When the shit hits the fan… Berlin schmeißt CIA-Chef in Deutschland raus
Die jüngsten Wendungen der Affäre um Spionage der USA in Deutschland dürften sich auch auf die Sicherheitspolitik auswirken – und sind damit auch ein Thema für Augen geradeaus!, das Interesse der Leser ist ohnehin da. Die aktuelle Lage am (heutigen) Donnerstag: Nach dem Bekanntwerden eines zweiten Spionagefalls, im Verteidigungsministerium, hat die Bundesregierung den Repräsentanten der US-Nachrichtendienste in Deutschland gebeten, das Land zu verlassen. Man kann es auch undiplomatisch knapper formulieren: Berlin schmeißt den CIA-Chef in der Bundesrepublik raus; ein Vorgehen, dass normalerweise für unfreundliche Länder reserviert ist und bei befreundeten Staaten selten angewandt wird.
Die offizielle Erklärung von Regierungssprecher Steffen Seibert:
Der Repräsentant der US-Nachrichtendienste an der US Botschaft wurde aufgefordert, Deutschland zu verlassen
Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, teilt mit:
Der Repräsentant der US-Nachrichtendienste an der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika wurde aufgefordert, Deutschland zu verlassen.
Die Aufforderung erging vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen des Generalbundesanwaltes wie auch der seit Monaten anstehenden Fragen zur Tätigkeit von US-Nachrichtendiensten in Deutschland, zu denen der Deutsche Bundestag einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingerichtet hat.
Diese Vorgänge nimmt die Bundesregierung sehr ernst.
Es bleibt für Deutschland unerlässlich, im Interesse der Sicherheit seiner Bürger und seiner Einsatzkräfte im Ausland eng und vertrauensvoll mit westlichen Partnern, insbesondere mit den USA, zusammenzuarbeiten.
Dazu sind aber gegenseitiges Vertrauen und Offenheit notwendig.
Die Bundesregierung ist dazu weiter bereit und erwartet das auch von ihren engsten Partnern.
Die US-Botschaft in Berlin reagierte darauf mit einem eher sparsamen Statement (für die semantische Analyse mal in beiden veröffentlichten Versionen):
Stellungnahme der US-Botschaft
Der Amerikanischen Botschaft sind die Berichte bekannt, wonach Deutschland den Repräsentanten der US-Nachrichtendienste an der US-Botschaft auffordert, das Land zu verlassen.
Die Amerikanische Botschaft äußert sich grundsätzlich nicht zu Fragen, die die Geheimdienste betreffen. Unsere Sicherheitspartnerschaft mit Deutschland hat jedoch nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert: Sie gewährleistet die Sicherheit von Deutschen und Amerikanern. Es ist unerlässlich, dass die enge Zusammenarbeit mit unseren staatlichen deutschen Partnern in allen Bereichen fortgesetzt wird.
(English version)
U.S. Embassy Statement
The U.S. Embassy has seen the reports that Germany has asked U.S. Mission Germany’s intelligence chief to leave the country.
As a standard practice, we will not comment on intelligence matters. However, our security relationship with Germany remains very important: it keeps Germans and Americans safe. It is also essential that our close cooperation with our German government partners continue in all areas.
Nun wird es vorerst Spekulation bleiben, was letztendlich den Ausschlag für diese harte deutsche Reaktion gegeben hat und ob vielleicht da noch mehr in der Pipeline ist – wie Meldungen, dass das Mobiltelefon des Unions-Obmannes im NSA-Untersuchungsausschuss, Roderich Kiesewetter, von einem fremden Nachrichtendienst vermutlich ausspioniert wurde. Bei den bekannt gewordenen Spionagefällen ist dagegen beim zweiten, der den Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums betrifft, vieles arg nebulös: Zwar verdächtigte man den heutigen Referenten wegen seines engen Kontakts zu einem vermeintlichen US-Geheimdienstler, den er vor Jahren während eines Jobs im Kosovo kennengelernt hatte. Bisher aber fehlen Beweise, dass dieser den Deutschen tatsächlich abschöpfte. In seiner Vernehmung bezeichnete der Mitarbeiter aus dem Wehrressort die Beziehung zu dem Amerikaner vielmehr als reine Männerfreundschaft, berichtet Spiegel Online.
Allerdings wirkt es auch ein wenig so, als würden die beiden öffentlichkeitswirksamen Fälle von – bislang noch nicht bewiesener – Spionage für die USA als Aufhänger genutzt. Nach gut einem Jahr öffentlicher Diskussion über flächendeckendes Ausspähen deutscher Staatsbürger durch den US-Nachrichtendienst NSA, nach Berichten über das abgehörte Handy der Kanzlerin. Das alles war kein Grund für eine deutliche Reaktion, aber zwei, pardon, eher untergeordnete Fälle von eventuellem Geheimnisverrat sind es?
Ohnehin ist das öffentliche Abwatschen der USA wegen Spionage in Deutschland mehr ein Aufschrei des Underdogs als alles andere. Denn in der Bundesregierung und, damit wird’s dann interessant, schon gar nicht im Bereich der Sicherheitsbehörden oder des Militärs denkt ernsthaft jemand daran, sich von den USA abzukoppeln oder auch nur zu emanzipieren. Was den Bundesnachrichtendienst und seinen Informationsaustausch mit den großen Diensten jenseits des Atlantik angeht, habe ich zu wenig Einblick – aber schon die Vorstellung, die deutschen Streitkräfte könnten damit anfangen, sich von den USA unabhängig zu machen, ist schlicht lächerlich.
