Rüstungsexporte: Der Vizekanzler auf dem Weg zwischen alle Stühle
Der Bundeswirtschaftsminister, Vizekanzler und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat sich erneut auf den Weg zwischen alle Stühle gemacht – nichts unbedingt Neues. Mit der Vorlage des Rüstungsexportberichts für das vergangene Jahr (erstmals, wie in der schwarz-roten Koalition vereinbart, vor der Sommerpause) hat Gabriel am (heutigen) Mittwoch weitreichende Neuerungen für die künftige Politik der Genehmigung von Rüstungsexporten verbunden. Der Bericht, der unter anderem Informationen über eine deutliche Steigerung von solchen Genehmigungen im vergangenen Jahr gegenüber 2012 enthält, ist deshalb weniger wegen seiner Statistik interessant: Die ist Ergebnis der Genehmigungspraxis in der schwarz-gelben Vorgängerregierung, zwar mit der selben Kanzlerin, aber einem FDP-Wirtschaftsminister.
Entscheidend ist deshalb der künftige Kurs, den Gabriel im Vorwort des Berichts bekräftigt. Den Text hat der Wirtschaftsminister vorsorglich wortgleich als Brief an die Bundestagsfraktionen verschickt. Einige Auszüge, die klar machen, wohin es gehen soll:
Rüstungsexporte sind kein Mittel der Wirtschaftspolitik. Sie sind ein Instrument der Sicherheitspolitik. (…)
Die Bundesregierung legt bei Rüstungsexporten in sogenannte Drittstaaten – also außerhalb von EU, NATO und gleichgestellten Staaten – sehr strenge Grundsätze an: Der Export von Kriegswaffen wird nicht genehmigt, es sei denn, dass im Einzelfall besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen für eine Genehmigung sprechen. Ein Anspruch auf Genehmigung besteht nicht. Es gelten die strengen, im Jahr 2000 von der damaligen Bundesregierung festgelegten „Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“. Das heißt: Das Bundeswirtschaftsministerium würde auch dann keine Genehmigungen für zweifelhafte Geschäfte erteilen, wenn sie mit der Sicherung von Arbeitsplätzen gerechtfertigt werden.
Gleichzeitig suche ich den Dialog mit der Rüstungsindustrie. Die Branche und die dort beschäftigten Menschenhaben einen Anspruch darauf, dass die Politik ihre Entscheidungen nachvollziehbar begründet. Auch hier musssich die neue Transparenz im Umgang mit Rüstungsgüternbeweisen. Es geht nicht um geheime Absprachen, sondern
vielmehr um das offene Gespräch darüber, welche technologischen Fähigkeiten am Standort Deutschland erhalten werden sollen, welche Potenziale die europäische Kooperation bietet, aber auch und insbesondere über Möglichkeiten der Konversion in den nichtmilitärischen Bereich. (…)
Außerdem legt die Bundesregierung erstmals strenge Maßstäbe auch für den Export von Überwachungstechnologie an – denn im Internetzeitalter werden Menschen nicht nur mit Gewehren und Panzern unterdrückt. Gerade Fragen des Exports von Überwachungstechnologie – der anders als der Rüstungsexport im Prinzip nicht nationalen, sondern europäischen Regularien unterworfen ist – werden angesichts der technologischen Entwicklungen in Zukunft noch intensiver diskutiert werden müssen.
Ich warne davor, jeden Export von Rüstungsgütern per se zu skandalisieren. Deutsche Unternehmen werden auch in Zukunft nicht nur unsere Bündnispartner, sondern auch
andere Staaten mit Rüstungsgütern und Kriegswaffen beliefern – um zum Beispiel den Schutz von Küstengewässern, die Terrorismusbekämpfung oder die legitime Landesverteidigung zu ermöglichen. Die Frage, ob die Summe der Rüstungsexporte sinkt oder steigt, kann nicht das alleinige Kriterium für den Erfolg oder Misserfolg der Exportpolitik sein. Es kommt jeweils auf den Einzelfall an.
