NATO verstärkt Präsenz in Ost-Mitgliedsländern – (noch) keine Details
Die NATO will angesichts der Krise in der Ukraine ihre Präsenz in den östlichen Mitgliedsländern des Bündnisses über die bislang bereits bekannten Schritte (siehe Grafik oben) hinaus verstärken. Es werde mehr Flugzeuge in der Luft, mehr Schiffe auf dem Meer und mehr Bereitschaft an Land geben, kündigte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am (heutigen) Mittwoch nach einem Treffen des Nordatlantikrats in Brüssel an.
Der militärische NATO-Oberbefehlshaber, der US-General Philip Breedlove, hatte bis zum (gestrigen) 15. April Pläne für mehr militärisches Engagement im Osten der Allianz vorlegen sollen. Ziel ist es, die dortigen Mitgliedsländer der Rückendeckung durch das Bündnis zu versichern – re-assurance im NATO-Sprachgebrauch.
Rasmussen wich allerdings konkreten Fragen nach der Stärke der zusätzlichen Kräfte aus. Bei der Luftraumüberwachung über dem Baltikum, die von NATO-Mitgliedsländern für Estland, Lettland und Litauen geleistet wird, werde es mehr Flüge geben, zudem verstärkte maritime Operationen in der Ostsee und im östlichen Mittelmeer, gegebenenfalls auch anderswo. An Land gehe es vor allem um zusätzliche Offiziere in Stäben, um den Bereitschaftsgrad zu erhöhen. Was aber im einzelnen geplant sei, liege auf operativer Ebene – und dazu wolle er nichts sagen.
Der Generalsekretär betonte, der Nordatlantikrat habe nur über Schritte gesprochen, die auch schnell umgesetzt werden könnten. Zu möglichen dauerhaften Einrichtungen oder Stationierungen des Bündnisses an seiner Ostgrenze gebe es noch keine Beschlüsse. Er sei aber sicher, dass es von Seiten der Allianz noch mehr dazu geben würde: Bislang sei es genug, um unsere Bereitschaft zu verbessern, und genug, um uns auf mehr vorzubereiten.
Das Statement von Rassmussen und die anschließenden Fragen und Antworten zum Nachhören (abgenommen vom Livestream der NATO):
Nachtrag: Der Wortlaut des Statements, von der NATO veröffentlicht (ohne Fragen/Antworten):
We have just taken further measures to respond to the crisis in Ukraine.
We agree that a political solution is the only way forward.
NATO fully supports the Geneva talks and all the efforts of the international community to find a political solution, which fulfils the democratic aspirations of the entire Ukrainian people and respects the sovereignty and territorial integrity of Ukraine.
We call on Russia to be part of the solution. To stop destabilising Ukraine, pull back its troops from the borders and make clear it doesn’t support the violent actions of well armed militias of pro-Russian separatists.
NATO’s core task is to protect and defend our Allies. We have already taken a series of steps, including enhancing our Air Policing mission in the Baltic States, and AWACS surveillance flights over Poland and Romania.
Today, we agreed on a package of further military measures to reinforce our collective defence and demonstrate the strength of Allied solidarity.
We will have more planes in the air, more ships on the water, and more readiness on the land.
For example, air policing aircraft will fly more sorties over the Baltic region. Allied ships will deploy to the Baltic Sea, the Eastern Mediterranean and elsewhere, as required. Military staff from Allied nations will deploy to enhance our preparedness, training and exercises. Our defence plans will be reviewed and reinforced.
We will start to implement these measures straight away. More will follow, if needed, in the weeks and months to come.
Our decisions today are about defence, deterrence and de-escalation. They are entirely in line with our international commitments.
They send a clear message: NATO will protect every Ally and defend against any threat against our fundamental security.
That is our firm commitment.
Nachtrag 1: Auch bei Nachfrage in Deutschland bleibt recht vage, worin die von Rasmussen angekündigten neuen Maßnahmen der Allianz bestehen. Von deutscher Seite seien keine weiteren Kräfte – über die bereits bekannten sechs Eurofighter und die Führung des Minenabwehrverbandes hinaus – angezeigt worden, heißt es aus dem Verteidigungsministerium.
