NATO verstärkt Präsenz in Ost-Mitgliedsländern – (noch) keine Details
Die NATO will angesichts der Krise in der Ukraine ihre Präsenz in den östlichen Mitgliedsländern des Bündnisses über die bislang bereits bekannten Schritte (siehe Grafik oben) hinaus verstärken. Es werde mehr Flugzeuge in der Luft, mehr Schiffe auf dem Meer und mehr Bereitschaft an Land geben, kündigte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am (heutigen) Mittwoch nach einem Treffen des Nordatlantikrats in Brüssel an.
Der militärische NATO-Oberbefehlshaber, der US-General Philip Breedlove, hatte bis zum (gestrigen) 15. April Pläne für mehr militärisches Engagement im Osten der Allianz vorlegen sollen. Ziel ist es, die dortigen Mitgliedsländer der Rückendeckung durch das Bündnis zu versichern – re-assurance im NATO-Sprachgebrauch.
Rasmussen wich allerdings konkreten Fragen nach der Stärke der zusätzlichen Kräfte aus. Bei der Luftraumüberwachung über dem Baltikum, die von NATO-Mitgliedsländern für Estland, Lettland und Litauen geleistet wird, werde es mehr Flüge geben, zudem verstärkte maritime Operationen in der Ostsee und im östlichen Mittelmeer, gegebenenfalls auch anderswo. An Land gehe es vor allem um zusätzliche Offiziere in Stäben, um den Bereitschaftsgrad zu erhöhen. Was aber im einzelnen geplant sei, liege auf operativer Ebene – und dazu wolle er nichts sagen.
Der Generalsekretär betonte, der Nordatlantikrat habe nur über Schritte gesprochen, die auch schnell umgesetzt werden könnten. Zu möglichen dauerhaften Einrichtungen oder Stationierungen des Bündnisses an seiner Ostgrenze gebe es noch keine Beschlüsse. Er sei aber sicher, dass es von Seiten der Allianz noch mehr dazu geben würde: Bislang sei es genug, um unsere Bereitschaft zu verbessern, und genug, um uns auf mehr vorzubereiten.
Das Statement von Rassmussen und die anschließenden Fragen und Antworten zum Nachhören (abgenommen vom Livestream der NATO):
Nachtrag: Der Wortlaut des Statements, von der NATO veröffentlicht (ohne Fragen/Antworten):
We have just taken further measures to respond to the crisis in Ukraine.
We agree that a political solution is the only way forward.
NATO fully supports the Geneva talks and all the efforts of the international community to find a political solution, which fulfils the democratic aspirations of the entire Ukrainian people and respects the sovereignty and territorial integrity of Ukraine.
We call on Russia to be part of the solution. To stop destabilising Ukraine, pull back its troops from the borders and make clear it doesn’t support the violent actions of well armed militias of pro-Russian separatists.
NATO’s core task is to protect and defend our Allies. We have already taken a series of steps, including enhancing our Air Policing mission in the Baltic States, and AWACS surveillance flights over Poland and Romania.
Today, we agreed on a package of further military measures to reinforce our collective defence and demonstrate the strength of Allied solidarity.
We will have more planes in the air, more ships on the water, and more readiness on the land.
For example, air policing aircraft will fly more sorties over the Baltic region. Allied ships will deploy to the Baltic Sea, the Eastern Mediterranean and elsewhere, as required. Military staff from Allied nations will deploy to enhance our preparedness, training and exercises. Our defence plans will be reviewed and reinforced.
We will start to implement these measures straight away. More will follow, if needed, in the weeks and months to come.
Our decisions today are about defence, deterrence and de-escalation. They are entirely in line with our international commitments.
They send a clear message: NATO will protect every Ally and defend against any threat against our fundamental security.
That is our firm commitment.
Nachtrag 1: Auch bei Nachfrage in Deutschland bleibt recht vage, worin die von Rasmussen angekündigten neuen Maßnahmen der Allianz bestehen. Von deutscher Seite seien keine weiteren Kräfte – über die bereits bekannten sechs Eurofighter und die Führung des Minenabwehrverbandes hinaus – angezeigt worden, heißt es aus dem Verteidigungsministerium.
