Debatte: Ukraine, Russland, der Westen…
Da es in den jeweiligen Ukraine-Threads die Neigung zu sehr grundsätzlichen Debatten gibt… mache ich hier einen neuen Thread für diese Diskussion auf. Was jenseits der aktuellen Lage grundsätzlich debattiert werden soll, gehört hierher (und einiges verschiebe ich auch hierhin).
@wacaffe | 06. Mai 2014 – 21:55
„krieg ist primär destruktiv richtig. trotzdm entstehen in, durch und wegen ihm innovationen die sonst nicht aufgetreten wären.
techniken,religionen,staatsformen usw.
sich nur auf die zerstörung materieller und personeller art zu konzentrieren greift m.E. zu kurz.“
Nein, verehrter wacaffe, hier irren Sie fundamental.
Es waren durchweg die Friedenszeiten, d.h. geordnete, prosperierende Umgebungen, die die Menschheit technisch, kulturell und wissenschaftlich vorangebracht haben.
Technisches Wissen wurde in Kriegszeiten zwar verstärkt und zielgerichtet genutzt, doch die großen Eurekas bedurften anderer Umstände. Auf die großen Werke der Weltliteratur, welche vom Krieg handeln hätte die Menschheit auch gut verzichten können wenn sie dafür den Krieg nicht hätte erleben müssen. Staatsformen-und theorien sind auch nicht angesichts von Kriegen ersonnen worden; bestenfalls wurden sie nach Kriegen übernommen.
Gem:
http://de.global-rates.com/zinssatze/zentralbanken/zentralbank-russland/cbr-zinssatz.aspx
war die letzte CBR Zinssatzänderung am 25.04.
ich mache es mal per analogie um meine perspektive zu verdeutliochen.
angenommen Sie haben morgen einen Autounfall (was ich ihnen natürlich nicht wünsche) und sind danach vom hals abwärts gelähmt. dies hat naturgemäß zur folge, das sich ihr lebenswandel fundamental ändert. plötzlich lesen Sie werke zur quantenphysik weil sie viel zeit und wenig bewegungssportaltenativen haben. zack da fällt ihnen doch spontan die große vereinigte Theorie GUT ein.
jetzt die Frage wäre das auch ohne den Unfall passiert und kann man diesen zumindest als Katalysator wenn nicht gar conditio sine qua non für die entdeckung bezeichen.
oder auch
wer sich die finger am herd verbrennt entwickelt später vielleicht den „herd mit anti handbrennfunktion“ ;)
ist vielleicht eher die vogelperspektive aber auf ebene von gesellschaften und zivilisationen sieht es mE. so aus
@ Zivi a.D. | 06. Mai 2014 – 22:39
Mea culpa! Falschen Link erwischt!
### Trennung ###
Streiche mein Posting von 061701Bmay14, setze:
Spon meldet: Finanzkonzern VTB: Russische Bank buhlt um deutsche Sparer
Das wäre der Titel des Artikels, den Link muss man sich dann via Google suchen. Es geht um die Erhöhung von Festgeldzinsen explizit für deutsche Sparer. Und wegen des Verdachts, dass das Geld von Sparern nach Mütterchen Russland geschafft wird, steht die VTB unter besonderer Beobachtung.
@wacaffe, klabautermann etc.
Ich glaube dass Sie alle etwas Recht haben. Sicher ist es so, dass große Notlagen zu großen Anstrengungen und damit manchmal zu einer Beschleunigung von Entwicklung führen. Garantien gibt es dafür nie, aber der Effekt ist im WW2 deutlich im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik zu erkennen. Andererseits ist es aber auch so, dass Kriege eine sehr negative Auswirkung auf die langfristige Entwicklung haben und die Zeiten größter zivilisatorischer Weiterentwicklung eigentlich immer besonders solche Episoden waren, in denen es Sicherheit und Stabilität gab. Paradebeispiele dürften die Goldenen Jahre Athens oder Florenz in ihren Epochen sein. Gigantische Schritte in kürzester Zeit in stabilem Umfeld und wirtschaftlicher Blüte.
Es dürfte sehr schwer zu belegen sein, aber ich würde doch dringend annehmen, dass in Kultur, Wissenschaft und Wohlstand, Kriegszeiten langfristig mehr schaden als helfen.
Ähnlich sieht es im politischen Umfeld aus. Extrem verfahrene Situationen führen geschichtlich gesehen oft zu Krieg, der die Probleme manchmal dauerhaft lösen kann. Das ist aber auch eine Ausnahme, denn wenn die politische Lösung im Anschluss nicht gelingt, dann geht es wenig später von vorne los. Lothringen, Flandern, Elsass etc. sind ein glänzendes Beispiel: Seit Karl der Große starb bis zum zweiten Weltkrieg solide Quelle für Konflikte. Das hat keiner der Kriege lösen können, erst mit der Nachkriegsendwicklung und der EU sieht die Sache ganz anders aus.
Also mein Fazit: Kriege sind sicher Auslöser und auch Folge großer Umbrüche und haben damit sicher auch positive Folgen. Aber eine Rolle als genereller Fortschrittsmotor sehe ich ganz und gar nicht. Eher noch als langfristiger Bremsklotz.
@drd
Sehr guter Kommentar.
Ich bin da etwas knapper: Das Konzept: „Krieg als Fortschrittsmotor“ ist für mich einfach nur pervers.
