Nach Kritik an restriktivem Rüstungsexport: Gabriel lädt Betriebsräte ein

Der Streit in der großen Koalition über den künftigen Kurs der Bundesregierung bei Rüstungsexporten ist offensichtlich; was allerdings dem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der zugleich SPD-Vorsitzender ist, noch zusätzliche Probleme beschert: Auch in seiner eigenen Partei gibt es sehr unterschiedliche Meinungen zur Ausfuhr von Waffen und Rüstungsgütern aus Deutschland. Während viele an der Parteibasis solche Exporte überhaupt nicht gut finden, kommt vor allem aus dem Kreis der traditionell SPD-nahen (Metall)Gewerkschafter Kritik an einer restriktiveren Politik, die auch Arbeitsplätze in Deutschland kosten kann. Sigmar Gabriel zwischen allen Stühlen, das bekam er vor wenigen Wochen auch aus den eigenen Reihen zu spüren, als ihm zahlreiche Betriebsräte der Rüstungsindustrie einen Protestbrief schickten.

Mit diesen Kritikern aus SPD-/Gewerkschafts-/Rüstungsindustrie-Reihen hat sich der Wirtschaftsminister jetzt zum Gespräch verabredet. Am 19. August, vormittags von 11 bis 13 Uhr, soll es einen persönlichen Austausch geben, schrieb Gabriel in einem Brief vom 21. Juli, der Augen geradeaus! vorliegt, an die protestierenden Betriebsratschefs. Und machte vorsorglich mit Genossen- und Gewerkschafter-Du seine bereits bekannte Position klar:

(…) Nach meiner Überzeugung können Rüstungsexporte nur ein Instrument der Sicherheitspolitik und kein Mittel der Wirtschaftspolitik sein. Ich will euch deshalb nicht verhehlen, dass diese Orientierung im Einzelfall zu einer restriktiveren Genehmigungspraxis führt und übrigens in den vergangenen Monaten auch schon geführt hat.
Wir müssen meines Erachtens über die Ausfuhr von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern offener diskutieren als dies in der Vergangenheit der Fall war. Es ist richtig und geboten, dass diese Bundesregierung Parlament und Öffentlichkeit so transparent über genhmigte Ausfuhren unterrichtet wie keine Regierung zuvor. Zu einer solchen offenen politischen Auseinandersetzung gehört es dann auch, diejenigen Ausfuhren zu begründen, die nach wie vor sicherheitspolitisch gerechtfertigt sind.
Ich kann euch versichern, dass es auch in Zukunft Gründe gibt, Rüstungsexporte zu genehmigen. Wir stehen hier nicht zuletzt gegenüber unseren internationalen Partnern im Wort. Auch liegen eine innovative, leistungs- und wettbewerbsfähige nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustrie im nationalen Interesse. Die Koalitionsvereinbarung, die ich als SPD-Vorsitzender an herausgehobener Stelle verhandelt habe, gilt auch in diesem Punkt. Und dazu gehört: Der Erhalt von strategischen Kompetenzen gelingt nicht ohne die Sicherung von qualifizierten Arbeitsplätzen.
Deshalb kann ich euren Wunsch nach einer umfassend nachvollziehbaren und konstanten Rüstungspolitik, die nationale und europäische Beschaffung ebenso wie Ausfuhren und Genehmigungspraxis einschließt, sehr gut nachvollziehen. Zur industriepolitischen Begleitung der Herausforderungen gehört sicher auch die unternehmerische Konsolidierung der Branche und die Förderung von Diversifizierungsstrategien in den zivilen Bereich.

Die Betriebsräte dürfte vor allem der Satz freuen Ich kann euch versichern, dass es auch in Zukunft Gründe gibt, Rüstungsexporte zu genehmigen. Die Exportgegner in den Reihen der Sozialdemokraten dagegen weniger. (Und dem Koalitionspartner Union dürfte es weiterhin zu restriktiv sein.) Wird ja interessant zu hören, was bei dem Treffen am 19. August rauskommt.

(Es scheint eine ungeschriebene Konvention deutscher Medien zu sein, Meldungen zum Thema Rüstungsexport immer mit einem Kampfpanzer zu bebildern, deshalb hier dieses Archivbild 2010: Der Kampfpanzer Leopard 2 A6 beim Vorüben der Informationslehrübung Heer am Ausbildungszentrum Munster beim scharfen Schuss – Bundeswehr/Langner via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)