Familienfreundliche Bundeswehr: Ein paar Vorschläge
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat mit ihren Aussagen und Vorschlägen für eine familienfreundliche Bundeswehr ein Thema gesetzt – das auch weiter hohe öffentliche Aufmersamkeit für die Streitkräfte sichert. Nicht zuletzt, weil die Diskussion darüber anhält: Die Vereinbarkeit von Dienst in der Truppe und Familie dürfte auch zentraler Punkt der Bundestagsdebatte über den (im Januar 2013 vorgelegten) Jahresbericht des Wehrbeauftragten werden, die für kommenden Donnerstag im Parlament vorgesehen ist.
Ein paar praktische Vorschläge für diese familienfreundliche(re) Bundeswehr gibt es auch – mit den Hinweisen auf die Besonderheiten des Soldatseins:
• Einsatzfähigkeit und Auftragserfüllung der Streitkräfte haben Vorrang auch gegenüber den berechtigten Forderungen Einzelner nach Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften. Diese Besonderheiten des militärischen Dienstes müssen Soldaten und Soldatinnen kennen und akzeptieren. Sie müssen auch bereit sein, daraus resultierende, erforderliche Einschränkungen hinzunehmen. Gleichwohl stellen dienstliche Forderungen und private Belange nicht immer konkurrierende Ziele dar. (…) Von der Umsetzung der Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften profitieren beide Seiten, wenn es gelingt, eine den dienstlichen Erfordernissen und den privaten Interessen Rechnung tragende Problemlösung zu finden.
• Sind in einer Partnerschaft beide Partner berufstätig, trägt auch der Arbeitgeber des Partners oder der Partnerin eine Mitverantwortung. Familiäre Belastungssituationen sind daher nicht allein vom Soldaten oder von der Soldatin zu tragen. Dies ist in den Entscheidungsprozessen zur Verwirklichung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst zu berücksichtigen. Besonderer Fürsorge bedarf es, wenn beide Partner der Bundeswehr angehören.
• Seitens der Personalführung werden die berechtigten Belange der Betroffenen in Abwägung mit den dienstlichen Erfordernissen im Sinne der Vereinbarkeit von Familie und Dienst berücksichtigt.
• Bei der Dienstpostenbesetzung prüft die Personalführung, ob der Verwendungsaufbau – wenn gewünscht – in Regionalbereichen des Lebensmittelpunktes des bzw. der Betroffenen realisiert werden kann und ob unter Berücksichtigung von Eignung, Befähigung und Leistung sowie der Wünsche der Betroffenen eine entsprechende Einplanung möglich ist. Ihre Grenzen finden diese Maßnahmen dort, wo die für den Verwendungsaufbau notwendigen Dienstposten im regionalen Bereich nicht verfügbar sind, Gründe der Bedarfsdeckung oder vorrangige Interessen anderer Soldaten und Soldatinnen entgegenstehen. Eine Reduzierung von Standorten sowie kurzfristige Veränderungen von Organisationsgrundlagen können sich dabei negativ auf die Planbarkeit auswirken. (…) Von einer Versetzung kann abgesehen werden, wenn schwerwiegende persönliche Gründe vorliegen und vorrangige dienstliche Belange nicht entgegenstehen.
• Wo immer möglich werden Aus-, Fort- und Weiterbildung familienfreundlich geplant und durchgeführt. Durch vorgegebene Termine zum zeitlichen Ablauf von Lehrgängen sind hierbei aber enge organisatorische Grenzen gesetzt, wenn es z. B. darum geht, Laufbahnvoraussetzungen oder die Voraussetzungen für eine sachgerechte Aufgabenwahrnehmung zeitgerecht zu erfüllen.
• Die Möglichkeiten der Inanspruchnahme insbesondere von Telearbeit, Teilzeitbeschäftigung oder Betreuungsurlaub sind seitens der Personalführung flexibel und individuell unter Berücksichtigung der Interessen der Betroffenen zu gestalten, um den persönlichen und den dienstlichen Interessen gleichermaßen gerecht zu werden.
• Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften stellt aufgrund der Besonderheiten des militärischen Dienstes hohe Anforderungen an alle Beteiligten. Regelmäßig sind berechtigte Anliegen des Dienstherrn und des Soldaten oder der Soldatin gegeneinander abzuwägen. Im Zweifel muss die Sicherstellung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr in einer Einsatzarmee indes Vorrang haben. Die Auflösung des Spannungsfeldes unterschiedlicher Interessen bedeutet eine ständige und absehbar zunehmende Herausforderung auch für die Personalführung und die Ausbildung.
• Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften ist eine wesentliche Führungsaufgabe, der sich alle Vorgesetzten zu stellen haben. (…) Das Bewusstsein für familienfreundliche Rahmenbedingungen ist bei allen Verantwortlichen zu entwickeln und zu fördern. (…) Durch geeignete Dienstaufsicht ist die Umsetzung und Anwendung der Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst zu unterstützen.
• Die Organisation des Dienstes beinhaltet neben dem Gestalten der für den ordnungsgemäßen und sachgerechten Dienstbetrieb notwendigen Obliegenheiten auch ein „familienfreundliches“ Ausrichten des Dienstes in den Streitkräften. Dies erfordert von allen Vorgesetzten ein aktives und flexibles Vorgehen.
Zu familienfreundlichen, organisatorischen Maßnahmen zählen
− verlässliche Dienst-, Einsatz- und Urlaubsplanung,
− Freistellung von der Dienstleistung in besonderen Situationen,
− planbare, flexibel anpassbare Dienstzeiten,
− Ermöglichen der Teilnahme an Fernausbildungsmaßnahmen während der Dienstzeit sowie
− dienstliche Unterstützung für die Familie.• Eine wirksame Möglichkeit der individuellen Dienstgestaltung für Soldatinnen und Soldaten mit Familienpflichten ist die Teilzeitbeschäftigung, die in § 30a des
Soldatengesetzes verankert ist. (…) Soldaten und Soldatinnen kann die parallele Wahrnehmung dienstlicher und familiärer Pflichten durch organisatorische Maßnahmen erleichtert werden. Dies kann bei der Dienststelle am Arbeitsplatz geschehen2, aber im Einzelfall auch durch eine Verlegung der dienstlichen Tätigkeit in das familiäre Umfeld der Soldatin oder des Soldaten für einen vorübergehenden Zeitraum oder in Form der Telearbeit und der Teilnahme an Fernausbildungsmaßnahmen.• Im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht haben Vorgesetzte verantwortungsvoll mit der Dienstzeit ihrer Untergebenen umzugehen. Handlungssicherheit durch langfristig geplanten Dienst, Ausbildung und planbare Freizeit nehmen hierbei einen besonderen Stellenwert ein. Eine so weit wie möglich flexibilisierte Dienstzeitgestaltung erlaubt auch Soldatinnen und Soldaten, den Umfang und die Lage der täglichen Arbeitszeit besser mit persönlichen/familiären Belangen zu vereinbaren.
