‚Die Rahmenbedingungen müssen hervorragend sein‘ (Nachtrag: ARD-Interview)
Die Offensive der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen für eine bessere Vereinbarkeit von Dienst und Familie bei Soldaten hat schon am (gestrigen) Sonntag Wellen geschlagen; und die Debatte darüber geht weiter. Zur Ergänzung und zur Dokumentation hier der Wortlaut des Interviews, das die Ministerin am Sonntagabend im ZDF-heute journal auf Fragen von Claus Kleber gegeben hat:
Frage: Die Bild am Sonntag inszeniert Sie da heute als so etwas wie die oberste Truppenbetreuerin, die schöne Dinge verspricht wie Kitas und angenehmere Arbeitszeiten und Familienfreundlichkeit. Sind das wirklich die Themen, mit denen sich die neue Verteidigungsministerin am Anfang profilieren will?
Antwort: Es ist eines der wichtigsten Themen, denn mir ist völlig klar, dass der Soldatenberuf nicht ein Beruf wie jeder andere ist. Aber wir brauchen Nachwuchs, und da haben wir die gleichen Ansätze wie alle anderen Berufe auch. Die Rahmenbedingungen, unter denen man seinen anspruchsvollen Beruf ausübt, die müssen hervorragend sein. Und da gehört diese ganze Themenpalette dazu.
Frage: Gleichzeitig wirkt das so klischeehaft: Da kommt die neue Ministerin, eine Frau mit großer Erfahrung in der Sozialpolitik, und genau in diese Ecke stellen Sie sich jetzt selbst?
Antwort: Es hat seit Jahren Klagen gegeben bei der Bundeswehr, dass die Vereinbarkeit von Dienst und Familie nicht funktioniert, dass Karriereperspektiven sehr homogen sind, dass die Frage ist bei Zeitsoldaten, habe ich danach eigentlich eine Abbruchkante beruflich oder habe ich ein Sprungbrett. Das wollen wir schaffen. Und diese Klagen sind beim Wehrbeauftragten, die sind beim Bundeswehrverband. Ich habe mit beiden letzte Woche gesprochen, im Koalitionsvertrag ist das verankert. Das heißt, das ist eine Agenda, die überfällig ist und die wir uns selber ganz fest vorgenommen haben. Sie ist folgerichtig, denn wenn wir mit allen zivilen Unternehmen konkurrieren um die besten jungen Menschen…, dann müssen wir auch Rahmenbedingungen schaffen, dass optimal gearbeitet werden kann, aber die Balance von Soldatenberuf und Familienleben auch funktioniert.
Frage: Gleichzeitig ist das ein Thema, das Ihnen zunächst einmal eine Aufwärmphase gönnt, bevor Sie sich den ganz harten Themen widmen müssen, dem, was Thomas de Maizière in Afghanistan angesprochen hat als das, was die Bundeswehr gelernt hat dort: zu töten und zu sterben. Fühlen Sie sich bei diesen Themen jetzt… schon sattelfest?
Antwort: Die Themen kommen automatisch auf mich zu. Ich werde am Ende dieses Monats auf der Münchner Sicherheitskonferenz sein und reden. Das ist das ganze Thema der internationalen Bündnisse. Ich bin in Afghanistan gewesen, haben den ersten Eindruck gewonnen. Selbstverständlich kommt das Thema Rüstungsbeschaffung auf mich zu; das steht im Raum. Vor diesen Themen will ich auch gar nicht ausweichen. Aber die Grundbedingung, dass Soldatinnen und Soldaten und zivile Beschäftigte hier Arbeitsbedingungen vorfinden, die hochmodern sind, damit sie ihr Bestes geben können, die muss ich schaffen.
Frage: Sie haben am Hindukusch auch versprochen, der Schutz der Soldaten steht ganz im Vordergrund. Gleichzeitig haben Sie offenbar Zweifel bei der Anschaffung von Kampfdrohnen. Unter diesem Gesichtspunkt ist das die ideale Waffe: Kein Risiko auf der eigenen Seite, tödlich effizient gegen den Gegner. Und trotzdem sind Sie sich da noch nicht sicher?
Antwort: Wir haben die Aufklärungsdrohne, das ist so etwas wie Google-Earth in Echtzeit… Zu dieser Aufklärungsdrohne stehe ich uneingeschränkt. Bei den Kampfdrohnen haben wir eine breite Diskussion, die auch geführt werden muss. Denn ich finde, wenn wir den Rückhalt der Bevölkerung haben wollen, dann muss die Bevölkerung auch mit den Mitteln, die die Bundeswehr, ihre Bundeswehr, einsetzt, überzeugt sein, dass es das Richtige ist, muss mitgenommen werden.