Das fängt bei ganz praktischen Dingen an wie der Selbstschutzeinrichtung für den Airbus der Kanzlerin, die aus den USA kommt. Und der Ausbildung deutscher Jetpiloten, die in den USA stattfindet. Und Ausrüstung der Bundeswehr, die irgendwo eine Black Box Made in America hat. Den GPS-Empfängern, die deutschen Kampfjets und Kriegsschiffen verschlüsselt die genauen Positionsdaten liefern – das deutsche Militär hat noch nicht mal angefangen darüber nachzudenken, ob die Europäer für so was langfristig das – noch nicht wirklich vorhandene – europäische Satellitennavigationssystem Galileo nutzen sollten. Ach ja, und in der NATO würde es bei einer gewollten Abgrenzung zu den USA in der praktischen Arbeit auch ein bisschen schwierig.
Das hat nicht nur mit Politik zu tun, sondern vor allem mit Geld. Wollten die Europäer in all den Bereichen, in denen sie sich bislang auf die USA verlassen, eigenständig agieren – müssten sie richtig Euros in die Hand nehmen (dass es dann dennoch technische Defizite gäbe, käme noch oben drauf).
Von daher: man sagt dem großen Bruder (englisch: Big Brother) mal deutlich, dass er sich auch anderswo benehmen soll. Mehr aber auch nicht. Vielleicht braucht der das mal. Hauptsache, da gibt’s auf lange Sicht keine grundlegende Verstimmung. Weil man insgeheim hofft, dass er einen auch weiterhin mitspielen lässt.
Als Bonus Track dazu noch ein paar aktuelle Videos der Bundeswehr über die Zusammenarbeit in und mit den USA (eine gewinnbringende Kooperation für alle):
Deutsche Fluglehrer bilden auf Blackhawks aus
Fernspäher trainieren den Freifall – In Tennessee
Eine Überlegung als Nachtrag: In manchen Kommentaren, zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht) wird die heutige Entscheidung der Bundesregierung in ihrer Signalwirkung in Richtung USA mit der Absage des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder an eine Teilnahme am Irakkrieg verglichen. Nun war – gerade aus heutiger Sicht – diese Entscheidung richtig. Was hierzulande aber keiner wissen wollte: Mittelbar hat Deutschland für den Irakkrieg der USA mehr Soldaten zur Verfügung gestellt, als andere US-Verbündete wie zum Beispiel Spanien in diesen Krieg geschickt haben. Die Deutschen wurden zwar nicht im Irak eingesetzt, aber liefen Wache rund um US-Kasernen in Deutschland und entlasteten so die US-Einheiten, die diese Soldaten aus dem Wachdienst für den Krieg einsetzen konnten. Wer erinnert sich schon noch daran, dass zeitweise die Minensucherflotte der Deutschen Marine an der Pier lag, weil die Besatzungen in Ramstein oder Kaiserslautern und ähnlichen Orten Wache schoben? Dem machtvollen Signal des Kanzlers schien das keinen Abbruch zu tun. Und so ähnlich dürfte es diesmal auch sein.
Nachtrag 2: Es kann nur noch verrrückter werden:
Die Mitglieder des Kontrollgremiums wurden am Donnerstag zudem über den Fall des mutmaßlichen Spions im Verteidigungsministerium unterrichtet. Der Beamte aus der Politikabteilung des Ministeriums wurde demnach durch ein anonymes Schreiben angeschwärzt, als er noch im Kosovo als politischer Berater für die KFOR-Mission arbeitete. So geriet er unter Beobachtung des Bundeskriminalamts und des Militärischen Abschirmdienstes. Sein regelmäßiger Kontakt zu einem US-Amerikaner, der als Berater im Kosovo Behördenstrukturen, darunter auch einen Geheimdienst, aufbauen sollte, erschien den Ermittlern verdächtig. (…)
Verdächtig erscheint den Fahndern etwa eine Überweisung des Amerikaners in Höhe von 2000 Euro, die offenbar im vergangenen Jahr auf dem Konto des Deutschen einging. Der Ministeriumsmitarbeiter bestreitet zwar auch hier geheimdienstliche Hintergründe. Das Geld, so erklärte der Mann in seiner Aussage, sei im Zusammenhang mit einer Hochzeitsfeier geflossen und teilweise auch zurückgezahlt worden.
berichtet Spiegel Online aktuell.
Jetzt dürfte Hunderten von deutschen Offizieren die Düse gehen – wenn sie mal in den USA stationiert waren und/oder freundschaftliche Beziehungen zu US-Kameraden pflegen…
(Die im anderen Thread aufgelaufenen Kommentare dazu verschiebe ich mal hierher.)
@klabautermann: ich glaube gar nichts, ich vermute nur. Das ist wohl der große Unterschied zwischen uns beiden: Sie glauben das Deutschland sich schadet, und suchen Gründe dafür, die niemand sieht. Sie spekulieren, dass sich Deutschland ins Bein schießt.
In Wahrheit wissen sie genauso wenig wie ich, sie nutzen ihre Unwissenheit aber, um Stimmung gegen unsre Regierung zu machen, während ich versuche sie zu verstehen.
„Da wir ja in den USA seit Jahrzehnten intensive Spionage betreiben, ist dieser “Rausschmiss” natürlich kaltblütigst kalkuliert und absolut alternativlos, da wir ja eine höhere Erkenntnis in Berlin über das amerikanische System besitzen als die Amis selbst..“ – zusammenhangloser Satz ohne Aussage, der Spin soll wohl sein, das deutsche Dienste unfähig sind, und die Entscheidung Fukushima-Style war.
„Dumm nur ist die jahr(zehnt)elange parasitäre Legende der deutschen SiPo.“ – Was meinen sie mit Legende? Wollten sie Geschichte sagen? Woher wissen sie das?
„Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass der “abgemahnte” US-Diplomat wirklich der operative Boss der US-Intelligence in Deutschland ist.“ – In der Praxis irrelevant, er war ein offizieller. Es ist dreist, wenn solche Leute Agenten führen. Haben sie bei Russenspionen schonmal den Fall gehabt, dass die direkt von der Botschaft geführt werden? Infos gerne an mich!
„Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass unsere Trittbrettfahredienste auch nur eine einzige Information von den Amerikanern in Sachen terroristische Bedrohung im Inland, bzw. in den Einsatzgebieten der BW bekommen. Die USA werden in den Force Protection Mode gehen und intern bekommt Deutschland das “alien”-label aufgeklebt.“ – ja, da haben sie Angst. Nichts ist wichtiger, als von dem Amis geliebt zu werden. Am besten alle Länder der Welt lassen den USA alles durchgehen, und die USA werden so für den Schutz dieser Länder unverzichtbar. Früher nannte man sowas Erpressung durch Korrumpierung. Ich finde es interessant, dass die den USA das zutrauen (ich nicht, da muss ich sie enttäuschen), und im selben Atemzug treue zum Erpresser einfordern.
Gruß vom Segelboot
wow, vier sinnamputierte one liner innerhalb von zehn minuten.
chapeau herr kamann! das macht ihnen so schnell keiner nach
(btw. wie bekommt man eigentlich diese schicke „betrifft post xy“ zeile)
@ Heiko Kamann:
„Das war wohl nichts …! Kann ja mal passieren.“
Ich hätte gerne die Sachstände und deren Bewertung, die Sie zu diesem Schluss führt. Oder sind Sie etwa als Angesprochener emotional betroffen?
Im Heute Journal hat Peter Frey einen vernünftigen Kommentar zu der Sache abgegeben.
Die Ausweisung eines US-Diplomaten ist eine Sache, eine andere Sache ist den USA echte Maßnahmen anzudrohen, also Verhandlungsstop über das Freihandelsabkommen, Status von Ramstein, oder den Bau der NSA-Station in Frankfurt. Das würde die Amerikaner treffen, aber die Ausweisung eines amerikanischen Rerpräsentanten ist eher ein formaler Akt für die Öffentlichkeit, in der Hoffnung dies würde die Amerikaner beeindrucken. Die Amerikaner werden ihr Verhalten wahrscheinlich nicht ändern und Deutschland täte gut daran mal den über 50 amerikanischen CIA-Firmen in Deutschland im Kommunikationsbereich etwas genauer auf die Finger zu schauen, event. deren vertraglichen Betrieb in Deutschland kündigen. Dies wäre eine effektive Maßnahme gegenüber der symbolischen Agentenausweisung.
@Georg: Zustimmung. Jeder soll bei sich zu Hause kehren, und am Ende werden die Erkenntnisse geteilt, sofern sie relevant sind.
@wacaffe @gc don’t feed the troll
schön zu sehen wie die US seite sofort mit gezielter indiskretion zurückschlägt
http://www.huffingtonpost.com/keith-thomson/oh-by-the-way-germany-spi_b_4184047.html
resultat der ganzen debatte ist dann vermutlich ein weiter demontierter deutscher geheimdienstapparat ohne auch nur ein jota an der praxis ausländischer dienste geändert zu haben.
die agniezka bruggers dieser republik werden es schon richten
„Eine Delegation des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags beklagte sich am Mittwoch nach politischen Gesprächen in Washington über die Gleichgültigkeit in den USA. „Wir stellen fest, dass bei unseren Gesprächspartnern sehr wenig Problembewusstsein vorhanden ist“, sagte der Ausschussvorsitzende Norbert Röttgen. (Ntv)
Nun kommt der Streit nun auch in Washington an. Kongressmitglieder setzen Obama angeblich unter Druck.
Evtl ist das Problembewusstsein nun vorhanden, wenn nicht, kann man ja noch ein paar mehr US Beamten nahelegen, die BRD zu verlassen oder gleich die NSA Standorte in DEU schließen.
P.S. Wie wären die USA mit EU Bürgen umgegangen, hätten EU Geheimdienste das veranstaltet was sie bei uns tun?
„P.S. Wie wären die USA mit EU Bürgen umgegangen, hätten EU Geheimdienste das veranstaltet was sie bei uns tun?“
vermutlich nicht anders als es bisher dem üblichen geheimdienstkomment entprach.
bei offiziellen diplospionenen persona non grata.
bei inoffiziellen NOC’S je nach situation ausweisung oder strafverfolgung.
das ganze diskret und ohne bohei.
ähnlich lief es ja vor kurzem mit den chinesischen spionen und deren agenten. amerikanische agenten wandern vermutlich ad infinitum hinter gitter. agentenfüher wurden ausgewiesen.
Zwischendurch mal der – zweifellos erwartete – Einwurf von meiner Seite, dass bisweilen der Ton ein wenig neben der Spur ist. Danke.
…. und tschüss , ähem good bye, nein, >fuck off< trift es besser !
kein verlust…
und lieber frank-walter, als nächstes bitte nicht vergessen so ein paar übrig gebliebene US-installations dicht zu machen, zur not frach mal den alt genossen gerhardt als er noch juso chef war, der kann sie dir runterbeten, denn damals wollten die sozis sie alle dicht machen –
UND DAS WÄRE GUT GEWESEN !!!
semper fo
…nur mal so noch ein Gedanke zu der in den Medien verbreiteten angeblichen Einlassung des mutmaßlichen Spions, es habe sich um eine „normale Männerfreundschaft“ gehandelt. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass diese „Männerfreundschaft“ dem Generalbundesanwalt für die Aufnahme seines Verfahrens gereicht hat. Da wird wohl schon deutlich mehr vorgelegen haben.
Klassischerweise wird der involvierte Nachrichtendienst die Zusammenarbeit ja auch – mit solchen erstmal glaubwürdigen Geschichten – nach außen verschleiern wollen. Und am Ende war der BMVg-Mann nach dem BND-Vorfall auch gewarnt. Es bleibt spannend, ob es evtl. für eine Verurteilung reicht.
gc | 10. Juli 2014 – 22:47
Ihre Aussage lässt darauf schließen, dass Sie von dem Metier (Nachrichtendienste, DEU/US-Zusammenarbeit auf dem Gebiet COMSEC etc.) wenig Ahnung haben.