• Langfristig bekannte Termine sind grundsätzlich frühzeitig in Jahresausbildungsbefehlen, Jahresvorhabenübersichten und Dienstplänen aufzunehmen. Hiervon soll nur in zwingenden Fällen abgewichen werden. Darüber hinaus sind bei Abwesenheiten aufgrund von Übungen oder Dienstleistungen die sozialen Belange der Soldaten und Soldatinnen wo immer möglich zu berücksichtigen.
Das habe ich mir natürlich nicht ausgedacht, sondern gefunden im Handbuch zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften, 2010 als Allgemeiner Umdruck 1/500 veröffentlicht und wie ein paar andere interessante Grundlagendokumente auf der Webseite bundeswehr-kinderbetreuung.de zu finden, die eine offizielle Bundeswehrseite ist. Ähnlich wie die hier in den Kommentaren schon erwähnte Teilkonzeption Vereinbarkeit Familie und Dienst gibt es also offensichtlich schon einiges an konzeptionellen Überlegungen für mehr Familienfreundlichkeit. Aber anscheinend ein Umsetzungsproblem?
(Foto: Bundeswehr-Pendler am Bahnhof – Bundeswehr/Stolberg via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
-bullshitbingo-
„Einsatzfähigkeit und Auftragserfüllung der Streitkräfte haben Vorrang auch gegenüber den berechtigten Forderungen Einzelner nach Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften.“
vs.
“ Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften ist eine wesentliche Führungsaufgabe, der sich alle Vorgesetzten zu stellen haben.“
Der Vorgesetzte wird hiermit beauftragt, die Quadratur des Kreises durch geeignete Dienstaufsicht umzusetzen… ähm ja…
In Zeiten personelle Unterdeckung, ständigen Heldenklaus und strukturellen Chaos sollte man mal auf die Prüfung der Durchführbarkeit von Befehlen vor dem Erteilen derselbigen hinweisen…
Betriebliche Belange und Vorstellungen der Mitarbeiter stehen auch bei jedem normalen Unternehmen in einem Spannungsfeld. Da durchkreuzen Kunden und Wettbewerber den idealen Interessensausgleich, bei der BW die Mission und der Feind.
@Autostaedterin
Eher Konzeptionslosigkeit, unmögliche Befehlslagen, faule oder überforderte Vorgesetzte, eine Struktur die durch Unterbesetzung und möglichst flächigen Einsatz gar keine chance lässt in einem Lebensmittelpunkt zu bleiben. „Der Feind“ hat kaum was damit zu tun, vor allem wenn man sich mal anschaut wie viel Soldaten denn tatsächlich im Einsatz sind. Wie man sieht ist alles ja schon mal durchdacht worden aber aufgrund ständiger wechselnder Lagen bei derStruktur und fehlenden Mittel bleibt das meistens auf der Strecke.
„…Ihre Grenzen finden diese Maßnahmen dort, wo die für den Verwendungsaufbau notwendigen Dienstposten im regionalen Bereich nicht verfügbar sind, Gründe der Bedarfsdeckung oder vorrangige Interessen anderer Soldaten und Soldatinnen entgegenstehen. Eine Reduzierung von Standorten sowie kurzfristige Veränderungen von Organisationsgrundlagen können sich dabei negativ auf die Planbarkeit auswirken…. “
Danke danach erübrigt sich auch der Rest. Wer solche Blankoschecks ausstellt braucht sich nicht wundern wenn ihm die Kohle (hier Soldaten) ausgeht.
Übersetzt heisst das schlichtweg – wir (PersFü und Soldat) kooperieren solange, wie es die PersFü für richtig hält. Sind wir unterschiedlicher Meinung wird das gemacht was die PersFü will. Denn jetzt mal ehrlich „Bedarfsdeckung“ is ein Killerargument. Weil ja auch überhaupt einer der Gründe für eine Versetzung. Oder wird neuerdings auch im großen Stil ohne Bedarf (und damit einhergehend vakantem DP) versetzt?
Das Zauberwort wird ja auch schon genannt – Verwendungsaufbau. Eigentlich Augenwischerei, denn vielmehr müsste es Laufbahnaufbau heissen. Und solange Menschen der Meinung sind für andere 15 jahrespläne aufstellen zu können und dann auch noch pissed sind wenn derjenige sich einbildet dieser Planung nicht zu folgen – ja dann weiss ich auch nicht.
Irgendwie heisst Perspektive in den Streitkräften immer Veränderung, warum versteh ich vielerorts nicht. An manchen Stellen ist es sicherlich angebracht, aber gerade beim Personal ist Beständigkeit ein hohes Ziel.
Ich lese immer „flexibel“ und „aktiv“ im Zusammenhang mit der Personal“Führung“.
Ich habe schon einige P-Gespräche geführt, bin auch schon ein paar Tage Soldat. Aber das ist mir bisher nicht unter gekommen.
Macht ja auch zu viel Arbeit. Und schließlich sitzt der geneigte Personaler ja auch erst seit 20 Jahren in Köln…. Das müsse man verstehen, die nötige Flexibilität ist ja bei der Einstellung schon bekannt gewesen.
Hoffentlich muss die angestrebte familienfreundliche, geschlechtergerechte, auf Attraktivität des Dienstes optimierte Kuscheltruppe, in der „Kriegsnah ausbilden“ wegen unangemessen militärischer Sprache aus der Truppe ausgesondert wird und der Wehrbeauftragte argwöhnisch darüber wacht das auch ja niemand zu spät ins Bettchen kommt oder zu hohen Anforderungen ausgesetzt wird, nicht irgendwann gegen Soldaten antreten:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/speznas-einheiten-in-russland-die-bluthunde-des-kreml-a-942049.html
Aber wir leben ja im tiefsten Frieden, und da meint man offenbar, es sich leisten zu können, die Armee vor die Hunde gehen zu lassen. Den Preis müssen dann später andere zahlen.
Solange ich vier Monate vor Dienstzeit-Ende auf den Führungslehrgang 1A als Grundlage für meine weitere Laufbahn (?!??) geschickt werde braucht mir niemand etwas von sinnhaftigkeit erzählen.
Ich weiß, es ist nur ein kurzer Lehrgang, aber das Beispiel ist symptomatisch für den „individuellen Verwendungsaufbau“…
Also diese Aussagen zu der Vereinbarkeit von Dienst und Familie kann man sofort kassieren, oder das Ganze ist nur eine kosmeitsche Augenwischerei.