Nachtrag 2: NATO-Obebefehlshaber Philip Breedlove, der SACEUR, hat in Brüssel ein Briefing für Journalisten gegeben. Die Kollegin Teri Schultz von NPR/CBS Radio hat ein wenig daraus getwittert:
SACEUR .@PMBreedlove explains #NATO’s new measures shdn’t be seen by #Russia as „anything but defensive measures“
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR .@PMBreedlove says he tried to call #Russian Chief of Staff Gerasimov today to explain #NATO’s new defensive measures…will try back
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR .@PMBreedlove deflects question abt whether new #NATO steps will change #Russian behavior…says only goal is to reassure allies
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR .@PMBreedlove says #NATO has seen no „measurable increase in any strategic operations“ by Russian forces
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR @PMBreedlove says multiple #NATO nations are offering to contribute to ground forces deployed for enhanced collective defense
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR @PMBreedlove: new #NATO steps „sustainable thru 12/31“, expecting decision this fall on how to continue (guess no one’s optimistic!)
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR @PMBreedlove will provide later today to NATO his recommendations on specific unit/location movements for ground forces
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
.@PMBreedlove says beyond crisis „at this moment“, „for #NATO, it’s bigger than that. It’s a paradigm shift.“
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR @PMBeedlove says #NATO often doesn’t like to talk about „responsiveness“ — but needs to
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
SACEUR @PMBreedlove says Russia’s „new phenomenon“ of huge snap exercises has made it clear #NATO needs to reassess own abilities
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
.@PMBreedlove „not surprised“ by pushback on aerial images showing #Russian UKR border buildup — says Moscow’s denial „completely debunked“
— Teri Schultz (@terischultz) April 16, 2014
Nachtrag 3: Ein kurzes Videointerview mit Breedlove:
(Direktlink: http://youtu.be/YXvElapKCpg)
Nachtrag 17. April:
• Kanada schickt ebenfalls Kampfflugzeuge nach Osteuropa.
• Die NATO hat das Video des kompletten Briefings von Breedlove am 16. April veröffentlicht
(Grafik: Contemporary Issues & Geography – cigeography.blogspot.fr)
Wenn der russische Verteidigungminister sich heute so äußern würde wie die NATO dann würde man im sofort „Eskalation!“ vorwerfen.
@b
Und Aktion und Reaktion durcheinanderwürfeln.
Ich warte auf die erste Grafik in der die Waffensysteme des Ostblocks denen der Nato gegenübergestellt werden.
Mich dünkt, dass wir (Nato) die Eskalation vorantreiben.
@Cema und @b : Exakt. Und damit ist genau PR-Vorgehensweise der russischen Politik beschrieben, die zu teilweise absurden Pro-Putin-Manifestationen in den Leserbriefspalten deutscher Medien führt.
Im Baltikum, in Rumänien (Moldau) oder, etwas entfernter, in Polen, wird man das Signal der NATO wohl besser verstehen. Und die Aktionen Russlands auch mit deutlich mehr Sorge wahrnehmen.
@b
wer schafft den gerade Tatsachen in der Ukraine. Die NATO jedenfalls nicht. Wer hat den zig tausen Soldaten an der Grenze zur Ukraine stationiert. Ebenfalls nicht die NATO.
Hier eskaliert nur eine Seite und das täglich und mit zunehmender Intension.
@Sgt.Thrash Russland hat Truppen innerhalb SEINER Grenze stationiert, nicht in anderen Ländern. Wieviele das sind ist zudem sehr fraglich. Die NATO wirft da ständig mit wechselnden Zahlen umher und die von der NATO gezeigten Fotos von „russichen Truppen in Bereitschaft an der Grenze“ hat selbst die Washington Post mit Hilfe von Google Earth als Propaganda identifiziert.
@Cema – Ja, wissen wir schon. Putin will die Weltherrschaft und hat deshalb die demokratisch legitimierte Regierung in Kiew gestürzt. Sein fantastischer aber auch erfolgreicher Plan ist aufgegangen.
@b
Na, wenn das so ist, ist ja auch die – egal wie massive – Stationierung von NATO-Truppen innerhalb der Grenzen des Bündnisses kein Problem. Und schon gar keine Eskalation.