Nachtrag 2: NATO-Obebefehlshaber Philip Breedlove, der SACEUR, hat in Brüssel ein Briefing für Journalisten gegeben. Die Kollegin Teri Schultz von NPR/CBS Radio hat ein wenig daraus getwittert:
SACEUR .@PMBreedlove explains #NATO’s new measures shdn’t be seen by #Russia as „anything but defensive measures“
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR .@PMBreedlove says he tried to call #Russian Chief of Staff Gerasimov today to explain #NATO’s new defensive measures…will try back
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR .@PMBreedlove deflects question abt whether new #NATO steps will change #Russian behavior…says only goal is to reassure allies
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR .@PMBreedlove says #NATO has seen no „measurable increase in any strategic operations“ by Russian forces
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR @PMBreedlove says multiple #NATO nations are offering to contribute to ground forces deployed for enhanced collective defense
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR @PMBreedlove: new #NATO steps „sustainable thru 12/31“, expecting decision this fall on how to continue (guess no one’s optimistic!)
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR @PMBreedlove will provide later today to NATO his recommendations on specific unit/location movements for ground forces
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
.@PMBreedlove says beyond crisis „at this moment“, „for #NATO, it’s bigger than that. It’s a paradigm shift.“
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR @PMBeedlove says #NATO often doesn’t like to talk about „responsiveness“ — but needs to
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR @PMBreedlove says Russia’s „new phenomenon“ of huge snap exercises has made it clear #NATO needs to reassess own abilities
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
.@PMBreedlove „not surprised“ by pushback on aerial images showing #Russian UKR border buildup — says Moscow’s denial „completely debunked“
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
Nachtrag 3: Ein kurzes Videointerview mit Breedlove:
(Direktlink: http://youtu.be/YXvElapKCpg)
Nachtrag 17. April:
• Kanada schickt ebenfalls Kampfflugzeuge nach Osteuropa.
• Die NATO hat das Video des kompletten Briefings von Breedlove am 16. April veröffentlicht
(Grafik: Contemporary Issues & Geography – cigeography.blogspot.fr)
@drd | 17. April 2014 – 4:18
Man muß auch Meinungen ertragen können, die nicht ins eigene Weltbild passen. Auch Meinungen zum Verhalten der NATO.
GG Art 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
@Stefan:
Auch ne andere Meinung:
In der WELT ist vom „Nationalbolschewismus“ die Rede („Die abgefeimte Eroberungsstrategie des Kreml“).
Die Kernaussage des Artikels ist jedoch bedeutender:
Postmoderne Gesellschaften müssen sich mit Gewalt als Mittel der Interessendurchsetzung beschäftigen.
Da hat auch vdL was zu tun.
@Stefan .. Natürlich gilt das GG und man darf Stolz sein, dass das Recht der freien Meinung in DEU entsprechend geschützt ist. Nur wird es manchmal als Feigenblatt für inhaltslosen und zynistischen Revanchismus missbraucht, der dem bisherigen Stil und Inhalt dieses Forum widerspricht. Und ich finde es gut, wenn Anständige gegen solche Meinungen vorgehen und dies laut und deutlich artikulieren.
Na der Herzinger, der ist eh erst zufrieden wenn wir alle kleine Amerikaner sind.
Die Welt ist nur noch als Satirezeitschrift zu lesen, zumindest was diese Berichterstattung angeht.
Gestern morgen hatten die die Schlagzeile:
„Russische Zivilisten greifen ukrainische Soldaten an“
Guten Morgen. Manche hier wollen offensichtlich ausnutzen, dass ich auch mal schlafen muss und nicht 24/7 vor dem Rechner sitzen kann…
Es wäre nett, wenn der Ton nicht entgleiten würde, manche Unterstellung unterbliebe und die Nazi-Keule auch nicht in verborgener Form rausgeholt wird.
Oder, bisschen deutlicher: Lasst das. Macht mir nur noch mehr Arbeit, einzelne Kommentatoren auf moderiert zu setzen, weil ich nicht weiß, ob nicht irgendein Blödsinn kommt.
@Stefan
Die Tatsache, dass ein Staat wiederholt mit internationalem Völkerrecht bricht und mit militärischen Mitteln Gebiet eines anderen Staates annektiert, weil dieser in seiner Politik näher an die EU heranrücken möchte, stellt für sie keinen Grund dar, an eine militärische Bedrohung der EU zu glauben?