Frage: Sind Sie denn überzeugt?
Antwort: Ich habe viele offene Fragen, die geklärt werden müssen. Das sind Fragen vor allem auch, was geht technisch, was gibt es für rechtliche Fragen, was gibt es für ethische, moralische Fragen? Was sind eigentlich die Regeln, unter denen das aufgestellt wird? Wir haben noch nicht diese Regeln. Wir haben eine Parlamentsarmee. Die muss die Regeln gemeinsam mit uns allen aufstellen. Und diese Diskussion, die müssen wir führen. Dann bleibt die Bundeswehr auch verankert in der Mitte der Gesellschaft, mit ihrem besonderen Auftrag und Einsatz.
Frage: Thomas de Maizière hat beim Abschied… gesagt, bei der Bundeswehr ist vieles nicht in Ordnung. Und er hat das mit hoher Emotionalität gesagt. Was haben Sie dabei gedacht?
Antwort:… Thomas de Maizière hat Herkulesarbeit geleistet. Er hat hervorragend die Neuausrichtung auf den Weg gebracht. Ich kann darauf aufbauen. Und selbstverständlich gibt es Probleme, die ich anpacken will. Aber es gibt auch viel Gutes bei der Bundeswehr. Und das müssen wir auch herausstellen.
Nachtrag: Die ARD sendete am (heutigen) Montag im Morgenmagazin ebenfalls ein Interview mit der Ministerin (online ist das Gespräch lt. ARD bis 13.01.2015 hier und hier verfügbar). Ein – leicht gekürzter – Wortlaut:
Frage: Was haben Sie eigentlich von Ihrer Truppe, Ihrer kleinen Kompanie zu Hause mit sieben Kindern, gelernt, was Sie der großen Truppe mitgeben können oder was Sie für sich selber mitnehmen können in diesen neuen Job?
Antwort: Ich glaube, Kinder lehren einen unendlich Disziplin im besten Sinne, nämlich verlässlich sein… Und Kinder lehren einen auch eine gewisse Erdung, also dieses Wissen, warum man Dinge tut, und viele soziale, emotionale Kompetenzen (…)
Frage: Es wird sicherlich etwas schwerer sein, ein solches Ministerium und die Soldaten zu organisieren, um dann tatsächlich das herzustellen, was Sie möchten, nämlich eine familienfreundliche Umgebung?
Antwort: Natürlich ist der Soldatenberuf kein Beruf wie jeder andere. Und das ist ganz klar, der Kampfeinsatz zum Beispiel in Afghanistan, da gibt es keine Teilzeit.
Aber im Grundbetrieb – also, mein Beispiel, wir haben für einen Soldaten in Afghanistan 35 Soldatinnen und Soldaten zu Hause, die dafür sorgen, dass der Grundbetrieb läuft. Das ist Logistik, das ist Sanitätswesen, das ist die Technik, die dahinter ist…
Und da müssen die Rahmenbedingungen optimal sein, denn wir haben keine Wehrpflicht mehr, das heißt, niemand muss zur Bundeswehr, sondern alle kommen freiwillig. Wir wollen ein attraktiver Arbeitgeber sein wie bei allen anderen Berufen auch.
Frage: Warum dieser Druck? Warum müssen Sie jetzt umstrukturieren und wollen Sie diese Familienfreundlichkeit?
Antwort: Gerade weil wir die Aufgabe gut erfüllen wollen, müssen die Rahmenbedingungen so sein, dass Menschen, die hohe Verantwortung tragen, auch Erdung haben. Menschen, die sehr hart arbeiten müssen, Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr, die brauchen auch Regenerationszeit, die brauchen die Auszeiten, die brauchen die Balance zwischen Dienst und Familie. Und da können wir noch deutlich besser werden.
Ich höre auch aus den Klagen der Bundeswehr, dass es genau darum geht. Und der Koalitionsvertrag ist da ganz eindeutig. Also kann ich nur sagen, ‚ran an die Arbeit.
Frage: 48.000 Soldaten müssen umziehen jetzt noch wegen der Strukturreform. (…) Andere wollen Sie ja nicht mehr so schnell versetzen. Wie können Sie denen noch helfen?
Antwort: Dass die Rahmenbedingungen stimmen – also, wenn Sie zum Beispiel pendeln, dass man auch weiß, dass sie durchaus ihre Woche anders strukturieren können, dass sie flexiblere Arbeitszeiten haben.
Flexible Arbeitszeiten heißt ja nicht, weniger arbeiten, sondern ein bisschen mehr sich anpassen an die Bedürfnisse, die jemand persönlich hat. Da ist das entscheidend, dass man die passende Lösung vor Ort für jeden findet.