@b
„…die von der NATO gezeigten Fotos von “russichen Truppen in Bereitschaft an der Grenze” hat selbst die Washington Post mit Hilfe von Google Earth als Propaganda identifiziert.“
Na das ist mal eine sehr einseitige Lesart der Analyse in der Post. Haben Sie den Artikel gar nicht gelesen? Die Aussage „viele der Orte waren zuvor schon militärisch genutzt“ und „am Flughafen scheint nach Google Earth nicht viel mehr Aktivität zu sein“ zusammen mit „Die Bodentruppen in der Masse und Nähe sind neu“ so zu interpretieren ist … sagen wir mal… gewagt!
Generell muss man nicht grundsätzlich auf Gegenargumente, die man nicht entkräften kann mit Häme reagieren. Das ist natürlich beliebt, weil es einfacher ist, die Argumentation ins Lächerliche zu ziehen, als zuzugeben, dass man gerade keine Sachargumente hat. Aber glaubhafter macht das niemanden.
@Consul
Die werden Sie hier sicher nicht finden. Mich dünkt Sie rezitieren deutsche Foristenbeiträge.
Zum Glück haben wir die Polen als Ahnlehnungsmacht und Puffer im Osten. Die haben wenigstens sowas wie eine Armee (und produzieren Spike Panzerabwehr in Lizenz).
Was ist eigendlich von den lt wiki 39000 mann starken truppen des Innenministeriums zu halten? die sollten doch loryal zu kiev stehen!?
Ich sehe hier nur, dass Deutschland sich ganz hinten angestellt hat, als es um die Frage ging, die bedrohten Balten, Polen und Rumänen vor Stalin 2.0 zu schützen. Man sollte in Berlin noch einmal nachfragen, wahrscheinlich ist der September 2015 gemeint. Offenbar hoffen unsere heldenhaften Politzwerge, bis dahin werde sich die Ukraine bereits erledigt haben.
@RioAmazoco:
Deutschland positioniert sich verantwortungsvoll, klar und eng abgestimmt innerhalb der Bundesregierung, der Nato und der EU.
Außerdem: Hier so herumzupöbeln entspricht nicht dem Standard der Diskussionen dieses Forums; Ihre Schlussfolgerung ist spekulativ-abenteuerlich – mehr Sachlichkeit wäre hier angebracht.
Wer es noch nicht gesehen hat: Heute morgen hat die Stiftung Wissenschaft und Politik eine Analyse zur Krimkrise veröffentlicht, die auf acht Seiten die „Road to Conflict“ aus mehreren Perspektiven beleuchtet und wie üblich sehr klar fomuliert ist: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2014A23_rrw.pdf
@all
Habe oben was aus einem Briefing des SACEUR nachgetragen.
@ Alexander
Sie koennen gegenueber Rio Amacoco aber nicht entkraeften, dass trotz aller Abstimmung die deutsche Regierungsreaktion – sagen wir es mal vorsichtig – im Rahmen der bisherigen ‚volle Deckung‘ bewegt.
Etwas mehr Einsatz erwarten die Balten und Polen – oder sollen diese vermuten dass es ein geheimes Merkel-Putin ‚Verstaendnis‘ gaebe?
@Alexander: Wenn RioAmazoco etwas pointierter formuliert, hat das mit Pöbeln noch nichts zu tun. Und in der Tat kann man das permanente Zögern der deutschen Politik durchaus recht kritisch sehen. Wir reden hier nicht über den mittleren Osten oder sonstige entlegene Gebiete, sondern um unsere Nachbarschaft und die Tatsache, daß Putins Hilferufmethodik schon sehr bald NATO- Mitglieder betreffen kann.