Warum dann so Aussagen kommen wie „DEU macht das mit den Fähnchen“ ärgern mich einfach. Eine Begründung dafür kam von Ihnen ja nicht.
@wacaffe
Ihren Beispielen ging nur einfache Spionage voraus, was die USA jedoch bei uns treibt (NSA Affäre, mit oder ohne Zusammenarbeit mit dem BND) überschreitet dies bei weitem und erfordert Reaktionen.
Es geht hier nicht darum, dass ein Mitarbeiter eines Amtes Informationen weitergegeben hat, sondern um eine ganze Reihe von Verfehlungen eines Partnerstaates.
@Elahan:
Da wird nix überschritten. Das ist zum einen Teil stinknormale SIGINT, die jeder andere Staat auch betreibt, zum anderen Teil legale geheimdienstliche Zusammenarbeit im Rahmen internationaler Sicherheitspartnerschaften und NATO und zu einem ganz großen Teil reine, durch nichts bewiesene, Spekulation der Wikileaks-Szene. Und die werden nichts umsonst aus dem Moskauer Propaganda-Apparat finanziert (beispielsweise über RT kanalisiert.)
Man muß nun wirklich nicht über jedes einzelne Stöckchen hüpfen, das uns der Kreml hinhält…
@califax
Kann man so sehen, finde ich allerdings ein bisschen sparsam.
Mal die New York Times lesen: Germany Demands Top U.S. Intelligence Officer Be Expelled
califax | 11. Juli 2014 – 7:56
„Man muß nun wirklich nicht über jedes einzelne Stöckchen hüpfen, das uns der Kreml hinhält…“
Diese Aussage verstehe ich in dem Zusammenhang nicht. Kommt so etwas aus Ihrem „Bauchgefühl“? Ansonsten unterhalten Sie sich doch mal mit Mitarbeitern aus Bad Aiblingen, des BSI oder der „Bonner Dienststelle“; dann werden Sie sehen wie falsch Sie liegen.
@califax
Ja, dann!
Sie wollenen doch nicht, den inzwischen sehr kritischen, Transatlantikern (z.B. Kiesewetter) unterstellen, dass sie sich von russischer Propaganda leiten lassen?
…..warum gibt es einen NSA Untersuchungsausschuss?
Total üblich unter NATO-Partnern sich beim Abhören der Regierungschefs erwischen zu lassen.
Wenn das üblich ist, dann wird es Zeit, dass wir es ändern.
„Die Amerikanische Botschaft äußert sich grundsätzlich nicht zu Fragen, die die Geheimdienste betreffen.“ steht da in der Presseerklärung.
Und in der deutschen steht das:
„Es bleibt für Deutschland unerlässlich, im Interesse der Sicherheit seiner Bürger und seiner Einsatzkräfte im Ausland eng und vertrauensvoll mit westlichen Partnern, insbesondere mit den USA, zusammenzuarbeiten.
Dazu sind aber gegenseitiges Vertrauen und Offenheit notwendig.
Die Bundesregierung ist dazu weiter bereit und erwartet das auch von ihren engsten Partnern.“
Noch mal: Hier wird von deutscher Seite öffentlich „Offenheit“ gefordert in einem Zusammenarbeits-Bereich, der den Kern der nationalen Sicherheitsarchitektur der Vereinigten Staaten von Amerika berührt. Dieser Kern ist seit der Snowden-Kiste noch einmal gegen whistle-blower etc gehärtet worden. Jede öffentliche Forderung der deutschen Politik nach mehr Offenheit generell (!) ist im höchsten Maße kontraproduzent, denn die USA fürchten zu Recht, dass jedwede „Offenheit“ ihrerseits innerhalb kürzester Zeit in der deutschen Öffentlichkeit breit getreten wird, weil wir gerade alles zu einem unsäglichen Volksspeisungs-Brei verühren, was mit nachrichtendienstlicher Ko-operation zu tun hat: Berlin schmeißt NSA und CIA und demnächst wahrscheinlich auch noch FBI, DEA, DIA etc in einen Topf und rührt darin ohne Sinn und Verstand öffentlich darin rum. Für die USA ist die öffentliche und öffenlichkeitswirksame Aufforderung an den Chief of Station das Land zu verlassen Beweis genug die Schotten noch dichter zu machen.
Und da ich mal höchste A2/G2-Weihen hatte, weiß ich verdammt gut, wovon ich hier schreibe.
@Heiko Kamann:
Lesen Sie den analytisch hervorragenden Beitrag von Klabautermann von 08:46, dann wissen sie was ich mit den Fähnchen gemeint habe.
@klabautermann
„Jede öffentliche Forderung der deutschen Politik nach mehr Offenheit generell (!) ist im höchsten Maße kontraproduzent, denn die USA fürchten zu Recht, dass jedwede “Offenheit” ihrerseits innerhalb kürzester Zeit in der deutschen Öffentlichkeit breit getreten wird, weil wir gerade alles zu einem unsäglichen Volksspeisungs-Brei verühren, was mit nachrichtendienstlicher Ko-operation zu tun hat: Berlin schmeißt NSA und CIA und demnächst wahrscheinlich auch noch FBI, DEA, DIA etc in einen Topf und rührt darin ohne Sinn und Verstand öffentlich darin rum. Für die USA ist die öffentliche und öffenlichkeitswirksame Aufforderung an den Chief of Station das Land zu verlassen Beweis genug die Schotten noch dichter zu machen.“
+1
So sehr ich klabautermann bisher hier mit seinen Kommentaren geschätzt habe – aber irgendwo ist es mit Kotau unserem großen Partener gegenüber auch mal gut! Es hört sich an, als ob die Deutschen Schuld haben, dass die US bei uns diese – wie auch immer unter Realpolitik verortete – Spionage betreiben. Wer Vertrauen will, muss dieses auch rechtfertigen. Genau das unterminieren die US mit ihrem arroganten „gods own country“ Gehabe. Dieses Verhalten kenne ich im übrigen auch aus den Einsätzen, nicht in der unmittelbaren Zusammenarbeit mit den „boots on the ground“, aber aus dem Affenkäfig.