Damit dürfte sich der Minister auf Prügel von allen Seiten vorbereiten. Von der Wirtschaft und wirtschaftsnahen Kreisen auch der Koalition, die sich an der Formulierung stoßen werden Das Bundeswirtschaftsministerium würde auch dann keine Genehmigungen für zweifelhafte Geschäfte erteilen, wenn sie mit der Sicherung von Arbeitsplätzen gerechtfertigt werden. Und von wesentlichen Teilen der Sozialdemokratie und zudem der Opposition – die jeglichen deutschen Waffenexport ablehnen – dürfte es heftigen Widerspruch für die Aussage geben Ich warne davor, jeden Export von Rüstungsgütern per se zu skandalisieren. Deutsche Unternehmen werden auch in Zukunft nicht nur unsere Bündnispartner, sondern auch andere Staaten mit Rüstungsgütern und Kriegswaffen beliefern – um zum Beispiel den Schutz von Küstengewässern, die Terrorismusbekämpfung oder die legitime Landesverteidigung zu ermöglichen. Die Frage, ob die Summe der Rüstungsexporte sinkt oder steigt, kann nicht das alleinige Kriterium für den Erfolg oder Misserfolg der Exportpolitik sein.
Formal kann sich Gabriel natürlich genau so wie Regierungssprecher Steffen Seibert als Sprachrohr der Kanzlerin auf die Haltung zurückziehen, dass wie bisher alle Exportgenehmigungen auf der Basis der geltenden Gesetze und Richtlinien erteilt werden. Oder eben nicht erteilt werden. Also hat sich gar nichts geändert? Seibert sieht das so, wie er vor der Bundespressekonferenz klar machte:
FRAGE: Herr Seibert, ich wollte fragen, ob die Bundeskanzlerin denn uneingeschränktes Vertrauen in den verbal sehr restriktiven Kurs ihres Vizekanzlers in Sachen Rüstungsexportpolitik hat oder ob sie eher sozusagen mitmacht, weil Herr Gabriel das eben besonders stark will.
STS SEIBERT: Ich bin nicht ganz sicher, dass ich Ihre Frage verstehe. Wir haben über den Rüstungsexportbericht hier heute schon gesprochen. Es ist von Staatssekretär Kapferer bereits vorgestellt worden, welche Genehmigungen im Jahr 2013 erfolgt sind. Ich kann hier nur noch einmal wiederholen: Die Maßstäbe und die Kriterien, nach denen Rüstungsexporte genehmigt werden, sind mindestens seit dem Jahr 2000 unverändert, als die damalige Bundesregierung dafür Grundsätze aufschrieb. Seit 2008 gibt es solche Grundsätze auch auf europäischer Ebene. Es sind jeweils Einzelfallentscheidungen. Die für 2013 liegen nun vor, und über die für 2014 werden wir zeitnah nach den jeweiligen Sitzungen des Bundessicherheitsrats berichten.
ZUSATZFRAGE: Ich frage deswegen, weil der Vizekanzler durch viele Erklärungen den Eindruck erweckt, dass ab sofort eine restriktivere Exportpolitik betrieben wird. Das wäre dann sozusagen eine Kehrtwende bei der Bundeskanzlerin, die ja auch in der letzten Saison schon Kanzlerin war. Meine Frage: Vertritt auch die Bundeskanzlerin jetzt die Linie einer sehr viel restriktiveren Rüstungsexportpolitik?
STS SEIBERT: Die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung war stets restriktiv, weil sie sich stets an den sehr strengen Maßstäben orientiert hat, die in den beiden Grundsätzen aus dem Jahre 2000 national und 2008 europäisch niedergelegt sind. Sie hat stets auf Einzelfallprüfungen fundiert, sie hat stets die Fragen von möglicher Beeinträchtigung von Menschenrechten usw., möglicher Zuspitzung von sicherheitspolitischen Situationen gestellt. Insofern sind wir immer noch den gleichen Kriterien verpflichtet. Sie werden jedes Mal einen Einzelfall zu prüfen haben, und darüber, wie diese Prüfung ausgeht, wird berichtet.
ZUSATZFRAGE: Es gibt also keine Kehrtwende in der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung?
STS SEIBERT: Von einer Kehrtwende kann mit Sicherheit nicht die Rede sein.
FRAGE: Um es vielleicht am Einzelfall festmachen zu können: Gibt es aus dem zurückliegenden Berichtszeitraum, über den heute schon gesprochen wurde, irgendeine Exportentscheidung, die aus heutiger Sicht so nicht mehr getroffen würde? Habe ich mich unverständlich ausgedrückt?
