Neuer Haar- und Barterlass: Regenschirm ja, Tunnel nein
Nach Jahren der Überarbeitung liegt er jetzt vor, der neue Haar- und Barterlass der Bundeswehr. Allerdings, den Zeiten geschuldet, heißt er nicht mehr Erlass „Die Haar- und Barttracht der Soldaten“, sondern ordnungsgemäß gegendert Das äußere Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, wurde als Zentrale Dienstvorschrift A-2630/1 von Generalinspekteur Volker Wieker am 10. Januar erlassen und tritt zum 1. Februar in Kraft. Ebenfalls den Zeiten geschuldet: Dem Thema Körpermodifikation und Körperbemalungen wurde ein eigenes Kapitel gewidmet; unter anderem ist festgelegt, dass Tunnel im Ohrläppchen nur dann zulässig sind, wenn sie durch eine hautfarbene Abdeckung bis zu einem Durchmesser von 15mm (1-Cent-Münze) vollständig abgedeckt werden. Und: Der Regenschirm zum Dienstanzug ist jetzt erlaubt!
Beim Grundlegenden, nämlich der Haarlänge, hat sich sowohl für die männlichen Soldaten als auch für ihre Kameradinnen nichts geändert – das war auch, insbesondere nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Dezember, nicht zu erwarten. Weiterhin gilt:
Die Haare von Soldaten müssen kurz geschnitten sein. Ohren und Augen dürfen nicht bedeckt sein. Das Haar ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden.
Bärte sind gepflegt und gestutzt zu halten. Will sich der Soldat einen Bart wachsen lassen, muss er dies während seines Urlaubs tun. Disziplinarvorgesetzte können Ausnahmen genehmigen.
Die Haartracht von Soldatinnen darf die Augen nicht bedecken. Haare, die bei aufrechter Körper- und Kopfhaltung die Schulter berühren würden, sind am Hinterkopf komplett gezopft auf dem Rücken oder gesteckt zu tragen. Dabei sind Form und Farbe der Haarspangen/Bänder dezent zu halten.
Das war auch bisher schon so (und ich hab‘ mich schon gefragt, ob die eindrucksvollen Bärte im Auslandseinsatz wirklich im Urlaub entstanden sind). Die unterschiedliche Behandlung von Soldat und Soldat (w) gilt übrigens auch weiterhin für Ohrstecker: Für Männer tabu, Frauen dürfen zum Dienstanzug Grundform mit seinen Ergänzungen/Abwandlungen zusätzlich
einen dezenten Ohrstecker aus Edelmetall oder Perlmutt je Ohr (im Ohrläppchen) tragen.
Für diejenigen, die mit dem Begriff dezent nichts anfangen können, hält der Erlass auch vorsorglich als Fußnote eine Definition bereit: dezent = unaufdringlich, nicht auffallend, feinfühlig, taktvoll, vornehm-zurückhaltend.
Auf einige Neuregelungen wären die Bearbeiter in Truppe und Ministerium vermutlich vor ein paar Jahren schlicht nicht gekommen:
Körpermodifikationen und Körperbemalungen sind mit folgenden Einschränkungen erlaubt:
(…)
• Soweit sie beim Tragen einer Uniform sichtbar sind (insbesondere im gesamten Kopfbereich einschließlich des Mundinnenraumes, im Bereich des Halses bis zum geschlossenen Hemdkragen, an den Unterarmen und an den Händen), sind abnehmbare Körpermodifikationen abzulegen. Ist dieses aufgrund ihrer Verbindung mit dem Körper nicht möglich (z. B. bei Tätowierungen), sind sie in geeigneter und dezenter Weise abzudecken.
• Tunnel im Ohrläppchen sind nur zulässig, wenn sie durch eine hautfarbene Abdeckung bis zu einem Durchmesser von 15 mm (1-Cent-Münze) vollständig abgedeckt werden.
Wer hätte schon vor ein paar Jahren gedacht, dass es Soldaten und Soldatinnen mit Körpermodifikationen im Mundinnenraum geben könnte?
Das betrifft allerdings vermutlich vorwiegend den jüngeren Teil der Truppe. Für alle Altersgruppen ist (bleibt?) der Rucksack zum Dienstanzug verboten, zum Feldanzug natürlich erlaubt. Sonnenbrillen müssen auch der obigen Definition von dezent entsprechen, der Umweg über die Splitterschutzbrille mit dunkler Scheibe funktioniert nicht: die darf nur zum Kampfanzug getragen werden. Und für die Älteren die große Neuerung:
Die Verwendung eines Regenschirmes zum Dienstanzug Grundform mit seinen Ergänzungen/Abwandlungen ist grundsätzlich zulässig. Dabei sind ausschließlich einfarbig schwarze, schlicht gestaltete, unbedruckte Regenschirme gestattet.
