Gefahr für die Bundeswehr: Die Handschuhe des Todes
Streitkräfte hantieren mit gefährlichen Dingen, Munition, Raketen und so. Aber auch mit Gegenständen, von denen die Soldaten ja keine Ahnung haben, wie gefährlich so etwas sein könnte. Wie zum Beispiel die ABC-Überhandschuhe (Foto oben), Versorgungsnummern 8415-12-124-7853 bis 7855, die in mit chemischen Kampfstoffen verseuchten Gebieten Schutz bieten sollen.
Doch diese Handschuhe sind eine Gefahr. Denn niemand weiß, ob diese bis 1991 ausgegebene Schutzausrüstung den jüngsten EU-Vorschriften von 2013 für Gewebe entspricht – wurden die neuen Regelungen doch gut 20 Jahre nach Ausgabe an die Truppe erlassen. Und nach diesen mehr als 20 Jahren weiß eben keiner, ob die Handschuhe von 1991 den Vorschriften von 2013 entsprechen. Ein fatales Dilemma.
Aber keine Sorge, die Bundeswehr handelt: die Handschuhe werden gesperrt, eingezogen und vermutlich vernichtet.
Die rasche und zielstrebige Beseitigung der Gefahr ist natürlich amtlich aufs Feinste festgehalten. Gerne dokumentiere ich die wesentlichen Passagen:
Betr: Überhandschuhe ASD 14030, Materialplanungsnummer 8415-51162, VN: 8415-12-124-7853 bis 7855
hier: Sperrung und Rücklieferung des ArtikelsBezug: 1. BAAINBw U3.8 vom 24.10.2013
2. KdoSKB Fü Log MatWi KdoBer MatBew vom 31.10.2013
3. KdoSKB Plg FMB Ustg vom 31.10.2013
4. KdoSKB Plg FMB Wirk vom 12.11.2013
5. BAAINBw U3.8 vom 12.11.2013
6. KdoSKB Fü Log MatWi KdoBer MatBew (FK 1052/13/MK) vom 12.11.2013
Termin: 14.02.2014
1. Mit Bezug 1. wurde die sofortige Sperrung und Rücklieferung des Artikels
Artikelbezeichnung: Überhandschuh
ASD-Nr.: 14030
MatPlNr.: 8415-51162
MPO: 8415-12-124-7853 und
8415-12-124-7854 und
8415-12-124-7855
angewiesen. Der Artikel ist mitunter Bestandteil der persönlichen Bekleidung und Ausrüstung, somit Teil der personenbezogenen Ausstattung des Soldaten (BAN).
Die vorliegende Weisung zur Sperrung und Rücklieferung basiert auf eine Änderung der Europäischen Gesetzeslage.
2. To-Adressaten werden gebeten,
den Artikel umgehend aus dem Bestand der personenbezogenen Ausstattung einzuziehen,
die Rücklieferung des Artikels geschlossen an die zuständige SVS zu initiieren,
die Entlastung auf dem BAN für die durch die Rückgabe betroffenen Soldaten im direkten Richten mit der jeweiligen SVS zu veranlassen (Übermittlung Name, Vorname, PK)
3. Die Umsetzung der unter Pkt. 2 angewiesenen Maßnahmen ist bis T.: 14.02.2014 an den OBK SKA G4/1 zu melden.
Auch die Begründung ist natürlich aktenkundig:
Kommando Streitkräftebasis
Fü Log MatWi KdoBer MatBew
Betreff: Überhandschuhe ASD 14030, Materialplanungsnummer 8415-51162, VN: 8415-12-124-7853 bis 7855
hier: Grund für die Sperrung
Bezug: 1. BAAINBw U3.8 vom 24.10.2013
2. KdoSKB Fü Log MatWi KdoBer MatBew vom 31.10.2013
3. KdoSKB Plg FMB Ustg vom 31.10.2013
4. KdoSKB Plg FMB Wirk vom 12.11.2013
5. BAAINBw U3.8 vom 12.11.2013
6. BAAINBw U3.8.vom 20.11.2013
Mit Bezug 6 hat BAAINBw U3.8 den Grund für die Sperrung des Überhandschuh ASD 14030, Materialplanungsnummer 8415-51162, VN: 8415-12-124-7853 bis 7855 mitgeteilt.
An-Adressaten informieren ihren unterstellten Bereich über den Grund der Sperrung
Der Inverkehrbringer (Bundeswehr) muss die Vorschriften für Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Gemischen (Leder, Textil, Gestrick etc.) sowie einheitliche Einstufungs- und Kennzeichnungsvorschriften für die Lieferung und Verwendung umsetzen. Diese gesetzlichen Pflichten sind in den aktuellen Umweltverträglichkeits-TL umgesetzt (z.B. TL 8305-0011). In diesen TL sind unter den normativen Verweisungen die Richtlinien/Verordnungen des Europäischen Parlaments aufgelistet, welche umgesetzt werden müssen.
Bei den Überhandschuhen, welche zuletzt 1991 geliefert wurden, ist der Nachweis (z.B. EG-Sicherheitsdatenblätter) der Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben/Richtlinien/Verordnungen nicht mehr erbringbar.