Frage: Können Sie sich vorstellen, Ihre eigenen Kinder zur Bundeswehr zu schicken?
Antwort: Schicken nicht, sondern die Kinder müssen sagen, ich will zur Bundeswehr. Dann würde ich sagen, super, weil ich weiß, wie viel Möglichkeiten inzwischen bei der Bundeswehr da sind. (…)
Frage: Ihr Vater hat über Sie immer gesagt „Röschen“. Das klingt so weich, aber Sie scheinen doch mehr aus Stahl gemacht. Sie haben gleich zu Anfang zwei Staatssekretäre gefeuert. Warum haben Sie das gemacht?
Antwort: Erstens, ein Staatssekretär ist in den vorzeitigen Ruhestand entlassen worden, und das ist typisch, wenn man einen Übergang hat. Ich habe einfach den Staatssekretär, der seit zehn Jahren mich begleitet, brillant, mitgenommen hierher. Und im Übrigen muss man sagen, Röschen und weich – ich finde kein Röschen ohne Dörnchen.
Frage: Wie wollen Sie sich den Respekt der Männer erarbeiten, die ja doch auch skeptisch sind?
Antwort: Da zählt nur eins – gute Arbeit… Aber ich merke, dass die Soldatinnen und Soldaten sehr offen im Gespräch auf mich zugehen und dann auch ganz klar sagen, was ihre Erwartenshaltung ist und wo sie Sorgen und Nöte haben.
Frage: Nun sind Ihre Vorgänger ganz schön ins Stolpern geraten über verschiedene Rüstungsvorhaben. (…) Wie wollen Sie denn verhindern, dass es Ihnen genauso geht und sie plötzlich, bevor Sie wissen, wie Ihnen geschieht, und bevor Sie richtig eingearbeitet sind, vor irgendeiner Rüstungskatastrophe stehen?
Antwort: Ja, mein Vorgänger hat bittere Erfahrungen mit diesem Thema gemacht und hat daraus die richtigen Konsequenzen gemeinsam mit dem Parlament gezogen, nämlich ein ganz modernes Rüstungscontrolling einzuziehen. Man muss dazu wissen, dass so Rüstungsvorhaben zum Teil fünfzehn, zwanzig Jahre laufen.
Und Controlling heißt, da wird permanent jetzt geguckt, wie ist der Stand der Dinge, wo müssen wir nachsteuern, wo gibt es Probleme. Und da gibt es bei diesen Großvorhaben immer Probleme, das ist in der Wirtschaft auch so. Aber dass das viel transparenter ist, das ist jetzt eingeführt, und da werden wir konsequent nachsteuern, aber auch nachbohren.
Frage: Sie haben gesagt, man braucht eine Fehlerkultur. Das heißt, man darf Fehler machen?
Antwort: Ja, man braucht eine Fehlerkultur. Das heißt nämlich, dass, wenn Fehler im frühen Stadium auftauchen, nicht vertuscht wird, bis es hinterher ein richtig dickes Problem ist, sondern dass derjenige, der einen Fehler frühzeitig meldet, keine empfindlichen Strafen hat, sondern wir lernen aus dem Fehler für den nächsten Schritt. Das kennen wir aus der Luftfahrt, und das kennen wir aus der Medizin sehr gut, dass man dann einen guten, sauberen Prozess hinkriegt.
Frage: Das nächste, was ansteht, ist der Abzug aus Afghanistan. Es gibt noch kein Truppenstatut. Wie werden Sie das machen, kann es sein, dass Ende 2014 kein Soldat mehr in Afghanistan ist?
Antwort: Also ganz sicher ist, dass der Kampfeinsatz Ende 2014 vorbei ist. Das ist verabredet, und das weiß übrigens auch die afghanische Bevölkerung.
Auf einem zweiten Blatt steht, wir arbeiten ja immer im Bündnis, wir sind da in Afghanistan, wir sind da im Camp Marmal mit sechzehn verschiedenen Nationen, und das heißt, im Bündnis brauchen wir die Einladung der afghanischen Regierung, ein Truppenstatut, dass wir hinterher unterstützen können, beraten können, das, was entstanden ist, nachhaltig sichern. Das ist das Ziel, aber wie gesagt, Verteidigungspolitik findet immer im Bündnis statt, das ist kein Alleingang.
Frage: Da findet jetzt auch statt in der EU, dass man in Zentralafrika eingreifen möchte, auch EU-Truppen gefordert sind. Die Deutschen wollen einmal mehr Luftunterstützung geben. Kämpfen wollen sie nicht. Wir das unter Ihnen anders werden in Zukunft?
