahrzeuge relevant, nur eben für die jeweiligen speziellen Aufgaben. Für die Situationen symmetischer Gefechte sind dagegen konvetionellere Fahrzeuge erforderlich.
Ich wage jedoch zu bezweifeln, dass es in diesen Konflikten einen absolut fließenden Übergang geben kann. Der Effekt, den ein Schützenpanzer auf eine Rebellengruppe hat, ist einfach zu groß. Entweder man adaptiert dann konventionelle Verhaltensformen (Logistik, Instandsetzung, etc.) oder der Spuk hat schnell ein Ende. Tut man dies, ist die Lage erheblich symmetrischer geworden und damit dürfte der Konflikt lokal in Gebiete asymmetrischer Aktivität und symmetrischer Präsenz zerfallen.
Bei Armeen die asymmetrische Konzepte in die Kriegsführung einbinden sind wir sehr schnell an der Grenze des internationalen Rechts. Dennoch würde ich stark vermuten, dass das Ergebnis nicht großartig anders ausschaut als oben beschrieben. Kleine Einheiten können sich vielleicht asymmetrischer Verhaltensmuster bedienen, aber bei klassischem Konflikt mit Raum und Masse dürfte das Bild eher dem entsprechen, was man auch in historischen Kriege gesehen hat: Konventionelles Zusammentreffen und einzelne Kommandounternehmungen.
Das alles soll jetzt nicht relativieren. Jeder potentielle Gegner wird versuchen die Schwächen auszunutzen. Aber dennoch sind die Beispiele immer spezielle Szenarien mit stark begrenzter Ausdehnung und in lokalen Konfliktzonen. Dafür lohnt es sicher Konzepte der Gegenwehr zu entwerfen, aber diese Art Konflikt dürfte man nur erhalten, wenn man sich in eine solche Zone begibt. Für die Verteidigungsfähigkeit im konventionellen Sinne ist das kein realistisches Szenario. (Auch nicht wirklich für die baltischen Staaten)
Ebenso unrealistisch ist die Vorstellung die konventionellen Fähigkeiten ausschließlich mit den Fahrzeugen zu bestreiten, die für asymmetrische Konflikte beschafft wurden. Dass man soetwas plant, ist mit auch noch nicht zu Ohren gekommen. Das wäre auf Jahrzehnte hinaus mit den verfügbaren Mitteln auch nicht realisierbar.
Nachtrag:
Ein Konzept, das in diversen NATO Staaten herumgeistert, ist das massierte Einsetzen kleiner beweglicher Einheiten. Diese sind dann räumlich stark dissloziert und agieren quasi unabhängig. Dieses Konzept kann jedoch realsitisch betrachtet nur bei Konflikten mit überschaubarer Zahl an Kräften angewand werden. Gedacht ist es ohnehin eher als anti-Asymmetrie Konzept: also die Idee asymmetrisch schneller und effektiver zu sein als der asymmetrische Gegner. Inwieweit das überhaupt realistisch ist, bleibt abzuwarten. Mir erscheint es etwas zu technikgläubig. In asymmetrischen Situationen ist der Vorteil eigentlich nur gegeben, wenn man lokale Vorteile ausnutzen kann, also etwa nicht von der Bevölkerung zu unterscheiden ist, lokale Verstecke und Routen nutzen kann, etc. Ich kann mir schon vorstellen, dass sehr schnell agierende und sehr gut mit Aufklärungsdaten und C2 ausgestattete Kleinsteinheiten die Vorteile asymmetrischer Gegner teilweise ausgleichen können, aber ob ein genereller Vorteil herauskommt… da bin ich skeptisch.
@ MikeMolto | 04. August 2014 – 20:25
Natürlich haben die Polen keine Denktabus. Und sie können sich diese mit Blick in ihre Geschichte auch gar nicht leisten bzw. hoffentlich irgendwann einmal. Das ist zu akzeptieren und zu respektieren. Ängsten ist durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken, die Polnische Haltung zur Russland- und Ukrainefrage ist zu konsultieren, was wiederum gemacht wird.
Ein Beispiel: Sikorski wurde von Steinmeier mitgenommen, der wiederum von Fabius mitgenommen wurde zu den seinerzeitigen Verhandlungen.