Um das „pervers“ mal etwas näher zu erläutern:
Die Geburtsstunde der Entstehung z. Bsp. des Völkerrechts durch den Frieden von Münster und Osnabrück ist nicht durch den 30jährigen Krieg herbeigeführt worden, sondern durch die aus 30-jähriger, großräumiger, nackter Not, Tod, Angst und Verelendung herrührenden Einsicht der Rest-Völker und ihrer verbliebenden Masters, dass es so nicht weiter gehen kann und wieder geschehen darf . Ansonsten hat dieser Krieg Nord-Europa um mindestens 100 Jahre zivilisatorisch nach hinten und nicht nach vorne geworfen. Und die darauffolgende „Invasion“ Nord-Europas durch die italienische Früh-Renaissance und der damit verbundene Ziviisations-boost lag nur daran, dass in Italien der 30-jährige Krieg eben nicht so gewütet hat wie nördlich der Alpen.
Diese ganze Sache mag zwar in der Geschichte sostimmen, nur ob der Krieg als Fortschrittsmotor im Zeitalter des Atomkriegs noch taugt, sei mal dahingestellt.
Jeder Krieg, der groß genug wäre, eine gesellschaftliche Umwälzung zu erzeugen, würde heute das Risiko eines Atomkrieges beinhalten. Die Gesellschaft wäre danach definitiv umgewälzt…
Aber negativ gesehen denke ich, in Osteuropa und gerade in der Ukraine muss vielleicht mal die Hälfte einer Generation für Nation und Volk sterben damit der Nationalismus dort abstirbt. Und damit meine ich alle Seiten.
@JCR
Ihnen ist schon klar, dass „die Hälfte einer Generation“ in „Osteuropa und gerade in der Ukraine“ Millionen Menschen sind ?
Propagieren Sie hier Genozid ?
Nun, zu später Stunde noch ein paar real-strategische Nachrichten:
RF/China: http://www.ibtimes.com/russian-companies-strengthen-financial-ties-china-western-sanctions-over-ukraine-crisis-1580210
RF/China: http://thediplomat.com/2014/05/china-russia-military-ties-deepen-with-naval-drill-in-east-china-sea/
uuuuuuuund weiter gehts:
http://thediplomat.com/2014/05/china-russia-military-ties-deepen-with-naval-drill-in-east-china-sea/
und:
http://www.bloomberg.com/news/2014-04-09/putin-seen-signing-china-gas-deal-as-crisis-forces-russia-s-hand.html
Merke: die Steigerung von Geopolitik ist Geostrategie ;-)
@Zivi a. D.
„…Position bei denen, die wie Haushofer (etwa Paul Lagarde oder Artur Müller-Bruck, bekannter als Moeller van den Bruck) mit ihren anti-westlichen Reflexen und der daraus entspringen „Kulturkritik“ zu Wegbereitern des Faschismus wurden.“
Zu Wegbereitern des „Faschismus“ (ein total entgrenzter Kampfbegriff, den fast jeder im Munde führt und der bald so präzise wie „das Böse“ sein wird) wurden schon ganz viele erklärt.
Einer akut anti-westlichen Haltung wurde durch die britische Hungerblockade, das Eingreifen der USA und den Bedingungen des Versailler Vertrags Vorschub geleistet.
Zur Problematik bei Festschreibungen und Feststellungen:
„Menschlich aber bedeutet die Feststellung des Wesens eines Menschen eine Erledigung, die bei näherer Betrachtung beleidigend ist und die Kommunikation abbricht“ (Karl Jaspers)
@Klabauter
Schade, von Ihnen hätte ich derartige Anschuldigungen nicht erwartet.
Was ich damit meinte ist, dass im Moment auf jeder Seite tausende junge Männer mit demselben Enthusiasmus in den (Bürger( Krieg ziehen wie unsere Vorfahren 1914.
Wahrscheinlich benötigt es eine ähnliche Urkatastrophe, um diesen Nationalismus dort verschwinden zu lassen.
Gerade weil 2014 ist: Vor dem 1. Weltkrieg war die Welt schon ziemlich „globalisiert“. Aber infolge des Krieges wurde die Welt zurückgeworfen, gerade die Sowjetunion hat die Globalisierung aufgehalten, so dass sie erst 1990 fortgesetzt wurde.
Ich behaupte mal, dass wir die jetzigen Globalisierungsprobleme schon längst hinter uns hätten, wäre der 1. Weltkrieg (und in dessen Folge der zweite und der Kalte Krieg) ausgefallen.
Den „Krieg als Vater aller Dinge“ sehe ich kritisch, denn die Mittel, die in den Krieg gesteckt werden, hätte man sonst in andere Dinge investiert. Auch eine Naturkatastrophe bindet Mittel, die man sonst anders genutzt hätte.
Der Grundsatz, dass der Krieg technische Entwicklungen beschleunigt, gilt heute nicht mehr. Die Innovation im ist heute im zivilen Bereich schneller als im militärischen. In Deutschland wurden die lokalen Kulturen durch den Krieg in weiten Bereichen zerstört und nicht weiter entwickelt. 65 Jahre Frieden in der BRD sind ein Grund zum feiern. Selbst wenn ein Krieg etwas hervorbringen würde, sollten wir nicht bereit sein, den Preis zu bezahlen. Für die Ukraine gibt es nur eine friedliche Lösung mit Mehrwert.
Ich wäre mit voreiligen Schlüssen mal vorsichtig: Was ist z.B. mit einer der größten Innovation der Neuzeit:
Die Entstehung des Internets ist militärischen Ursprungs. In der Zeit des kalten Krieges Ende der 60er Jahre arbeitete das Department of Defence an einem Computernetz, dessen Ziel es war eine synchrone, möglichst dezentrale Datenstruktur zu schaffen. So wollte man auch noch nach einem potentiellen Angriff in der Lage sein eine vollständige, ununterbrochene Kommunikation zwischen allen militärischen Stützpunkten zu ermöglichen.