Antwort: Naja, es ist so, dass in den unterschiedlichen Einsätzen aus der NATO heraus unterschiedliche Nationen den Schwerpunkt haben. Wir sind die Leitnation im Norden Afghanistans gewesen über viele, viele Jahre und haben dort eben auch gekämpft. Das ist zu recht als Krieg bezeichnet worden.
Es gibt andere Einsätze, wo wir andere Fähigkeiten dann auch zur Verfügung stellen, zum Beispiel Piratenbekämpfung, im Mittelmeerraum oder die türkisch-syrische Grenze sichern. Das sind ganz unterschiedliche Situationen, und das zeigt eben auch, dass die Bundeswehr, aber auch wir im Bündnis, ganz vielfältig aufgestellt sein müssen.
(Bild: Screenshot des ZDF-Interviews)
„Wir haben eine Parlamentsarmee. Die muss die Regeln gemeinsam mit uns allen aufstellen.“
So ein Unsinn, siehe:
http://augengeradeaus.net/2014/01/von-der-leyen-will-parlamentsentscheid-uber-wann-und-wie-bei-moglichen-kampfdrohnen-einsatzen/comment-page-1/#comment-86976
Sie meinte ja noch in AFG sie müsse noch viel lernen.
Richtig.
Denken, drücken, sprechen.
@ Memoria: Ja, da braucht sie noch Nachhilfe oder sie sollte ab und zu bei AG die Kommentare verfolgen. Andererseits kann es auch sein, dass ihr irgendjemand eine Vorlage mit dieser Kommunikationslinie geschrieben hat. Im BMVg ist alles möglich. Der Rest ist i.O.. Nebenbei, Herr Kleber ist Vollprofi – das merkt man :-)
Es stellt sich heraus, es gibt schon „kleine“, aber feine Unterschiede zwischen -Familien-/Sozialpolitik und Verteidigungspolitik. ;-)
Frau vdL muss sich da erst noch einarbeiten.
Aber, ich traue es ihr zu!
@Memoria | 13. Januar 2014 – 9:33,
ich stimme Ihnen zu, es ist zum Verzweifeln. Jetzt sollen die Bundestagsabgeordneten Regeln für den Waffeneinsatz aufstellen. Dadurch soll der „Rückhalt in der Bevölkerung“ gestärkt werden.
Der Historiker Klaus Naumann hat festgestellt: „Die politische Klasse der Berliner Republik lässt Strategiefähigkeit vermissen.“ Wenn es noch eines Beweises bedurfte, mit vdL Aussagen ist er gegeben.
Es ist einfach das Problem mit unseren „Funktionseliten“. Sie „mögen ausreichen, wenn es genügt, Bestehendes zu verwalten und Prozesse im System zu optimieren. In Zeiten des Umbruchs aber, konfrontiert mit völlig neuen Herausforderungen versagen solche Eliten…“(Naumann)
VdL hat noch nicht begriffen, dass es bei der Frage um den „Rückhalt in der Bevölkerung“ nicht darum gehen kann, denen einen bestimmten Waffeneinsatz zu vermitteln, sondern dass es darum geht, zu klären, ob politische Ziele unter Umständen( z.B. Genozid) auch mit militärischer Waffengewalt durchzusetzen sind.
Entschließt sich die Politik, militärische Gewalt einzusetzen, wird der dazu erforderliche Waffeneinsatz bestimmt von der politischen Zielsetzung, der eigenen militärischen Lage und den Zwängen, die einem der Gegner auferlegt. Aber doch nicht im Vorwege durch die Abgeordneten des deutschen Bundestages.
Man schämt sich mittlerweile, von diesen „Funktionseliten“ regiert zu werden. Jetzt bräuchte man eine starke Generalität.
@Politikverdruss
Ich hoffe sehr, dass Sie sich einfach verschrieben haben und Genozid nicht (mehr) als Ziel deutscher Politik erwarten…
Wer im Fach Taktik aufgepasst hat, wird sich erinnern, dass man in der Vorwärtsbewegung möglichst die stärksten Kräfte einsetzt – und die schwächeren zur Regeneration in Reserve hält. Das Soziale war bisher die Stärke dieser Ministerin – im Feld Sicherheitspolitik lernt sie noch. So gesehen ist das Agenda-setting klug. Hinzu kommt, dass sie hinter die Aussagen in BamS und ZDF nicht mehr zurück kann, sondern liefern muss. Also: Lasst sie mal machen. Sicherheitspolitisch wird die Münchner Konferenz zur ersten Nagelprobe. Da reicht der Hinweis auf die Parlamentsarmee allein dann nicht mehr, da geht’s um leadership.