„The way German officials tell the story, they were promised those negotiations by Susan E. Rice, Mr. Obama’s national security adviser, and other American intelligence officials. But the American officials say there was never such a promise, and that German officials blanched when they heard what kind of responsibilities they would have for intelligence collection and cyberoperations around the world if they ever joined that elite club.“
Das ist die entscheidende Passage aus dem NYT Artikel, den T.W. verlinkt hat.
Das „Spionage-Geschäft“ ist ein tit-for-tat Geschäft. Du willst was wissen ? OK, dann gib mir was dafür ! Wenn man keine „Handelsware“ hat, dann bekommt man auch nichts. Und wenn man in einen „Club“ hinein will, dann muß man eben vertraglich die Aufnahmebedingungen für den Club erfüllen und die können verdammt „teuer“ sein.
Alles recht und schön, aber noch ist es vom Verständnis von Politik (auch Realpolitik) so, dass Aufklärung und Spionage ein Teil der Regierung ist, und nicht umgekehrt. Das vergessen nach meiner Wahrnehmung und Erfahrung grade die 2er immer gerne. Alles wissen wollen, aber das ganze hinterher so unter Verschluss halten, dass man am besten sogar selbst nicht mehr zugreifen kann. G2 ist ein Teil des Systems, das wollen aber viele aus diesem geschäft nicht . Gutes Beispiel dieses Verständnisses vor ein paar wenigen Jahren in dem gloreichen Kdo in Ulm. Da hat sich die G2 Abteilung KD untergeschnallt. Der Witz des Jahrhunderts, der Teillieferant eines Systems wird diesem vorgesetzt. Das lässt tief blicken, auch in das Verständnis der Führung für den Wert, der mit KD generiert werden sollte.
Ich bin zutiefst davon NICHT überzeugt, dass das Heil und die Sicherheit der Welt von 2ern, egal welcher Ebene sichergestellt wird.
Was dabei rauskommt, wenn die Dienste übernehmen, sieht man z.B. in RUS … wer das will, muss die Dienste nur fleissig machen lassen und darf deren Kreise bloss nicht stören.
gc | 11. Juli 2014 – 8:52
Naja, „Klabautermann“ kommt offensichtlich auch nicht aus dem Nachrichtendienstlichen-Metier, darum kann ich seine Meinung nicht teilen … Analyse.. Mmmhh.
Huuu….diese Diskussion wird ja richtig mit Herzblut geführt und es ist interessant zu sehen, wie sich die Herrschaften an die Gurgel gehen; es ist ja fast wie im Bundestag….-)))
Zur Sache:
Die Regierung ist beleidigt, weil ihr ein eigentlich befreundeter Geheimdienst wieder mal ans Bein gepinkelt hat und entgegen aller Versicherungen, Deutschland zur Aufklärungszone erklärt hat. Mag sein, dass wir mit unserem Gutmenschentum und unserer Ratlosigkeit, was den islamischen Extremismus anbelangt, auch ein stückweit selber daran Schuld haben, aber es bleibt die Erkenntnis: die Geheimdienste der USA sind völlig über’s Ziel geschossen.
Unterm Strich: meinen größten Respekt für die Ausweisung! Es war höchste Zeit etwas mehr Souveränität zu demonstrieren. Das es richtig war, der amerikanischen Regierung mal vor’s Knie zu schießen, zeigt die Aufregung in den amerikanischen Medien….-))
@Heiko Kamann
Stimmt, ich komme nicht aus dem, was Sie als „Nachrichtendienstlichen-Metier“ bezeichnen, ich hatte bloß mal eine Verwendung in einem ministeriellen Leitungsbereich, bei der ich u.a. das „Nachrichtendienstlichen-Metier“ kritisch beäugen sollte ;-) Und ich hatte einen verdammt guten Lehrmeister in Sachen strategische Analyse und nachrichtendienstlicher Zusammenarbeit auf Regierungsebene…..
ich versuch’s mal so zusammenzufassen:
der halbstarke Lümmel hat seine Mama böse angekläfft, weil sie (aus mehr oder weniger guten Gründen) sein Zimmer durchsucht hat. Jetzt kommt allerdings die Sorge auf, daß Mama diverse Dienstleistungen nicht mehr wie gewohnt erbringt.
Zeit, erwachsen zu werden…wie wir wohl alle wissen, ist dies aber mit diversen – äh, Unbequemlichkeiten verbunden.
@ diba | 11. Juli 2014 – 8:52
Genau.
Es ist zu ergänzen, dass die US Amerikaner sich immer für das Zentrum der Welt halten und es in vielen Bereichen auch sind.
Grundsätze der Demokratie, des menschlichen Miteinanders und Grundlagen unserer Wertegemeinschaft werden jedoch regelmäßig verletzt.
Lügen und Betrug einzusetzen, kann nie Gutes erzeugen. Das wissen unsere Kinder bereits, im alten Europa. Lassen sie uns doch in das Jahr 2003 schauen, wie war das mit der Wahrheit?
Daher ist es nicht angebracht, nach Gründen zu suchen, warum die USA das tat. Auch intellektuelles „Geschafel“, warum unser Land irgendwie selbst schuld ist ausspioniert zu werden, unsere Politiker hingehalten und belogen werden.
Wenn die USA echte Freunde sind, dann entschuldigen sie sich, laut und wahrhaftig.
Wenn es nun eine Interessengemeinschaft geworden ist, dann eigentlich auch. Wäre halt (nur) zwechmäßig. Aber für die USA sind wir nicht so wichtig, halt altes Europa. Es könnte ein Fehler sein. Mit Kleinigkeiten fängt es meist an, Auswirkungen schaden beiden, aber das ist offensichtlich im Preis enthalten.