Deshalb weiß das Polnische Politestablishment trotzdem momentan gut einzuschätzen, dass das Deutsch-Russische Verhältnis eine gewisse Wichtigkeit für das Europa der Post-Kalte-Kriegs-Zeit hatte, hat und stets haben wird-ohne das wiederum romantisch verklären zu wollen oder zu dürfen. Andererseits muss sich kein deutscher Außenminister der Bundesrepublik als Ribbentrop-Reloaded hinstellen lassen in Deutschland, weil er den „Draht zu Russland“ -eine Formulierung die auf Sebastian Kurz zurückzugehen scheint wie es in der ZiB klang- offen hält.
Sonst bleiben Sie bitte bei dem, was ich schrieb. Danke.
@ Memoria | 04. August 2014 – 22:09
…Aber man muss gerade deswegen (!) sehr gut nachdenken.
Ja, natürlich.
@drd:
„Wenn wir es mit einem asymmetrischen Gegner zu tun haben, der zunehmend symmetrische Kriegsführung durchführt, dann wird diesem zunächsteinmal ein großer Teil seiner Flexibilität abhanden kommen.“
Nur weil sich die Ausrüstung verbessert, muss dies nicht zu einer Symmetrisierung der Kampfweise führen.
Anpassungsfähige Gegner kombinieren reguläre mit irreguläre Methoden. Siehe Libanon 2006.
Zu glauben die Probleme werden dadurch durch westliche Streitkräfte wieder einfacher deckt sich nicht mit der Empirie der letzten Jahre. Das gilt auch für ihr SPz-Beispiel.
Interessant wird es erst, wenn solche Gruppen Räume halten wollen. Zumindest der Hisbollah und der Hamas gelingt es.
Bei IS bleibt es abzuwarten.
@Sachlicher:
„Ja, natürlich“. Passiert in der Bundeswehr trotzdem nicht.
@drd:
„Für die Verteidigungsfähigkeit im konventionellen Sinne ist das kein realistisches Szenario. (Auch nicht wirklich für die baltischen Staaten)“
Da wäre ich mir mit Blick auf die russische Konzeption nicht so sicher. Gerade Russland hat eine lange Tradition irreguläre und reguläre Methoden zu kombinieren (siehe ZAPAT 2013) – und dies umfasst weitaus mehr als konventionelle Fähigkeiten und einige Kommandounternehmen.
Augstein & Blome — „Krim, Russland, Irak — dreht sich die Welt immer schneller?“
phoenix, veröffentlicht am 04.07.2014 (https://www.youtube.com/watch?v=Bk6rPc5XW60 )
@ Sachlicher | 04. August 2014 – 22:42
Sie drehen da etwas um. Es ist Ihr rpt Ihr denk-tabu, nicht das der Polen!
@MikeMolto: Ich habe nichts gegen Ihre Kritik,auch wenn ich sie für inhaltlich nicht korrekt halte. Ich weiß auch nicht,worauf Sie sich meinen abstützen zu können.
@Memoria: Zu denken war und ist ja bereits eine Anforderung,die bereits die Kaiserliche Exerziervorschrift im Vorfeld des WK I an den deutschen Soldaten stellte-Stichwort:Auftragstaktik.
Zugegeben ist der Zusammenhang etwas daneben,aber worum es mir geht:ein deutscher Soldat wird wohl nie die meisten personellen und materiellen Ressourcen haben-dazu fehlt es an ökonomischen Ressourcen und in heutiger Zeit u.a. an politischen Willen.
Es bleibt als Alternative das,was man hat,schlichtweg besser einsetzen zu können. Und auf strategischer Ebene ist hier natürlich die Leitung des BMVg am Zug. Das ist ihre fest definierte Aufgabe. Und den Umgang mit den außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen zu denken,sollte dann schon zu Ergebnissen führen-optimalerweise vor Rüstung und Streitkräfteplanung.
Und hierbei wünsche ich der neuen Leitung,frei von Häme,eine glückliche Hand,den notwendigen Sachverstand und einen klaren Kopf.
Sachlicher | 05. August 2014 – 10:42
Ihr Ausspruch: „Ihr Lagebild teile ich nicht. Ich darf es gar nicht.“ rpt ‚Ich darf es garnicht‘,
ist mE symptomatisch fuer eine korrekt-politische Haltung, die mit den vorhandenen Weisungen und ‚angenehmen Denkmodellen jongliert, und fordert wichtige, unangenhme Tatsachen zu ignorieren.
Dies lese ich in Ihrer Aussage ….ich darf es garnicht.