Die Welt von Heute ist das Ergebnis von Geschichte. Ein Krieg in Europa, Jahrzehnte nach dem Fall der Mauern, wäre die denkbar schlechteste Option und ich meine, jeder Gedanke daran und jede noch so krude Theorie über eine positive katalytische Wirkung oder gar dem Sterben das Wort reden ist wider aller Vernunft. Prosperierende Wirtschaften, faire globale Zusammenarbeit und Austausch sowie der Zugang zu Ressourcen und Informationen sind mMn verlässlichere Zukunftsgaranten als jede Form von militärischer Gewalt.
Die Hypothese, dass es Krieg braucht, um Fortschritt zu generieren, im weiteren Sinne eben „Krieg als Vater aller Dinge“ halte ich, vorsichtig ausgedrückt, für groben Unfug.
Im Wesentlichen läuft es bei den Wirkungen von Krieg auf zwei Punkte hinaus:
1) Im Krieg werden Ressourcen zielgerichtet im Rahmen einer zentralverwaltungswirtschaftlichen Kriegswirtschaft verwendet. Mit einer Zentralverwaltungswirtschaft kann man als Inhaber der Macht die Ressourcenverwendung besser steuern, sie ist aber allokativ ineffizienter als eine dezentral subsidiär organisierte Wirtschaftsform. Würde man in einer Friedensordnung die für das Forschungsvorhaben X benötigten Ressourcen zielgerichtet einsetzen, so wäre das im Sinne einer Wohlstandsökonomie klüger, weil man die Verluste durch Krieg und Effizienzverluste wegen Zentralverwaltungswirtschaft erspart. Weil zu Friedenszeiten aber sehr viele Individuen mitreden dürfen, unterbleibt diese Konzentration von Ressourcen oft.
2) Durch Krieg wird der Verteilungsmechanismus für Macht geändert. National zentralisiert sich die Macht auf die Bundesregierung, der man dank Notstandsgesetzgebung etc. kaum noch widersprechen kann. Man kann also durchregieren und der Inhaber der Macht ist fast allmächtig. All die „Lästigkeiten“ demokratischer Entscheidungsfindung entfallen weitgehend, weil man sie sich ob der apokalyptischen Kriegsbedrohung nicht mehr leisten will/kann.
International, also zwischen den Kriegsparteien, bestimmt der die Zukunft, der den Krieg gewinnt. Wer also die andere Nation niederringt oder zur Aufgabe bewegt, bestimmt die Gegenwart und Zukunft, damit auch die Geschichtsschreibung. Diese Macht des Siegers führt dann zu Glorifizierungen, die meist recht irrational sind.
Im Ergebnis vernichtet Krieg also ganz viele Ressourcen und verursacht eine Zentralisierung von Macht und eine aus der Not geborene/legitimierbare Reduktion demokratischer Mitwirkungsrechte.
Ein Sonderfall ist das absehbare Patt als Ausgang des Krieges: Damit kommen wir zu der Hypothese, dass es für Möchtegern-Machthaber durchaus rational sein kann, einen Krieg anzuzetteln, der absehbar mit einem Patt ausgeht, weil kein Gegner den anderen aufgrund der innewohnenden Gleichgewichte niederringen kann. Beide Kriegsparteien können aber durch den Krieg föderal subsidiäre Strukturen im eigenen Machtbereich reduzieren und die Zentralregierung mit mehr Macht ausstatten.
Damit kommen wir zu dem Punkt, dass ein Waffengang zwischen EU und Russland für Machthaber rational sein könnte. Putin möchte neuer Zar sein, ihm dient Zentralismus. In der EU möchten auch einige Zeitgenossen einen europäischen Zentralstaat errichten. In Friedenszeiten hat das Volk nicht mitgespielt, aktuell haben wir die neue Entwicklung, dass es in (neuen) Parteien organisierten Widerstand gegen die EU gibt. So ein wenig Krieg im Osten könnte den EU-Machthabern die notwendige zentralistische Macht geben, um „auferstanden aus Ruinen“ den neuen europäischen Zentralstaat aus der Taufe zu heben.
@Politikverdruss
Die US Lw hat das Konzept dezentraler Datennetze zunächst abgelehnt aber dann anerkannt und gesponsored. In Europa bastelte CERN zeitgleich an der gleichen Idee: mehrere vernetzte Großrechner zur Steuerung der Teilchenbeschleuniger und Messdatenaustausch zwischen Universitäten/Laboratorien etc..
http://de.wikipedia.org/wiki/ARPANET
Will sagen: das i-net wäre auch ohne das US Militär gekommen.
@ klabautermann | 07. Mai 2014 – 12:54
Zur Zeit des kalten Krieges und auch (kurz) danach gab es allerlei Mythen, welche Innovationen man denn der Hochrüstung zu verdanken habe und weshalb das doch nicht alles versenktes Geld gewesen sei …
Ich halte die meisten dieser Aussagen für gezielte PR, die das Ziel verfolgten, die Unzufriedenheit mit all den Verteidigungsausgaben abzumildern. Die wenigsten Menschen erkennen die Notwendigkeit für präventive Rüstung nach dem Grundsatz: Si vis pacem para bellum!
Da muss man sich allerlei kommunikative Hilfskonstruktionen überlegen, wie man das alles rechtfertigt. Da Menschen egoistisch sind, zieht das simple „Du hast doch Vorteile davon …“ immer wieder.
@Fabius: Zu den Wegbereitern der Nazis zählen zweifellos jene, die die Nazis selbst zu ihren Vorläufern zählten und das trifft auf die von mir genannten (und wohl auch auf Haushofer) zu. Wo sehen Sie da ein Problem? Lagarde lieferte einen soliden Anti-Semitismus zusammen mit dem anti-westlichen Komplex, Moeller-van-den-Bruck die Idee des „3. Reichs“ und Haushofer das „Volk ohne Raum“. Das ist doch schon eine Menge des braunen Inventars.