Danke, Herr Wiegold, für den Hinweis. Ich meinte natürlich die Verhinderung von Genoziden als politische Zielsetzung. Alles andere wäre ja auch absurd…
Frau vdL repraesentiert die alte aussen-und sicherheitspolitisch beschraenkte Generation bundesrepublikanischer Politiker. Und wieder zeigt die Kanzlerin welchen Wert sie diesem Bereich zumisst bzw. welche Schwerpunkte gelten. Einsatzbereitschaft-und willen jedenfalls nicht.
Ich lasse sie erst mal machen. Sie versteht es sich Medienpräsenz zu verschaffen und in diesem Zusammenhang habe ich den Vorsitzenden des DBwV so oft in den Medien gehört und gesehen, wie selten zuvor. Das ist ja schon einmal ganz gut.
Aber jeder Insider weiß natürlich, dass das bisher Gesagte viel zu kurz greift. Auch wenn ich nicht der Meinung bin, dass es so schwierig sei, den Apparat so umzubauen, dass am Ende etwas Attraktives und Konkurrenzfähiges herauskommt, so braucht es doch einen konkreten Plan. Und diesen Plan wird sie liefern müssen. Darauf bin ich gespannt.
@all
Habe als Nachtrag das ARD-MoMa-Interview von heute morgen eingefügt.
Was mir gerade auffällt: „Es gibt andere Einsätze, wo wir andere Fähigkeiten dann auch zur Verfügung stellen, zum Beispiel Piratenbekämpfung im Mittelmeerraum oder die türkisch-syrische Grenze sichern. Das sind ganz unterschiedliche Situationen, und das zeigt eben auch, dass die Bundeswehr, aber auch wir im Bündnis, ganz vielfältig aufgestellt sein müssen.“
Ja das sind unterschiedliche Situationen. Über die Bedrohung der türkisch-syrischen Grenze kann man streiten, über die Piraten im Mittelmeerraum nicht. Die sind nicht-existent :-)
Frau von der Leyen wird noch früh genug merken, dass alle familienpolitischen Überlegungen nichts nützen, wenn es an die verwaltungstechnische Umsetzung geht.
Da wird sich dann auf (interne) Durchführungsbestimmungen zurückgezogen, die ein Gesetz soweit definieren, dass dem Pendler oder Umzugswilligen sowenig Unterstützung wie möglich zukommt. Mal abgesehen davon, dass es nach der Neuausrichtung schon mal ein paar Tage dauert, bis man einen sich zuständigen fühlenden Sachbearbeiter ermittelt hat.
Ich werde dieses Jahr auch die Probe aufs Exempel machen (Umzug) — ich sehe mich aber schon wieder für meinen Dienstherren aus privater Tasche draufzahlen.
@Hans
Habe mir daraufhin den TV-Mitschnitt noch mal angehört (siehe Links oben). Da fehlte ein Komma: … Piratenbekämpfung, im Mittelmeerraum, oder….
@T.Wiegold
Danke, ja dann ergibt das auch Sinn. Wobei wir ja dort (zumindest formal) bündnispolitische Rahmenbedingungen setzen, die mit den Verbündeten nicht ganz übereinstimmen. Aber das ist hier wohl der falsche Thread…
Und ich bin sehr gespannt was UvdL so anpackt. Sowohl familien- als auch sicherheitspolitisch.
Für meinen Geschmack wird viel zu viel auf der neuen Ministerin herumgehackt. Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt, was bei einem Mann nicht geschehen würde.
Dabei übersehen die meisten aber eine wichtige Sache: Sie ist die stärkste Ministerin im gesamten Kabinett. Sie ist ungeheuer erfahren in der Politik (und darum geht es in dem Haifischbecken in Berlin, für die militärische Expertise hält man sich einen Planungsstab oder Referenten) und sie will sich weiterhin profilieren. Es hätte uns gar nicht besser treffen können. Sich jetzt an dem ersten Medienschwerpunkt „Attraktivität des Arbeitgebers Bw“ hochzuziehen ist wohlfeil: Erstens, weil es anscheinend daran wirklich massiv hapert, wie die Auffüllungsstände der Bataillone zeigen, ebenso wie die niedrigen Zahlen bei den Freiwilligen. Und zweitens, weil die Kritik nach meiner Beobachtung meistens entweder von Soldaten ohne Familie kommen oder von ergrauten und fett gewordenen Helden von vorgestern, z.B. von Stabsfeldwebeln der Reserve in irgendeiner RK, die im Ruhestand zu viel Zeit und ansonsten auch von nichts einen Plan haben…
Ähem, ich persönlich bin den „ergrauten und fett gewordenen Helden von vorgestern, z.B. von Stabsfeldwebeln der Reserve in irgendeiner RK“ ausgesprochen dankbar für ihren aktiven Beitrag damals…
Ansonsten voll einverstanden mit dem Kommentar von AJ.