Der Erlass hier zum Nachlesen: Erscheinungsbild_Soldat_innen
Nachtrag 22. Januar: Jetzt gibt es dazu auch etwas auf der Bundeswehr-Seite, auch den Erlass zum Herunterladen.
(Hinweis: Das oben stehende Bild mit einem stark tätowierten Soldaten hatte ich nur verlinkt; inzwischen hat die Bundeswehr das aus ihrem Flickr-Fotoangebot entfernt; deshalb ist es leider nicht mehr vorhanden.
Archivbild September 2012: European Training Mission for Somalia (EUTM SOM) in Bihanga/Uganda – Sebastian Wilke/Bundeswehr via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
…bin ich froh, in einer Zeit gedient zu haben, als Verteidigungsminister noch eigene militärische Erfahrungen hatten und Probleme mit Nagellack, Tatoos, Piercings und Haarspangen unbekannt waren.
Man muß ja fast froh sein, dass es keine wichtigeren Themen für diese Armee mehr gibt.
@ Huey:
Die Bank hat Kunden und die möchte man nicht verärgern. Was sind die Kunden der Bw? Feindliche Kämpfer?
Der Vorgesetzte kann bestimmte Regeln erlassen, damit der Job erledigt werden kann. Doch es ist doch völlig egal ob man mit einem Tattoo ein Fahrzeug repariert, auf den Feind schießt oder ein Flugzeug steuert. Das Tatto ändert an der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der jeweiligen Maßnahme doch nichts.
@huey:
Kurz und prägnant!
Dacor!
Der Vorgesetzte (Arbeitgeber) gibt aber auch hier die Rahmenbedingungen vor. Wem das nicht gefällt und wer auf selektivem Gehorsam besteht, muss sich eben einen anderen, toleranteren Arbeitgeber suchen. Es gibt massenweise Arbeitgeber, die sich freuen, jemanden, der sich darauf kapriziert, seinen Individualismus auszuleben und dabei die Regeln selbstgerecht zu definieren, einzustellen.
@huey und Happy Pepe, wie sagt man so schön bei der Infanterie, „zu kurz gesprungen“, das geht im übrigen auch Intelektuell.
Das spielt keine Rolle…
Wie gesagt:
„Der Arbeitgeber legt Regeln fest…..der Arbeitnehmer kann sich daran halten-oder gehen“.
Was ist daran nicht zu verstehen?
Wenn mein Arbeitgeber sagt, wir tragen ab heute alle täubchenblaue Fliegeroveralls-dann trage ich den…oder suche mir einen neuen Job.
Ich schneide meinen deswegen nicht auf „kurze Hosen-länge“ ab, färbe meinen nicht ein-sondern akzeptiere den Wunsch desjenigen, der meine „Brötchen“ bezahlt..
Gleiches gilt für Körperschmuck, Haarlänge etc.
Auch, wenn bei uns im „Business“ sehr viele Freiheiten gelten:
Mein derzeitiger Auftraggeber möchte niemanden mit Ohrringen oder langen Haaren.
Also gibt es das auch nicht…Punkt.
Wenn ich das alles so lese, stelle ich eine wesentliche
Veränderung in der Bundeswehr fest.
Anstatt Befehle auszuführen, werden diese missachtet und darüber diskutiert.
Ich hoffe, wir schreiben jetzt nicht aneinander vorbei … das „zu kurz gesprungen“ war auf den Beitrag von Alpha gemünzt und sollte deinen Beitrag verstärken.
@CRM-Moderator, @diba:
Ich stimme Ihnen beiden vollkommen zu!
Auf die Verhältnismäßigkeit und Zweckmäßigkeit kommt es an (das mit dem Combat-Shirt war übrigens ein Super Hinweis auf einen Aspekt des ganzen, der mMn viel zu oft vergessen wird bei dieser ganzen Debatte).
Aber, um den Bogen zurückzuschlagen zu dem, was ich schon vorher gesagt hatte: in dieser Sache ist jeder einzelne von uns als militärischer Führer gefragt. Was da fehlt(e) ist eher Konsequenz als Vorschriftenlage.
Ich selbst bin auch vor 6 Jahren schon auf keinerlei Probleme gestoßen, wenn es darum ging, pinke Fingernägel, blaue Haare, Tunnel und Nippel-Piercings aus meinem (damals eher bescheidenen) unterstellten Bereich zu verbannen. Und damals hatte ich keine Ahnung, dass der Dienstherr sich schon über der Erarbeitung eines neuen Erlasses den kollektiven Schädel zermartert.