@Sun Tzu
Da sind wir mal einer Meinung ;-) Ich kannte da mal einen ehemaligen Major (Elektroing./Radartechniker) der US Lw, der in den 60gern ganz groß rauskam in Sachen IT:
http://de.wikipedia.org/wiki/Douglas_C._Engelbart
Fairer Weise muß man allerdings auch folgende historische Tatsache erwähnen: Die Geschichte des Office of Scientific Research and Development und seines directors:
http://de.wikipedia.org/wiki/Vannevar_Bush
@Sun Tzu
Und um das Thema abzurunden, empfehle ich die Lektüre:
http://de.wikipedia.org/wiki/Milit%C3%A4risch-industrieller_Komplex
Genau wie V.Bush ein technologischer war Eisenhower ein politischer Visionär:
„Wir in den Institutionen der Regierung müssen uns vor unbefugtem Einfluss — beabsichtigt oder unbeabsichtigt — durch den militärisch-industriellen Komplex schützen. Das Potential für die katastrophale Zunahme fehlgeleiteter Kräfte ist vorhanden und wird weiterhin bestehen. Wir dürfen es nie zulassen, dass die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet. Wir sollten nichts als gegeben hinnehmen. Nur wachsame und informierte Bürger können das angemessene Vernetzen der gigantischen industriellen und militärischen Verteidigungsmaschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen erzwingen, so dass Sicherheit und Freiheit zusammen wachsen und gedeihen können.“
Dieses Zitat könnte man in Sachen NSA/netzpolitik etc gut nutzen ;-)
@ Zivi a. D.
ein Problem sehe ich in der Feststellung der Kausalität und der zugeschriebenen Verantwortlichkeit.
@Sun Tzu
Darin, dass es keinen Krieg braucht, um Fortschritt zu generieren, stimme ich Ihnen vollkommen zu. Die beschleunigende Wirkung militärischen Interesses an bestimmten Entwicklungen ist aber geschichtswissenschaftlich erwiesen und insbeosndere bis zur Mitte des 20.Jahrhunderts nicht zu leugnen.
Dies mag für den Zweiten Weltkrieg und hier nicht einmal alle Kriegsparteien gelten, kann aber keine Allgemeingültigkeit für den „Krieg“ entwickeln. Diese Aussage ist nahezu ausschließlich für Kriege mit einer sehr weitgehenden wirtschaftlichen Mobilisierung oder totalitärer Staaten gültig. Bereits seit 1950 lassen sich kaum entsprechende Beispiele finden.
Diese Hypothese zielt auf eine noch geringere Fallgruppe, nämlich demokratische Staaten, die in einer kriegerischen Auseinandersetzung Notstandsgesetze aktivieren, um demokratische Kontrollmechanismen zeitweise zu entkräften. Abgesehen von den beiden Weltkriegen und hier nicht mal bei allen wichtigen Kriegsteilnehmern werden sie Mühe haben, Beispiele dafür zu finden. Diese Hypothese hat also ebenfalls keine Allgemeingültigkeit.
Richtig ist, dass Krieg enorme Ressourcen bindet, umverteilt und auch vernichtet. Ihre Hypothese der Zentralisierung politischer Macht und Reduktion politischer Mitwirkungsrechte ist aber in dieser Allgemeinheit aufgrund aureichender Gegenbeispiele weder historisch noch im 21.Jahrhundert haltbar.
Begrenzte Kriege, die ein begrenztes politisches oder territoriales Ziel verfolgen ohne die Absicht zu haben, die Gegenseite komplett „niederzuringen“, waren und sind noch heute die Mehrheit aller kriegerischen Auseinandersetzungen nicht nur von „Möchtegern-Machthabern.
Insgesamt halte ich Ihre Argumentation für zu speziell und auf wenige Beispiele begrenzt, um daraus eine solch allgemeine Schlussfolgerung zu ziehen oder sie auf die derzeitige Situation zwischen EU und Russland anwenden zu können.
Die Tendenz, dass Kriege (und noch viel mehr die Drohung derselben) zu einer Tendenz der Machtkonzentration führen ist aber historisch an einer Masse von Beispielen auszumachen. Das gilt für jegliche Staatsform. Frühe Staaten mit Gewaltenteilung hatten sogar schon Mechanismen, um dieser Tendenz nach dem Konflikt wieder entgegentreten zu können (man vergleiche etwa die Gesetze der römischen Republik vor dem Kaiserreich).
Diese Tendenz ist aber auch durch andere Krisen gegeben, die schnelles Durchgreifen erfordern und ganz besonders bei sozio-ökonomischen Herausforderungen. Ein recht aktuelles Beispiel kann man derzeit in Östereich „bewundern“:
http://kurier.at/politik/inland/umfrage-drittel-der-oesterreicher-wuenscht-sich-starken-fuehrer/64.268.881
Dieser Effekt kommt Putin in Russland gerade sehr zu gute, wie man an den Umfragewerten zur Beliebtheit ganz gut ablesen kann. Die haben doch gut zugelegt durch seine „entschlossener Anführer“ Show.
Mit verlaub aber die these ein “starker Führer “ bzw. Ein hoher Zentralisierungsgrad sei ein Innovationshemmnis kollidiert mit der Realität.
Südkorea, Taiwan, Singapur widerlegen sie ziemlich nachdrücklich. Manhattan project hätte ohne straffe führung und konzentratiom staatlicher Ressourcen auch nicht stattgefunden. Dito apollo Programm usw.
Ich würde sogar sagen das bis zu einer bestimmten maslow stufe liberale demokratien eher schaden.