Diese Aussagen „triefen“ gerade so voller Hintertürchen gegen einen Anspruch, dass man sie sich auch schenken kann. Sie sind das Papier nicht wert, auf die sie geschrieben wurden !
@T.W.
Da habe ich Sie mit dem Allgemeinen Umdruck wohl auf eine gewisse Art inspiriert…! :-)
Das alles sind keine neuen Vorschläge. Attraktivität des Dienstes ist meines Erachtens immer noch am stärksten mit dem Dienstort verbunden. Da bei den letzten Standortentscheidungen aber offensichtlich mehr die lokalpolitischen Interessen einzelner und mit Sicherheit nicht die Bedürfnisse von Familien, bei denen beide Ehepartner berufstätig sind im Vordergrund standen, steht die Bundeswehr nun vor dem Dilemma, dass sie eben mit Masse in Orten stationiert ist, die völlig uninteressant sind. Da helfen auch keine Eltern-Kind-Zimmer oder gar bunte Stifte im Büro.
Anders ist es nicht zu erklären, dass
Regensburg gegen Stadtallendorf,
Koblenz gegen Strausberg,
Hannover gegen Oldenburg usw. usw. getauscht wurden.
Wer aber die das unglaubliche Schicksaal ertragen musste, von Bonn nach Berlin versetzt zu werden, für den kann es noch das Trostpflaster des entsprechenden Bonn-Berlin-Gesetzes geben.
Ich möchte mal gerne sehen, was passieren würde, wenn dem Vorstand von Siemens und Co als attraktivitätssteigerne Maßnahme vorgeschlagen wird: „Wir geben unsere Standorte in den schönen Städten auf und ziehen hinaus aufs Land.“ Für diesen Attraktivitätsberater gäbe es wohl nur eine mögliche Zukunft, nämlich bei „Wir.Dienen.Deutschland“
@Weber
die EADS hat das durchgezogen…von Ottobrunn nach Unterschleissheim und dann weiter ins Donau Ries….und als erstes blieben die alten MBB Ingenieure auf der Strecke die ihr Haus bei Rosenheim hatten..
.betriebswirtschaftlich in den entsprechenden Jahren ein Gewinn bezogen auf die Produktqualität ein Desaster….aber der Berater hat gut verdient….
Oh my, Nett!
Alles schön solange es nicht stört.
Kann man eigentlich die Verantwortlichen für Verletzung der Fürsorgepflicht zur Verantwortung ziehen?
@Soenke Mahrarens
Gegenbeispiel:
Oder man macht es wie die HDW. Die hat, nachdem sie die Nordseewerke Emden „zielgerichtet Konzernintern dem Erdboden gleich gemacht hatte“, um an das Know How zu kommen (denn nicht alle Innovationen im U-Boot Bereich kamen aus Kiel, sondern sehr viele aus Emden), genau den umzugswilligen KnowHow-Trägern aus der Konstruktion und Fertigung ein Angebot gemacht, dass sie nicht ausschlagen konnten. Nein, kein Pferdekopf im Bett sondern bspw der Kauf eines neuen Hauses im Umfeld Kiel (und die Preise sind dort um einiges höher als in der Region Emden), Verkauf der alten Immobilie, Regelung des Umzuges, Arbeitsvermittlung für die Ehepartner, Schulorganisation. Solche Angebote haben nicht wenige angenommen. Sowas geht auch, wenn man Know-How halten/haben möchte.
Wenn man wirklich möchte, geht so einiges. So wie es gestern Abend in dem anderem Thread diskutiert wurde. Dieses bislang immer wieder halbherzige rumgehühnere, mit ständig neu etablierten Schlupflöchern ist aber das genaue Gegenteil.
Was fällt mir so dazu ein:
Das Missgefühl der Soldaten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch ein Symptom einer tiefen strukturellen Unsicherheit der Bundeswehr. Umstrukturierungen ohne Strategie und der daraus folgenden Planungsunsicherheit oder Unberechenbarkeit von weiteren zukünftigen Ereignissen führen nicht nur bei den Betroffenen, sondern auch bei der Personalführung, für unkalkulierbaren Stellgrößen, die eine Planung der Lebens- und Personalplanung unmöglich machen und damit der Familie(Planung) entgegen wirken.
Eine Laufbahnkarriere der Unteroffiziere halte ich derzeit für in sich lächerlich, da der finanzielle Gewinn und die Attraktivität von herausgehobenen Dienstposten Unteroffiziere marginal ist. Oder anders, warum soll sich denn ein Unteroffizier ernsthaft dafür erwärmen versetzt zu werden? Gerne auch, in so nicht definierte, aber bekannte Einödstandorte und damit ohne die Familie.
Der Offizier ist versetzungswillig solange er gefördert wird. Wird die Karriere zur Laufbahn stellt sich da schnell Ernüchterung ein und man „beißt“ sich gerne an einem Standort fest, da die Bilanz zwischen Förderung und Trennung von Familie nicht mehr passt. Wird er dennoch versetzt ist er zutiefst frustriert, da er keinen Benefit hat. Vgl. Scheidungsquote Generalstabsoffiziere
Das derzeitige Bild von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Bw ist:
– Frauen pochen darauf, um die unangenehmen Seiten des Soldatenberufes zu umgehen
– Männer pochen darauf, wenn sie sich trauen und es sich erlauben können, weil sie nichts zu verlieren haben vgl. Telearbeit (ein Unding)
– Teilzeitarbeit…
– Eltern/Kindzimmer, die keiner braucht/will
– Vorrang bei KitaPlätzen Einschub: Ein Privileg, in Ansätzen aber der richtige Weg in der Situation in Deutschland aus Sicht Bw, bitte keinen Zivilisten fragen, da das eigentliche Grundproblem alle Länder betrifft = fehlende KitaPlätze für alle!
Kompensiert werden diese Maßnahmen im Grundbetrieb jedoch durch andere, die dadurch eine höhere Dienstbelastung haben. Den Gipfel des Seins stellen Soldatenpaare dar, die vom Dienstherren quasi eine komplette Familienrundumbetreuung erwarten mit gleichzeitiger Beförderung und Förderung, Auslandseinsätze etc..
Das Kernproblem der Familien aller Soldaten (mit und ohne Förderung) wird derzeit nicht erfasst!
Planungssicherheit und Transparenz! Dazu braucht es verlässliche Strukturen und eine realistische Personalplanung, in der der Betroffene selbst seine Entscheidungen für seine Laufbahn treffen kann (Bewerbung, Assessment, Qualifizierung) und selbst für die Konsequenzen einsteht. Erst damit wird ihm auch eine Lebensplanung möglich, die sich dann auf die Familie auswirkt. Dazu Standortentscheidungen die nicht als Strukturmaßnahmen der Landkreise verstanden werden und dem Militärischen Fachverstand Vorrang einräumt wird(Zentralisierung).