STS SEIBERT: Nein, ich komme schon hinterher, aber ich weiß nicht, wie ich Ihnen diese Frage beantworten soll. Es werden Einzelfallentscheidungen getroffen, und Endgenehmigungen werden Ihnen mitgeteilt. Endgenehmigungen sind Endgenehmigungen. Nun werden weitere Einzelfallentscheidungen zu treffen sein, je nachdem, wie die Anfragen hereinkommen. Diese Einzelfallentscheidungen werden immer wieder nach der jeweiligen aktuellen Situation in dem Empfängerland und in dem Verhältnis zwischen uns und dem Empfängerland zu beurteilen sein.
ZUSATZFRAGE: Unsere Fragen sind ja sozusagen der Versuch, herauszubekommen, ob sich in der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung etwas geändert hat. Es wäre schön, sozusagen einen Maßstab zu haben, an dem man das messen kann. Wenn Sie jetzt also die Exporte des vergangenen Jahres betrachten, wäre die Frage: Sticht irgendein Export heraus, von dem man sagen kann, dass der aus heutiger Sicht so nicht mehr genehmigt würde?
STS SEIBERT: So kann ich Ihnen diese Frage nicht beantworten. Wir berichten nach Einzelfallprüfungen unter strengen Kriterien über erteilte endgültige Genehmigungen. Künftige Fälle werden entsprechend unter den dann geltenden aktuellen Bedingungen wiederum im Einzelfall streng geprüft. Nicht erteilte Genehmigungen werden aus verschiedenen außenpolitischen und außenwirtschaftspolitischen Gründen die, glaube ich, nachvollziehbar sind nie mit der Öffentlichkeit besprochen. Insofern werde ich auch hier keine Negativaussage über mögliche Genehmigungen machen, das versteht sich doch eigentlich.
VORS.: Kann das Wirtschaftsministerium ergänzen?
ROUENHOFF: Herr Seibert hat alles dazu gesagt. Unser Minister hat sich in vielen Artikeln dazu geäußert und hat klar gemacht, dass Rüstungsexporte kein Mittel der Wirtschaftspolitik sind, sondern ein Instrument der Sicherheitspolitik.
FRAGE: Ich möchte einmal das, was man, glaube ich, eine Lernfrage nennt, stellen: Schaut man sich hinsichtlich der Restriktionen bei der Ausfuhr in Länder, in denen die Waffen möglicherweise für Menschenrechtsverletzungen benutzt werden könnten, nur an, inwiefern der jeweilige Staat mit den Waffen Menschenrechte verletzten könnte, oder schaut man sich an, ob die Waffen generell, wenn sie im jeweiligen Land im Umlauf sind, zu Menschenrechtsverletzungen führen könnten?
ROUENHOFF: Bei Rüstungsexporten in Drittstaaten legt die Bundesregierung grundsätzlich besonders strenge Kriterien an. Das heißt, der Export von Kriegswaffen wird nicht genehmigt, es sei denn, dass im Einzelfall besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen für eine Genehmigung sprächen.
ZUSATZFRAGE: Wie würde dann beispielsweise so ein Fall wie in den Vereinigten Staaten diskutiert werden? Werden Exporte von deutschen Kleinwaffen durch diese Prüfung überhaupt erfasst? Falls ja: Muss man davon ausgehen, dass, wenn diese Waffen irgendwo auftauchen, die Bundesregierung die 10.000 oder 11.000 Morde mit diesen Waffen in den Vereinigten Staaten nicht als Menschenrechtsverletzungen ansieht?
ROUENHOFF: Ich bitte um Verständnis, dass ich hier jetzt zu einzelnen Punkten nicht Stellung nehme. Herr Seibert hat es gerade auch noch einmal deutlich gemacht: Die Entscheidungen über Ausfuhrgenehmigungen sind immer Einzelfallentscheidungen, die entlang der strengen Kriterien, die sich die Bundesregierung, aber auch die Europäische Union auferlegt hat, geprüft werden, und anhand dieser Prüfung wenn sie denn positiv ausfällt werden natürlich auch die relevanten Aspekte, die ich zuvor erläutert habe, berücksichtigt.
FRAGE: Verzeihen Sie, ich habe den Bericht noch nicht gesehen, aber können Sie uns sagen, was der Trend bei der Erfolgsquote von genehmigten Exporten gegenüber den Anfragen für Exporte ist? Ist auch da die Tendenz steigend, ist die Tendenz sinkend, oder darf man auch das nicht sagen?