Die großen Strategen wissen ja immer alles im Voraus, Vietnam, Irak, Afghanistan sind gute Beispiele für zunächst vermeintlich gute Ansätze.
Kluges Nachdenken ist angebracht, denn bereits unsere Kinder lernen. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.
Am Rande: Es lacht schon der Teil der Welt über uns, der eigentlich nicht lachen sollte. In russischen (RT z.B.) und anderen Berichterstattungen ist dies ein Top Thema. Da kommt unser Land, die EU und die USA nicht gut weg, Spott und Hähme über die „Freundschaft“.
Aber möglicherweise lachen auch in den USA im „inner circle“ einige über die naiven Deutschen und die NSA o.ä. hören und lachen mit.
@ diba | 11. Juli 2014 – 8:52
Zitat: „So sehr ich klabautermann bisher hier mit seinen Kommentaren geschätzt habe – aber irgendwo ist es mit Kotau unserem großen Partener gegenüber auch mal gut! Es hört sich an, als ob die Deutschen Schuld haben, dass die US bei uns diese – wie auch immer unter Realpolitik verortete – Spionage betreiben. Wer Vertrauen will, muss dieses auch rechtfertigen.“
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Leider verkennen Sie die Lage vollkommen. Es ist Deutschland, bei dem seit Jahren Worte und Taten nicht zusammenpassen. Nicht nur die USA sind von dieser Unzuverlässigkeit betroffen, auch andere Länder, die sich eigentlich als Partner Deutschlands sahen, wundern sich nur noch über bundesdeutsches Verhalten. Da man vermutet, dass das nicht nur an IM Erika liegt, muss man sich ein reales Bild der deutschen Verhältnisse verschaffen. Dafür hat man Nachrichtendienste. Dass man hier bei Deutschland vielleicht etwas schärfer reagiert, liegt daran, dass Deutschland schon zweimal einen Weltkrieg vom Zaun gebrochen hat und die aktuellen Ereignisse erstaunliche Parallelen zum Zusammenbruch des Bismarck’schen Bündnissystems aufweisen – das Ergebnis ist denke ich bekannt. Man traut den Deutschen wieder Machiavellismus zu und traut den berufsempörten moralinsauren Äußerungen nicht mehr.
Wir müssen uns darauf einrichten, dass Länder wie Frankreich, England, die Schweiz, Italien, Polen und auch die USA ihr Verhalten gegenüber Deutschland in Richtung Eindämmungspolitik ändern. Die Ursachen dafür sind leider eindeutig in Deutschland zu finden.
Wenn es nur verletzte Eitelkeit wäre, hätte man das hinter verschlossenen Türen regeln können. Das Problem ist aber wohl bedeutend größer und von den Verursachern langfristig und strategisch geplant.
Ich möchte einen vielleicht nebensächlichen, aber m.E. nicht unbedeutenden politisch-taktischen Gedanken in die Debatte einführen: Der Komplex Sicherheitspolitik/Streitkräfteeinsatz/Rüstungsexport/Ausrüstung hat reichlich Potenzial, sich zum Sommerlochthema auszuwachsen.
Da ist die Bundesregierung gut beraten, „vor die Welle“ zu kommen, wenn sie nicht als Getriebene der Opposition dastehen will. Die Bundeskanzlerin hat ebenso wie die Union ein Jahr nach der Wahl hohe Zustimmungswerte. Die will man sich nicht verhageln lassen, zumal im August/September drei Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg bevorstehen. Sachsen ist das letzte Land, in dem die FDP noch mitregiert.
Eine weitere GroKo unter MP Tillich hätte Auswirkungen auf den Bundesrat.
Wenn die WM (hoffentlich erfolgreich) abgeschlossen ist, wird man fragen, wo – neben schwarzrotgoldenem Stadionjubel – die Stärken der Bundeskanzlerin liegen. Da macht es Sinn, sie jetzt schon mal zu zeigen.
@ f28 | 11. Juli 2014 – 9:41
Schöne Analogie! Spinnen wir sie fort:
Was, wenn Mama ein paar Drogen, den Türsteherausweis eines Bordells und die Mitgliedskutte der Hells Angels gefunden hat, obwohl Junior doch erzählte, er würde Physik und Philosophie studieren und in der Uni-Stadt im christlichen Wohnheim leben?
Der BND soll jetzt schon aus freiheitlichen Stücken sich von den US Diensten ferner halten. Nach der quasi Abschaffung der Bw für die Landesverteidigung, sollen jetzt auch der Geheimdienst BND seiner Kernaufgaben, die Auslandsaufklärung aufgeben. Daher werden die diesen Stunt durchgezogen haben. So erledigt sich gleich vieles von ganz alleine. Der Zweck heiligt halt die Mittel. Auch wenn man die Beziehungen zu den USA sehr schwer beschädigt. Was solls, schließlich kreist nach deren Weltbild die ganze Welt um Deutschland. Die Amis meinen dies ja noch viel stärker. Aus der Nummer kommen beide nicht mehr ohne größeren eigenen Schaden zu erleiden mehr raus.
Alternativen zu US Einrichtungen wie Ramstein werden die Amis in Europa nicht finden. Der geplante Rückzug aus DE wird sicherlich aus Finanziellen Gründen weiter gehen. Warum hier zu viel lassen, wenn man nicht willkommen ist?
Man darf nicht vergessen, dass die Amis sich so seit den WW2 verhalten haben, und das wurde toleriert. Jetzt gab es halt einen Umschwung.
In dem von @wacaffe gestern Abend verlinkten Artikel der huffingtonpost lautet der letzte und entscheidende Satz:
„[Today’s] scandal isn’t that we were intercepting Merkel’s phone calls, it’s that we couldn’t keep it secret.“
Ich glaube dies ist aus amerikanischer Sicht der entscheidende Punkt und wahrscheinlich auch aus deutscher Sicht.