Seit Jahren liest man hier und anderswo die BW sei ein Saftladen, weil die sozialen Bedingungen für die Soldaten und ihre Familien so ein murks seien. Vom Passgesetz über Versetzungen bis hin zu Einsatzzeiten. Jetzt kommt eine neue Ministerin und nimmt sich mal ein Thema vor, von dem sie viel Ahnung hat (in den Rest kann sich ja kein Mensch in zwei Wochen einarbeiten) und steckt öffentlich die Policy ab. Und was passiert? Alle meckern.
Vielleicht hatte TdM doch ein kleines bisschen recht…
@Lollo
Funker?
BZ
@David Ermes
Zustimmung!
Ich persönlich war am Anfang, freundlich ausgedrückt, „skeptisch“ ob der Nachfolge von TdM.
Inzwischen muss ich sagen, wenn UvdL nur die Hälfte desen ANGESCHOBEN bekommt (von Umsetzung mal ganz zu schweigen), was Sie sich so auf die Agenda setzt im Bereich „Familie & Dienst“ verleihe ich Ihr den Titel „Herkules h.c.“. WENN Sie bereit ist ihr persönliches, politisches Kapital aufs Spiel zu setzen und uns glaubhaft vermittelt bekommt, das Sie FÜR UNSER WOHL und für eine BESSERE Bundeswehr kämpft, bekommt Sie, zumindest von der Basis, jede erdenkliche Unterstützung. Davon wird zwar bei Ihr wenig ankommen, aber zumindest wird sie dann keine VM mit der Beliebtheit Ihres Vorgängers.
Wer heutzutage maximale Medienpräsenz erreichen will, macht es richtig wenn er es so macht wie die CDU und eine für ihr Alter noch halbwegs attraktive Frau mit viel Mitteilungsbedürfnis, aber selbst eingestandenermaßen wenig Ahnung in so ein Amt steckt. Die Begeisterung der Medien über soviel Schein statt Sein kennt dann keine Grenzen. Die Tage, in denen solche Tätigkeiten von alten, hart wirkenden, wortkargen aber kompetenten und mit dem Fachgebiet bestens vertrauten Männern anvertraut wurden, sind leider lange vorbei. Man bereite sich also darauf vor, dass nun eine Medienblase der nächsten folgen wird, ohne dass sich irgendetwas substantiell ändert oder die Bundeswehr gar eine leistungsfähigere Armee wird.
@Sein statt Schein
Auf die Gefahr hin ketzerisch zu wirken…
Hatten wir nicht erst einen “ hart wirkenden, wortkargen aber kompetenten und mit dem Fachgebiet bestens vertrauten“ (ZITATENDE) in eben diesem Amt?
Und dessen Erfolge waren ja durchaus……..nicht existent.
@Interessierter
Ich sprach bewusst davon, dass die Zeiten großer Männer offenbar lange vorbei sind. TdM versuchte sich noch an deren Habitus, ohne aber deren Ethos zu besitzen. Seine Forderung nach Einsätzen, auch „wenn unsere unmittelbaren nationalen Sicherheitsinteressen auf den ersten Blick nicht berührt sein mögen“, sagte m.E. alles über die unverantwortliche Einstellung TdMs aus, der zwar Preusse sein wollte, aber seine Pflicht nicht kannte.
Davon abgesehen sagt Popularität bei Soldaten und Medien m.E. kaum etwas über die Qualität eines Ministers in seinem Amt aus. Selbstdarsteller wie Guttenberg konnten ja durchaus sowohl bei Medien als auch Soldaten populär sein und zeigten immerhin, dass man nicht unbedingt eine redselige ahnungslose Blondine sein muss, um in der Mediengesellschaft politischen Erfolg zu haben.
@Sein statt Schein
„TdM und Habitus vs. Ethos“ – Zustimmung dazu.
An der von Ihnen zitierten Aussage, bzgl. der Einsätze kann ich allerdings keine Pflichtverfehlung erkennen. Vorausgesetzt man versteht Sie so, das Sicherheits- und Verteidungspolitik zu komplex ist, um mit der Betrachtung „So lange der Russe nicht an der Oder steht, ist unsere Sicherheit nicht betroffen“ abgetan zu werden.
Was die Bedeutung der Popularität bei den Soldaten angeht, bin ich erstmal grundsätzlich anderer Meinung. Das können Sie runterbrechen bis auf die Ebene Einheitsführer.