@NMWC d accord…
@Montclair Schöne Zusammenstellung des Betroffenenprofils, nur es fehlt bei ihrer Betrachtung eins…. das sind die einzigen Mitarbeiter die wir haben….aufgrund mangelnder Durchlässigkeit oben in der Pyramide (nur ein Soldat kann was ein a Soldat kann…. aus meiner Sicht nicht in allen Bereichen so, eignet sich aber gut zur Bestätigung des eigenen tuns) 2. Frauen sind auch Staatsbürger in Uniform und genauso vielfältig in ihrer Meinung wie Männer in ihren Vorurteilen.
3. Wenn wir unten andere bekommen wollen… wie War doch gleich die Formel aus 600.000 60.000 also jeder deutschen Schulklasse 3 (bei 30) und dann bitte einer/eine von oben einen aus der Mitte und einen Lernfreigestellten… dann ist die Förderung der Ministerin nach wir müssen der Attraktivste Arbeitgeber werden keine Vision sondern ein muss….
alleine kämpft sich Es meistens eher schlecht…..
Ich kann es nur nochmals sagen: Sofern es um planbare (Frei-) Zeit geht, sind die Streitkräfte selbst verantwortlich. Würde man frühzeitig planen – und wenn es nur der Sommerurlaub ist – dann wäre viel gewonnen. Aber nicht einmal das ist vielerorts im tiefsten Frieden möglich, Absichtserklärungen aka Teilkonzeptionen hin oder her…
Mal zu den Realitäten, die offenbar bei allem legitimen Anspruch auf Fürsorge und Familienfreundlichkeit der „neuen Truppe“, die dieser trotz Gott sei Dank binnen der letzten Jahrzehnte veränderter Sozialstrukturen, vielleicht nicht mehr ganz bewußt sind oder auch nie präsent waren:
Ein Abriss aus 45 Jahren „gemischte Karriere“ Bundeswehr (SAZ 12) und kommerzielle Luftfahrt zum Thema Pendeln:
Wohnorte seit 1968 bis heute: Mellrichstadt, München, Roth.
Dienstorte bzw. Arbeitsorte: Celle, Bückeburg, Achum, Achern, Achum, München, Oberschleißheim, Neubiberg, Roth, Achum, Laupheim, Mitterhardthausen (bei Straubing), Mendig, Nürnberg, Saffig (bei Koblenz), Karben und Hofheim (bei Frankfurt), Bonn Hangelar, Oedheim (bei Bad Friedrichshall), Friedrichsdorf (bei Bad Homburg) inklusive „Ausflüge“ nach Aegypten, Massing (bei Eggenfelden) inklusive Ausflüge nach Österreich, Italien, Griechenland und Kenia, Hof, Dresden inklusive Ausflüge nach Tschechien, Slowakei, Polen und Österreich, Frankfurt-Hahn inklusive Ausflüge nach Luxemburg, Frankreich, Spanien und Portugal, Lübesse (bei Schwerin), Großkreutz (Havel) inklusive Ausflüge nach Polen und Ahlen/Westfalen, seit 2005 ’Home-Office’ in Roth inklusive Ausflüge nach Polen (Swidnik bei Lublin), Großkreutz / Havel, Dresden, Masserberg (Rennsteig), Oberpfaffenhofen-Wessling, Ochtendung (b. Koblenz), und Frankfurt Hahn sowie gelegentlich Koblenz, Bonn und Berlin.
Fürsorge- und Familienfreundlichskeitskriterien: Seit OPZ in 1968 bis 2005:Militärisch und Zivil: Wenn Sie bei uns etwas werden wollen, dann müssen Sie uneingeschränkt mobil sein.
… und meine Frau zog da auch noch mit! Allerdings die Perspktiven waren damals in dem Versetzungs Tohubahohu noch relativ konkret ab- bzw. einschätzbar.
Das Ganze kannte ich ja schon vor meiner Bundeswehrzeit von meinem Großvater, von Bayern bis Ostpreußen, zwischenzeitlichen Gastspielen in Würzburg (Freikorps), bei der Schweizerischen Artillerie und in Polen (Reichswehr), in Ortruff und Jüterbog, weiter nach Sachsen, mit Kriegsende in Garmisch, Heidelberg und Freudenstadt und von meinem Vater nach dem WK II von Bayreuth, Selb, Idar-Oberstein, Koblenz, Buxtehude, Walldürn, Hamburg, Mellrichstadt, Wildflecken und Köln. Großvater und Vater waren nun mal u.a. auch beim Militär.
Das waren vor dem Bund ein paar zu viele Wohnorte, viele Schulwechsel mit Kurz- und Lang-Schuljahren (Ostern vs. Herbst) und letztendlich geschiedenen Eltern.
Ausnahmen: Ein sehr verständnisvoller Chef in Großkreutz / Havel seit 2005.
P.S.: Ich beklage mich nicht und habe auch kein Selbstmitleid, sondern bin stolz auf meine Frau und mich, dies für zwei besondere Jobs und ihren schon in 1973 verlorenen originären Job – in dem diese mehr verdiente als ich als Lt mit Fliegerzulagen, gemeistert zu haben.
Auch bin ich überzeugt, daß es noch hunderte von der Sorte meiner Frau und meinerseits in der Bw gibt bzw. gab, nur da liegt der Faktor Zeit und das neue Selbstverständnis der Truppe dazwischen.
Meine persönlichen Gedanken zum Thema „Familienfreundliche Bundeswehr: Ein paar Vorschläge“ !
Ich bin zur Zeit noch Soldat auf Zeit und habe nicht das geringste Verlangen meine „Kariere“ bei diesem intransparenten und plannungslosen „Arbeitgeber“ auch nur um eine Sekunde zu verlängern.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin für mein Leben gern Soldat, nehme Entbehrungen hin und glaube zumindest manchmal einen Sinn zu erkenne, ggf. sogar zu verstehen, aber die letzen Jahre waren dann doch zu viel.
Ich persönlich habe das Gefühl, mehr als kleine Leuchtturmprojekte, vorzugsweise in Berlin oder im „alten“ Bonn und Umgebung sind in den letzen Jahren nicht entstanden, die Fläche und gerade die „Einödstandorte“ wurden wohl vergessen. Gerade was so alles zum Thema Familie in Berlin und Bonn „gestartet“ wurde ist nicht sehr weit über diese Gebiete hinaus gekommen. Es gibt ja, nach einer Recherche meinerseits, doch eine ganze Menge an Projekten, Vorschlägen, Planungen, Konzeptionen und Teilkonzepten. Mag auch sein das der Kartenmaßstab zu klein ist und die Standorte daher nicht mehr zu erkennen sind, außerhalb von Berlin und Bonn.