In den 90er Jahren wurde die Abrüstung der konventionellen Kräfte der NATO- und EU-Staaten immer damit begründet, dass keine Bedrohung ersichtlich sei und man vor dem Auftauchen eine erneuten Bedrohung ja etwa zehn Jahre Zeit zur Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit hätte. Die polnische Regierung hat den Beginn dieser zehn Jahre bereits erkannt und reagiert mit geeigneten Mitteln. Es bleibt zu hoffen, die jetzige Situation führt auch bei NATO und EU zu einem umdenken hin zu stärkeren konventionellen Kräften in höherer Einsatzbereitschaft.
Meine eigene Meinung, völlig frei von strategischem oder operativen Denken:
Das wird ausgehen wie das Hornberger Schießen, am Ende wird die Ukraine Teile ihres Staatsgebietes an Russland abgeben oder nicht, vielleicht wird es einen Bürgerkrieg geben, für uns wird sich wenig bis gar nichts ändern.
Bitte nicht falsch verstehen: Mit „Hornberger Schießen“ meine ich die Auswirkungen auf Deutschland, die EU und die NATO, die betroffenen Ukrainer sind natürlich gearscht.
Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass aus einem Konflikt (so er denn besteht, Russland sagt nein, die Ukraine sagt ja) der die NATO nicht betrifft ein Krieg erwächst.
Die Aussage der NATO ist ja eindeutig mit der Verstärkung des Schutzes der Baltischen Staaten: Bis hierher und nicht weiter.
Das bedeutet aber auch: Bis hierher kannst Du ruhig kommen.
Sollte Russland wirklich hinter dem Ganzen stecken werden sie sagen: OK, soweit gehen wir (wenn es uns passt und wir das wollen).
Sollte Russland nicht hinter dem Ganzen stecken: Kein Problem, die anderen Länder stehen ja bestimmt hinter der NATO (vereinfacht dargestellt).
Aber einen Krieg der NATO mit Russland sehe ich hier nicht kommen, beide Seiten haben zu viel zu verlieren.
Werferfehler
Man darf durchaus mal zugeben, dass es hier nicht nur um rationale Argumente geht sondern Hüben&Drüben auch ziemlich heftige Gefühle im Spiel sind (ich erinnere da nur an ein Bild vom Air Policing in Litauen, bei dem eine Maschine mit Balkenkreuz und eine russische Maschine im/am baltischen Luftraum zu sehen sind). So etwas setzt auf allen Seiten starke Gefühle& schmerzhafte Erinnerungen frei und von daher kann ich auch die Gefühle hinter den Aussagen @Zeitzeugen durchaus nachvollziehen, auch wenn ich seiner Argumentation auf der Sachebene in jeder Hinsicht widerspreche. Aus meiner Sicht geht es darum, unseren Verbündeten (vor allem den Balten&Polen mit ihren sehr spezifischen Erfahrungen mit der westlichen Bündnistreue) unzweideutig Solidarität zu beweisen, schon allein damit nicht dort aus Panik heraus die Probleme unnötigerweise verschärft werden .Auch die Einwohner Tallins haben ein Anrecht auf ein angstfreies Leben und es ist unsere Pflicht, dazu beizutragen (alleine leisten sollten wir es gar nicht können).
@Zivi a.D.
Ich hoffe sehr, dass beim Air Policing über Litauen nur Maschinen mit dem Eisernen Kreuz, nicht aber mit dem Balkenkreuz zu sehen sind.
sorry, ich kenn mich mit der militärischen Kleiderordnung nicht so genau aus, mir war nicht klar, dass es da Unterschioede gibt. Es handelte sich jedenfalls klar erkennbar um einen deutschen EF – ohne Hakenkreuz (falls das besonderer Erwähnung bedarf)
Ich kann da Werferfehler nur zustimmen. Ich sehe das genau so, Was mit der Krim angefangen hat wird mit dem Rest, oder zumindest einem grossen Teil, der Ukraine weitergehen.
Da ja offensichtlich Teile der Armee nicht gegen die eigene Bevölkerung vorgehen will (was ich auch verstehen kann), die derzeitige Regierung die Lage nicht stabilisieren kann (warum auch immer) wird es früher oder später dazu kommen das sich Russland die Ukraine einverleibt.
Sanktionen helfen offensichtlich nicht und militärisch wird und will niemand vorgehen.