ROUENHOFF: Da muss ich einmal nachfragen: Was meinen Sie denn mit „Erfolgsquote“?
ZUSATZFRAGE: Eine deutsche Firma, die irgendwo Waffen verkaufen möchte, muss bei Ihnen ja eine Genehmigung dafür erwerben. Wie viele von den Anfragen werden abgelehnt, wie viele bekommen grünes Licht, und wie sieht das im Vergleich zu anderen Jahren aus? Wir wissen ja, dass die Tendenz generell steigend ist, aber wie sieht es mit der Erfolgsquote aus, wenn ich ein Waffenexporteur wäre?
ROUENHOFF: Der Rüstungsexportbericht legt die Zahlen zu den ablehnenden Bescheiden offen. Im Jahr 2013 wurden 71 Anträge im Gesamtwert von 10,04 Millionen Euro abgelehnt.
STS SEIBERT: Nur zwei kurze Hinweise: Erstens ist der Rüstungsexportbericht im Internet auf BMWi.de abrufbar; das ist vielleicht eine interessante Lektüre für Sie.
ZUSATZ: Ich lese das immer gern, ich hatte aber heute sehr viel zu tun gehabt.
STS SEIBERT: Ich weiß, ich sage es nur das soll kein Angriff sein, ich wollte nur eine Dienstleistung machen.
Zweitens trifft man, glaube ich, den Nagel nicht auf den Kopf, wenn man einfach so sagt, die Tendenz sei steigend. Nach sehr stark oder kräftig gesunkenen Zahlen im Jahre 2012 ist das Gesamtvolumen der Genehmigungen im Jahre 2013 tatsächlich wieder gestiegen, allerdings auf einen Stand, der zum Beispiel mit dem von 2008 vergleichbar ist. Das heißt, es gibt da keine einfache graduelle Bewegung nach oben, so wie Sie das gerade angedeutet hatten.
ZUSATZFRAGE: Dann habe ich eine etwas naive Frage. Immer, wenn diese Rüstungsexportberichte herauskommen ich lese die immer gerne, ich finde das faszinierend , frage ich mich als Außenstehender in Deutschland immer: Wie passt dieser Boom in Deutschlands Waffenindustrie mit dem Grundsatz „Nie wieder Krieg“ zusammen? Entschuldigen Sie, dass ich eine so naive Frage stelle, aber ich bin nicht der Einzige, dem es so geht, wenn man im Hinblick auf Waffen vom „Exportweltmeister Deutschland“ redet.
STS SEIBERT: Dann versuche ich mich an einer einfachen Antwort wir werden das hier sicherlich nicht ausdiskutieren können : Es gibt immer wieder gerade auch dann Gründe, einem Rüstungsexport zuzustimmen, wenn man die Stabilität einer bestimmten Weltregion fördern will.
Also: Von einer Kehrtwende kann nicht die Rede sein, ist die offizielle Auskunft der Bundesregierung. Wen das ebenso ratlos macht wie mich, der muss den nächsten Rüstungsexportbericht abwarten – und der kommt ja, auch das ist in der Koalition vereinbart, am Ende dieses Jahres. Da wird dann interessant sein zu sehen, in welche Länder Exporte genehmigt wurden. Vom zuständigen Wirtschaftsminister und vom Bundessicherheitsrat mit SPD-Beteiligung.
Noch kurz, damit es nicht ganz untergeht, die Zusammenfassung aus dem aktuellen Rüstungsexportbericht:
Im Jahr 2013 wurden für Rüstungsgüter Einzelausfuhrgenehmigungen im Wert von insgesamt 5,846 Mrd. € erteilt (2012: 4,704 Mrd. €). Der Gesamtwert ist gegenüber dem Vorjahr somit um rd. 1,14 Mrd. € gestiegen. Ein Anteil von rd. 38 % des Wertes der Einzelausfuhrgenehmigungen entfiel auf EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder (2012: rund 45 %), rund 62 % auf Drittländer (2012: rund 55 %). Der hohe Anteil der Ausfuhrgenehmigungen in Drittländer ergibt sich aus umfangreichen Genehmigungen nach Algerien, Katar, Saudi-Arabien und Indonesien.
