Neue Frauen-Studie: Die Männer in der Bundeswehr haben ein Problem

Eine ganze Weile lagen die Ergebnisse unter Verschluss, die die Forscher des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr (inzwischen aufgegangen im Zentrum für Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, ZMSBw) bereits 2011 zu den Frauen in den Streitkräften erhoben haben. Ein Blick in die am (heutigen) Freitag veröffentlichte Untersuchung lässt ahnen, warum: Im Vergleich zu den sechs Jahre zuvor erhobenen Zahlen ist die Akeptanz von Frauen in der Bundeswehr bei ihren männlichen Kameraden stellenweise deutlich zurückgegangen. Und da kommt alles hoch, was weiblichen Soldaten in Deutschland immer wieder an Ablehnung entgegengebracht wird – von der Ansicht, sie seien für das harte Leben im Felde nicht geeignet, bis zu der Einschätzung, mit Frauen leide die Kampfkraft der Truppe.

In der Sprache der Forscher wird das etwas dezenter als Entwicklungen, die auf eine gewisse Eintrübung des Integrationsklimas verweisen bezeichnet. Vor allem, heißt es in der Studie:

• Die männlichen Soldaten glauben stärker, dass Frauen dem harten Leben im Feld nicht gewachsen sind. 2005 taten dies 28 Prozent, 34 Prozent im Jahr 2011.
• Dass Frauen körperlich anspruchsvollen Funktionen nicht gewachsen sind, glauben nun 52 Prozent, vorher 44 Prozent.
•Der Prozentsatz der Männer, die einen Verlust an militärischer Kampfkraft infolge der Integration von Frauen wahrnehmen, ist von 33 auf 36 Prozent gestiegen.
• Dass sich die Bundeswehr infolge der Integration zum Schlechteren entwickelt hat, glauben nun 57 statt vorher 52 Prozent.
• Die Meinung, man könne mit Frauen gut zusammenarbeiten, wird nun von 77 Prozent im Vergleich zu 83 Prozent in 2005 vertreten.
• Die Skepsis der Männer gegenüber Frauen in Vorgesetztenfunktionen ist gewachsen. 2005 hielten 15 Prozent der Männer Frauen für Vorgesetztenfunktionen für ungeeignet, 22 Prozent in 2011.
• Das Gerechtigkeitsempfinden der männlichen Soldaten ist noch stärker sensibilisiert als dies vorher der Fall war. Dass Frauen zu positiv bewertet werden, glauben nun 51 statt vorher 39 Prozent; bessere Karrierechancen werden ihnen von 62 Prozent statt vorher 53 Prozent attestiert; dass von Frauen weniger erwartet wird, glauben nun 49 statt vorher 45 Prozent; und 33 Prozent statt vorher 15 Prozent sehen Frauen durch militärische Vorgesetzte besser behandelt.
• Dass die Integration noch großer Anstrengungen bedarf, glauben 48 Prozent in 2011; in 2005 taten dies lediglich 22 Prozent der Männer.

Also unterm Strich: Sehr viele Männer, die Mehrheit in der Truppe, ziehen eine zunehmend negative Bilanz der Integration von Frauen in die Streitkräfte. Den größten Unterschied zu der vorherigen Untersuchung gibt es beim letzten Punkt; die Zahl der Männer, die der Meinung sind, die Integration der Frauen brauche noch viel mehr Anstrengung, hat sich mehr als verdoppelt. Und das, obwohl die Studie den Frauen einen hohen Integrationswillen bescheinigt: Hinsichtlich der integrationspolitischen Orientierung der weiblichen Soldaten ist zunächst festzuhalten, dass die Integrationsbereitschaft und der Leistungswille der Soldatinnen weiterhin hoch sind. Sie entscheiden sich (…) in der Mehrzahl eher für eine Strategie der Anpassung an die dominante (männliche) Organisationskultur.

Tja. Die Frage ist ja nun, ob die Aufnahme von Frauen in die Streitkräfte das Problem ist – oder ob die Männer damit (zunehmend) nicht fertigwerden. Aus Sicht der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist der Kurs gegen die jüngsten Erkenntnisse klar: Wir müssen die Karrierepfade für Frauen gangbarer machen, die Vereinbarkeit von Dienst und Familie zügig vorantreiben und auch besser sichtbar machen, wie sehr die Bundeswehr von der wachsenden Zahl Frauen in der Truppe profitiert.

Die Studie Truppenbild ohne Dame? zum Download beim BMVg.

(Eine persönliche Anmerkung von mir: Das Thema Frauen und Streitkräfte ist hier auf Augen geradeaus! immer wieder ein Reizthema gewesen. Die Diskussion kreiste dann oft um die Frage, ob Frauen biologisch überhaupt fähig seien, als Soldat Dienst zu tun – wobei Erfahrungen anderer Länder, von Israel bis zu den USA, locker ignoriert wurden. Ich wäre dankbar, wenn diese Frage hier jetzt nicht zum Mittelpunkt würde. Da mir dann immer sehr schnell fehlende Demokratie, Zensur und ähnliche Dinge vorgeworfen wurden, gibt’s jetzt eine Lösung: Wer unbedingt darüber debattieren möchte, die Frau als solche tauge nicht für die Streitkräfte, landet im Bällebad.)

(Foto: Bundeswehr/B.Wilke via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)