Bleibt also nur das Schauspiel aus der Ferne betrachten!
@Zivi a.D.
Ist OT, aber der Ordnung halber: das Balkenkreuz war die Kennzeichnung von Flugzeugen und Panzern der Wehrmacht; die Bundeswehr-Flugzeuge tragen das Eiserne Kreuz.
Frage an die besser informierten Schreiber…gibt es inzwischen Bilder/Videos der russischen Truppen die entlang der ukrainischen Grenze stationiert sein sollen? Also Bilder/Videos die vom Boden aus gemacht wurden.
Die Videos von Panzern auf Zügen kenne ich schon, habe aber noch keine von irgendwelchen Lagern wie auf den Satellitenbildern gesehen. Aber es ist mittlerweile eine Woche seit dieser Meldung mit den Satellitenbildern vergangen und es müsste doch mal etwas aufgetaucht sein?
@ Narf
Gut möglich, dass es solche Bilder gibt. Aber der Fotograf sitzt vermutlich mittlerweile in einem FSB-Gefängnis.
Ja, es gab da was. Einmal ein Panzer, einmal ein paar Hubschrauber. Beides angeblich bei Belgorod. Nicht sehr interessant. Viel interessanter sind die immer häufigeren Sichtungen russischer Soldaten mitten in der Ukraine und die zunehmende Dreistigkeit, mit der die jeweiligen Organisatoren der Proteste ganz offen zugeben aus Russland und von der Krim aus zu kommen. Man fühlt sich inzwischen sehr sicher.
@Sgt. Trash
Das derzeitige Verhalten der ukrainischen Truppen ist so einfach, denke ich nicht zu erklären. Die Truppen werden durchaus wissen, dass sie nicht gegen die Bevölkerung eingesetzt werden sollen, denn gemäß Berichterstattern vor Ort, verhält sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung neutral in der Angelegenheit, weil sie weder von Moskau noch von Kiev viel zu erwarten hat. Die Truppen sollen gegen die, gemessen an der Bevölkerungszahl wenigen, Bewaffneten vorgehen.
Vielmehr ist die derzeitige Führungsschwäche der Übergangsregierung in Kiev ausschlaggebend für die Situation. Bereits während der Krimkrise hatte die Führung ihre Truppen, die sich sehr couragiert gegen die russischen Kräfte gestellt hatten, weder unterstützt noch entschlossen geführt, sondern nahezu vergessen und dann abgezogen als alles zu spät war.
Ich vermute, die Truppen, die nun in die Ostukraine entsandt wurden, haben so konkrete Befehle wie:“Stellen sie die öffentliche Ordnung wieder her.“ Damit läge die Entscheidungslast beim Kommandeur vor Ort, der für alles verantwortlich gemacht werden kann. Interessanterweise scheinen ja auch keine Polizisten in die Ostukraine geschickt worden zu sein, die die Truppen unterstützen könnten. Da muss man sich nicht wundern, wenn schlecht bezahlte und ausgerüstete Truppen, die scheinbar auch unzureichend versorgt werden, wenig motiviert sind, dieser Führung zu folgen. Die werden sich noch gut erinnern, dass ihre Kameraden auf der Krim vergessen wurden und auch, dass viele für besseren Sold von den russischen Streitkräften abgeworben wurden.
Demoralisierte Truppen zur Niederschlagung eines Aufstands zu schicken, hat halt noch funktioniert!
Im Ergebnis sehe ich das genauso, dass Russland sich durchsetzen wird und die Ukraine zumindest den Regionen mehr Autonomie wird zugestehen müssen, wenn sie nicht sogar weitere Regionen aus ihrer territorialen Integrität verlieren wird.
Will ja nicht die Diskussion um die ganz großen Linien (GG usw.) unterbrechen, aber kann jemand bei meinen „kleinklein“ Fragen von 2:47 Uhr weiterhelfen?
Wer ist eigentlich die turnusmässige Nation beim Air Polcing Baltikum im September?
Nachtrag (auch oben eingefügt) für die Übersicht:
Canada to send 6 CF-18s for NATO operation in Eastern Europe
Nach Informationen der WELT wird die Luftwaffe sich nicht am Air Policing beteiligen, sondern nur unbewaffnete Trainingsflüge absolvieren.
Zudem sollen lediglich 4 Eurofighter entsandt werden.