A) Da gibt es KpChefs, die sind fachlich und menschlich top. Die genießen das volle Vertrauen Ihrer Untergebenen, der Laden läuft.
B) Der Chef ist menschlich top, aber weist fachliche Defizite auf. Der wird (in der Regel) von seinen Untergebenen getragen und….der Laden läuft.
C) Der Chef ist fachlich und menschlich ein Totalausfall. Der fällt öfter auf die Nase, es bleibt viel auf der Strecke, es „menschelt“ zu viel und die Maschine stottert.
(Diese Betrachtung war jetzt sehr schwarz/weiß…)
Einem VM dem man ehrliches Interesse und persönlichen Einsatz abnimmt, verzeiht man eher harte und unpopuläre Entscheidungen, ohne das die Motivation darunter leidet.
Es geht hier um die „Führungsrolle“, weniger um das was oder wie er entscheidet. Er kann es ohnehin nicht allen Recht machen. Aber wenn einer nach bestem Wissen und Gewissen, ohne Rücksicht auf eigenes, politisches Kapital Entscheidungen zum Wohl der Truppe zu treffen versucht, bin ich geneigt, diesen (in der „Führungsrolle“) besser zu bewerten, als einen IBUK, der in erster Linie versucht, seinen persönlichen Maßstab an den Rest der Bw anzulegen. Und dieser nicht nur ins Leere geht, sondern er auch noch sich selbst Lügen straft (Stichwort: „Freude an Verantwortung“ vs. „Dazu hatte ich keine Vorlage“)
Vielleicht bin ich da etwas zu naiv oder optimistisch, aber so sehe ich die Dinge.
@Interessierter
Vielleicht bin ich umkehrt auch zu skeptisch, aber nachdem ich gehört hatte, dass vdL sich bei ihrem Afghanistanbesuch nach Möglichkeit nicht vor Militärgerät photographieren lassen wollte und auch sonst die Medienwirkung stets im Vordergrund gestanden hätte, bin ich skeptisch, ob hier nicht mehr Schein als Sein vorhanden ist. Die nächsten Jahre mögen mich ggf. eines Besseren belehren.
@Sein statt Schein
Wie ich bereits schrieb, war ich selbst mehr als skeptisch ob der neuen I’inBUK.
Man kann Ihre Weigerung vor Waffensystemen zu posieren, auch vom umgekehrten Standpunkt aus betrachten:
Vielleicht wollte Sie vermeiden, von den Medien kurz nach Amtsantritt in die „Flintenweib/Kanonen-Uschi“ Ecke gerückt zu werden. Frei nach dem Motto „Uschi lernt die Bw kenne“ (inkl Probefahrt im Fahrschul-Leo und Mitflug im Tornado als Backseater…Sie merken worauf ich hinaus will…) bzw. generiert sich als Kämpferin (die sie nunmal Kraft Vita nicht sein kann) und bekommt dafür dann medial und von der Truppe „auf die Fresse“.
Bei der Berichterstattung war (sorry für die Phrase) der „Mensch im Mittelpunkt“. Ich will nicht zu viel hineininterpretieren. Aber nach meiner anfänglichen Ablehnung (oder dem Fremdeln, wie Sie wollen), habe ich mich bemüht das alles mal ein wenig distanzierter zu betrachten und ein wenig zu reflektieren. Ich kam zu dem Schluss das sie bisher, in Ihrer Außendarstellung MIR gegenüber (subjektiv, I know…) mehr richtig, als falsch gemacht hat.
Etwas wirr geschrieben, aber besser gehts grad nicht…ich hoffe die Message kommt rüber.
@ Interessierter
Einem VM dem man ehrliches Interesse und persönlichen Einsatz abnimmt
Frau von der Leyen hat bei ihrem zweitägigen Antrittsbesuch in Afghanistan nicht für nötig befunden sich mit den Afghanen zu treffen.
Stellen Sie sich einfach mal vor, ein amerikanischer Minister würde bei seinem ersten Deutschlandbesuch nicht die Airbase verlassen. Da wird glaub schnell deutich, was für ein Affront das war.
@J.R.
Das mag sicherlich ein Affront / faux-pas darstellen…oder eine wohl formulierte (nonverbale) Botschaft nach Kabul: „So lange ihr euch beim Truppenstatut nicht bewegt, sehen wir keinen Gesprächsbedarf…“.
Ob es dann so Glücklich war, diese Botschaft durch das Ignorieren der „Key-Leader“ in M-e-S zu formulieren sei dahingestellt.