Man versuche sich nur die Industrialisierung in Deutschland mit heutiger Arbeits und Umwelt gesetzgebung vorzustellen. “Tut mir leid herr krupp da wohntvder felhamster. Zeche ist abgeblasen“
:-)
@drd
Insgesamt verfängt das Argument, dass damit die Zentralgewalt gestärkt würde aber nicht. In ihrem Beispiel der römischen Republik wurden die Konsuln mit dem Oberbefehl ausgestattet, weil dies Teil ihrer Funktion war, aber eine Verringerung der Macht des Senats oder auch eine Aussetzung demokratischer Mitbestimmung durch Wahlen fand nicht statt. Im Gegenteil, man riskierte eher militärische Nachteile aufgrund ständiger Führungswechsel und politischer DEbatten. Dies änderte sich nur in Teilen, wenn für sechs Monate ein dictator eingesetzt wurde. Die Mehrheit ihrer Kriege führte die Republik aber ohne.
@ Cynic
D’accord unity of command ist eben auch im Zivilen wichtig. Sonst verantwortungsdiffusion,
@Cynic2
Sie haben mich zwar nicht angeschrieben, ich erlaube mir aber dennoch anzumerken, dass – wenn man mal die volkswirtschaftlichen und politisch-strategischen cost/benefit Analysen z.Bsp. des US GAO über den GWOT/Patriot Act (inkl. Irak und Afghanistan) studiert – sogenannte limited objective wars im mittel-/längerfristigen Ergebnis die hypothetischen Schlußfolgerungen zulassen, die Sun Tzu ausgeführt hat. Wobei man berücksichtigen muß, daß eben im beginnenden 21. Jahrhundert das Kriegsbild ein völlig anderes ist als zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Stichworte sind Cyberwar, Sanktionen etc.
@Cynic2
Auf eben den dictator Posten bezog ich mich. Die Mehrheit der Kriege konnte das Reich ja auch ohne ernste Eigenbedrohung in den Griff bekommen. Dass diese Tendenz jedoch wohlbekannt war, zeigt doch gerade, dass so viel Struktur geschaffen wurde, um einen regulus zu vermeiden. Ich denke schon, dass den Römern sehr bewußt war, warum sie den Senat nicht zu sehr beschneiden durften. Reversibel sind die allerwenigsten Alleinherrschaften.
Die These, dass die EU einen Konflikt will um Macht zu zentralisieren finde ich etwas gewagt. Die Zentralisierung scheitert ja nun eher weniger am Parlament denn an den Regierungen der Mitgliedsländer. Und Krisen geben diesen wieder mehr Befugnisse und Macht im einzelnen Land, ergo sehr viel Grund gegen EU Zentralisierung einzutreten. Da wäre solche Sachen wie die Eurokrise schon sehr viel geeigneter, um solche Ziele zu verfolgen.
@klabautermann
Zum einen behaupte ich nicht, dass es keine Beispiele gibt, die den Ausführungen von Sun Tzu entsprechen. Ich behaupte aber, dass es sehr wenige sind und sie daher keine Allgemeingültigkeit beanspruchen können.
Zum anderen kann ich in den von Ihnen erwähnten Beispielen weder eine „zentralverwaltungswirtschaftliche Kriegswirtschaft“ in den USA erkennen (im Gegenteil der Staat lenkt nicht die Wirtschaft, einzelne Unternehmen nehmen den Staat aus), noch eine Schwächung der demokratischen Mitbestimmung. Der Kongress hätte (wie immer) die Exekutive jederzeit einfangen können, wenn er denn gewollt hätte und der Kongress und auch die Bundesstaaten haben der Bundesregierung sofort ihre Grenzen gezeigt, wenn sie auch nur die Möglichkeit einer Befugnisausdehnung über innere/äußere Sicherheit hinaus erwähnten. Das hört sich nicht wirklich wie „zentralisiert sich die Macht auf die Bundesregierung, […] dank Notstandsgesetzgebung“.
@drd
Mich verwundert auch immer, dass hier einige Kommentatoren einerseits immer auf Putin einprügeln, auf der anderen Seite aber mehr zentrale und stärkere Führung aus einer Hand fordern ;-)
Wie sagte ich mal zu einem General: „Nehmen Sie besser beide Hände, mit einer Hand ist der Führungsauftrag nicht zu schaffen“ ;-)
@Cynic2
Nun ja, da lese ich auch die inneramerikanische Debatte über central versus distributed power etwas anders als Sie. Die USA haben natürlich als erste die neuen strategischen Fähigkeiten erkannt und ihre geostrategische, sicherheitspolitische Nutzung im Äußeren, aber auch im Inneren systematisch auf- und ausgebaut: IT und auch Robotik (z.Bsp. Drohne etc.).
Im Vergleich dazu sind die strategischen Innovationen des letzten Jahrhunderts ( Nuklear- und Raketentechnologie) deutlich „beschränkter“ in ihrer politisch-strategischen Nutzbarkeit/Nützlichkeit. ;-)
@Fabius: Ihre Verweise auf den WK1&Folgen gehen an der Sache vorbei, wir reden hier über Produkte des 19. Jahrhunderts, man könnte auch sagen: Die von mir angeführten anti-westlichen Reflexe zählen zu den Ursachen, die nach Verdun&Versailles geführt haben und sind eben gerade nicht Folge dessen was im und nach dem WK1 passierte (Moeller van den Bruck hat zwar überwiegend später publiziert, fügt der Sache in dieser Hinsicht aber nichts mehr hinzu, in dieser Hinsicht kein Mit- sondern eher ein Nachläufer).