Auf Entwicklungsländer 2 entfielen im Berichtsjahr 9,6 % des Gesamtwerts aller Einzelgenehmigungen (2012: 7,0 %). DerWert der erteilten Sammelausfuhrgenehmigungen für Ausfuhren im Rahmen wehrtechnischer Kooperationen zwischen EU- und NATO-Partnern belief sich im Berichtsjahr auf 2,494 Mrd. € (2012: 4,172 Mrd. €).
Neben den Werten der erteilten Ausfuhrgenehmigungen werden bei Kriegswaffen auch die tatsächlichen Ausfuhren erfasst (2013: 933 Mio. €, 2012: 946 Mio. €). Der Gesamtwert ist damit gegenüber dem Vorjahr um 13 Mio. € zurückgegangen. Da die erteilten Genehmigungen nicht unbedingt im selben Jahr für eine Ausfuhr ausgenutzt werden, fallen Genehmigungs- und Ausfuhrzahlen in der Regel auseinander. Der Anteil der Ausfuhren in EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder belief sich im Berichtsjahr auf rund 33 % (2012: rd. 41 %), der Anteil der Ausfuhren in Drittländer auf rund 67 % (2012: rd. 59 %). Davon gingen Lieferungen in Höhe von 274,7 Mio. € in die Republik Korea, Lieferungen in Höhe von 102,3 Mio. € in die Vereinigten Arabischen Emirate, Lieferungen in Höhe von 59,1 Mio. € nach Algerien und Lieferungen in Höhe von 52,5 Mio. € nach Singapur. Auf diese vier Länder entfielen damit rd. 55 % des Gesamtvolumens der kommerziellen Kriegswaffenausfuhren an Drittländer.
Übrigens, auch das ist eine – inoffizielle – Neuerung und vielleicht noch nicht so bekannt: Dass Spitzenleute der Rüstungsindustrie mit Kabinettsmitgliedern reden, auch mit dem Wirtschaftsminister, ist üblich – dass der Minister solche Treffen auf seiner Facebook-Seite öffentlich macht (wenn auch nicht die Inhalte), dagegen nicht.
(Vorsorglicher Hinweis: Wer meint, das Thema zum unsachlichen Bashing Gabriels nutzen zu müssen, muss auch die Konsequenzen ziehen.)
(Foto, weil man das Thema Rüstungsexporte immer zwingend mit einem Panzer bebildern muss: Informationslehrübung Heer 2010, getarnter Leopard 2 verlässt seine Stellung – Bundeswehr/Trotzki via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
Die SPD will halt die Friedensbewegten glücklich machen, aber nicht wirklich was machen und dann ggfs Arbeitsplätze gefährden
Also so richtig verwundern muss die Diskrepanz in den Aussagen nicht, das ist schließlich Parteipolitik. Gabriel will ausdrücken, dass er restriktiver sein will und das wirft sofort die Frage auf, ob die letzte Regierung Merkel denn dann zu wenig restriktiv war. Der Frage entgegnet dann das CDU Lager mit der Aussage, es ändere sich doch gar nicht wirklich was. Man gönnt offensichtlich der SPD keine Profilierung an der sehr stark polarisierenden Front. Sonst hätte man ja auch antworten können, dass die aktuellen politischen Entwicklungen verdeutlicht haben, dass man tatsächlich noch restriktiver sein muss…. hat man aber nicht gesagt, was auf etwas Gerangel zwischen Merkel und dem selbstbewusster werdenden Vize hindeutet.
Interessant finde ich aber die deutliche Betonung Gabriels, dass der Export Mittel der Sicherheitspolitik sei. War das bislang in der offiziellen Lesart denn auch schon so im Mittelpunkt? Bislang erschien mir die Argumentationslinie eher in Richtung Wirtschaftsfaktor und Wissenserhalt zu gehen.
„dann ggfs Arbeitsplätze gefährden“
Tut sie aber bereits, indem sie ausländische Kooperationspartner der deutschen Rüstungsindustrie verunsichert. Kein Rüstungsprojekt ist noch rein national und die Überlegungen ausländischer Unternehmen diese künftig „German Free“ zu halten, um Probleme zu vermeiden, ist sicherlich kein Witz.