Für den Fall das ich in den letzten Jahren die „Propaganda“-Artikel, für die „Fläche“ in den bundeswehreigenen Medien übersehen habe, bitte ich natürlich um sofortige Berichtigung von Wissenden.
Desweiteren habe ich die Erfahrungen gemacht, meistens ab Ebene zwei XX über dem Verbandsabzeichen, spätestens jedoch mit dem dritten X ist der Bezug zur „Truppe“ verloren und es gibt keine Sicht für die Realität und die Arbeit der Soldaten vom Gefreiten bis zum Oberst, die mit den vorhandenen Mitteln das beste rausholen. Das fängt bei geschützten Fahrzeugen an, die für die Ausbildung im Inland fehlen und hört bei den „neuen“ Hubschraubern auf die zu langsam in die Truppe „einsickern“.
Wenn man mal in sich geht und die Versprechen der letzten Minister mal mit dem tatsächlich erreichten vergleicht, wird sich im Allgemeinen Ernüchterung einstellen und im Besonderen was das o.g. Thema angeht.
Ich bin natürlich für eine Belehrung des Besseren jederzeit offen.
Wie ich bereits vorher geschrieben habe, bin ich auf den Plan gespannt. Diese Diskussion ist für viele Soldatinnen und Soldaten unerträglich, denn gerade im Teilkonzept Familie und Dienst wird deutlich, woran jeder Reformversuch scheitern wird:
Dieses Teilkonzept wurde geschrieben vor dem Hintergrund der sonstigen systemischen Vorgaben der Personalführung. Deswegen ist es auch das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben wurde. Wenn es also wirklich um eine Attraktivitätssteigerung des Soldatenberufes geht und damit unter Anderem auch um eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst, dann gilt es völlig neu an die Sache heran zu gehen. Es reicht z.B. nicht im Rahmen des Verwendungsaufbaus so wenig wie möglich zu versetzen, sondern es muss überlegt werden, wie der Verwendungsaufbau geändert werden kann.
Zu diesem Komplex gehört auch die Standortbetrachtung nach Attraktivitätsgrundsätzen. Das ist in der Privatwirtschaft schon lange üblich: Was nützt ein großzügiges Areal in der Letzlinger Heide zur Errichtung eines Produktionsbetriebes, wenn die Firma anschließend kein Fachpersonal überreden kann, dort zu arbeiten.
Erschütternd ist in diesem Zusammenhang auch die Ahnungslosigkeit bezüglich der Motivation in der Truppe. Nicht 6000 haben sich um eine vorzeitige Zurruhesetzung bemüht, sondern diese 6000 sind ein kleiner Teil derjenigen, die die Bundeswehr verlassen wollen. Nochmal die gleiche Anzahl würde die Bundeswehr gern verlassen, kann es sich jedoch wegen der finanziellen und familiären Situation nicht leisten.
Mit diesen unangenehmen Wahrheiten wird sich die Ministerin auseinandersetzen müssen. Ihrem Vorgänger fehlte der Mut.
Die Debatte ist relativ sinnlos. Der Soldatenberuf ist nicht besonders familienfreundlich und wird es auch nicht sein. Die Frage für den einzelnen lautet daher: „Sind mir das Soldatsein und die Bundeswehr diese Einschränkungen wert?“ Ersteres werden viele mit Ja beantworten, letzteres vermutlich nicht.
@xyz
Ihr Einwand ist als Ansatz nicht ganz so falsch wie der der „Attraktivität des Dienstes“, geht aber meiner Meinung nach noch nicht weit genug. Die militärischen Organisationen, die traditionell weltweit am wenigsten Nachwuchsprobleme auch im Hochwertbereich haben, biedern sich schliesslich nicht beim Zivilisten an und tun so, als erwarte ihn ein „Job“ wie jeder andere, sondern konfrontieren den Interessenten mit der Frage, ob er gut genug dafür ist, in eine elitäre Organisation aufgenommen zu werden, welche die höchsten Pflichten vollbringen muss, und an deren Anforderungen der Durchschnittsmensch scheitert. Gerade die Besten wetteifern dann darum, hier mitmachen zu dürfen, und bleiben schon aus Stolz der Armee ein Leben lang verbunden. Die Bundeswehr schreckt hingegen gerade die Besten immer mehr ab, die sich forderndere und anspruchsvollere Aufgaben suchen, während sie immer stärker die Lauen anzieht, die nur verpflegt und versorgt werden wollen, Angst vor dem Einsatz haben und sich davor drücken wo sie nur können und nur mit immer mehr Lauheit noch bei der Stange gehalten werden können. Der Teilzeitsoldat, der jetzt in der Diskussion angedeutet wird, wäre aber nur ein weiterer Schritt von vielen auf dem Weg zu einer in ihrem Wesen demilitarisierten Armee, die der Härte eines Krieges, also ihrem eigentlichen Daseinszweck, wohl kaum noch gewachsen wäre.
naja andere „militärische Organisationen“ nutzen schlicht die im vergleich zur BRD deutlich stärkere ökonomische Polarisierung ihrer Gesellschaft aus.
bafög streichen und an dienst für die fahne koppeln. nachwuchsproblem gelöst …
viel spas das einer nicht ganz unkritischen öffentlichkeit zu verkaufen.
@K. Müller
Sie sprechen mir aus der Seele. Hätte von mir sein können, ist nur besser formuliert ;)
@Schleppi
Der angesprochene „brain drain“ wird immer schlimmer. Und die Grauzone ist wie Sie richtig anmerken viel viel größer als zugegeben wird. Wer sagte noch jüngst „wir haben kein Personalproblem“?
@xyz
@K. Müller
Doch, diese Debatte ist notwendig und dringend überfällig. Daher finde ich es gut, dass dies gerade hier in dieser Form möglich ist.
Das Argument mit den anderen Nationen und deren Selbstverständnis, Binden von Personal ist aber nicht komplett. Komischerweise gehört genau bei diesen Nationen auf die Sie sie abzielen genau der Punkt „Welfare and Family“ dazu. Deswegen hatte ich ja an anderer Stelle den Hinweis auf das USMC und deren Organisationsbereich gebracht der sich genau damit beschäftigt. Und gerade das USMC ist ja nun nicht gerade für ein schlaffes Selbstverständnis bekannt. Komischerweise gehört aber nunmal da auch der Punkt Familie dazu. Gemessen an dem anderen Selbstverständnis „You serve your country, therefor you deserve“.