Ansonsten Dank, ich sehe mich eher bestätigt in meiner Auffassung, dass wir es hier mit einer Koalition von sozialen Verlierern (bzw. sich vom Abstieg bedroht sehenden) zu tun haben, die vom Atlantik (FN) bis über den Ural (Putin) reicht. Putin macht sich doch ganz schmuck im Kreise seiner westlichen Freunde wie Viktor Orban, Silvio Berlusconi oder Mme LePen. Der schöne Wladimir taugt ohne weiteres als Traum-Schwiegersohn der westeuropäischen Rechtsradikalen.
@drd
Da stellen sie dann selbst die Einschränkung fest, die ich gegenüber @Sun Tzu auch machte. In der Regel kommt es auch während eines Krieges nicht zu einer Machtkonzentration, dies kann aber auftreten und sogar als notwendig erachtet werden, wenn eine „ernste Eigenbedrohung“ vorliegt. Interessanterweise war diese „Tendenz“ in der römischen Geschichte aber nicht gleichbleibend. Über Jahrhunderte funktionierte die Republik und erst im 1. Jahrhundert v.Chr. griff dann eine erhebliche Machtkonzentration auch durch militärische Operationen um sich, die sich im 1. Jahrhundert n.Chr. aber wieder ins Gegenteil verkehrte. Plötzlich wurde der Alleinherrscher umso angreifbarer wenn er Krieg führte, weil er sich verschuldete und aus den Führern starker Großverbände (maßgeblich der in Germanien stationierten Legionen) Rivalen erwuchsen. Da schwächte ein Krieg plötzlich die Zentralgewalt.
Ich denke, diese Zusammenhänge sind zu situationsabhängig und komplex, um so allgemeine Aussagen dazu zu treffen, wie sie hier fielen.
@Cynic2
Volle Zustimmung! Was man feststellen kann ist die Tendenz, dass bei existentiellen Krisen Menschen eher bereit sind einem mächtigen Anführer zu folgen. Dies kann zu Zentralisierung führen, wenn jemand in Machtnähe den Massen geeignet erscheint, oder zu Dezentralisierung, wenn lokal Machthaber auftauchen, in die die Menschen ihre Hoffnung setzen. Da wären wir auch schon wieder in der Ostukraine. Die Regierung und Staatsmacht ist kein Hoffnungsträger für die breite Masse, sonst wäre da nicht so leicht diese Situation entstanden. Russland schein ein paar Ukrainern ein geeigneter Kandidat, lokale Oligarchen wieder anderen Ukrainern, die EU besonders denen im Westen und und und…
@drd… Selbst n-tv hat dieses Thema aufgegriffen und vermeldet „Die sozio-ökonomisch verursachte Apathie führt zu einer Führer-Sehnsucht“, demnach 29 % der Befragten einer These zustimmen, die da lautet: „Man sollte einen starken Führer haben, der sich nicht um Wahlen und Parlament kümmern muss.“ wohlgemerkt geht es hier nicht um die Ukraine sondern um Österreich. (Quelle n-tv.de)
@klabautermann
Um nochmal kurz auf die China-Links zurückzukommen, irgendwie entgeht mir da die Brisanz.
Die eine Neuigkeit scheint zu sein, dass Russland bereit ist für die China-Pipeline draufzuzahlen. Das sagt viel über Russland, aber eigentlich nichts über China (ausser vielleicht, dass China nicht bereit ist für Russland in die Tasche zu greifen ;) ).
Die andere, dass der enorme Smog in China sich tatsächlich auf die Wirtschaftspolitik auswirke. Würde ich gern glauben, bin ich aber noch skeptisch. Auch dass russisches Gas hier die wirtschaftlichste Massnahme ist erscheint mir fraglich.
Insgesamt sehe ich hier keine Geopolitik oder Geostrategie, sondern schlicht stinknormale Marktwirtschaft. Militärische Kraftmeierei ist eben ne Scheinwelt für sich. Die Wirklichkeit findet anderswo statt, und ist um einiges pragmatischer und weltoffener. Gerade die Verflechtung der „Erzfeinde“ China und Taiwan ist da ein anschauenswertes Beispiel.
Und die russische Wirtschaft liegt ja nicht darnieder, weil die Welt Russland hasst oder russlandfeinddliche Staaten (wer sollte das sein?) Geopolitik und Geostrategie betrüben. Sondern schlicht weil in Russland ein untetnehmerfeindlicher Rahmen geschaffen wurde, und auch das eher mit vielen kleinen Sachen denn als grosse Strategie. Manches ist halt einfach unspektakulär, und da kann auch alle militärische Rhetorik nur bedingt drüber wegtäuschen.
(Und ironischerweise lenkt das Nato-Blockgetue ja noch von der derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Isolation ab. Oder welche Partner hätte Russland denn, die im Falle einer Krise beistehen? Da ist eben weder eine Solidarunion noch eine Koalition der Willigen zu erkennen.)
@J.R.
Der Einschätzung zu China kann ich mich nur anschließem. Ich würde fast vermuten, dass auch die lächelnde Betonung der Freundschaft hauptsächlich der Wirtschafts- und Außenpolitik gilt. China möchte gerade im Hinblick auf die immer wieder aufflackernden Handelskonflikte mit der EU ein Ass im Ärmel wissen. Ernsthaft die eigene Wirtschaft durch gleichzeitige Konfrontation mit EU, USA und Japan unter Druck zu setzen, ist für China aber sicher keine attraktive Option. Der Ärger mit Japan und USA wird ihnen ersteinmal genügen. Und wenn man nicht nur der EU etwas zeigt, dass man sich auch andersweitig umsieht, sondern auch noch ein wenig den USA ins Ruder greifen kann, dann lächelt man auch gern in die Kamera und betont, wie toll die Beziehungen zu Russland sind.