@ Alexander | 16. April 2014 – 17:11
Leider liest sich die Stiftung Wissenschaft und Politik mal wieder wie der Auftragsschreiber der Regierung. So nach dem Motto: „Liebe Herr Richter, schreib uns doch mal was auf, mit dem wir unsere Rumeierei rechtfertigen können und äußere gaaaanz viel Verständnis für Putin!“
Die strategische Aufrüstung Russlands seit vielen Jahren lässt Herr Richter einfach unter den Tisch fallen. Die berechtigten Ängste vieler Osteuropäer, wieder zwangsweise zum Sattelitenstaat Moskaus zu werden, werden ignoriert. Es werden viele wohlklingende Worte über die Notwendigkeit dialogorientierter politischer Lösungen verloren. Was nur, wenn Putin lieber Machiavellismus betreibt? Während sich deutsche Politiker mit Gutachten wie diesem SWP-Papier sedieren, schafft Putin Fakten.
Who’s Teri Schultz?
Auf diese twitter Splitter kann man doch verzichten, oder?
@ MikeMolto
Amerikanische Hörfunkjournalistin (NPR und CBS). Z. Zt. vor Ort im NATO-Hauptquartier.
@MikeMolte
Steht oben. Kollegin von Herrn Wiegold im Auftrag CBS/NPR. Ob Sie jetzt den Falken nahe steht oder nicht, ist doch bei den Twitter splittern nicht wirklich relevant. Ebensowenig wie ihr Master in International Relations.
Ich sag mal Danke, auch für die Splitter.
@Iltis und MikeMolto
Ich glaube kaum, dass man derzeit sehr viel mehr Sinnvolleres tun kann als das, was beschlossen ist. Es geht jetzt um das Signal der automatischen Beteiligung möglichst vieler Partner im Fälle eines Bündnisfalls. Das ist jetzt weitgehend der Fall. Die konkrete Kampfkraft vor Ort spielt da zunächst keine so entscheidende Rolle. Wer möchte Russland auch einen billigen Vorwand für eine vorgebliche Bedrohung an seinen Grenzen geben? Außerdem: Für eine Handlungsfähigkeit (die auf unserer Seite ohnehin mehr als begrenzt ist – woran wir längerfristig kräftig arbeiten müssen) braucht man Reserven und sollte sein Pulver nicht vorzeitig verschießen.
@ chickenhawk & interessierter
Danke, war eine reine Lernfrage. MA’s gibts wie Sand am Meer und bei jedem ‚politruk‘ kommt es nur auf die Schule an.
Als ‚Neutraler‘ man hoert die Tendenz/bias immer heraus auch bei ‚mainstreamern‘, zB Mr. Alexander.
@KaLeBe
Gerade vor dem Hintergrund der eigenen Handlungsfähgigkeit finde ich einige der Aussagen von Breedlove (s.o.) überraschend klar, (was den Adressaten angeht,) zwar nicht unbedingt inhaltlich, aber zumindest was den Grundtenor angeht.
Das wir (in Europa) vermutlich zu weit abgerüstet haben, den Auftrag Landes und Bündnisverteidigung zu lange verdrängt haben, wird jetzt nunmal mehr als deutlich.
Mal ne ketzerische Frage: Haben die „westlichen“ Militärstrategen (oder die, die sich dafür halten) vielleicht sogar insgeheim bzw. im Moment noch ein Interesse an einem starken und annektierenden Putin in der Ukraine, weil Ihnen das für eine Argumentation zur stärkeren/besseren Alimentierung der Streitkräfte in die Karten spielt?
So nach dem Motto: AFG ist vorbei und wir haben eigentlich eh keinen Auftrag mehr, lass den mal ein wenig am Käfig rütteln (und zwar so laut das auch die Fiskalpolitiker die Stäbe klappern hören)?!
@ Interessierter | 16. April 2014 – 18:42
Durchaus moeglich,
aber mit Sicherheit nicht UvdL, weil ihr der Traum vom familienfreundlichen Beschaeftigungs-Konzern dann baden gehen duerfte.
Bei den meisten Europaeern schon eher, aber deren Regierungen muessen sich auch verschulden, und das tut weh; niemand hat offene Haushaltsposten.
@ Interessierter
Also, ich kein ausgewiesener Anhänger von wilden Verschwörungstheorien. Und in diesem Fall müsste ja auch noch Putin mitspielen, was ich mir kaum vorstellen kann. Daher m.E. nein.