Und Tattoos? Im Jahr 20xx? Im Ernst? Solange Hals, Gesicht und Handrücken frei sind… So what. Kurze Ärmel gibt es bei uns sowieso allerhöchstens beim Sport.
(Bevor der Einwand kommt: die üblichen Regeln was Motive angeht, gelten selbstverständlich auch hier.)
Bei Tattoos im Gesicht braucht man weniger Tarnschminke ;-)
Aber nicht, wenn so ein käsiges Bleichgesicht sich ein buntes Tattoo machen lässt. Nix gegen ein schwarzes Tarnmuster, aber das hab ich noch nicht gesehen ;-)
Ich kann die Diskussion nur in Teilen nachvollziehen und habe in Teilen völliges Unverständnis für einige Blogger. Zudem geht eine Wertung von Tattooträgern als „Ex -Knasties“ oder Angehöriger der „Unterschicht“ völlig an der Realität vorbei. Ich selbst habe leitende Funktion in einem Großverband und bin (nicht sichtbar, dennoch z.T. auch großflächig) tätowiert. Dies entspricht meinem Schönheitsideal, ist Geschmacksache und letzendlich betrifft es meinen Körper. Ich habe studiert, den Stabsoffizierlehrgang sehr ordentlich bestanden und bin gesellschaftlich akzeptiert – trotz Tattoos. Ich gehöre weder zu den Ex-Knasties noch zur „Unterschicht“. Mich ärgert aber dennoch die hier bei einigen Bloggern offensichtliche Ignoranz, deren falscher Patriotismus und Dahergeschwafel…..
Ich habe gestern erstmalig den neuen Erlass gelesen und finde ihn gut! Er trifft den Zeitgeist und gibt den Vorgesetzten ausreichend Mittel in die Hand. Das ist gut so. Soldaten in Uniform spiegeln zwar die Gesellschaft wider, dennoch oder vor allem repräsentieren Sie unseren Staat…. Das Bild des Bürgers in Uniform kann also nicht das eines bunten Vogels sein, sonder muss das eines würdigen Werteträgers und -verteidigers sein. In diesem Sinne, semper communis !
@Alpha
„Die Bank hat Kunden und die möchte man nicht verärgern. Was sind die Kunden der Bw? Feindliche Kämpfer?“
Wer sind die Kunden der Feuerwehr? Die Auftraggeber, unsere Bürger!
„Der Vorgesetzte kann bestimmte Regeln erlassen, damit der Job erledigt werden kann.“
…und wie der Job erledigt wird.
„Doch es ist doch völlig egal ob man mit einem Tattoo ein Fahrzeug repariert, auf den Feind schießt oder ein Flugzeug steuert.“
Stimmt, doch nicht alle reduzieren den Beruf und Auftrag auf eine einzelne Tätigkeit.
Der Soldat der BRD ist als Verteidiger im Rahmen seiner Armee als Erstes ein Garant für die äußere Souveränität seines Landes, durch die latente Drohung, eine Einschränkung der Souveränität durch die Vernichtung von Menschen und deren materiellen Existenzen zu vergelten und dient somit der Abschreckung. Eine Truppe erhält ihre abschreckende Wirkung vornehmlich durch Respekt und da sind nicht nur die Gefühle von uns entscheidend, sondern vor allem die unserer potentiellen Gegner und das sind ggf eben nicht nur Aufständische. Eine Armee die undiszipliniert wirkt, gilt eben als schwach ( auch wenn der Schein trügen kann) und die Wirkung und Wahrnehmung ist eben entscheiden.
Disziplin ist die Grundlage unseres Dienstes und was Disziplin ist, entscheidet eben auch die Gesellschaft der Dienstgeber und Disziplinarvorgesetzte.
Das mag nicht gefallen, ist aber so.
„Das Tatto ändert an der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der jeweiligen Maßnahme doch nichts.“
Kann sein, muss aber nicht. Viele Menschen in unserem Kulturkreis verbinden ein seriöses Auftreten mit Sicherheit und Zuverlässigkeit. Das mag nicht in jedem Fall rational begründbar sein, aber es ist so.
Wir von der N24-Nachrichtenredaktion möchten zu diesem Thema einen Beitrag machen und suchen Soldatinnen und Soldaten mit Tattoos und/ oder Piercings, die bereit wären, uns ein Interview zu geben.
Wir würden natürlich zu Ihnen kommen und nicht länger als eine halbe Stunde Ihrer Zeit in Anspruch nehmen.
Sie können unter Katharina.puche@n24.de oder Ole.Kaemper@n24.de oder telefonisch unter 030- 20 90 1508 zu uns Kontakt aufnehmen.
Ich würde mich sehr freuen, von Ihnen zu hören!