These: Von der jetzigen Krise zwischen EU und RF profitieren die beiden global Player USA und China, EU und RF verlieren dadurch.
RF sieht sich gerade dazu genötigt, sich wirtschaftlich – und damit auch politisch – stärker auf China hin zu bewegen; mit hohen Kosten. Der alte asiatische Antagonismus zwischen UdSSR/RF und China wird auf Kosten der ehemaligen Profiteure Vietnam und Indien weiter abgebaut. Das kann China strategisch nur stärken.
Der EU wird wieder einmal deutlich gemacht, daß sie eigenständig nicht handlungsfähig und darüberhinaus energieabhängig ist. Russland hat zwar gerade die Krim und auch wohl eine Menge Nationalstolz gewonnen, jedoch auch in der wirtschaftl. Entwicklung einen derben und lang anhaltenden Rückschlag erlitten.
@Gustav Struve
Das ließt man vielerorten, aber mir erscheint das so nicht wirklich schlüssig.
Zum einen ist mir der Vorteil der USA unklar. Die Regierung hat sich soweit nicht mit Ruhm bekleckert und wirkte vielfach etwas überfordert. Die klare Ausrichtung Konsolidierung des Haushalts (Obamacare wegen Haushaltsmitteln verlieren wäre sicher ein GAU), Reduktion der Verteidigungsausgaben, Reduzierung der NATO Aktivitäten in Europa, …. all das sind Punkte, bei denen die Krise wirklich stört.
China ist sicherlich auch nicht überglücklich mit der Lage. Sollte sichd ei Krise ausweiten oder verfestigen, wird es auf eine recht lange Zeit ein Lavieren zwischen „USA-Abwehrpolitik“ durch Russlandnähe und „EU-Handelspolitik“ durch Russlandbremsen geben müssen. Das kommt sicher nicht sehr passend bei den aktuellen Wirtschaftsproblemen.
Die EU hat eigentlich neutral betrachtet, keine großen Probleme bekommen. Da kann man über die uneinheitliche oder zögerliche Haltung meckern wie man will, aber sollte die Situation in der Ostukraine wieder stabil werden und Russland einlenken, dann geht die EU nicht eben geschwächt aus der Nummer heraus. Unerfreulich ist der kleine Boom der anti-europäisch motivierten Parteien, aber da muss sich erst noch zeigen, ob die pro-Putin Haltung bei den Randparteien nicht noch sehr schädlich wirkt. Zudem ist die Lage bei der NATO wieder stärker auf Europa zentriert. Das ist durchaus im Interesse der EU Staaten.
Russland hat unter Umständen seine Wirtschaft auf Jahre geschädigt. Das sehe ich auch so.
So richtig Profit sieht man eigentlich nirgens. Die US Rüstungswirtschaft mag unter Umständen etwas Gewinn einstreichen, aber das sind ja nun wirklich marginale Summen im Vergleich zur restlichen Volkswirtschaft. Allein die Verwerfungen im Investmentbereich in Russland dürften das bei weiten überschatten. In der EU scheint es eher nicht zu einem sprunghaften Anstieg der Verteidigungshaushalte zu kommen. Und wenn wäre auch das ein Witz gegen etwa die zu erwartenden Energiekosten durch Diversifizierung.
Ich verstehe die Tendenz, mit dem „Wem nützt es“. Aber ich denke, dass führt auch bei dieser Krise eher zu Verschwörungstheorien als zu tieferer Erkenntnis.
@ Zivi a.D.
Der erste WK1 war doch nicht nur ein Krieg gegen den Westen (GB, später VSA), sondern gerade auch gegen Russland und Serbien.
Die ausschlaggebenden Ursachen in „antiwestl. Reflexen“ zu suchen geht fehl. Weitere Gründe aus dem Stehgreif:
-Niederhaltung des D.R. da Besorgnis über wirtschaftl. Stärke und Bevölkerungswachstum
-Revanchismus für 1871 (Erbfeindgedanken auf beiden Seiten)
-tumbe Bündnispolitik Wilhelms nach Abgang Bismarcks
-allg.: techn. und wissenschaftl. rasende Entwicklung, daher vlt. Übermut („Befreiungsschlag“; „endlich“; „lieber jetzt als später“)
(versteifen wir uns nicht auf den WK1)
Mich würde interessieren: was meinen sie konkret mit antiwestl. Reflexen?
Bei mir könnte das konkret eine Abneigung gegen Fastfood-Filialen, die zu einer Uniformierung der Innenstädte führen, sein.
Mich begeistert moderne Kunst (Pop Art, Aktionskunst) oder moderne Architektur eher weniger. Wenn Sie von sozialen Verlieren sprechen, dann ist das bei mir insofern richtig, dass ich viel Erhaltenswertes langsam absterben sehe. Ein Bsp.: Ich wohne in Süddeutschland (BW) und habe selber eine Streuobstwiese, viele Obstbäume werden aber nicht mehr geschnitten, weil nur wenige junge Leute sich dafür begeistern können.
Mein Opa hat drei Brüder im WK2 verloren und ist danach sehr tüchtig und fleißig gewesen. Charakterlich mangelt es meiner Generation an Fleiß und Einsatzbereistchaft…
drd | 07. Mai 2014 – 22:55
Naja, „Lavieren“ ist eine diplomatische Kunst, die China schon gut versteht, zumal sie Chinas Kompromislosigkeit kaschiert. Auf mittlere Sicht rückt Europa geopolitsch doch etwas stärker an den Rand und Asien stärker in den Vordergrund. Da spielt es schon eine Rolle, ob RF China nolens volens eher zugeneigt ist als Europa. Es hätte auch deutliche Auswirkungen auf Südostasien. Selbst Indiens lange Partnerschaft mit UdSSR/RF würde darunter leiden und es müßte nach Alternativen suchen.