Aber Ihre Feststellung zur Landes- und BündnisVtdg trifft wohl die Wahrheit. Leider sind diese Defizite erst sehr, sehr langfristig korrigierbar. Für die aktuelle Krise müssen wir mit dem auskommen, was wir noch haben. Umso wichtiger ist ein geschickter, besonnener Umgang mit diesen knappen Ressourcen.
@alexander 17:11:
Vielen Dank für den überaus lesenswerten Tipp der SWP!!
Der Artikel beleuchtet ausführlich den weg in diesen Konflikt und macht klar, dass es sich bei Putin nicht um Stalin 2.0 handelt, sondern um einen Weg, an dem auch der Westen seinen Anteil hat.
Dies zuzugeben muss nicht daran hindern eine Reaktion des Westens zu fordern und von Putin den Stopp jegliches weiteres Eingreifen in den Konflikt zu verlangen.
Ich habe den Eindruck, dass sich die deutsche Politik auf dieser reflektierten Linie bewegt (Air Policing Baltikum, Führungsschiff SNMCMF).
@KaLeBe
War auch nicht im Sinne einer „Verschwörung der Illuminaten-Generalstabschefs“ gedacht, sondern eher das man feststellt das so ein neues „Feindbild“ in der Post-AFG Ära und im Zeichen der anstehenden Umbauarbeiten bei fast allen westlichen Streitkräften ganz gelegen kommt, um das Stück vom Kuchen etwas größer ausfallen lassen, als dies ohne Genosse P. der Fall gewesen wäre.
Also nichts geplantes, man spielt die Karten wie sie kommen und ist mit dem momentanen Blatt NOCH nicht unzufrieden.
@ Interessierter
Okay, das unterschreibe ich. Trotzdem weigere ich mich, Herrn Putin dafür dankbar zu sein. :-)
Das Verhältnis Portugal/Deutschland finde ich interessant.
2:8 wäre gemäß wirtschaftlicher Stärke eigentlich logischer. Aber daran sieht man wohl zu gleich wozu die Bundeswehr in der Lage ist.
@Sun Tzu Die strategische Aufrüstung Russlands seit vielen Jahren …
Welche strategische Aufrüstung bitte? Russland hat seit Beginn der 1990er um fast 80% abgerüstet. Die noch knapp 800,000 Soldaten der Streitkräfte sind halb soviel wie die USA haben und deutlich weniger als die NATO ohne(!) die USA hat. Bei einer Gesamtgrenzlänge von 60,000 km, davon 22,000 km Landgrenze, hat die Größer der russischen Streitkräfte durchaus seine Berechtigung. Bis auf wenige ausgewählte Bereiche, (Nuklearwaffen, Luftabwehr, wenige Sondereinheiten) sind die Streitkräfte technisch den „westlich“ ausgerüsteten Kräften unterlegen. Das Russland gerade viel Geld in die Hand nimmt um die seit 25 Jahren vernachlässigte Ausrüstung zu modernisieren sollte nicht darüber hinwegtäuschen das Russland gar nicht mehr die Streitkräfte hat um großartige Offensiven über größere Distanzen durchzuführen. Von einer „Bedrohung Polens“ zu sprechen ist daher ziemlich an den Fakten vorbei.
Uff. Manchmal verzweifele ich an meinem Berufsstand:
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen verkündete, dass Truppe näher an die ukrainische Grenze verlegt werden sollen. Innerhalb der nächsten Tage sollen See-, Luft- und Landstreitkräfte in Osteuropa stationiert werden.
Ich sag‘ jetzt mal nicht, wo das steht. Aber eine Übereinstimmung mit Rasmussens Aussage kann ich nicht so ganz feststellen.
Schlimmer geht immer.
Dieses Schmankerl in der Daily (F)Mail geht schon sehr stark in richtung offene Kriegspropaganda.
http://www.dailymail.co.uk/news/article-2605578/Edward-Lucas-I-hope-Im-wrong-historians-look-say-start-World-War-III.html#
Dagegen ist ALLES was in Deutschland geschrieben wird grundseriös.