Oder andersrum provokativ gesagt: Dann machen ja all diese Nationen in diesem Bereich bestimmt etwas falsch, was wir richtig machen, nech?
@NMWC Like!
@ Vtg-Amtmann
„Mitterhardthausen (bei Straubing), “
Meint das nun Feldkirchen oder Metting?
Oder war das mal 242?
@NMWC
FULL ACK!
Wir hatten das ja bereits im anderen Faden gestreift, der Bereich „Family Support“ ist in der Fläche absolut nicht entwickelt…da geht wesentlich mehr… Im Bereich I. D/NL Korps gibt es (weil „Bi“ bzw. Multinational) Ansätze, zumindest im Bereich „Betreuung“. In Ulm ist man dabei (aus gleichem Grund) Ähnliches auf den Weg zu bringen. In Münster ist Geld vorhanden (die Erträge aus dem „PX“ werden für die Familienbetreuung aufgewandt), in Ulm scheitern viele gute Ideen an der Vorschriftenlage und dem deswegen nicht bereitzustellenden Geld.
Was ich seit Jahren nciht kapiere ist folgendes (auch wenn es ein „Hausmeisterpunkt“ ist…):
Der Hauptgrund warum Familie und Dienst nicht vereinbar sind, ist in den meisten Fällen die Dislozierung der Beiden voneinander. Warum bekommt es unser Dienstherr nicht auf die Reihe, eine „Stellenbörse“ einzurichten bei der JEDER Soldat unabhängig von Status, DG, Dienstalter Einsicht nehmen kann. Es wird in der Datenbank ein gefilterter Zugriff geschaffen, bei dem der Soldat bei der erstmaligen Anmeldung max. 5 Wunschstandorte eingeben kann, dann werden für diese Standorte alle in wechselwilligen „Tauschpartner“ aufgeschaltet (erstmal unabhängig von AVR und ggf. Laufbahn). Der Soldat kann evtl. in Frage kommende Tauschpartner „Earmarken“ (mit den Checkboxen „passende AVR“ / „passende Dotierung“ / oder eben nur „passender StO“ usw.. Auf Grund dieser Angaben kann das System über einen entsprechenden Algorithmus ggf. einen Ringtausch einleiten. …
Ich gebe zu, diese Idee ist im moment noch im Stadium „Gehirnfurz“ (auch auf Grund fehlender tieferer Einblicke in Programmierung und Personalführung). Aber jetzt mal ehrlich…jede Online-Singlebörse bekommt das hin… Woran scheitert das bei uns?
Ich habe es in meinen Jahren bei der Bw immer wieder erlebt, das es fast für unzählige Fälle Tauschpartner gab, wenn man sich denn nur selbst darum gekümmert hat. Wenn man das ganze früh genug anleiert, ist ggf. weder die ZAW gelaufen (der Treppenwitz schlechthin…), noch zuviel Erfahrung aufgebaut die verloren gehen würde.
Oder denke und betrachte ich zu sehr als „Frosch“??
Ich bitte um ehrliche (ggf. auch harte) Meiungen dazu! Danke!
Es wird immer wieder, zuletzt auch von unserer Ministerin, gesagt, der Soldatenberuf seine kein Beruf wie jeder andere. Dennoch werden wir z.B. im Laufbahnrecht, Besoldungsrecht, Haushaltsrecht usw. behandelt wie jeder Andere, der diesem Recht unterworfen ist. Wir sollen wie ein Wirtschaftsbetrieb handeln, inklusive Controlling, SAP und sonstiger Werkzeuge, sind aber keiner. Wir lassen unsere Offiziere alles Mögliche studieren, nur für ihre eigentliche Profession gibt es keine akademische Laufbahn. Wir schaffen „Fachunteroffiziere“ an, die kein Mensch braucht. Es reicht z.B. eben nicht aus, als Soldat ein Fahrzeug zu führen, Schiff, Flugzeug, LKW usw., man muss auch marschieren, schießen und töten können. Die Ausbildung dauert entsprechend länger und ist somit teurer. Das ist insgesamt nicht familienfreundlich und wird dennoch ständig versprochen. Wir wollen das sportliche Niveau unserer Streitkräfte anheben und haben trotzt Sporthochschulen, nicht einen einzigen ausgebildeten und vor allem hauptamtlichen Sporttrainer in den Standorten. Gebe zu, da ist nun auch Frustbewältigung bei, aber nicht nur. Insgesamt fehlt mir, nach wie vor, eine klare Ansage der Politik, für was die Streitkräfte eigentlich da sein sollen.
@ Interessierter
Zitat:“ Aber jetzt mal ehrlich…jede Online-Singlebörse bekommt das hin… Woran scheitert das bei uns?“
Meine Einschätzung nach 35 Dienstjahren zu diesem Punkt ist folgender:
„Es kann nicht sein, was nicht sein darf ! “
Soll heißen, wo kämen wir denn da hin, wenn Soldaten selber entscheiden und vorschlagen auf welchen Dienstposten sie Dienst tun wollen. Das ganze Fachwissen der „Personalführer“ mit deren „Laufbahnmodellen“ würde ja in Frage gestellt werden, durch eine echte Stellenbörse.
Für viele Verwendungen im mittleren und gehobenen Dienst, also auf der Ebene Fw-OStFw und Offz milFD kann man folgendes feststellen. Die Erfahrung in einer bestimmten Tätigkeit ist nur ein Kriterium für die Eignung für einen bestimmten Dienstposten. Es ist durchaus vorstellbar, dass jemand der 5 – 10 Jahre an einem Standort tätig war, auch auf einem anderen Dienstposten am gleichen Standort erfolgreich Dienst leisten kann, weil er schlicht und einfach gut vernetzt am Standort arbeiten kann.
Was wir hier andiskutieren ist die Anfechtung des „Herrschaftswissen“ der Personalführung und die Verabsolutierung der „Laufbahnmodelle“.
Ich kenne genügend Kommandeure, die sich bestimmte Soldaten auf der Ebene StFw, OStFw, Hptm milFD gezielt in ihren Verband geholt haben, ohne Werdegangsmodell oder sonstiges zu beachten, sondern einfach weil sie deren Kompetenz und Erfahrung, sowie Haltung und Diensteinstellung schätzten und mit ihnen gerne arbeiten wollten.
Attraktivität kommt davon, dass entweder etwas geboten wird, was viele andere auch gerne hätten (Geld?, Arbeitsplatzsicherheit während der Vertragslaufzeit?, Angehöriger elitärer Zirkel?) oder das etwas gemacht wird, was von vielen anderen gesellschaftlich offen erkannt wird (Arzt?). Jede Anregung zur Attraktivität wie Online-Stellenbörse ist dabei hilfreich.