Das Arbeitsplatzargument ist vielleicht bei lokalen MdBs (gerade an der Küste) an der Vorderfront, national ist vielmehr folgender Satz zentral:
„Es geht nicht um geheime Absprachen, sondern vielmehr um das offene Gespräch darüber, welche technologischen Fähigkeiten am Standort Deutschland erhalten werden sollen.“
Genau deswegen warte ich seit Beginn der von Gabriel angestoßenen Politikänderung auf eine Äußerung aus dem BMVg. Immerhin geht es um die zukünftige Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. Dabei müssen wir nicht alles selber herstellen, aber wir sollten schon strategisch entscheiden, in welchen Bereichen wir uns abhängig machen und in welchen wir eigenständig bleiben wollen.
Wenn Deutschland sich nicht völlig vom Ausland abhängig machen will, braucht Deutschland eigene Rüstungsunternehmen. Damit diese überleben können, müsste Deutschland entweder seine Rüstungsausgaben massiv steigern oder eben Rüstungsexporte genehmigen.
Falls Deutschland seine Rüstungsexporte sehr restriktiv handhaben sollte, wird es keine Rüstungsindustrie in Deutschland mehr geben. Durch Importe unterstützte man dann nur noch ausländische Rüstungsunternehmen – Einfluss auf diese hätte Deutschland dann sicher nicht.
Jetzt kommt doch immer mehr Herraus warum man diese Industrie braucht , aber mache leben in ihrer Welt .
Das in der Ukraine Krise , wo man eigentlich wissen sollte warum man die Industrie braucht
@Hohenstaufen
Zustimmung. Das Ziel ist die sog. Bewertungskompetenz, die deutsche Unternehmen dazu befähigen soll, Kooperationen auf plusminus Augenhöhe mit ausländsichen Partnern eingehen zu können, um einerseits den Bedarf der Bw bedienen zu können, und andererseits Exportchancen zu erhalten.
Erfolgreicher Export bedeutet auch, dass Gelder in den großen Topf von Schäuble zurückkommen.
Fazit: Ist die deutsche Rüstungsindustrie Teil der nationalen Sicherheitsarchitektur? Natürlich ist sie das; sie ist es sogar in der „neutralen“, kleinen Schweiz. Das Sensationelle an der Meldung ist, dass erstmalig ein Spitzenpolitiker Rüstung in Deutschland in den richtigeren Kontext bringt – Gabriel auf einen Stuhl mit Rückenlehne.
@ TW.
Der Rüstungsexportbericht im Dez. soll das erste Halbjahr 2014 abdecken; er wird wenig oder keine Überraschungen enthalten, weil in den ersten sechs Monaten dieses Jahres kaum etwas Strittiges NEU entschieden wurde (rechtlich verbindlich Zugesagtes dagegen schon).
Die Bundesregierung wird mit der Abarbeitung anstehender potentiell strittiger Entscheidungen meiner Einschätzung nach erst beginnen, wenn das Urteil des BVerfG zur Klage der Grünen im Oktober/November (?) vorliegt. Bis dahin wird voraussichtlich wenig passieren .
Eine Trendwende in der Genehmigungspolitik kann also voraussichtlich erst im letzten Quartal 2014 sichtbar werden und wird vom Volumen her den Jahrestrend 2014 nicht prägen. Der Bericht über 2014 im Juni 2015 dürfte vor allem davon geprägt werden, dass 2014 vieles nicht mehr entschieden werden konnte. Da spricht vieles für einen Rückgang, zumal ja aufgrund der Regeln der Verbringungsrichtlinie schrittwiese immer mehr Exporte zertifizierter Unternehmen in andere EU-Staaten aus der Genehmigungspraxis und damit aus der deutschen Statistik herausfallen werden. Diese strukturelle Veränderung trägt schon heute zu dem prozentualen Anstieg der Bedeutung der Genehmigungen für Drittländer bei und reduziert die Vergleichbarkeit mit früheren Jahren.
Die Beschwerden aus der Wirtschaft und die Kritik einzelner Kommentatoren hier setzen deshalb auch teilweise falsch an: Minister Gabriel lehnt m.W. nicht ab, sondern die Bundesregierung wartet, welche Veränderungen und Vorgaben das Verfassungsgerichtsurteil bringen wird. Sie greift diesem nicht vor.
Tagesschau brachte das 100 000 Arbeitsplätze abhängig sind
+ x was daran Sitz an Zulieferer und Dienstleister
Viele Firmen überlegen sich s dass man Produktion ( Frankreich ) verlegen will, das man da aus leichter exportieren kann