Freundliche Grüße,
Katharina Puche
„Eine Armee die undiszipliniert wirkt, gilt eben als schwach ( auch wenn der Schein trügen kann) und die Wirkung und Wahrnehmung ist eben entscheiden.“
Eine Armee, die sich scheut, für Männer und Frauen die gleiche zulässige Haarlänge zu befehlen, ist auch nicht besser…
Merkwürdigerweise hat keine andere Armee der Welt diese Probleme bzgl. der (unterschiedlichen) „Maximal-Haarlänge“ ihrer Soldaten….
Ist das wieder so eine trotzige „Die dürfen aber-dann will ich auch“ Kindergarten-Haltung der Männer?
@mietsch:
Da ist Krampf, sorry. Wieder ein Fall, in dem Eigeninteresse vor das der Institution gestellt wird. Mal Kant lesen, kategorischer Imperativ, harte Kost, aber lohnt sich.
Ach ja, was wären wir alle ohne unsere Vorurteile und das Klischeedenken, das uns gute Argumente dazu nutzen lässt, nicht nach “ klar richtig“ am einen Ende, „eindeutig falsch“ am anderen und „kommt darauf an“ und „vertretbar“, „noch vertretbar“…dazwischen, zu differenzieren – sondern die Güte der eigenen Diskussionsbeiträge zu domumentieren.
Ein Satz… wie diese Vorschrift!
Gut gefällt mir, das Argument, dass die Vorschrift sich im Alltag bewähren muss und das auf Augenhöhe zwischen Erwachsenen, Staatsbürgern in Uniform… aber auch Führern und Geführten, Vorgesetzten und ihnen unterstellten Soldaten.
… weniger gut der sehr formale Hinweis, dass die Vorschrift Befehl ist und damit umzusetzen. Das ist zwar so und die Vorschrift ist Prinzip, aber der Mensch steht über dem Prinzip… um da ein bißchen historisch zu klauen.
Am Rande ist ergänzend darauf hinzuweisen, das höchstrichterliche Urteile regelmäßig von etwas älteren Menschen – meistens Männern – erbrütet werden, denen ein gewisses „altmodisch Sein“ zugesprochen wird. Aber das haben sie mit Stabsoffizieren der Momo-Ebenen BW – diese erarbeiten die ZDVen diverser Farben und Bezeichnungen nun einmal und das viele Jahre lang – gemein. Manchmal ist dies für „die da unten“ nur etwas lästig, manchmal schädlich! Aber das erwähnte Urteil ist auch schon über 10 Jahre alt – ein anderes Urteil wäre schon damals denkbar gewesen. Aber so oder so… es stammt aus einer ganz anderen Zeit und ist mit dem Hier-und-Jetzt gesellschaftlicher Realität und der Streitkräftepraxis nur noch schwer in Übereinstimmung zu bringen.
Schmuck ist selbst in unserer Gesellschaft weder männlich, noch weiblich. Man sehe sich nur historische Uniformentwicklungen und hier noch ein Fähnlein, da ein Ärmelaufnäher, dort Ehrenzeichen und Auszeichnungen an… Weh tut es einem Marineangehörigen allerdings, wenn der Ohrring, die Tätowierung oder das lange Haar, das als alter Zopf irgendwann abgeschnitten wurde, in das halbseidene, gar kriminelle Milieu verortet wird! Dort gehört das so wenig hin, wie der Ohrring bei manchem Handwerker auf der Waltz. Ein Schlitzohr, wer Böses dabei denkt!
Die Kunst des Führens liegt in der situationsangepaßten Entscheidung des Vorgesetzten… u.U. auch bei der Nichtdurchsetzung einer nicht dem Schutz von Leben und Gesundheit des „Mitarbeiters“ oder der Auftragserfüllung dienenden Vorschrift.
So würde ich den dezenten Ohrstecker eines meiner Soldaten, männlich, im Tagesdienst zur Kenntnis nehmen, die Papageienschauckel eines Soldaten, weiblich im Tagesdienst genau so wenig, wie rotes Haarschleifenband in Sonderpaketgröße unter dem Gefechtshelm. Praxis: Da kommt ein OA weiblich mit wunderschönen, langen blonden Haaren und Paketschleife, feuerwehrrot, nach einem ernsten Gespräch im Wiederholungsfall dann den ganzen Tag nicht wirklich aus der Brombeerhecke raus. Macht ihr sehr viel Arbeit bis zum nächsten Antreten „normal“, ist ein bischen sehr böse, lernt aber nach einem weiteren Gespräch für das weitere Leben!