Wer wie der damalige Kanzleramtsminister Steinmeier 2003 den Amerikanern die gesetzlichen Grundlagen zur technischen Aufklärung in Deutschland geschaffen hat, daraufhin bis zu 50 zivile Firmen, die bis dahin hoheitlichen Tätigkeiten der US-Amerikaner in Deutschland übernommen haben ( Echolon, Anzapfung des Internetknotens in Frankfurt durch Splitter usw. ) kann sich jetzt nicht beschweren, dass die Amerikaner in Deutschland spionieren.
So sehr es mich ärgert, dass anscheinend gegen die weltweite Überwachung der privaten Kommunikation kein Kraut gewachsen ist, so sehr muss man aufpassen, dass diese antiamerikanische Kampagne in Deutschland nicht von den latent amerikafeindlichen Strömungen in unserer Gesellschaft instrumentalisiert wird.
Es ist wie im richtigen Leben. Am Ende sind die Parteien zwar verstritten aber zur gegenseitigen Zusammenarbeit gezwungen. Was ist damit gewonnen ?
Ein entschiedeneres, dafür aber in der Öffentlichkeit leiseres „bis hierher und nicht weiter“ wäre besser gewesen.
@Benedikt: Stimmt, wir haben es noch immer mit Kriegsfolgen zu tun. Die USA hatten sich vorgenommen, Deutschland an der ganz kurzen Leine zu halten.
Wie kurz diese Leine ist, wurde durch Snowdon ausnahmsweise einmal sichtbar. Damit wir im Lande weiter das Märchen von der vollen Souveränität Deutschlands glauben, inszeniert die Chefin jetzt mal einen kleinen Aufstand in der Hundehütte, weil die Leine so kurz ist, daß dem Dackel die Luft wegzubleiben droht.
@f28: Sehr richtig. Und daß das Erwachsenwerden auch damit verbunden ist, daß man sein Leben aus eigenen Mitteln finanziert, gehört auch dazu. Und damit sind wir wieder beim Langfristthema: Germaniae, quo vadis? Wo bleibt unsere Strategie?
@TW & Elahan:
Mein Kommentar bezog sich recht deutlich auf die „NSA-Affaire“, die eigentlich nichts anderes als eine Mischung von russischem PR-Stunt und westlichem Presseversagen ist. Man schaue sich nur einmal die neueste „Enthüllung“ des NDR an: Wild erfundene Behauptungen, die auf den ersten Blick von der Quellenlage der Story bereits widerlegt werden, und dann im zweiten Blick – ja, da fällt auf, daß sogar das Quelldokument GEFÄLSCHT ist. Und zwar ziemlich dreist. Und schaut man sich dann die Personen an, die seit nun einem jahr diesen Sturm im Wasserglas inszenieren, landet man ständig im persönlichen Umfeld Putins.
Irgendwann muß mit der Naivität und Dummheit auch mal gut sein, und das darf sich eben nicht nur auf dilettantisch geführte CIA-Ops in Deutschland beziehen, sondern auch auf andere deutlich gefährlichere Dienste aus uns offensichtlich feindlich gesinnten Staaten.
Um von dieser hahnebüchenen Naivität wegzukommen, könnte beispielsweise anfangen, verschiedene Geheimdienstoperationen auseinanderzuhalten und nicht alles mit der „NSA-Affaire“ zu verquirlen.
Noch etwas: Wenn nun behauptet wird, befreundete bzw. alliierte Länder spionierten sich nicht gegenseitig aus: Das ist haarsträubender Unfug aus einem Paralleluniversum. Die alliierten Dienste haben in Deutschland spioniert und werden in Deutschland spionieren, genauso wie es sämtliche EU-Staaten tun. Das amüsierte Interview mit einem früheren griechischen Regierungschef, der nach eigener Aussage immer sehr herzlich lachen mußte, wenn er sich deutsche Regierungstelefonate angehört hat, scheint ein wenig untergegangen zu sein. Warum eigentlich? Schreit da kein nationalistischer Minderwertigkeitskomplex? Ist Rußland, und damit die Wikileaks-Truppe, weniger an einem Zerwürfnis zwischen Griechenland und Deutschland interessiert?
Und warum ist eine derart häufig beim Lügen und Manipulieren erwischte Truppe mit derart offensichtlicher Anlehnung an die russische Außenpolitik überhaupt so einflußreich in der deutschen Presse? Bedeutet Recherche inzwischen nur noch, „Wir fragen mal ’nen Moderator von Russia Today und lassen uns das abwechselnd von einem FSB-Anwalt und einem GAZPROM-Berater bestätigen“?
Herrschaftszeiten! Wir können die Unprofessionalität der CIA genausowenig ändern wie den technischen Spieltrieb der NSA-Geeks. Aber wir könnten mal erwachsen werden und kapieren, daß Deutschland nicht in Lummerland liegt sondern wie im Kalten Krieg eines der heißesten Schlachtfelder für Spionage und Propaganda ist, die auf der Welt existieren.
@Georg: Wenn der Rausschmiß in der US- Innenpolitik so ankommt, wie es scheint, dann war das die paar Scherben wert. Es muß klar werden, daß, wenn so weiter gemacht wird, der nächste Präsidentschaftskandidat nicht mehr in Berlin an der Siegessäule reden darf, sondern vielleicht auf einem Autofriedhof. Offenbar ist da drüben niemandem klar, was sie gerade dabei sind, ihrem Ansehen in Deutschland anzutun. Das ist der eigentliche Flurschaden. Wenn es so weitergeht, treffen sich die Transatlantiker nur noch in verschwiegenen Hinterzimmern, so wie man die Zeitung mit den vier Buchstaben ja auch „nur wegen des tollen Sportteils“ kauft.
@iltis:
das könnte (!) das Positive an der ganzen Geschichte werden: wenn das simple „weiter so“ nicht mehr funktioniert, müssen neue Ideen her. Vielleicht hat Mutti von ihrem Ziehvater Helmut ja doch mehr gelernt als simples Aussitzen (die Hoffnung stirbt zuletzt).
