Längere Haare bei Soldatinnen sind ‚zulässiges Mittel der Förderung von Frauen‘

Das Urteil selbst überrascht nicht wirklich: Soldaten werden auch künftig nicht langhaarig zum Dienst erscheinen dürfen – der aktuelle Haar- und Barterlass, der bei Männern in der Bundeswehr die Haarlänge begrenzt, ist nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom (heutigen) Dienstag rechtmäßig. Ausschlaggebend dafür ist das einheitliche Erscheinungsbild, wie der 1. Wehrdienstsenat des Gerichts in Leipzig seine Entscheidung begründete:

Der 1. Wehrdienstsenat hat entschieden, dass der Bundesminister der Verteidigung befugt ist, im Zusammenhang mit der Uniform der Soldaten auch deren Haar- und Barttracht zu regeln. Mit dem geltenden Erlass hat er dabei den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum nicht überschritten. Der spezifische Auftrag und die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte sind unverändert in einem hohen Maß durch ein nach außen einheitliches Auftreten und einen nach innen engen Zusammenhalt ihrer Angehörigen geprägt. Einschränkungen der Soldaten in der freien Gestaltung ihrer Haartracht sind deshalb durch das Regelungsziel eines – für das Selbstverständnis und die öffentliche Wahrnehmung bestimmenden – einheitlichen äußeren Erscheinungsbilds der Bundeswehr bei der Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags im In- und Ausland gerechtfertigt. Im Hinblick auf die auch den Soldaten in weitem Umfang gewährleisteten Freiheiten zur individuellen Lebensgestaltung stellt die im Äußerlichen bleibende Regelung der Haartracht ein verhältnismäßiges Mittel dar, zumal keine „Einheitsfrisur“ verordnet, sondern lediglich äußere Grenzen gesetzt werden.

Nun könnte ein Zivilist wie ich natürlich die Frage stellen, warum nicht alle Männer im Dienst lange Haare tragen, dann wäre das einheitliche äußere Erscheinungsbild ja auch gewährleistet. Die Frage verkneife ich mir, wundere mich aber ein bisschen: lange Haare bei Soldatinnen müssten dann doch auch der angestrebten Einheitlichkeit widersprechen? Da hat der Wehrdienstsenat recht interessant argumentiert:

Die Regelung über die Haartracht von Soldatinnen, die diesen auch das Tragen längerer Haare gestattet, stellt eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr dar, die die striktere Regelung der Haartracht für männliche Soldaten nicht in Frage stellt. Im Anschluss an die allgemeine Öffnung der Bundeswehr für Frauen im Januar 2001 und bei einem Anteil der Frauen in den Streitkräften von derzeit rund 10 % hat sich für das äußere Erscheinungsbild von Soldatinnen noch keine Tradition oder Erwartungshaltung innerhalb der Bundeswehr und in der Öffentlichkeit verfestigt.

Ich vermute mal: auf so eine Begründung können nur Männer kommen. Längere Haare als zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr?

(Foto: Die Soldaten vom Luftumschlagzug im Lufttransportgeschwader 61, in Penzing schlagen Material wie Reifen oder Pritschen für Afrika um. Das Palettieren voll im Visier: Stabsunteroffizier Vanessa K., überwacht im Luftumschlagzug des LTG 61, dass auch die richtige Fracht an den richtigen Bestimmungsort gelangt. – Bundeswehr/Andrea Bienert via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)