Aber das mache ich nicht an Frau oder Mann fest. DIE Schubladen, die dahinter stecken, der Genderkampf und die Diskussion, ob überhaupt und wenn ja was Frauen besser können, als Männer und umgekehrt, ist mir zu simpel. Das wird der Unterschiedlichkeit der uns unterstellten und anvertrauten Menschen nicht gerecht… und nicht ihren Fähigkeiten! Insgesamt habe ich Frauen in Uniform und ihr oft, nicht immer anders Sein oder Reagieren, ihre emotionale Intelligenz und ihr Umgang mit manchen, oft durch die uniformierte Männergesellschaft selbstgemachten Probleme als positiv erlebt. Frauen bieten dem Vorgesetzten auch gute Möglichkeiten, anders zu führen, andere Fähigkeiten zu nutzen. Nicht alle Frauen in Uniform und auch nicht alle Männer – Blindflanschen und Nullnummern sind genderneutral und Dienstgrad unabhängig. Aber ich habe Frauen in Uniform erlebt, die tolle Kerle abgegeben hätten und Männer, die durchaus tolle „weibliche“ Eigenschaften hatten. Die Betonung liegt bei „toll“!
Tja, da haben Genschler und Astorianer Regelungsbedarf beim Uniformtragen, Schmuck, Koffer & Taschen, Makeup, Kopfhörer & Co, Haar- und Ganzkörpertönungsmitteln etc. … und für Stabsoffiziere ganz wichtig „Regenschirme“ … identifiziert und sich ausgetobt.
Rausgekommen ist ein Regelwerk, eine Spielanleitung, Gebrauchsanweisungen, linke und rechte Leitplanken… für unbegrenzt viele Situationen mit unbegenzt vielen Menschen. Nicht im Angebot ist damit die vollständige, unfehlbare, allumfassende Bundeswehrbibel für das Outfit von allen Uniformträgern in jeder Situation innerhalb und ausserhalb des Dienstes in 24/7!
Und nicht herausgekommen ist eine Vorschrift von ganz oben, die mir das Denken und Entscheiden vor Ort und vor meinen Soldaten in der konkreten Situation abnimmt. Ehrlich: Ich bin darob froh und dankbar!
Wie heißt es so schön bei den Minensuchern: Entscheidung fällt im Räumgebiet!
Für die Statistiker: FKpt d.R., MFG 2, FlKdo, 1. MsichKp, 1., 3., 4., 5. MsichBtl Happytown, Rostock und Seeht, ZMZ bei VKKs und VBKs, später SKB und LKdo M-V.
By the way… diese ganzen Fragen diskutieren wir, solange es die BW gibt\geben wird. Und das ist ok so!
@N24:
Ich hoffe doch, dass dann nicht die Nummer „die armen unterdrückten Individualisten“ abgezogen wird. Reicht schon, was mit Genderismus angerichtet wird, liebe Sender und Senderinnen. Und damit stelle ich nicht Gleichberechtigung in Abrede, sondern Gleichmacherei.
@huey:
Wieviel potentielle Soldatinnen verliert die Bundeswehr, die nicht bereit sind, die gleiche Haarlänge wie Männer zu akzeptieren?
@diba
Ich glaube sie verstehen @mietsch falsch.
Ich fasse die Aussage so auf, das er keinesfalls den Sinn und Zweck der Regelung als solches in Zweifel zieht, sondern nur die gern ins Feld geführte Begründung „äußeres Erscheinungsbild = innere Lage“. Und dieser Aspekt begegnet uns immer wieder in diesem Themenfeld. Wir brauchen keine immer neuere, tollere, verbesserte „Regelungen“, sondern eine konsequente Anwendung der selbigen. MIT dem pflichtgemäßen Ermessen der Vorgesetzten (dies jetzt eher auf den Punkt Anzugsarten und deren Abwandlungen/Ergänzungen).
Es geht hier um die Disziplin der Vorgesetzen. Wenn diese Mängel im eigenen Bereich nicht abstellen, sagt das mehr über die Leistungsfähigkeit der Truppe, als die daraus resultierenden „Wildwüchse“. Die Kriegsgeschichte ist voll daven. Eben Emael mal als prominentes Beispiel in den Raum geworfen.
Getreu den soldatischen Werten: kurz knap, präzise!
Die Bundeswehr ist eine Armee in der aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen gewisse Spannungspotenziale auftreten.
Es wird versucht dies durch neue Vorschriften zu regeln. Wesentliche Aufgabenfelder werden allerdings nicht diskutiert und man versteift sich schnell auf polarisierende Themen. Eine Lösung dafür würde eine starke Führung, mit dem dazugehörigen nicht minder starken und mutigen Unterbau benötigen. Auch ein gewisses Maß an Selbstkritik und dem Mut zur Anpassung sind hierbei gefordert. Diese existieren allerdings nur sporadisch.