Wenn nicht jetzt, wann dann?
„Despite the diplomatic clash, Bahrain’s foreign ministry was quick to note relations with the US remain sound.“The government of Bahrain asserts that this should not in any way affect the two countries‘ relationship of mutual interests,“ according to a statement.
Bahrain, an American ally in a volatile region, is currently home to the US Navy’s Fifth Fleet.“
http://www.bbc.com/news/world-us-canada-28204511
Die Bahraini sind wenigstens so klug, diesen diplomatic clash nicht zum Grundsatzproblem zu machen.
Deutschland stellt Forderungen und die SZ meldet: „Kanzleramt beschränkt Kooperation mit US-Geheimdiensten“.
……..und „Männerfreundschaften“ bekommt eine ganz neue Bedeutung im sicherheits-politischen Kontext ;-)
@iltis: Ich bezweifle, daß in Obamas Truppe irgendwem klar ist, was in Deutschland gerade passiert. Obama hat sich als Senator nie für Außenpolitik interessiert, er tut es heute auch nicht. Er ist vor allem Innen- und Sozialpolitiker.
Reaktionen, die das Grundproblem erkennen, sieht man eher aus Kongress und Politikwissenschaft.
@califax
guter Kommentar. Berlin hat 24 Jahre lang gepennt und nun schiebt man den „schwarzen Peter“ in die genau falsche Richtung.
@ iltis
Grundsätzliche Zustimmung zu ihrem Kommentar aber, die amerikanische moralische Integrität, bzw. dessen Annahme von der Mehrheit der Deutschen ist seit Bush junior und dem Irakkrieg von 2003 endgültig verloren.
@klabautermann, das heisst also, was man 24 Jahre geduldet hat, darf man nicht anprangern oder gar daraus lernen und ändern? Dies US Verteidigung in diesem Fall ist ja fast schon so peinlich wie die Verteidigung der RUS Krimvereinleibung.
Der schwarze Peter soll also bei uns bleiben – muss man nicht verstehen.
@califax: Zum Erwachsenwerden gehört nun mal Abgrenzung. Papa muß einsehen, daß es ihn einen Scheißdreck angeht, was Junior in seiner eigenen Bude auf dem Klo treibt.
Wenn überhaupt in den USA jemand erkennt, was ihre Schnüffelei in jedem einzelnen von uns in DEU auslöst, dann ist das schon mal ein Ansatz. Oder anders gefragt: Wer hat sich noch keine Gedanken über seine Äußerungen hier und sonstwo gemacht, weil man inzwischen sicher sein kann, daß irgendwer mitliest?
@klabautermann: Nix is mit 24 Jahre gepennt. Leider. Denn Adenauer hat in nichtöffentlichen Verträgen den USA, UK und FRA weitestgehende Befugnisse zu unserer kompletten Überwachen zugesichert. Und diese Abkommen haben die 2+4- Verträge weitgehend unverändert überlebt. Und natürlich wissen alle Kanzler seit dem Alten von Rhöndorf das ganz genau. Sie erheben lediglich Anspruch darauf, daß es unter der Decke bleibt und nicht so peinlich wird. Und genau darum geht es. Die sollen endlich aufhören, mit der Fackel im Pulvermagazin der öffentlichen Meinung rumzustolpern. Niemand soll sehen, wie es hinter der Bühne unseres Polittheaters zugeht
@ iltis +1
@iltis:
Ich. Alleine schon deshalb, weil ich oft genug schriftliche und akkustische Sprachsamples hab anschauen und analysieren müssen und weiß, was für ein Arbeitsaufwand dahintersteckt. Für die behauptete Massenüberwachung fehlt schlicht das Personal auf dem Planeten Erde, und die veröffentlichten Dokumente deuten auch nicht auf wilde Massenüberwachung sondern auf das genaue Gegenteil: Zielfahndung mit einem Riesenberg Bürokratie oben drauf.
@califax: Welche Bürokratie denn? Daß das ein Richter anzuordnen hat, ist doch bestenfalls Rechtsfolklore heutzutage
@iltis: Dieses Märchen wird lustigerweise von Greenwald selbst widerlegt.
Das nervige ist die Hysterie, die sich im Gefolge der NSA-Enthüllungen überall breit gemacht hat. Jeder Berufsempörte aus Berlin, Hannover oder Neheim-Hüsten ist jetzt der festen Überzeugung, in Fort Meade wäre eine ganze Hundertschaft von finsteren Agenten ausschließlich damit beschäftigt, gerade ihn auszuforschen.
Da erklärt dann ein Professor einer Hamburger Universität im Nachrichtenmagazin »Der Spiegel«, er würde an ihn gerichtete Emails von Studenten mit einer Yahoo-Adresse grundsätzlich ungelesen löschen, denn das würde ja alles von der NSA überwacht.
In der englischen Sprache gibt es für diese Art von kollektiver Aufgeregtheit den schönen Begriff moral panic.
@ califax
Das die USA aber versuchen möglichst die gesamte Kommunikation dieses Erdballs technisch aufzuzeichnen und dann nach gesuchten Kriterien auszufiltern, dürfte aber mittlerweile erwiesen sein, oder sehen Sie das anders ?
@califax: Nee, so einfach ist das nicht. Nicht Greenwald sondern ein deutscher Richter, der den Umgang von Behörden – na, sagen wir mal – etwas zu großzügig findet.
@chickenhawk: Es mag Sie nerven, aber das Gefühl ist nun mal da. Das wurde ohne Not von den Überwachern selbst hervorgerufen und nun wundert man sich? Wenn man alles weiß oder wissen will, muß man sich sich doch klar darüber sein, was das in der Bevölkerung auslöst. Klar, jetzt sind die Überwacher die guten Beschützer und wir Doofies verstehen nur wieder nicht, daß es nur nur unserem besten dienen soll.
@iltis 1+
und jetzt schönes WoE