@Lollo
>weil die Kritik nach meiner Beobachtung meistens entweder von Soldaten ohne >Familie kommen oder von ergrauten und fett gewordenen Helden von vorgestern, z.B. >von Stabsfeldwebeln der Reserve in irgendeiner RK, die im Ruhestand zu viel Zeit >und ansonsten auch von nichts einen Plan haben…
soviel zum Thema „der Dank des Vaterlands……“
Zu den angeblich notwendigen Regeln für UAS noch ein Goldkorn vom neuen Vorsitzenden des VA (aus der Drohnendebatte im Sommer 2013):
„Feuern wir zum Beispiel – nehmen wir das Szenario Afghanistan; es wird nicht so kommen, weil die Drohnen gar nicht vorhanden sind; aber wenn es so wäre – auf erkannte Kämpfer, wenn sie sich aus dem Gefecht lösen und fliehen? Sollen sie dann aus der Luft vernichtet werden? Auf wessen Befehl: des Zugführers vor Ort oder des Drohnenführers, der irgendwo in einem Container sitzt?“
http://www.hans-peter-bartels.de/ihre-aussage-die-drohnentechnik-sei-ethisch-neutral-wollen-sie-bitte-nicht-ernst-gemeint-haben-herr-minister/
Ist ja bisher auch völlig ungeklärt z.B. bei nem AWT mit UH Tiger (Ironie). Als hätte es vor Jahren (!) keine ROE-Debatte und -Änderung gegeben. Und die Bedeutung eines GFC scheint Herr Bartels auch nach dem Kunduz-Untersuchungsausschuss nicht verinnerlicht zu haben.
Prima Voraussetzungen um mit vdL gemeinsam das Thema bewaffnete UAS auf die lange Bank zu schieben.
Mit eben sehr, sehr fragwürdigen um nicht zu sagen – kontrafaktischen – Argumenten.
Memoria | 15. Januar 2014 – 6:24
Hier wird eine höchst unseriöse Debatte geführt. Dabei sind die Aussagen von Bartels ja so entlarvend.
Woher will Bartels oder der Zugführer im Kampf wissen, ob ein Gegner „flieht“ oder nur einen Stellungswechsel vornimmt, um aus günstigerer Position weiter zu kämpfen.
Auch seine Frage, „auf wessen Befehl“ die „Vernichtung“ des „fliehenden“ oder Stellungswechsel durchführenden Gegners erfolgen soll, zeigt wie sehr sich Herr Bartels im Gestrüpp taktischer Fragen verirrt hat.
Worin liegen die Ursachen für die Verirrungen deutscher Politiker wenn es um den Einsatz militärischer Gewalt geht? Die Antwort ist eindeutig: Der legitimierte Einsatz militärischer Gewalt ist in Deutschland gesellschaftlich nicht akzeptiert. Die heutige Gesellschaft ist zutieftst pazifistisch ausgerichtet und steht Militäreinsätzen generell negativ gegenüber.
Deshalb entgleiten Diskussionen über Militäreinsätze immer sehr schnell in Absurditäten, für die Herr Bartels eins von vielen Beispielen gibt. Das krasseste Beispiel dieser Realitätsverweigerung war der jahrelange Streit, ob sich die deutschen Streitkräfte in Afghanistan überhaupt in einem Krieg befinden oder nicht.
Diese Grundsatzdiskussion muss in Deutschland geführt werden. Sie kann aber nicht dadurch geführt werden, dass man sich auf politischer Ebene mit militär-taktischen Fragen auseinandersetzt oder damit beginnt, moderne Waffen als unethisch einzustufen, um damit ihre Nichtbeschaffung zu begründen.
Solange diese Diskussion nicht geführt wird, werden Politiker weiter versuchen, Aufgaben militärischer Zugführer vom Bundestag aus zu lösen. Sie tun dies aus der Unsicherheit ihren pazifistischen Wählern gegenüber. Aus dieser Unsicherheit heraus entsteht das Bestreben, der militärischen Gewalt, die der Abgeordnete mit seinem Votum im Bundestag selbst entfesselt, gleich wieder möglichst große Fesseln anzulegen. Gewissermaßen als Zugeständnis der eigenen pazifistischen Wählerschaft gegenüber und als Ergebnis des Widerstreits zwischen der eigenen pazifistischen Grundhaltung und den Bündnisverpflichtungen des eigenen Landes.
Nur geht dieses fragwürdige Verhalten zu Lasten der Soldaten, die für die Parlamentarier den Kriegsauftrag erfüllen und den „Kopf hinhalten“. Sie sollen mit eingeschränkten militärischen Mitteln gegen einen Gegner bestehen, der sich selbst keinerlei Auflagen, noch nicht einmal völkerrechtlichen, gegenüber sieht. Damit wird dieser Widerstreit auf dem Rücken der Soldaten ausgetragen. Das geht nicht!