Die NATO stoppt Zusammenarbeit mit Russland? Nicht überall…
Trotz des Beschlusses der NATO-Außenminister, jegliche praktische zivile und militärische Zusammenarbeit mit Russland auszusetzen, wird die Brücke der Freundschaft (Foto oben) noch weiter gebraucht: Der Abtransport von Material der NATO-Truppen in Afghanistan durch Russland wird ungeachtet aller markigen Worte weiterlaufen, wie die US-Soldatenzeitung Stars&Stripes berichtet:
NATO will continue to cooperate with Russia on projects related to Afghanistan, despite the alliance’s vow to suspend most ties with Moscow because of its annexation of Crimea, diplomats said Wednesday. (…)
Diplomats said the current cuts would likely affect joint counterterrorism exercises, naval anti-piracy patrols and cooperation in coping with natural disasters.
But they would not affect cooperation with Russia in the Afghan war, said a senior diplomat who spoke on customary condition of anonymity.
NATO would continue using a key overland supply route through Russia for its forces in Afghanistan known as the Northern Distribution Network, which carried about 40% of all alliance supplies in 2013.
Ineressanter Ansatz: Das Bündnis stoppt die Zusammenarbeit mit Russland nur an den Stellen, an denen es sich selbst nicht schadet (obwohl man bei der Zusammenarbeit in der Pirateriebekämpfung auch fragen könnte, ob die nicht ebenso im NATO-Interesse ist). Aber auf die Landroute für den Abtransport vom Hindukusch zu verzichten, würde für die ISAF-Truppen der Allianz wohl recht teuer. Deshalb geht das nicht mehr benötigte Material, zumindest zum Teil, über die Brücke der Freundschaft bei Hairatan nach Usbekistan und weiter nach Russland, ehe es im Baltikum ankommt.
(Foto: Die Brücke der Freundschaft zwischen Afghanistan und Usbekistan – U.S. Air Force Photo By Staff Sgt. Bradley Lail via ISAFmedia auf Flickr uner CC-BY-Lizenz)
Eine fortgesetzte Kooperation beider Seiten bezüglich afghanistan war aber absehbar, da russland ein vitales interesse hat einen völligen kollaps afgh’s mit auswirkungen auf die anderen Stan’s zu vermeiden.
das angebot russischer truppen für die grenzsicherung tadschikistan/afghanistan steht wohl noch.
eine annahme ist natürlich durch die krim operation nicht umbedingt wahrscheinlicher geworden ;)
Scholl-Latour meinte gerade in der Fachausschusssitzung , dass Russland das Land sein wird, das wesentlich unter dem destabilisierenden Aspekt des ISAF-Einsatze zu leiden haben wird.
worin soll der destabilisierende effekt von isaf denn bestehen?
worst case ist die rückkehr zum status quo ante. pakistanisch unterstütztes pashtunistan im süden russisch finanzierte „nordallianz“ im norden hier und da ein paar unabhängige warlords.
(als neues element natürlich noch diverse SOF Kräfte die „emissionskontrolle“ betreiben)
damit hätte sich eigentlich genau gar nichts geändert und vermutlich wäre so ein neues equilibrium eher stabiler als der jetzige artifizielle karzai staat
Ich glaube das ist ein Schreibfehler von Daniel Lücking, es geht wahrscheinlich um das Ende des ISAF-Einsatzes. Hier wären die russischen Sicherheitsinteressen, wie schon von Ihnen geschrieben, mittelbar über die Gefährdung der ´stans gegeben. Eine interessante Studie dazu gibt es hier: http://centralasiaprogram.org/the-impact-of-the-2014-isaf-forces-withdrawal-from-afghanistan-on-the-central-asian-region/#.UzwXxFezPp0
PSL war sehr eindeutig in der Bewertung des ISAF-Einsatzes und rügte:
„Wir haben aus Afghanistan den größten Opium und Heroinproduzenten gemacht.“
Das hat natürlich Kräfte erstarken lassen, die nach Wegfall der ISAF anderweitig aktiv werden. Er sprach sich auch deutich gegen einen Nachfolgeeinsatz aus, den er als reine Gefährdung der deutschen Soldaten ansieht, die auf asymetrische Kriegsführung nicht vorbereitet sind.
Der NATO sollte gerade vor dem Hintergrund der beeinflussten bzw. verschobenen Kräfteverhältnisse innerhalb Afghanistans an einer Kooperation mit Russland gelegen sein. Afghanistan wird nach Ansicht von PSL zum gemeinsamen Problem.
Afghanistan war auch vorher schon ein Problem für Russland und ist es immer noch, da religiös motivierter Terrorismus automatisch in „deren“ Einflussbereich überschwappt (und vice versa – nicht zuletzt 2010 waren nachweislich Tschetschenen in den Reihen der INS, gerade im Norden; dass wird sich wohl nicht geändert haben).
Ob sich die NATO bezüglich einer Zusammenarbeit mit Russland die Rosinen herauspicken kann, dass wird sich noch zeigen. In dieser Position ist sie eigentlich nicht. Zusammenarbeit funktioniert nur, wenn beide Seiten gleichemaßen profitieren. Zudem könnte die Zusammenarbeit Russlands für die NATO, dann etwas teurer werden. Denn doof sind die Russen mit Sicherheit nicht. Und sie sind souverän in ihren Entscheidungen. Was man von dem meisten NATO-Staaten keineswegs behaupten kann.
Mal ne ganz dusselige Frage:
Arbeitet die NATO als Organisation hier überhaupt mit Russland zusammen?
Das mag jetzt spitzfindig sein, aber ich dachte bislang, die Staaten haben jeweils eigene Abkommen mit den relevanten Ländern rund um Afghanistan.
Klar werden solche Abkommen jetzt sicherlich von russischer und verbündeter Seite neu beäugt werden, aber ersteinmal war ja die Rede von NATO – Russland Kooperationen. Das ist ja nun viel eher PfP, NATO Russland Rat und dergleichen mehr.
Ein paar NATO Mitglieder haben ihrerseits einen Stop der militärischen Zusammenarbeit beschlossen, ein paar auch nicht. Ich denke da muss man sauber trennen, was NATO Politik und was souveräne Staatsentscheidung ist.
dpa sagte ja heute, dass die Zusammenarbeit in Afghanistan zumindest teilweise schon eingestellt wurde, konkret kann ich mich nur an den Kampf gegen Drogen erinnern.
PSL ist alt. Wenn er nicht eine seit 20 Jahren auswendig gelernte Formulierung anbringen kann ergeben seine Sätze häufig keinen Sinn. Oder wie Broder mal schön sagte: PSL argumentiert und beobachtet nicht, er zitiert. Meistens sich selbst.