Ein derartiger ‚Tunnelblick‘ hat die Ukraine und damit ganz Osteuropa,mit deutscher Unterstuetzung, in die derzeitige Situation gebracht. (Wie seinerzeit uebrigens auch das Jugoslavien-desaster)
@Memoria
Ich verstehe immer noch nicht so recht, wie Sie auf eine besondere Effektivität dieser Strategie kommen. Die beschriebenen Situationen sind doch eher aus der Not geboren. Wenn man etwa irreguläre Truppen mit schwereren Waffen ausrüstet, dann werden diese selbstverständlich zunächsteinmal ihre irreguläre Kampfweise fortführen und sicher werden einige dies auch sehr geschickt tun. Mein Punkt war aber eher, dass diese Form der Kriegsführung lokal ist. Ich hege ernste Zweifel, dass man damit gegen anständig ausgestattete, ausgebildete und motivierte konventionelle Truppen in einem offensiven Krieg Erfolg haben kann. IS hat es mit einem absolut desolaten Staatsgebilde zu tun. Ich glaube nicht, dass diese Truppen eine ernsthafte Chance gegen eine entsprechende Anzahl US Einheiten hätten, derartig Raum zu nehmen. Hisbolla und Hamas kämpfen absolut nicht mit dem Ziel Raum zu gewinnen (im Gegenteil… ein lokaler schwelender Konflikt ist das Ziel.)
Dass besser ausgerüstete irreguläre Kräfte ein ernstes Problem darstellen unterschreibe ich sofort. Ich kann nur nicht nachvollziehen, wie diese jenseits der jeweiligen Konfliktregionen für Europas Staaten eine direkte Bedrohung für die eigene Souveränität werden sollten. (mittelfristig versteht sich…)
Bezüglich der russischen Doktrinen bin ich bei der Suche nach Zapad 2013 nicht viel schlauer geworden. Haben Sie da einen guten Link? Was ich bislang finden konnte, klang nach einer counter-insurgency Übung im großen Stil (also nach Ostukraine mit umgekehrten Vorzeichen). Mich würde in der Tat interessieren, was da neues ausprobiert wird. Im WW2 war in Bezug auf Milizen und Kommandoeinheiten ja nun schon ein sehr breites Feld erprobt worden, die Konflikte danach (etwa Vietnam mit Umfeld) haben da noch weitere Spielarten hervorgebracht. So richtig revolutionäre Einfälle waren das aber alle nicht. Daher meine Zweifel, dass nun ganz plötzlich der große Wurf in der Hinsicht erfolgt ist.
@ MikeMolto | 05. August 2014 – 11:22
Sehr nett,was Sie mir für einen Ausspruch unterstellen,der nichts anderes zum Ausdruck bringt und bringen sollte,als dass sich Empirie und Ausgangsworte nicht in Deckung bringen lassen.
Sie müssen mir bitte nicht erklären,dass man empirische Befunde nicht anders zu verwenden und dem Gegenüber zu kommunizieren hat, als sie einem vorliegen (Man darf es einfach nicht-verstehen Sie nun?).
Wenn der Gegenüber dann seinerseits andere empirische Daten ins Felde führt und die eigenen bestärkt oder widerlegt, so ist das ein normaler Prozess.
Sie haben sich mit Polnischstämmigen Auswanderern in den USA und Canada unterhalten? Das begrüße ich.
Sie wollen mich mittels dieses Austausches in eine für Sie genehme Schublade stecken? Das ist mir egal.
Sie unterstellen mir einen Tunnelblick und intellektuelle Mitschuld am Jugoslawienkonflikt? Das ist lieb gemeint, aber ganz sicher zu viel des Guten. Und bitte verwechseln Sie dabei nicht ständig die Lust zur intellektuellen Provokation, die Sie leider (noch) nicht beherrschen, mit haltlosen Zurücksetzungen des Gegenübers, die noch dazu nicht notwendig sind.
Von selbsterklärten Freigeistern wie Ihnen, die meinen einfach alles zu checken ,in ihrem Leben aber noch nie auch nur eine einzige Primärquelle auswerteten-oder dieses Können umfangreich verstecken- gibt es viele. Manchmal nennt man sie Ideologen-immer dann wenn sie lediglich ihnen genehme Sekundärquellen heranziehen, manchmal anders.
Sie würde ich aber sehr gern Gesprächspartner nennen. Wie wäre es? Vielleicht setzen wir einfach neu an und Sie teilen mir einfach mal mit,was an meinen Aussagen Ihnen warum nicht zusagte und aus welchem Wissenskontext Sie Ihr Unbehagen herleiten, ohne mir gleich Denktabus und Tunnelblick sowie intellektuelle Mitschuld am Jugoslawienkonflikt vorzuwerfen. Danke.
