Syriens Chemiewaffen: Regierungssprecher pfeift Kanzlerin-Berater zurück

Seibert Baumann Heusgen

Es kommt nicht häufig vor, dass ein Regierungssprecher öffentlich den außen- und sicherheitspolitischen Berater der Kanzlerin wegen seiner ebenso öffentlichen Äußerungen zurückpfeift. Am (heutigen) Mittwoch ist aber genau das passiert: Nachdem Kanzlerin-Berater Christoph Heusgen am Vortag die Möglichkeit ins Gespräch gebracht hatte, syrische Chemiewaffen zum Teil auch in Deutschland zu vernichten, widersprach dem Regierungssprecher Steffen Seibert in der Bundespressekonferenz, dazu äußerte sich auch Außenamtssprecher Martin Schäfer:

Frage: Herr Seibert, Herr Heusgen hat am Dienstag auf einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung Aussagen zur Vernichtung von syrischen Chemiewaffen gemacht. Er hat wörtlich gesagt: „Es ist gar nicht ausgeschlossen, dass auch Deutschland den Beitrag leistet, diese Waffen zu vernichten.“ Könnten Sie uns einmal seitens der Bundesregierung das volle Bild geben?

StS Seibert: Ich habe bereits heute Morgen die Meldung gehört, es gäbe da einen Kurswechsel, und ich kann dazu sagen: Es gibt keinen Kurswechsel. Die Bundesregierung hat von Anfang an ihre Bereitschaft erklärt, logistisch wie finanziell an der Vernichtung der syrischen C-Waffen mitzuwirken, weil uns das ein wichtiges Anliegen ist, wie es der gesamte Weltgemeinschaft ein wichtiges Anliegen ist. Die Vorstellung, dass die syrischen C-Waffen in Deutschland vernichtet werden, ist allerdings für die Bundesregierung nicht denkbar.

Zusatzfrage: Dann verstehe ich, ehrlich gesagt, die Äußerung von Herrn Heusgen nicht. Ich zitiere jetzt aus dem Audioprotokoll: „Wir stehen auch zu unserer Verantwortung, und es gibt ja auch deutsche Unternehmen. Es gibt Orte hier in Deutschland, wo man etwas machen kann. Es ist gar nicht ausgeschlossen, dass auch Deutschland den Beitrag leistet.“ Wenn Sie sagen, das sei ausgeschlossen, dann sehe ich darin einen Unterschied zu den Aussagen von Herrn Heusgen.

StS Seibert: Ich habe Ihnen jetzt für die Bundesregierung das gesagt, was dazu heute zu sagen ist. Es ist für uns nicht denkbar, dass die Vernichtung der syrischen C-Waffen in Deutschland stattfindet. Unser Angebot, logistisch, organisatorisch und finanziell dazu beizutragen, dass diese wichtige Vernichtung geschehen kann, besteht.

Schäfer: Dazu laufen selbstverständlich in Den Haag bei der Organisation für das Verbot chemischer Waffen, aber sicherlich auch bilateral zahlreiche Gespräche. Es ist absolut nicht neu, sondern ich selbst habe das hier auch schon mehrfach vorgetragen, dass die Bundesregierung wirklich bereit ist, dabei technisch, logistisch und finanziell zu helfen, und dazu stehen wir.

Tja, das haben der Kollege Rolf Clement vom  Deutschlandfunk und ich anders verstanden. Zum Abgleich hier noch mal der O-Ton der Aussage Heusgens, am Dienstag bei der 1. Adenauer-Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin. Ab Minute 01:25 der entscheidende Satz: Wir stehen  auch zu unserer Verantwortung und es gibt ja auch deutsche Unternehmen, es gibt ja auch in Deutschland [Orte], wo man etwas machen kann, und es ist gar nicht ausgeschlossen, dass auch Deutschland den Beitrag leistet.

 

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Inzwischen konzentrieren sich die Überlegungen offensichtlich auf eine Vernichtung der chemischen Kampfstoffe auf See.

(Archivbild September 2011: Kabinettsitzung: Regierungssprecher Steffen Seibert (l), Beate Baumann, Bueroleiterin von Bundeskanzlerin Merkel, und Christoph Heusgen, Aussenpolitischer Berater im Bundeskanzleramt – © Thomas Koehler/ photothek.net)