Interessanterweise ist die Tendenz der Kommentare in etwa die selbe wie bei den pösen von Putin gesteuerten Putinverstehenden latent totalitären und nicht so toll angloamerikanischen Deutschen ;) (O-Ton nahezu jedes Editorial in Welt online seit 3 Monaten)
@b
Volle Zustimmung – zum Zustand der russischen Armee wurde hier in den letzten Jahren ja auch immer wieder diskutiert inkl. Auszügen aus kritischen Reden von Putin. Nach der Offenlegung vieler Schwächen nach dem Georgienkrieg 2008 hat man – auch hier verweise ich wieder auf eine unlängst erschienene SWP-Analyse – anscheinend versucht umzusteuern. Aus – im Vergleich zur Gesamtgröße der Streitkräfte – einigen disziplinierten, ordentlich angezogen und ausgerüsteten Soldaten gleich eine Gefahr für Nato-Mitglieder zu konstruieren, ist für mich auch nicht nachvollziehbar.
Ebenso ist es für erstaunlich, wie viele kalte Krieger plötzlich aus den Kommentarspalten einiger Zeitungen hervorkommen … Herr Wiegold, wie stehen Sie denn zu den Kommentaren einiger Ihrer Kollegen :-)
@ einige Kommentare
„Stalin 2.0“ und „Politikzwerge“ hat für mich mit Zuspitzungen und Pointierungen nichts zu tun – das ist Pöbelei. Ich empfehle mal Isaac Deutschers Stalin-Biografie – so kritisch und gefährlich ich die Entwicklungen zwischen Russland und Ukraine sehe, so abwegig ist die Einordnung Putins in die Vergleichsgruppe von Massenmördern des 20. Jahrhunderts.
„Der rumänische Präsident Traian Basescu sorgt sich um ethnische Rumänen in der von der Ex-Sowjetrepublik Moldau abtrünnigen Region Transnistrien. Der Staatschef bot am Mittwoch dem Nachbarland Moldau erneut eine Vereinigung an. Bukarest sehe ein, dass „wir mehr tun müssen für diejenigen, die sich als Rumänen bezeichnen und in Transnistrien leben“, sagte Basescu der Nachrichtenagentur Mediafax zufolge.“
@Focus
Verstehe ich das richtig? Rumänien (NATO) will sich mit Moldau vereinen (da wo die Russen sind, also in Transnistrien) und wie soll das enden: Bündnissfall!?
Ich war zufällig am 01.04.2014 abends auf einem Flug von Hamburg nach Amsterdam unterwegs, während dem wir in relativ dichter Entfernung zwei AWACS in Formationsflug Richtung Osten fliegen sahen. Wenn ich mir die Infografik angucke gehe ich davon aus, dass eines der AWACS die französische E-3F gewesen ist. Aber das Zweite? Die amerikanische E-3C? Aber ist die denn auch seit 01.04.2014 in Polen stationiert?
@KaLeBa –
Mal eine Frage. Vor einigen Tagen haben sie meine negative Bewertung des Zustands der ukrainischen Armee kritisiert. Ich berief mich da auf die NYT (die wichtigen Zitate hatte T.W. mir leider weggekürzt) und auf die Aussagen von Anthony Cordesman gegenüber Foxnews.
Sie haben das damals hinweg gewischt, insbesondere weil sie fanden das Foxnews, egal wen es zitiert, unglaubwürdig ist.
Wie beurteilen sie nach dem heutigen Auftreten der ukrainischen Armee:
– Niederlegung der Waffen vor Zivilisten
– freiwillige Übergabe von Gefechtsfahrzeugen an „Terroristen“
– Überlaufen, bzw schlichtes Nachhausegehen der Truppen
deren Zustand?
Wird die jetzige Putschregierung nach ihrer Meinung mit diesen Kräften irgendwas erreichen können?
Die Regierung will jetzt Kriegsanleihen auflegen um die Truppe zu finanzieren. Die übergelaufenen Soldaten behaupteten drei Tage kein Essen erhalten zu haben. Ist nach ihrer Einschätzung die Investition in solche Anleihen anzuraten?
axel_f
von großrumänien träumt man schon eine weile wieder (darum auch der dauerkrach mit den ungarn)
aber für solche konfliktsituationen gibts durchaus mittel um sie nicht zum nato-bündnisfall werden zu lassen. idR wird dabei für die lösung ethnischer konflitke natobeistand ausgeschlossen.