[Anm. d. OvWa: Sie haben jetzt beide die Chance, auf gegenseitige Abwertungen und Vorwürfe zu verzichten. Ich fände es super, wenn Ihnen das gelingt. Wenn nicht, schalte ich die Kommentare einfach nicht mehr frei. Danke sehr.]
@drd:
Natürlich sind irreguläre Kräfte nicht geeignet Räume zu nehmen und zu halten.
Mir geht es darum, dass in der Bundeswehr nur in den binären Kategorien von Bündnisverteidigung (in klassischer Art) oder Einsatz (à la ISAF) gedacht wird.
Beides ist theoretisch und empirisch fragwürdig.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass irreguläre Kräfte sich erheblich weitentwickeln und rein symmetrische Szenare sehr unwahrscheinlich sind (wer soll so dumm sein?).
Dies ist nicht neu – wird aber in Konzeption, Ausbildung und Ausrüstung bei der Bundeswehr weiterhin nicht reflektiert.
Wenn wir mit irregulären Methoden leicht umgehen könnten, dann hätten wir in AFG ja schon längst gewonnen.
Guter Rat ist ja bekanntlich teuer. Ich bin mal gespannt, ob teurer Rat gut ist.
JPW
@ Sachlicher | 05. August 2014 – 18:33
Ich meine wir sollten sachlich bleiben.
Ich habe Sie offenbar in soweit missverstanden, dass ich Ihrer o.a mehrfach zitierten Aussage unterstellte, Sie waeren weisungsgebunden in Ihrem Denken und Urteil. Ich haette Sie besser verstanden wenn Sie mit ‚Willen‘ oder ‚Wollen‘ operiert haetten.
(Vielleicht liegt es an unserem unterschiedlichen Kulturkreis, aber SunTzu hat es uebrigens genau wie ich eingeordnet., s.o.)
Dass Sie diese Ausdruck ‚darf’/duerfen‘ im Sinne einer strengen Logik/Logistik benutzen wuerden war in diesem thread und im Kontext fuer mich nicht zu erkennen.
Ihr Attribut ‚Freigeist‘ entspricht meinem Selbstverstaendnis und soweit gehe ich df’accord.
Auch habe ich Ihnen persoenlich nicht vorgeworfen an dem Jugoslavien-Desaster verantwortlich zu sein, dies ist anderen Personen zuzuordnen, eben solchen mit ‚Tunnelblick‘ wo man ein Wunschziel verfolgte ohne die Realitaeten und konkreten Randbedingungen zur Kenntnis zu nehmen.
Anders als Sie sehe ich allerdings die Befindlichkeit der Polen und Balten. Diese aeussern seit laengerer Zeit Wunsch- und Lippenbekenntnisse zur deutschen Unterstuetzung und Freundschaft, wuenschen sich aber statt dessen eine grosse, absichernde US-Praesenz in ihrem Gebiet.
Dies wurde mir nicht nur 2012 in USA/CAN sondern auch in Polen, Lettland und Litauen bereits vor der Ukraine-Krise, Sommer 2013 von ganz unterschiedlichen Gespraechspartnern mitgeteilt.
@MikeMolto | 06. August 2014 – 15:34: Anders als Sie sehe ich allerdings die Befindlichkeit der Polen und Balten.
Ich negiere die Befindlichkeiten nicht. Mehrfach warb ich hier im Blog schon darum,auch schon weit vor der aktuellen Lageentwicklung in und um der Ukraine,dass man bitte verstünde,warum Polen und Balten sich nicht allein auf eine europäische,sondern auch auf eine starke us-amerikanische Partnerschaft verlassen möchten.Und als wie wichtig man die taktisch nachrangige Patriotstaffel der US-Streitkräfte betrachtet,ob des strategischen Faktes wegen,dass eben US-Streitkräfte im Land sind,die man nicht,und sei es kollateral,ungestraft (mit)angreift.
Diese aeussern seit laengerer Zeit Wunsch- und Lippenbekenntnisse zur deutschen Unterstuetzung und Freundschaft, wuenschen sich aber statt dessen eine grosse, absichernde US-Praesenz in ihrem Gebiet.
Ja,auch das.
Dies wurde mir nicht nur 2012 in USA/CAN sondern auch in Polen, Lettland und Litauen bereits vor der Ukraine-Krise, Sommer 2013 von ganz unterschiedlichen Gespraechspartnern mitgeteilt.
Auch das bestritt und bestreite ich nicht.