Familienfreundliche Bundeswehr: Ein paar Vorschläge

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat mit ihren Aussagen und Vorschlägen für eine familienfreundliche Bundeswehr ein Thema gesetzt – das auch weiter hohe öffentliche Aufmersamkeit für die Streitkräfte sichert. Nicht zuletzt, weil die Diskussion  darüber anhält: Die Vereinbarkeit von Dienst in der Truppe und Familie dürfte auch zentraler Punkt der Bundestagsdebatte über den (im Januar 2013 vorgelegten) Jahresbericht des Wehrbeauftragten werden, die für kommenden Donnerstag im Parlament vorgesehen ist.

Ein paar praktische Vorschläge für diese familienfreundliche(re) Bundeswehr gibt es auch – mit den Hinweisen auf die Besonderheiten des Soldatseins:

• Einsatzfähigkeit und Auftragserfüllung der Streitkräfte haben Vorrang auch gegenüber den berechtigten Forderungen Einzelner nach Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften. Diese Besonderheiten des militärischen Dienstes müssen Soldaten und Soldatinnen kennen und akzeptieren. Sie müssen auch bereit sein, daraus resultierende, erforderliche Einschränkungen hinzunehmen. Gleichwohl stellen dienstliche Forderungen und private Belange nicht immer konkurrierende Ziele dar. (…) Von der Umsetzung der Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften profitieren beide Seiten, wenn es gelingt, eine den dienstlichen Erfordernissen und den privaten Interessen Rechnung tragende Problemlösung zu finden.

• Sind in einer Partnerschaft beide Partner berufstätig, trägt auch der Arbeitgeber des Partners oder der Partnerin eine Mitverantwortung. Familiäre Belastungssituationen sind daher nicht allein vom Soldaten oder von der Soldatin zu tragen. Dies ist in den Entscheidungsprozessen zur Verwirklichung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst zu berücksichtigen. Besonderer Fürsorge bedarf es, wenn beide Partner der Bundeswehr angehören.

• Seitens der Personalführung werden die berechtigten Belange der Betroffenen in Abwägung mit den dienstlichen Erfordernissen im Sinne der Vereinbarkeit von Familie und Dienst berücksichtigt.

• Bei der Dienstpostenbesetzung prüft die Personalführung, ob der Verwendungsaufbau – wenn gewünscht – in Regionalbereichen des Lebensmittelpunktes des bzw. der Betroffenen realisiert werden kann und ob unter Berücksichtigung von Eignung, Befähigung und Leistung sowie der Wünsche der Betroffenen eine entsprechende Einplanung möglich ist. Ihre Grenzen finden diese Maßnahmen dort, wo die für den Verwendungsaufbau notwendigen Dienstposten im regionalen Bereich nicht verfügbar sind, Gründe der Bedarfsdeckung oder vorrangige Interessen anderer Soldaten und Soldatinnen entgegenstehen. Eine Reduzierung von Standorten sowie kurzfristige Veränderungen von Organisationsgrundlagen können sich dabei negativ auf die Planbarkeit auswirken. (…) Von einer Versetzung kann abgesehen werden, wenn schwerwiegende persönliche Gründe vorliegen und vorrangige dienstliche Belange nicht entgegenstehen.

• Wo immer möglich werden Aus-, Fort- und Weiterbildung familienfreundlich geplant und durchgeführt. Durch vorgegebene Termine zum zeitlichen Ablauf von Lehrgängen sind hierbei aber enge organisatorische Grenzen gesetzt, wenn es z. B. darum geht, Laufbahnvoraussetzungen oder die Voraussetzungen für eine sachgerechte Aufgabenwahrnehmung zeitgerecht zu erfüllen.

• Die Möglichkeiten der Inanspruchnahme insbesondere von Telearbeit, Teilzeitbeschäftigung oder Betreuungsurlaub sind seitens der Personalführung flexibel und individuell unter Berücksichtigung der Interessen der Betroffenen zu gestalten, um den persönlichen und den dienstlichen Interessen gleichermaßen gerecht zu werden.

• Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften stellt aufgrund der Besonderheiten des militärischen Dienstes hohe Anforderungen an alle Beteiligten. Regelmäßig sind berechtigte Anliegen des Dienstherrn und des Soldaten oder der Soldatin gegeneinander abzuwägen. Im Zweifel muss die Sicherstellung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr in einer Einsatzarmee indes Vorrang haben. Die Auflösung des Spannungsfeldes unterschiedlicher Interessen bedeutet eine ständige und absehbar zunehmende Herausforderung auch für die Personalführung und die Ausbildung.

• Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften ist eine wesentliche Führungsaufgabe, der sich alle Vorgesetzten zu stellen haben. (…) Das Bewusstsein für familienfreundliche Rahmenbedingungen ist bei allen Verantwortlichen zu entwickeln und zu fördern. (…)  Durch geeignete Dienstaufsicht ist die Umsetzung und Anwendung der Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst zu unterstützen.

• Die Organisation des Dienstes beinhaltet neben dem Gestalten der für den ordnungsgemäßen und sachgerechten Dienstbetrieb notwendigen Obliegenheiten auch ein „familienfreundliches“ Ausrichten des Dienstes in den Streitkräften. Dies erfordert von allen Vorgesetzten ein aktives und flexibles Vorgehen.
Zu familienfreundlichen, organisatorischen Maßnahmen zählen
− verlässliche Dienst-, Einsatz- und Urlaubsplanung,
− Freistellung von der Dienstleistung in besonderen Situationen,
− planbare, flexibel anpassbare Dienstzeiten,
− Ermöglichen der Teilnahme an Fernausbildungsmaßnahmen während der Dienstzeit sowie
− dienstliche Unterstützung für die Familie.

• Eine wirksame Möglichkeit der individuellen Dienstgestaltung für Soldatinnen und Soldaten mit Familienpflichten ist die Teilzeitbeschäftigung, die in § 30a des
Soldatengesetzes verankert ist.  (…) Soldaten und Soldatinnen kann die parallele Wahrnehmung dienstlicher und familiärer Pflichten durch organisatorische Maßnahmen erleichtert werden. Dies kann bei der Dienststelle am Arbeitsplatz geschehen2, aber im Einzelfall auch durch eine Verlegung der dienstlichen Tätigkeit in das familiäre Umfeld der Soldatin oder des Soldaten für einen vorübergehenden Zeitraum oder in Form der Telearbeit und der Teilnahme an Fernausbildungsmaßnahmen.

• Im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht haben Vorgesetzte verantwortungsvoll mit der Dienstzeit ihrer Untergebenen umzugehen. Handlungssicherheit durch langfristig geplanten Dienst, Ausbildung und planbare Freizeit nehmen hierbei einen besonderen Stellenwert ein. Eine so weit wie möglich flexibilisierte Dienstzeitgestaltung erlaubt auch Soldatinnen und Soldaten, den Umfang und die Lage der täglichen Arbeitszeit besser mit persönlichen/familiären Belangen zu vereinbaren.

• Langfristig bekannte Termine sind grundsätzlich frühzeitig in Jahresausbildungsbefehlen, Jahresvorhabenübersichten und Dienstplänen aufzunehmen. Hiervon soll nur in zwingenden Fällen abgewichen werden. Darüber hinaus sind bei Abwesenheiten aufgrund von Übungen oder Dienstleistungen die sozialen Belange der Soldaten und Soldatinnen wo immer möglich zu berücksichtigen.

Das habe ich mir natürlich nicht ausgedacht, sondern gefunden im Handbuch zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst in den Streitkräften, 2010 als Allgemeiner Umdruck 1/500 veröffentlicht und wie ein paar andere interessante Grundlagendokumente auf der Webseite bundeswehr-kinderbetreuung.de zu finden, die eine offizielle Bundeswehrseite ist. Ähnlich wie die hier in den Kommentaren schon erwähnte Teilkonzeption Vereinbarkeit Familie und Dienst gibt es also offensichtlich schon einiges an konzeptionellen Überlegungen für mehr Familienfreundlichkeit. Aber anscheinend ein Umsetzungsproblem?

(Foto: Bundeswehr-Pendler am Bahnhof – Bundeswehr/Stolberg via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)