@Georg
Der Satz „es kann nciht sein, was nicht sein darf“ stand schon im Kommentarfeld, ich habe Ihn aber verworfen um einer ergebnisoffenen Diskussion nciht vorweg zu greifen.
Danke für die Bestätigung meiner Einschätzung!
Ich stimme Ihnen vollumfänglich zu, insbesondere was das „Networking“ (ich bleib da generationsbedingt beim neu-deutschen) am eigenen StO anbelangt. Ich war die ersten 8 Dienstjahre meiner Laufbahn am selben StO. Als Wochenendependler macht man auch nach Dienst unter der Woche viele Bekanntschaften, welche einem den Dienstbetrieb erleichtern, bzw. in vielen Fällen überhaupt erst ermöglichen.
Was die Umqualifizierung angeht: Ich denke, wenn man die Kosten gegenüberstellt, die „unzufriedene“ soldaten verursachen, sei es durch TG-Anspruch weil fernab der Heimat, wiederholte UKV oder schlicht durch „minder-Leistung“ auf Grund fehlender Motivation (no Offense to nobody!) und das alles mal mit den Kosten für 1-3 Laufbahnlehrgänge gegenüberstellt, schlägt das Pendel vermutlich zugunsten der Stellenbörse. Weiter gedacht: Wir haben Abermillionen Euro aufgewandt um Personal zu werben (weil sowohl der „Schnupperkurs“ Wehrpflicht weggebrochen ist, als auch kaum einer der aktiven noch nach draußen „multipliziert“) oder länger an uns zu binden. Viele weitere Millionen werden erforderlich sein. Um es platt zu formulieren: Für die Kohle kann man aber einige Laufbahnlehrgänge durchführen.
viele gute und interessante anregungen.
aber an einem grundproblem in der ganzheitlichen betrachtung kommen wir allerdings nicht vorbei:
die standorte sind da, wo i.d.r. nicht viel bevölkerung ist und
die bevölkerung ist da, wo nicht viele standorte sind.
(z.b. nrw: bevölkerungsreichstes bundesland, ca. 16 mio, kaum truppe, nur ämter u.ä., wenig mannschafter/berufseinsteiger)
aus dieser summarischen betrachtung kann nicht jeder dahin, wohin er vermutlich gern möchte (heimatnah?).
der dienstbetrieb/die einsatzbereitschaft in der nordost ecke deutschlands muss personell auch sichergestellt werden. da ist die wirkung einer stellenbörse dann sehr begrenzt…
@hans schulz
Stimmt. Keine Frage, das ist das was hier bei AG schon oft kritisiert wurde und wird. Stichwort „Standortpolitik als Wirtschaftsförderung in strukturschwachen Regionen“.
Es fehlt zugegebenermaßen schwer im Herzen des Ruhrgebiets einen Truppenübungsplatz für die Angeschlossene PzGrenBrig zu etablieren.
Aber ich mache jede Wette, wenn wir als Pilotversuch die PzGrenTrp rauspicken und uns allein auf deren 7 aktuelle Standorte beschränken, finden wir über obiges Modell garantiert ein paar hundert glückliche glückliche Soldaten, die sich dann nicht mehr Sonntags und Freitags auf den Autobahnen dieser Republik auf dem Weg zum/vom Dienst entgegen fahren. Und da betrachten wir noch nicht mal querschnittlich.
Vor kurzem wurde eine auf private Initiative betriebene „Stellenbörse“ auf Facebook dicht gemacht. Ich kenne weder Hintergründe noch den Betreiber, vermute aber auf Druck von ADSB und/oder MAD. Wahrscheinlich sogar zu recht. Aber das ist für mich analog zur privat beschaffter Ausrüstung. Wenn der Dienstherr sich außer Stande sieht, adäquate Mittel bereit zu stellen, kümmert sich der Soldat eben selbst darum (ich meine jetzt nicht das berühmte „Fernglas vom Kaffeeröster…“).
@ Hans Schulz
Soweit richtig, das Problem wird aber durch die regionalpolitisch motivierten Standortentscheidungen der letzten Strukturreform besonders dringlich.
Man kann nicht einfach beschließen die Standorte FFB (München), Erding, Kaufbeuren, Rheine, Hannover sowie viele andere alteingessene Garnisionsstädte zu schließen um die „Einöd-Standorte“ entlang der bayrischen Ostgrenze, die Standorte im menschenleeren Mek-Pomm sowie einen Standort im geografischen Nirgendwo (gemeint ist Holzdorf) zu erhalten. Auch wenn im Grundgesetz steht, es werden in ganz Deutschland gleiche Lebensbedingungen angestrebt, kann dies nicht auf Kosten der Lebensumstände von Soldaten gehen.
Die dahinterstehende Mentalität ist die Gleiche wie in dem militärisch industriellen Komplex der Rüstungswirtschaft. Es geht nicht um die Ausrüstung und Qualität der Bw sondern nur um vom Verteidigungshaushalt möglichst viele Subventionen für den eigenen Bereich zu erhalten.
Ansonsten sind z. . B. dem bayrischen Ministerpräsidenten die Soldaten und die Bw völlig egal. Er denkt nur an die Industrie wie EADS, Airbus usw. Und er ist kein Einzelfall, wie wir neulich am Lebenslauf des SPD-Politikers Kahrs (Rheinmetall, KMW u. a. ) hier in diesem Blog gelesen haben.
Im Grunde genommen hat die Bw die gleichen Nachwuchsprobleme wie die katholische Kirche. Bei beiden passt die gleiche Analyse. Die innere Verfasstheit, die offizielle Corperate Identity stimmt nicht mehr mit der Lebenswirklichkeit der Mehrheit der Betroffenen überein.
So leiden beide an Nachwuchssorgen. Abgestimmt wird in so einer Situation immer mit den Füßen, d.h. die Leute gehen wenn sie unzufrieden sind, oder kommen erst gar nicht mehr wenn das Angebot unattraktiv ist. Was bleibt sind diejenigen, die anderweitig keine Chance sehen, also SaZ 4 statt Hartz IV.
@Interessierter:
„Aber ich mache jede Wette“
Wetten ist da überflüssig – die Erfahrung hat da schon hinreichend Fakten geschaffen.
Die Personalplanung arbeitet mit Schubladen, ergo ist ‚übergreifendes Denken‘ Mehraufwand und wenig praktiziert. Regelmäßig werden die Leute also ‚einfach mal‘ verplant. Wie dann Newsgroups an der Universität oder heutzutage einschlägige Gruppen in facebook bewiesen haben, gab und gibt es aber genug Tauschwilligkeit und -möglichkeit um dann regelmäßig diese auch durchzuführen.