Auf mittelfristige Sicht wird die Bundeswehr nicht mehr in der Lage sein, sich vernünftig und modern zu entwickeln.
Mögliche zukünftige Folgen sind nicht eindeutig herauskristalisierbar.
My2cents!
PS: Stell dir vor es ist Krieg und alle streiten sich über den Regenschirm!
@ NATO Alex, 22. Januar 2014 – 11:55
„Kein Wunder das wir keinen zeitgemäßen Nachwuchs bekommen!“
Was ist denn in Ihren Augen zeitgemäßer Nachwuchs? Wonach richtet sich die Bewertung „zeitgemäß“?
@ DE, 22. Januar 2014 – 12:41
gute Frage. Zwischen Duldung und 90/5er alles möglich, oder?
Zum Thema „Tattoos im Gesicht“: wem hier ist EIN derartiger Fall bekannt?
@mietsch und Interessierter, sollte das bei mir in den falschen Hals gerutscht sein, sorry, schreiben und diskutieren von Angesicht und Angesicht ist mit einer gewissen Fehlerrate behaftet.
@J.Brandt, unterschreib ich alles, es bleibt das Problem, dass es leider eine erkleckliche Anzahl von Soldaten gibt, die immer nur die eigene Position sehen und mit ihrem persönlichen Individualismus die einheiltiche, nicht jedem gerecht werdende Befehlsgebung fordern. Liest sich zuerst wie ein Widerspruch, ist aber Realität. Besser keiner hat was von einer gewissen Variabilität, als dass ein anderer einen kleinen Vorteil geniesst. Das war aber wohl auch schon immer so und wird so bleiben. Genau wie früher Alle und alles besser war ;-)
@NMcM
Hätten deutsche Soldaten zweckmäßige und attraktive Uniformen, dann hätte man das Problem mit dem Regenschirm nicht.
@J. Brandt
… weniger gut der sehr formale Hinweis, dass die Vorschrift Befehl ist und damit umzusetzen. Das ist zwar so und die Vorschrift ist Prinzip, aber der Mensch steht über dem Prinzip… um da ein bißchen historisch zu klauen.
Die Vorschrift ist nicht Prinzip und keine Diskussionsgrundlage, sondern als Befehl linke und rechte Grenze.
@happy pepe
meinte bestimmt: d´accord, oder ?
@Thomsen
„Zum Thema „Tattoos im Gesicht“: wem hier ist EIN derartiger Fall bekannt?“
Zumindest kenne ich zwei Soldaten von denen einer FD ist, deren Tatoos bis zum Ohr den Hals hochkriechen…
Somit sind diese nicht mehr verdeckbar.
Jetzt wirds gleich lustig, wenn die Diskussion los geht, was ist ein Gesicht – zumindest nicht nur, was zwei Backen hat.
Siehe Nachtrag oben: Den Erlass gibt es jetzt auch auf der Bundeswehr-Webseite.
@ Holger, diba:
Gesicht, Antlitz, Visage, von mir aus „alles in Blickrichtung vor den Ohren“.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwo Gestalten in Uniform rumrennen, die ein Mike-Tyson/Hangover-Gedächtnis-Tattoo oder so eine komische Träne unter dem Auge zur Schau tragen.
In meinen Augen eine Diskussion über ungelegte Eier.
Sorry aber das muss jetzt:
Was machen wir, wenn ein zugewanderter Moari sich entschließt zur Bundeswehr zu gehen?
@Thomsen
…Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwo Gestalten in Uniform rumrennen, die ein Mike-Tyson/Hangover-Gedächtnis-Tattoo oder so eine komische Träne unter dem Auge zur Schau tragen….
Ich muss ihre Vorstellung enttäuschen. Die Eier sind gelegt und das sogar als StOffz. Doch da Enttäuschungen zu oft von zu großen Erwartungen stammen, müssen wir unsere Erwartungen überdenken und dazu bildet die neue Vorschrift eine hervorragende Grundlage.
@holger, thomsen
Es gibt sie, die Soldatinnen und Soldaten mit Tatoos im Gesicht. Die Träne unter dem Auge, streng genommen auch das Permanent-Make-Up, das „Muttermal“, den Ausläufer einer Schlange am Hals u.v.m.. Individuen, die wir nun mal alle sind, sind eben sehr kreativ. Die Diskussion hier zeigt das ja auch.
Unsere Soldaten werden uns mit etwa ab 18+ Jahren auf den Hof gestellt, manche für Monate oder Jahre, andere für ein Berufsleben. Sie sind vor- und hinterher Teil einer Gesellschaft – und auch außer Dienst – für die Individualität einen sehr hohen Stellenwert hat.