@ wiegold … für manchen kollegen fängt ost europa ja auch traditionell kurz hinter der elbe an ;)
@b „Russland hat Truppen innerhalb SEINER Grenze stationiert, nicht in anderen Ländern.“
na ja… wenn man die Krim jetzt zum Russischen Staatsgebiet zählt haben Sie natürlich recht.
Ein gutes hat die Krise bisher, vor 100-150 Jahren hätte so eine Krise längst tausende von Opfer gefordert. Von daher ist es bisher relativ friedlich abgelaufen.
Aus den 30er Jahren gibt es auch einige Fälle, in denen die Grenzverschiebung ohne Blutvergießen über die Bühne ging (sogar mit Konsens der meisten, wenn auch nicht aller, Beteiligten).
@ T.Wiegold „Uff. Manchmal verzweifele ich an meinem Berufsstand:“
Och es geht noch besser.
16. April 2014 | 21.12 Uhr
Ukraine-Krise
„Die Bundeswehr stärkt die Nato-Ostflanke“
@ b
Falls Sie mit „@ KaLeBa“ mich meinen, so muss es sich um eine Verwechslung handeln. Ich reagiere schon seit Längerem, und dies kaum zufällig, eher nicht auf Ihre Kommentare. Und zum Zustand der ukrainischen Armee kann ich ohnehin mangels tieferer Kenntnisse keine Bewertung abgeben. Habe ich nach meiner Erinnerung auch nie getan.
Man stelle sich einmal vor, Jack the Ripper würde vor Gericht mit der Begründung freigesprochen, dass Anders Breivik schließlich viel mehr Menschen umgebracht habe als er. Geht es dem auf Befehl Putins umgebrachten tschetschenischen Baby besser als dem unter Stalin verhungerten ukrainischen Baby, weil mit dem einen „nur“ 50.000 andere Menschen gestorben sind und mit dem anderen mehrere Millionen?
Geht es Alexander Litwinenko besser als Michail Tuchatschewski, weil Putin weniger Dissidenten umbringen ließ als Stalin? Ich denke einmal, sie sind alle sind gleich tot.
Vor Jahren gab es in rechts- und linksextremistischen Kreise eine alberne Aufrechnerei, ob nicht vielleicht doch 27 Leute mehr oder weniger von Hitler und Stalin umgebracht worden seien als in den Geschichtsbüchern behauptet. Ändert das in der Sache irgendetwas? Wer Putins Lebensweg von seiner Kindheit als wüster Schläger über seine Karriere als KGB-Scherge bis hin zu seiner verfassungswidrigen Dreifachpräsidentschaft verfolgt hat, der weiß, mit wem wir es hier zu tun haben: einem gefühlskalten Verbrecher. Für so jemanden finde ich keine netten Worte, aber wer will, kann ihn gerne weiterhin als „Seine Exzellenz Staatspräsident Herr Dr. Putin“ ansprechen. Die Dissertation hat er sowieso von zwei Amerikanern abgeschrieben.
Nach verstärkter NATO-Aktivität: Russland kündigt Gegenschritte an
http://de.ria.ru/security_and_military/20140416/268291164.html
@b
„…sollte nicht darüber hinwegtäuschen das Russland gar nicht mehr die Streitkräfte hat um großartige Offensiven über größere Distanzen durchzuführen.“
Russland stellt weiterhin keine konventionelle Bedrohung für die NATO bzw. Westeuropa dar. Der Zustand der Streitkräfte ist desolat, wie zuletzt der Einsatz in Georgien gezeigt hatte. Mittelfristig fehlen den Russen noch mehr als den Westeuropäern ethnisch russische Rekruten. Das Land befindet sich strategisch in der Defensive und steht im Osten Herausforderungen durch chinesischen Interessen, an der Südflanke durch demographisch starke muslimische Ethnien und im Westen der forcierten NATO-Ostexpansion gegenüber. Wer jetzt über eine militärische Bedrohung Westeuropas durch Russland halluziniert, ignoriert langfristige stategische Trends und geht der Meinungsmache der fest in der Hand transatlantischer Netzwerke befindlicher deutscher Medien auf den Leim.