Solange Personalführung auf Schubladendenken basiert und die ‚flexible Budgetierung‘ da noch keinen Einzug gehalten wird das immer ein Problem bleiben.
Mein Kommentar fällt vermutlich in die Kategorie“ früher war alles besser“, aber ich kann mich an Zeiten erinnern wo man seine gesamte Dienstzeit an einem Standort oder zumindes im gleichen Verband verbringen konnte. Da gab es allerdings auch noch deutlich mehr Standorte.
Dank einer seit ca. 1992 andauernden Dauerreform ist es nun gelungen das immer mehr durch die halbe Republik fahren um zur Arbeit zu kommen.
Haben einige bestimmt schon wahrgenommen, aber für alle:
Auf bmvg.de steht seit heute eine von KPMG für das BMVg erstellte „Studie zu Dienstzeit- und Dienstzeitausgleichsmodellen für Soldaten“ online.
Evtl. bietet das noch etwas mehr Diskussionsinput…
Die hier besprochenen Dokumente sind für mich leider purer Unsinn. Viel populistisches und nicht umsetzbares Bla Bla Bla ala Sender Jerewan „Im Prinzip ja, aber …“.
Mein Herz schlägt schon länger nicht mehr bedingungslos links, aber der nachfolgende Artikel spricht mir aus dem Herzen. Besonders gefällt mir der Satz „Es gibt keine Teilzeitkriege und keine familienfreundlichen Auslandseinsätze.“
Weiterlesen: http://german.ruvr.ru/2014_01_15/Kitas-in-Kasernen-0839/
In den Absichtserklärung en sind wie bisher zahlreiche Schlupflöcher enthalten. Hinzu wird der Widerstand der P-Leute kommen, die ansonsten ihre Macht verlieren.
Vieles des hier beschriebenen habe ich selbst beobachtet / erfahren/erlitten.
Vdl hat sich die Quadratur des Kreises als erstes Thema gesucht und sich damit die erste Bombe selbst gelegt.
@Stefan
Das die Linke gegen alles ist, ist ein alter Hut; wenn man es ehrlich meint, muß man zumindest die Frage beantworten!
@KlausK | 15. Januar 2014 – 15:47
Nun gegen alles ist die Linke mit Sicherheit nicht. Sie hat im Gegensatz zu anderen Parteien ein klar erkennbares Profil. Sie steht für viele Dinge gegen die ich bin. Aber zu unserem Thema scheint sie sich meiner Meinung voll angeschlossen zu haben. ;-)
„Die Bundeswehr muss sich wieder an ihrem Auftrag nach dem Grundgesetz orientieren.“
Weiterlesen: http://german.ruvr.ru/2014_01_15/Kitas-in-Kasernen-0839/
@Stefan
und dann als Verteidigungsbeamten wieder in den Dornröschenschlaf versinken ? Dann brauchen wir diese Armee wirklich nicht und wir können sie zur Freude der Linken auflösen, damit wären alle Probleme gelöst. Deutschland sollte endlich aufwachen und eine vernünftige Sicherheitspolitische Rolle einnehmen und dazu gehört auch Engagement und nicht alles die anderen machen lassen.
Ich war ja schon eigentlich für Arbeitskampf durch Dienst nach Vorschrift… Aber mal schaun was die Panzer Uschi noch retten kann ;)
Leider kommen diese Reformen für viele schon zu spät…wenn sie überhaupt mal in den Einsatzgeschwadern/Verbänden ankommen…
Sich durch die KPMG Studie zu wühlen ist recht interessant, insbesondere hinsichtlich der Anwendbarkeit der EU-Arbeitszeitrichtlinie auf Soldaten der Bundeswehr. Im Ergebnis werden zumindest interessante Ansätze vorgeschlagen. Mach zwar etwas Mühe, aber man muss nicht alle 154 Seiten lesen…
@Forodir | 15. Januar 2014 – 16:49
Irrtum! Was wir NICHT zwingend brauchen ist eine Interventionsarmee. Genau auf diese Neuausrichtung der Bundeswehr ist ein Großteil der Probleme zurückzuführen. Eine Verteidigungsarmee, wie es uns das Grundgesetz gebietet, ist allerdings unverzichtbar. Zu glauben, mit der Abschaffung aller Streitkräfte bräche der Weltfrieden aus, ist mehr als naiv. Ein Volk, das nicht bereit ist eigene Streitkräfte (zur Verteidigung) zu unterhalten wird in Zukunft fremde Streitkräfte finanzieren müssen. Wenn wir uns auf den Verfassungsauftrag unserer Streitkräfte beschränken würden, dann würden sich viele der hier diskutierten sozialen Probleme unserer Soldaten (nicht alle) in Luft auflösen.
@Stefan 15.Januar 2014 – 17:13
Gegen welchen Feind soll die Verteidigungsarmee denn das Vaterland verteidigen?
@aufreger | 15. Januar 2014 – 17:27
Ich kann es ihnen für heute auch nicht sagen. Können sie es mir für morgen sagen?
@Stefan
ungeachtet der Ansichtssache ob wir eine Interventionsarmee brauchen oder nicht, da haben wir verschiedene Vorstellungen da ich ihnen ganz platt den Irrtum unterstelle, frage ich mich warum dann alles auf einmal gut wird ? Es wird immer noch kaum Geld da sein, die Standorte werden weiterhin überall verteilt sein, es wird immer noch eher lokalpolitischer und Rüstungspolitischer Lobbyismus getrieben. Das System an der die Bw leidet kommt ja nun mal aus der Zeit als man noch mit ganz anderen Zahlen gerechnet hat., nur seitdem hat sich nun mal einiges verändert, wir sind nur noch ein kleiner Haufen und relativ abgeschnitten vom Rest des Staates, nur hat die Personalführung sich nicht geändert.
@BausC
Ironie an:
Nein. Nur eins steht fest: früher war die Zukunft besser, weil vorhersehbarer.
Ironie aus.
@aufreger | 15. Januar 2014 – 17:27
Eine ähnliche Frage wurde im Gemeinderat auch gestellt, bevor die Freiwillige Feuerwehr aufgelöst wurde. Schließlich hatte es ja 10 Jahre nicht gebrannt. Ein Jahr später brannte das Gemeindehaus ab. Die Feuerwehr des Nachbarortes kam zu spät, weil sie mit einem anderen Brand beschaftigt war.
Ich hoffe ich habe damit Ihre Frage umfassend beantwortet.
@aufreger
„Nein. Nur eins steht fest: früher war die Zukunft besser, weil vorhersehbarer.“
Dumm ist nur, dass dies viele glauben und die Ironie nicht erkennen.