Da muss sich die BW schon entscheiden, ob sie aus der Gesellschaft für die Gesellschaft da sein will, oder sich durch eigene Normierung und Uniformierung als Teilmenge aus der Gesellschaft absetzt und abgrenzt in „ihre heile Welt“! Das ist die Diskussion um den Staat im Staate.
Von der Haarfarbe und -länge, Tatoos, Piercings oder Schmuckvorlieben auf Disziplin und Leistungsvermögen und -willen zu schliessen, halte ich für extrem oberflächlich!
Und wer nur der uniformierten Superclontruppe etwas zutraut und den bunten Lotterhaufen unterschätzt, hat vielleicht seinen ersten und letzten Fehler gemacht!
Als Marinesicherer war es mir immer sehr recht, mit meinen „Teams“ unterschätzt zu werden! Und Tatoos, Ohrring, getönte Haare, Piercings und der eine oder andere dezente Schmuck war immer schon dabei…
Ach ja, die Vorschriften und Befehle! Manchmal war es schon gut, da auch mal gebogen zu haben und manch Vorgesetzter froh, wenn nicht alles nach Vorschrift (dann nicht-) erledigt wurde oder der schnell raus geschossene, schriftlich fixierte und dokumentierte Befehl dann doch nicht wörtlich ausgeführt, sondern kritisch hinterfragt wurde.
Es gibt auch eine Verantwortung von unten nach oben und man reitet keine Vorgesetzten unnötig in die Sch***. Die Guten jedenfalls nicht…
Das Zauberwort heißt Auftragstaktik… nicht Befehlstaktik und Kadavergehorsam!
@J. Brandt
Ich finde Ihren Ansatz sympathisch, aber es ist nicht der, der Bw.
Individualisierung geht mit Spezialisierung einher, aber auch in umgekehrter Richtung und so ist die Situation bei unseren Piloten eine andere, als bei den Panzergrenadieren obwohl die Vorschriften die Selben sind.
Auch das ist ein Stück Lebenswirklichkeit.
@ J.Brandt
Vieles was sie schreiben kann ich unterstützen, auch die Geschichte mit Auftragstaktik statt Befehlstaktik, an dem folgendem Satz stört mich jedoch etwas:
Zitat: „Von der Haarfarbe und -länge, Tatoos, Piercings oder Schmuckvorlieben auf Disziplin und Leistungsvermögen und -willen zu schliessen, halte ich für extrem oberflächlich!“
Was das Leistungsvermögen angeht, da können Sie Recht haben, bei der Disziplin jedoch nicht.
Wer Disziplin nach außen und innen hält, also auch Selbstdisziplin ohne dass der Kontrolleur an der Ecke steht, der hält sich an die Regeln und Normen. Wenn es festgelegt ist, dass die Haarfarbe und -länge, Tatoos und Piercings einen Maximalwert haben dürfen, der noch akzeptiert wird, dann hält man sich daran oder man ist undiszipliniert.
Also entweder kurze Haare für alle, oder jeder so wie er möchte.
Diese ständige extra Wurst für Damen nervt wohl auch schon die Frauen selbst, die auch ohne Quote und Sondrebehandlung im Dienst ihre Frau stehen.
Hier in Bergen muss man mal einen britischen Soldaten finden der NICHT vorzugsweise an den Unterarmen tättowiert ist. Auch unter den höheren Dienstgraden.
Über die militärische Qualität der Briten muss man wohl nicht streiten. Und was die Briten noch im Gegensatz zu den Deutschen können : Sie können Anzug. Immer wieder respektabel zu sehen wie militärisch korrekt die Briten gekleidet sind. Kommen dir fünf Jungs entgegen, sitzt bei jedem das Barett absolut korrekt, der Anzug ist sauber und die Stiefel geputzt. Ich denke das ist beim Militär mehr wert als die Frage ob Tätowierungen ok sind.
So eine blödsinnige Diskussion. Die Bundeswehr sollte Kitas bauen, die Waffen abgeben und sich in Heilsarmee umbenennen.
@Elahan zu J.Brandt:
„Die Vorschrift ist nicht Prinzip und keine Diskussionsgrundlage, sondern als Befehl linke und rechte Grenze.“
100% meine Meinung (das wir beide das noch erleben dürfen… ;o) ).
Und Altersmilde walten zu lassen ist in diesem Falle leider Kontraproduktiv.