Ich bin nun wirklich kein Russophiler, aber bei dem Thema hat die deutsche Diskussion den Boden der Tatsachen vollständig verlassen.
@RioAmazoco
Ist doch Mumpitz bei wem er seine Doktorarbeit abgeschrieben hat. ER IST DER PRÄSIDENT DER RUSSISCHEN FÖDERATION !
Who has, has…..
Was soll eine Verstärkung der NATO in den Ost-Mitgliedsländern bringen, außer ein neues Wettrüsten? Ist dies im Sinne unserer Bürger? Die Russen wird dies nicht sonderlich beeindrucken und sie werden mit Sicherheit geeignete Gegenmaßnahmen treffen. Diese Gegenreaktion wird dann zu weiterer Beunruhigung unserer östlichen Partner führen. Die NATO müßte trotz knapper Kassen erneut verstärken. Auf Kosten des Lebensniveaus der Menschen in der EU. Wo soll dies enden. Etwa in inneren Unruhen? Ich finde diese Politik dumm und verantwortungslos. Sie wird zur Schwächung der EU führen. Der lachende Dritte wären dann die gegenüber der EU relativ gestärkten USA, den wir dann voll auf den Leim gegangen wären. Es gibt doch keinerlei Grund an eine militärische Bedrohung der EU zu glauben.
Gibt’s eigentlich schon Ideen oder Vorschläge für eine Hymne für Barbarossa II, dieses Mal unter Nato-Kommando?
Norbert Schultze (der Schöpfer von „Lili Marleen“) komponierte seinerzeit die Melodie für „Von Finnland bis zum Schwarzen Meer“ („Nun brausen nach Osten die Heere
Ins russische Land hinein.“)
Hier plaudert er aus der Entstehungsgeschichte dieses damals populären Liedes:
http://www.youtube.com/watch?v=tR46GDNPKto
@stefan: Das exakte Gegenteil trifft zu: Durch die zusätzlichen Truppen an der Ost-Grenze wird klar gestellt, dass jede Aggression gegen die Balten oder Polen ein direkter Angriff auf die ganze NATO ist, Spielchen wie in der Ukraine also ausgeschlossen sind. Die Anwesenheit der Truppen im Vorhinein macht ein späteren Einsatz überflüssig. Im Zweifel vielleicht nochmal die spieltheortische Argumentation im hier schon genannten Economist-Artikel nachlesen. Das ganze nennt man Abschreckung und hat sich durchaus bewährt – auch wenn es Laien wie mich immer wieder erstaunt.
Ich habe einige „technische“ Fragen zur Stationierung der deutschen Eurofighter. Vielleicht habe ich das überlesen, aber mich würde interessieren:
– Die deutschen EF und die portugiesischen F-16 sind „additional“ (2) deployments. Wer ist die eigentlich turnusmässige QRA (1) im Baltikum vom Sep-Jan?
– Wo sind die 6 D EF stationiert?
– Sind die D EF formell durchgehend 4 Monate im QRA Dienst 24/7 – 2 on status, 2 als spare, 2 reserve?
– Wenn nein (keine formelle QRA), sind die D EF überhaupt mit scharfen Waffen unterwegs?
– Sollten die D EF QRA Dienst durchführen, was ist der RS (Readiness State)? Der gleiche wie in D?
– Gibt es Luftraumabsprachen zwischen den 3(?) gleichzeitigen QRA´s, oder nutzen alle 3(?) das gesamte Baltikum.
– Wieviele der 3(?) QRA dürfen gleichzeitig in der Luft sein?
Vielen Dank im Voraus für korrekte Antworten.
@T.W. bzgl. Zeitzeuge
Da es keinen „Melden“ Knopf, hier halt auf dem Wege.
Der Kommentar von Zeitzeuge geht drastisch zu weit. Argumente für Russlands Verhalten kann ja gerne jeder bringen, aber das in dem Beitrag Gebotene ist Unterstellen nationalsozialistischer Denke bei NATO und deutschen Bundeswehrangehörigen. Das ist nur noch beleidigend und absolut inakzeptabel!