Daher sind diese Überhandschuhe gesperrt worden.
Verwaltung handelt halt ordnungsgemäß.
Da ich nicht in der Verwaltung bin, kann ich natürlich mal den gesunden Menschenverstand zum Einsatz bringen: Die Handschuhe sind a) Überhandschuhe und b) gehören zur Schutzausrüstung für atomare/biologische/chemische Verseuchung – nicht gerade etwas, was der Soldat täglich braucht. Und das Problem ist ja nicht, dass diese Handschuhe auf jeden Fall giftige Stoffe enthalten – das Problem ist, dass es 2013 keine Dokumentation gibt, die für einen selten gebrauchten Artikel von 1991 belegen kann, dass er ungefährlich ist.
Die Gefahr, die von fehlender Dokumentation der EU-Kompatibilität der Schutzhandschuhe ausgeht, scheint mir persönlich weit geringer als die Möglichkeit, ohne diese Schutzhandschuhe in eine Sarin-Pfütze zu packen. Aber bestimmt arbeitet schon ein Integriertes Projektteam an einer Zwischenlösung für eine zeitnahe Ausstattung mit ABC-Schutzhandschuhen.
(Seit Tagen versuche ich was Neues für das vom Bendler-Blogger und mir gestartete Satire-Projekt Feltpost zu schreiben. Aber wie soll das gehen, wenn die Realität so aussieht?)
@Aufklärer wo sollte stehen, dass die M2000 zerlegt werden muss? Weder in der 5/400, noch in einer anderen Vorschrift. Ganz im Gegenteil. Bei der M65 durfte die Bundeswehr selbst alles instandsetzen, der Nutzer durfte und musste sämtliche Ventile zur gründlichen Reinigung und zur Säuberung herausnehmen.
Bei der M2000 darfst du nichts zerlegen. Rein ins Seifenwasser, klarspülen im sauberen Wasser und anschließend lufttrocknen.
Eine ordentliche Desinfektion findet vertragsgemäß erst bei der Depotüberholung nach Ende des IHM-Datums statt, oder bei Neuausgabe durch die LHBw.
Wobei ich schon „neu“ verpackte Masken in der Hand hatte, aus denen noch der Sand des Vorgängers gerieselt ist. Insofern läuft da auch nicht alles ganz vertragsgemäß.
Die Handschuhe sind nie dafür hergestellt worden, als ABC-Schutzhandschuhe zu dienen. Erkennt man daran
1. Materialplanungsbegriff: Überhandschuh und nicht ABC-Schutzhandschuh.
2. An der Versorgungsnummer 8415-XX-XXX-XXXX steht für Persönliche Bekleidung, im Gegensatz dazu ABC-Material 42XX-XX-XXX-XXXX.
Und schützen tun sie maximal vor radioaktiver Kontamination von Stäuben. Alles Andere was flüssig und gasförmig ist, geht früher oder schneller dort durch.
Fazit von mir und Teils der Truppe, mit der ich geredet habe: Diese Handschuhe hat eh keiner angezogen, somit können sie die auch aussondern.
@MichaJavelin:
Vielen Dank, ich dachte schon den ganzen Tag ich hätte das falsch verstanden.
Für mich war der Überziehhandschuh immer ein reiner Kälteschutz über dem normalen Handschuh. So wurde es bei mir auch ausgebildet.
die dinger waren doch eh immer einfach nur schlecht. alleine die kombination zwischen fäustling und fingerhandschuhe is doch grottig. und zum schießen waren die auch nicht wirklich geeignet also was solls ^^
@ Schnellmerker
Ich würde da schnell mal aktiv werden, da die Kontrolle regelmässig durchzuführen ist, jeweils auf der BAN zu vermerken ist. Zumal einmal jährlich eine Kontrolle der BAN durch den Disziplinarvorgsetzten oder durch eine von diesem bestimmte Person mit Nachweis zu erfolgen hat!
Das ist nun mal der Preis für die Einführung einer Organisation, die sich detailversessen um Randaspekte des Gesamtauftrages kümmert. Auch die Themen „Schweißen und thermisches Spritzen“, „Zerstörungsfreie Werkstoffprüfung“ und „Lufttransportsicherheit“ werden blind für die Auswirkungen auf die Truppe bearbeitet, ohne natürlich den Angehörigen der SKB nahe treten zu wollen (die wollen ja auch keine Fehler machen…).
Der Überhandschuh hat nie Schutz gegen Kampfstoffe gegeben. Ist halt ein Stinknormaler Überhandschuh. Ab Stufe BAS 1 ist die pers. ABC-Schutzbekleidung (Overgarment) bei jedem Soldaten. Ab BAS 2 ist die Schutzbekleidung anzulegen, ab jetzt hat der Soldat die richtigen Handschuhe an oder am Mann. Die alten Handschuhe lagen eh nur im Spind rum und hatten in der ABC-Schutztasche eh nichts mehr zu suchen. Jetzt werden sie halt eingezogen. Na und.
Ab BAS 1 hat er Jacke und Hose des Overgarments schon an. BAS 0 ist was du meinst Kongo.
@Ben
Richtig.