Die Verteidigungsministerin stellt sich vor kurzem vor die Kamera und sagt die Firma muss konkurrenzfähig in punkto Nachwuch werden und prompt haut die alte Kriegerkaste so einen Erlass raus und macht alles zu nichte. Laut Studie ist jeder 4. Mann im Alter 18 bis 24 ist tätowiert und gepierct. Meine Frage woher soll denn dieser sterile Nachwuchs kommen der so erwünscht ist? Wir haben 2014 und katapultieren uns 30 Jahre zurück, wir reden über Gleichstellung schaffen extra Beauftragte und diskriminieren jetzt nicht nach Geschlecht sondern ausehen. Ich kann nur noch mit dem Kopf schütteln und warte nur noch auf den Tag wenn mir ein adipöser Stabstäter sagt ich sehe unsoldatisch mit meinen Tätowierungen aus.
Aber ein kleiner Trost ist das es einem tätowierten nicht stört wenn jemand nicht tätowiert ist.
@Georg:
Danke für ihre Ausführung zum Thema Disziplin/Selbstdisziplin!
Wer dazu gerne einen wissenschaftlichen Ansatz möchte, der kann sich hier mal schlau machen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Broken-Windows-Theorie
Kurz: Wenn ichs im Kleinen schleifen lasse, wie siehts dann im Großen aus?
@lufttransporter: 100% same.
Ich bin jetzt im 25. Dienstjahr und habe schon wirklich seltsame Dinge erlebt; Minister, die mit der Wahrheit nicht zurechtkamen; Strukturen die einzig dazu dienten um Generalsdienstposten zu erhalten; Skandale, die durch das Fehlverhalten einiger – alle trafen. Nun kommt dieser Erlass, erschaffen in einem Haus, das schon lange keinen Bezug mehr zu den Wünschen, Erwartungen und Forderungen derer, die es zu führen versucht, hat.
Man verlangt, das wir im privaten Umfeld Werbung für etwas machen, gleichzeitig verbietet man uns „Körpermodifikationen“ in Form von Tattoos.
Ich habe meine Fahne und meine Tattoos immer mit stolz getragen, jetzt verbietet mir der höchste Soldat meine Tattoos (und sie sind wirklich dezent) zu zeigen.
Ich denke, ab heute zähle ich nur noch die Tage bis zur Pension, denn es fällt mir als Offizier immer schwerer den Gedanken meiner Vorgesetzten zu folgen.
@ Wiegold: Die “ arrogante“ Bemerkung über Bärte wachsen lassen im Einsatz, würde ich erstmal recherchieren warum das so ist. Ein Tipp hat was mit Hygiene zu tun. Viel Spaß dabei.
@Jack Reacher
Und warum können sie Anzug und haben alle die gleichen Schuhe?
Weil sie da nach ihrer Vorschrift gekleidet sind und da sind Tattoos in bestimmter Form und Platzierung wohl erlaubt und bunte Haare nicht. Auch die Briten haben Vorschriften und Diskussionen.
http://www.ask.com/question/are-tattoos-allowed-in-the-british-army
Richtig. Aber gerade was die Bekleidung angeht wissen die Briten die Vorschriften umzusetzen. Und gerade da mangelt es doch bei der BW.
@ Paul
Kurze Erklärung, warum das arrogant ist, wäre nett – habe nur darauf verwiesen, dass lt. Vorschrift Bärte nur im Urlaub wachsen dürfen, mir aber scheint, dass das durchaus im Einsatz passiert. Mag ja was mit Hygiene zu tun haben, vielleichg erklären Sie’s einfach.
@ Wiegold: Es laß sich zumindest als Vorwurf an die Kameraden im Einsatz.
Es hat was damit zu tun, dass in einem Land wie Afg der Fäkalienanteil in der Luft sehr sehr hoch ist. Bedeutet wenn ich mir jeden Morgen kleine Verletzung der Hautschicht zu führe, wie es ja doch ziemlich oft der Fall ist,steigt das Infektionsrisiko. Und um das zu verhindern lassen sich Viele einen Bart wachsen.
Nächste Argument wäre das Ansehen in einigen Ländern. Um so größer der Bart, um so weiser der Mann.
MfG
@Paul:
Dann hat man das doch sicher irgendwo schriftlich niedergelegt, oder?
Ja die Briten, Amis, Skandinavier (der Einfachheit halber en bloc), Franzosen, alle können Anzug, diskussionslos, nur bei uns heisst es “ wer nix kann, kann Anzug“, um seine Investitionen auch allen vor Augen führen zu können. Weil der Dienstherr, und zwar nur unserer, nichts gutes beschafft. Geschichte wiederholt sich, zumindest hier im Blog.
Beim Bart warte ich jetzt auf das Märchen mit „draussen geht das nicht“ oder “ um interkulturelle Kompetenz zu zeigen“. Ich hab mehr deutsche Soldaten mit Bart erlebt als Afghanische, und ich war nicht im Camp Marmal. Da haben die Afghanen sich teils köstlich drüber amüsiert.