„Teile und Herrsche“ ist keine Verschwörungstheorie, sondern eine Methodik.
„Zudem ist die Lage bei der NATO wieder stärker auf Europa zentriert. Das ist durchaus im Interesse der EU Staaten. “ Ich denke nicht, daß Rasmussen im Interesse Europas spricht (ausser vielleicht, daß die europ. NATO-Mitglieder tatsächlich ihre Verteidigungskräfte dringend sanieren müssen)
Das Freihandelsabkommen und das Angebot über amerik. Energielieferungen zeigen der EU gerade, wie schön und bequem es doch ist, einen großen Bruder zu haben, an den man sich anlehnen kann. Die momentan groß geschwungenen Reden hinsichtlich eines Vereinten Europas können die politische Agonie auf diesem Kontinent bestenfalls kurzfristig verschleiern.
„aber sollte die Situation in der Ostukraine wieder stabil werden und Russland einlenken, dann geht die EU nicht eben geschwächt aus der Nummer heraus.“
Die Ukraine wird auf lange Sicht finanziell wie politischbestenfalls BB+ klassifiziert sein und die EU hat sie an der Backe (wechselseitig zu verstehen).
PS die USA wird meines Erachtens wegen der Ukrainekrise keinen Cent mehr in Rüstung investieren. Warum auch?
@drd, 22:55
evtl. hilft das:
http://www.peak-oil.com/2014/05/deutsch-amerikanisch-russische-freundschaft/
zur Erläuterung von „Zum einen ist mir der Vorteil der USA unklar. “
Dabei sind auch die teils hochqualifizierten Kommentare unter dem Artikel sehr lesenswert.
Pointieren wir doch mal: Grosse Umwälzungen wälzen gross um.
Gezielt neue Wirkungsfelder erschliessen und Ausbau bestehender Wirkungsfelder in marktwirtschaftlich ineffizientem Rahmen gelingt nur mit planwirtschaftlicher Förderung. Planwirtschaft per se ist nicht grundsätzlich abzulehnen sondern nur als umfassender Dauerzustand. Eine planwirtschaftliche Förderung erfolgt – im wörtlichem Sinne – geplantermassen und nicht zufällig und der Wille zur Planwirtschaft steigt unter Problemlösungsdruck, sei es Entwicklung von Medizin (Kriegschirurgie und das zivile Human Genom Project), Mobilität (militärische Düsentriebwerke und Erneuerbare Energie) oder Kommunikation (das militärische TCP/IP Protokoll und das zivile HTTP-Protokoll). Und dann haben wir noch nichtplanwirtschaftliche Projekte wie Transplantationsmedizin, Mobilität für alle, Facebook die sich ganz von selbst ergeben haben..
Ob man mit dem Geld für das Human Genom Project oder den Düsenantrieb was besseres hätte machen können? Das werden wir nie wissen. Aber vermutlich wären wir in diesen Teilbereichen deutlich rückständiger. Die Frage ist also nicht „Ist der Krieg Vater aller Dinge?“ sondern „kann man planwirtschaftlich Fortschritt erzwingen?“ und da lautet die Antwort „Ja, aber zu hohem Preis“.
@Gustav Struve
Diese Europasicht ist mir eine Ecke zu pessimistisch. Sowohl in asiatischen Blickwinkel als auch mit Blick auf Amerika. Aber ich denke das führt erheblich zu weit ab. Egal wie man es wendet ist die EU derzeit die größte Wirtschaftsmacht der Welt. Und daran dürfte sich mittelfristig durch die Krise wenig ändern.
@Frank
Der gute Herr Rost mag in Punkte postfossile Ära ein Experte sein (jedenfalls scheint er bei Telepolis und anderen so gehandelt), aber dieser Artikel ist ehrlich ein schlechter Witz. Da hat er sich böse verrannt. Textfetzen zusammensuchen und mit Spekulation in ein Bild pressen, ist nicht meine Vorstellung einer sachlichen Annäherung an die politischen Rahmenbedingungen der aktuellen Lage. Ein wenig USA Bashing, etwas Politikerschelte, eine Prise Mainstreammedienkritik und ordentlich Unterstellungen… das scheint derzeit der beliebteste Cocktail im Netz.
@drd
Sie gehen davon aus, daß es „die EU“ gibt – ich sehe eher Partikularinteressen der Einzelstaaten. Nur weil DEU hier oft zurücksteckt heißt das nicht, daß andere Staaten ebenso altruistisch sind.
Heise ist für alles was den Fachlich naturwissenschaftlichen bereich übetschreitet ungefähr so objektiv wie das nd. Amüsant sonst aber unbrauchbar.
Da wir schon beim Thema geostrategie sind ein guter Beitrag von stratfor.
http://www.stratfor.com/weekly/borderlands-new-strategic-landscape
Kleiner Beitrag zur Diskussion über Sinn und Nutzen der NATO durch den Seitenblick auf den Inselstreit im Süd- und Ostchinesischen Meer (ich hoffe der link ist statthaft, sonst bitte den del-button betätigen).
http://asiancorrespondent.com/122488/vietnams-appeasement-policy-in-south-china-sea-backfires/
Mangels westlichem Bündnis kann Peking die kleinen Nachbarn ad. lib. an die Wand drücken ohne dass die USA mit ihrer allein auf bilaterale Abkommen gebauten Sicherheitspolitik auch nur einen Fuß in die Tür kriegen – die Frage nach den „assets“ der USN mal beseite gelassen, weil sich das sicher immer noch regeln ließe wenn nötig. Allein die politische Struktur ist schon ein Desaster.
Im Vergleich dazu geht es uns in Europa doch immer noch ganz gut.